TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

A Decade of Storm: Kapitel 7 - No-Win-Szenario

von Markus Brunner

Kapitel 1

2229 n.Chr.

Captain Robau fühlte sich, als wäre er ein Jahr in die Vergangenheit zurückversetzt worden. Damals hatte er den waghalsigen Sprung über den Abgrund gewagt, gewusst, dass er in 1,3 Kilometer Tiefe sterben würde, wenn er sein Ziel – damals ein über dem Abgrund schwebender Antigrav-Schlitten – nicht erreichte.
Genauso wie damals hechtete Robau auch diesmal nach vorne, sein Ziel im Visier. Doch erkannte er schon beim Absprung, dass es heute nicht reichen würde. Vor einem Jahr war er auf festem Neutronium gestanden. Heute stieß er sich jedoch von losem Sand ab, der unter seinen Füßen nachgab. Er hatte keine Chance, sein Sprung ging nur nach vorne, kaum in die Höhe. Die Schwerkraft ergriff ihn und zog ihn nach unten.
Er hatte versagt. Doch diesmal war der Preis für das Versagen glücklicherweise nicht der Tod.
Nicht einmal eine Sekunde nach dem Absprung landete Robau mit dem Bauch voraus auf dem weißen Sand. Einen Moment später, rund eine Handbreite entfernt von seinem ausgestreckten Arm, landete der weiß-blaue Volleyball am Boden und von der anderen Seite des Netzes erklang lauter Jubel.
Ein Schatten fiel über Robaus am Boden liegenden Körper. „Kann man nichts machen“, meinte Tuvana schulterzuckend und reichte ihrem Captain dann die Hand. Mit erstaunlicher Kraft, die man ihr gar ansah, half sie ihm wieder auf die Beine. „Es war zumindest eine knappere Partie als vorhin.“
Diese Aussage beschwichtigte Robau nicht gerade. Immerhin hatten er und Doktor Tuvana das Match eben mit fünf zu elf Punkten verloren. Im Match davor – besser gesagt im ersten Satz, zu dem das Match geworden war, als Robert April enthusiastisch „Best of three!“ von der Seitenlinie ins Feld gerufen hatte – waren dem Captain und der Schiffsärztin nur zwei mickrige Pünktchen von ihren Gegnern gegönnt worden. Ihr schlechtes Abschneiden lag nicht daran, dass sie sich nicht bemüht hätten. Aber Manuel Colombo, der soeben mit Lin Tianyu abklatschte, erwies sich als echtes Naturtalent und ging verbissen auf jeden Ball los, der über das Netz geschlagen kam. Egal wie präzise Tuvanas Bälle und wie scharf Robaus Schläge auch kamen: Colombo schien sie wie ein Magnet anzuziehen und sie seiner Partnerin ideal aufspielen zu können, so dass selbst die für dieses Spiel ein wenig zu kleine Steuerfrau der Kelvin am laufenden Band punktete.
„Ich werde wohl langsam alt“ scherzte Robau, als er Colombo und Lin als fairer Verlierer die Hände schüttelte. Auch Tuvana folgte seinem Beispiel, obwohl Chrysalianer allgemein als schlechte Verlierer galten. Unvergessen war noch immer der Skandal rund um den Innenverteidiger der chrysalianischen Mannschaft im großen Parrises Squares-Finale von 2219.
„Wenn Sie eine Revanche möchten …“, begann Colombo, doch Robau schlug das Angebot sofort aus. Nicht weil er sich eine weitere Demütigung ersparen wollte, sondern da die enorme Hitze ihren Tribut forderte. Der Beachvolleyballplatz lag an der freien Sonne, nur wenige Schritte von der rauschenden Meeresbrandung entfernt. Die Schatten der hohen Palmen auf der landesinneren Seite des Varadero Beach reichten nicht weit auf den Strand.
Robau fand es selbst etwas schockierend, wie sehr ihn die kubanische spätsommerliche Sonne zusetzte. Zu begreifen, dass man die Heimat nicht mehr vertrug, war keine angenehme Erkenntnis. Allerdings hätte es ihn bei genauerer Überlegung gar nicht wundern dürfen. Er war immerhin seit dreizehn Jahren nicht mehr auf Kuba gewesen. Seinem letzten Heimataufenthalt – damals noch im Haus seiner inzwischen verstorbenen Eltern – waren sieben Jahre an Bord der Taurus und sechs Jahre an Bord der Kelvin gefolgt. Abgesehen von verhältnismäßig kurzen Außeneinsätzen in unterschiedlichsten Klimazonen auf verschiedenen Welten hatte er diese Zeit also fast ausschließlich in einer temperaturregulierten Umgebung verbracht, in der sich neben dem Captain auch alle anderen 499 Besatzungsmitglieder wohl fühlen sollten.
Wie seine Offizierskollegen so gut mit der Schattentemperatur von 30 Grad Celsius zurechtkamen, war Robau ein Rätsel. Aber alle hatten sich seit Wochen auf die kleine Strandparty, die einen ausgedehnten Urlaub für die Besatzung der Kelvin einläuten sollte, gefreut. Und als Robau unvorsichtigerweise erwähnt hatte, dass er erstmals seit Jahren wieder kubanischen Boden betreten würde, hatte Robert April stellvertretend für alle Offiziere beschlossen, die Party auf Kuba stattfinden zu lassen. Es war tatsächlich eine angenehme Feier, nicht zu überschwänglich aber auch nicht zu langweilig. Es gab Musik, Beachvolleyball, Caraatic hatte den Grill angeworfen. Und natürlich gab es den weiten Ozean, in dem Robau sich nun abkühlen wollte.

*********************************

Das winzige Strandhaus, das Robert April für diesen Tag angemietet hatte, bot nicht viel Privatsphäre. Daher hatte sich der Erste Offizier dazu durchgerungen, seine Kollegen ein paar Minuten allein zu lassen und allein den Lido entlang zu schlendern. Zu seiner Linken, hinter einer fein säuberlich gepflanzten Palmenallee, standen dicht nebeneinander Privathäuser in bester Lage. Die Reihe wurde gelegentlich von einem kleineren Hotel unterbrochen. Aber schon nach dreihundert Metern wurden die Hotels größer, bekamen einen Stern nach dem anderen mehr und mit der Zeit verschwand der Name „Hotel“ von den Schildern und wurde ersetzt durch den Ausdruck „Ressort“. Dementsprechend wurde auch der Stand deutlich belebter, je weiter er nach Westen ging.
Der Massentourismus hatte auch Kubas Strände erreicht, was in erster Linie an der vor 35 Jahren eröffneten Puente de la Unidad lag. Die Brücke verband die kubanische Stadt Matanzas mit Key West. Von Varadero Beach aus war die Brücke ein weißes Band, das mehrere Meter über dem Meeresspiegel zu schweben schien.
Auf dem stärker frequentierten Teil des Strands fand April sehr schnell, was er suchte. Wie Pilze schossen in regelmäßigen Abständen kleine Rundbauten aus dem Sand. Öffentliche Kommunikationscenter. Und jenes, das er ansteuerte, hatte ein großes Schild in der Auslage, das Subraum-Kommunikation in Echtzeit bis zu einer Entfernung von 100 Lichtjahren versprach. Zweifellos eine maßlose Übertreibung, aber für Aprils Vorhaben würde die Ausstattung dieses Kommunikationscenters genügen.
Beim Automaten am Eingang kaufte er sich eine Gesprächswertkarte und betrat dann eine freie Kabine. Als er darauf wartete, dass ein Kanal zu seinem gewünschten Gesprächsempfänger aufgebaut wurde, kam ihm in den Sinn, dass er früher nie verstanden hatte, warum Leute auch in ihrem Urlaub so ungern auf Kommunikationsmöglichkeiten verzichteten. Urlaub bedeutete für April, einmal wirklich abzuschalten und die Seele baumeln zu lassen, sich vom Rest der ihm schon bekannten Welt abzuschotten.
Das war zumindest so gewesen, bevor er sich verliebt hatte.
Er verspürte Ungeduld, da die Herstellung der Verbindung so lange dauerte, konnte es gar nicht erwarten, dass auf dem kleinen Bildschirm vor ihm das zarte Gesicht seiner geliebten Sarah erschien. Fernbeziehungen, so hatte April gemerkt, waren herausfordernd. Aber gleichzeitig wurde man für seine Geduld mit einem berauschenden Gefühl belohnt, wenn man den geliebten Menschen wiedersah. Und sei es nur als zweidimensionales Bild.
Auf die Belohnung seiner Geduld wartete Robert April heute jedoch vergeblich. Nach drei vergeblichen Verbindungsversuchen kapitulierte die Kommunikationsanlage schließlich und eine höfliche Computer-Stimme verkündete: „Der gewünschte Empfänger konnte nicht kontaktiert werden.“
April seufzte und entnahm seine nicht benötigte Gesprächswertkarte wieder. Er würde es am nächsten Tag wieder versuchen, aber er befürchtete, dass Sarah dann tatsächlich zu weit von der Erde entfernt war, um über ein ziviles Kommunikationsnetz erreicht zu werden. Sie befand sich auf einem Transportschiff, dass nach Japori II flog. Natürlich fand er es lobenswert, dass Sarah an dieser großangelegten, humanitären Hilfsmission teilnahm. Aber die Mission brachte sie wieder einmal weit von ihm fort. Es war schon eine Ironie des Schicksals, dass Sarah gerade dann mit einem Schiff in den Laurentianischen Graben flog, wenn die Kelvin für einige Wochen ausnahmsweise nicht dort unterwegs war.
Ihr Einsatz auf Japori II sollte jedoch beinahe ein halbes Jahr dauern. Er würde lernen müssen, die paar Wochen Heimaturlaub durchzudrücken. Danach – so war er sich ganz sicher – würde sich schon bald eine Möglichkeit ergeben, Japori II einen Besuch abzustatten.
Bis zum Ende seines Urlaubs würde April wohl nur stille Wünsche an das Universum schicken können. Möge es gut auf die neue Chefärztin der Kobayashi Maru aufpassen.

*********************************

Es war ein seltsames Gefühl, wieder eine Krankenstation an Bord eines Sternenflottenschiffes zu leiten.
So schließt sich der Kreis, dachte Sarah wehmütig und Erinnerungen an beinahe fünfzehn Jahre zurückliegende Ereignisse kamen wieder an die Oberfläche. Auch wenn sich die Kobayshi Maru und die Bonaventure überhaupt nicht ähnelten, fühlten sich beide Schiffe nach Sternenflotte an. Aus irgendeinem Grund erkannte man ein Sternenflottenschiff sofort, wenn man es betrat, auch wenn Sarah diesen Eindruck an keinen bestimmten Hinweis festmachen konnte. Es war einfach ein Gefühl.
Abgesehen von diesem Gefühl hatten die beiden Schiffe noch eine weitere Gemeinsamkeit: Wie die Bonaventure war auch die Kobayashi Maru mehr oder weniger vom Schrottplatz geholt worden. Die Maru war allerdings bei weitem nicht so alt gewesen.
Als Sarah vor 15 Jahren eine blutjunge Ärztin gewesen war, hatte sie noch gestaunt, dass sie unmittelbar nach Abschluss ihres Studiums zur Chefärztin an Bord eines Schiffs der Sternenflotte ernannt worden war. Als sie die U.S.S. Bonaventure allerdings erstmals erblickt hatte, war ihre Verwunderung durch Enttäuschung ersetzt worden. Die Bonaventure war keineswegs ein neu in Dienst gestelltes Raumschiff. Tatsächlich hatte es sich um jene Bonaventure gehandelt, die 53 Jahre vorher das allererste von der Föderation in Dienst gestellte Sternenflottenschiff gewesen war. Und wie sie schnell erfahren hatte, war das Schiff bereits zweimal auf einem Schiffsfriedhof gelandet und wieder reaktiviert worden. Bei ihrer insgesamt dritten Indienststellung sollte ausgerechnet Sarah Ondaii auf ihr dienen.
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, wurde das uralte Schiff für relativ unwichtige Missionen eingesetzt. Um Diplomaten von Vulkan nach Andoria zu schaffen. Fracht zu transportieren, die keine besonders rasche Verschiffung benötigten. Oder bei feierlichen Anlässen symbolisch in der Umlaufbahn eines Planeten Stellung zu beziehen, so wie bei dem zehnjährigen Jubiläum von Monchezkes Beitritt zur Föderation. Sarah hatte demnach nicht besonders viel zu tun gehabt, eine Blinddarmoperation war schon das Highlight ihrer einjährigen Dienstzeit an Bord der Bonaventure gewesen. Bis zum Angriff.
Sowohl die Sternenflotte als auch Sarah rätselten noch immer, wer der Angreifer gewesen war. Derzeit tendierte man zu einem orionischen Piratenschiff, aber vor ein paar Jahren gingen alle noch von einem Angriff der Klingonen aus. Die Wahrheit würde man wohl nie erfahren.
So deutlich wie an Bord der Kobayashi Maru hatte Sarah die Vergangenheit schon lange nicht mehr gesehen. Tapfer aber erfolglos hatte sie damals versucht, die Verletzten zu behandeln. Schließlich war der Evakuierungsalarm ertönt und sie wollte so viele ihrer Patienten wie möglich in die Rettungskapseln schaffen. Da hatte sie erst bemerkt, dass sie umgeben von Leichen in der Krankenstation stand. Sie hatte zuerst gezögert, aber sich dann zur nächsten Rettungskapsel begeben und mehrere Tage in klaustrophobischer Enge verbracht, bis sie gerettet wurde. Als einzige Überlebende von insgesamt 160 Besatzungsmitgliedern. Abgesehen von einem guten Dutzend Toten auf ihrer Krankenstation blieb das Schicksal der restlichen Besatzung und des Schiffes bis heute unbekannt.
Damals hatte Sarah geschworen, nie mehr auf einem Schiff der Sternenflotte Dienst zu tun. Und trotzdem stand sie heute in der Krankenstation der Kobayashi Maru und sah die Geister von der Bonaventure auf den Bio-Betten liegen.
Die Schreckensbilder der Vergangenheit ließen sich nicht vertreiben. Sie merkte, wie ihr die Luft ausging, die Atemwege keinen Sauerstoff mehr aufzunehmen vermochten. Sie stürmte dem Ausgang entgegen. Die breiten Milchglastüren schoben sich automatisch gerade noch rechtzeitig auseinander, so dass sie auf den Gang hinausschlüpfen konnte. Die Korridore an Bord der Maru weckten wenn, dann nur angenehme Erinnerungen. Immerhin waren sie jenen auf der U.S.S. Kelvin nicht unähnlich und an die Kelvin zu denken, bedeutete für Sarah gleichzeitig auch an Robert April zu denken.
Und die Aktivität auf den Korridoren munterte sie ebenfalls auf, denn sie erinnerte sie wieder daran, warum sie ihren Schwur gebrochen hatte und wieder auf einem Sternenflottenschiff diente. Sie war hier, um Leuten zu helfen. Konkret ging es bei der Mission der Kobayashi Maru darum, den Leuten auf Japori II zu helfen. Die Maru war eines von mehreren Hilfsschiffen, die beim Wiederaufbau und der Versorgung der Bevölkerung tatkräftige Unterstützung leisten sollten. In den letzten Monaten hatten die Klingonen drei Eroberungsversuche gestartet. Alle waren dank der Sternenflotte zurückgeschlagen worden, doch jedes Mal hatte der Angriff große Schäden verursacht. Der letzte Versuch der Klingonen, Japori II zu erobern, hatte die Zerstörung der drei größten Städte des Planeten als Konsequenz. Die Japori waren ein Volk, das immer ein wenig über seinen Möglichkeiten gelebt hatte und deshalb bezahlten sie nun den Preis in Form nie dagewesenen Leids. Ein Leid, dass Sarah als eine von 300 Passagieren der Maru lindern wollte.
Die Kobayashi Maru war speziell für diesen Einsatz umgebaut worden. Ursprünglich war sie ein ganz normales Forschungsschiff gewesen mit einer nur halbkreisförmigen Hauptsektion für die Besatzung, darunter einer kleinen Maschinensektion samt Deflektor am Bug und zwei zylinderförmigen Warpgondeln oben an Backbord und Steuerbord der Hauptsektion. Schiffe der Iowa-Klasse und der noch neueren, ähnlich gestalteten Saladin-Klasse hatten als universell einsetzbare Schiffe die Maru in ihrer Funktion als Forschungsschiff inzwischen abgelöst. Zusammen mit ihren Schwesternschiffen war die Maru ausgemustert worden und auf dem Schiffsfriedhof bei Altair VI gelandet. Der letzte Angriff auf Japori II hatte ihr aber eine zweite Karriere ermöglicht: als Frachtschiff.
In Rekordzeit hatten die Sternenflotteningenieure das Schiff wieder flugtauglich gemacht und mit weiteren Auslegern an der Maschinensektion versehen. Und an diesen Auslegern befestigt befanden sich nun zwei riesige Tanks – beide noch größer als die Warpgondeln – die bis oben hin mit Neutronentreibstoff gefüllt waren. Die Japori betrieben beinahe ihre gesamte Technologie mit Brennstoffzellen und der Neutronentreibstoff war unerlässlich für die Energieversorgung der Bevölkerung.
Abgesehen von der 81köpfigen Crew der Sternenflotte, dem medizinischem Personal und jenen Leuten, die für die Treibstofftanks verantwortlich waren, befanden sich auch noch ein paar weniger sympathische Personen an Bord. Es handelte sich dabei um Personen, die weniger um das Wohlergehen der Japori besorgt waren, sondern mehr an ihre Bilanzen dachten. Offiziell bezeichneten sie sich als „Wirtschaftsdelegation“. In Wirklichkeit waren es jedoch nur Vertreter größerer Unternehmen, die hofften, durch das Unglück der Japori ihren Profit steigern zu können. Als besonders unsympathische, aalglatte Geschäftsleute hatte Sarah schon am ersten Tag ihrer Reise die Vertreter der Dytallix Company und des Delta Vega-Konsortiums kennengelernt. Trotz gegenteiliger Beteuerungen war es für die Bevölkerung des Planeten doch egal, wer die exklusiven Lithium-Abbau- und Exportrechte erwarb. Als ob es nicht schon genug Planeten namens Dytallix oder Delta Vega gab, die die Sternkarten unübersichtlich machten.
Ein leichtes Beben, das durchs Deck ging, erinnerte sie an eine weitere Person an Bord, die sie nicht leiden konnte: Axel Sully. Der Steuermann nützte jede Gelegenheit, sich über die Unzulänglichkeiten des alten Schiffes zu beschweren und fand keine netten Umschreibungen für die Maru. Er beschwerte sich ständig über die schwerfällige Steuerung und dementsprechend unruhig verlief der Flug. Sie wusste, dass auch der Captain die Geduld mit seinem Steuermann verlor. Der Skipper war völlig davon überzeugt, dass es nur an Sullys Einstellung lag und er die Maru mehr mit Wut als mit dem nötigen Feingefühl auf dem Subraum-Highway navigierte.
Auf einer der Korridorkreuzungen wäre Sarah beinahe umgerannt worden.
„Oh, entschuldige bitte“, sagte eine liebliche leise Stimme, die einer zierlichen Frau gehörte. Nida Hussaini gehörte zu den wenigen Patienten, die Sarah seit ihrem Dienstantritt auf der Maru behandelt hatte. „Ich bräuchte wieder einmal meine Medizin“, sagte Nida. Es schien ihr etwas peinlich zu sein, aber dafür gab es keinen Grund. Nida war nicht die einzige an Bord, die an Raumkrankheit litt. Abgesehen von einem Jahrzehnte zurückliegenden Schulausflug zum Jupiter-Mond Kallisto hatte die zivile Expertin für Lithium-Spaltvorgänge die Erde noch nie verlassen. Zudem schien sie immun gegen die konventionellen Behandlungsmethoden zu sein. Das einzige, was sie für ein paar Stunden auf den Beinen hielt, war eine tägliche Stokalin-Injektion.
Sarah zögerte nur einen kurzen Moment, überwand sich aber schließlich dazu, doch in die Krankenstation zurückzukehren. Falls die Geister der Vergangenheit noch dort rumlagen, nahm Sarah sie nicht wahr, denn sie war voll und ganz auf die Behandlung ihrer Patientin konzentriert. So wurde sie am Besten mit den Geistern fertig.
Es dauerte nicht lange, den Injektor zu laden. Die richtige Dosierung für Nida hatte Sarah schon bei der zweiten Behandlung gefunden und nun brauchte sie nur noch die Injektionskapsel mit der richtigen Stokalin-Menge füllen zu lassen. Eine Arbeit, die nur Sekunden dauerte. Genauso wie die Verabreichung der Injektion selbst. Nida stöhnte erleichtert auf, als das Medikament in ihren Blutkreislauf freigegeben wurde.
„Danke! Du rettest mir echt das Leben. Diese Reise ist echt die Hölle.“
Sarah konnte nur schwerlich beurteilen, ob Nida einfach übertrieb, oder tatsächlich so stark litt. Selbst hatte Sarah nie irgendwelche Probleme an Bord von Raumschiffen gehabt. Wie ein Fisch im Wasser.
Obwohl ich gar nicht hier sein möchte, scheine ich wie geschaffen für diesen Posten zu sein. Solche Widersprüche sind echt ärgerlich, dachte sie.
Als in der folgenden Sekunde das Schiff beschloss, zum Teufel zu gehen, konnte auch Sarah nicht umhin zuzugeben, dass diese Reise wahrhaftig die Hölle war.
Rezensionen