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Die Flamme der Hoffnung

von Martina Bernsdorf

Kapitel 1

Hoffnung stirbt da, wo es keinen Glauben gibt.
~ Bajoranisches Sprichwort


Glühende Partikel explodierten vor dem Sichtschirm, brachen sich in allen Farben des Spektrums und verglühten nach wenigen Metern ihrer Reise durch das All. Wunderschön für etwas, das so tödlich war.
Ein weiterer Phaserstrahl brach sich auf den Schilden der Ganges und erhellte die Finsternis des Alls mit unangemessen fröhlichen Farben, Farben, die für Zerstörung standen, Farben, die letztendlich ihren Tod besiegeln sollten.
Im Dunkel des Alls öffnete sich ein gigantischer Strudel aus Licht und Farbenwirbeln, Hoffnung durchströmte ihn, spiegelte sich auch auf dem bleichen Gesicht des Ensign wieder, deren Finger in fieberhafter Hast über die Kontrollen des Runabouts huschten, einen Tanz von Präzision und Wissen aufführend, lange geübt, lange erprobt, aber nie im Schatten einer wirklichen Gefahr, im Schatten des Todes ausgeführt.
Ein weiterer Treffer brachte die Ganges zum Trudeln, Stabilisatoren versagten den Dienst, Metall schrie gequält auf, ein Schrei, der auch in seiner Seele brannte. Angst machte jede Empfindung über alle Maßen deutlich, und ein einziges Gefühl brannte in ihm wie eine lodernde Flamme, er wollte nicht sterben, er war zu jung, es gab so viel noch zu sehen, soviel zu erforschen, soviel an Leben, das er noch nicht gekostet hatte.
Das Runabout tauchte in das Wurmloch ein, wurde von dem Licht und der Energie verschlungen. Es war nicht die sanfte Passage, die er kannte, nicht dieses wunderschöne Lichtspiel, dieses sanfte Gleiten zur anderen Seite, dort, wo matt im All die Raumstation DS9 glänzen würde, Inbegriff von Sicherheit und Heimat. Auch wenn er nie gedacht hätte, Deep Space Nine einmal als Heimat zu sehen, war dieser Ort doch in sein Herz geschlichen und hatte sich dort als der Platz verankert, an den er gehörte.
Das kleine Raumschiff bäumte sich auf, wurde von Energieblitzen umhüllt, umhergeworfen, Rauch quoll aus zerstörten Computern und überlasteten Systemen, Computerstimmen übermittelten ruhig und gelassen, nicht um ihr elektronisches Leben fürchtend, Schadensmeldungen.
Er sah, wie die Angst aus den grünen Augen der jungen Ensign wich, sich ein anderes Gefühl widerspiegelte: Resignation, das Wissen darum, dass sie diesen Kampf verloren hatte. Sie blickte ihn an, mit der Bitte um Verzeihung, dafür, dass sie nicht auf die andere Seite gelangen würden. Jake öffnete seinen Mund, um ihr diesen letzten Wunsch zu erfüllen, sie hatte ihr bestes gegeben, sie sollte nicht mit dem Gefühl sterben, dass er ihr etwas vorwarf.
Die Ganges explodierte in einem Aufwallen von destruktiver Energie.

* * * * *

„NEIN!“, Captain Sisko schrie dieses Wort hinaus, mit wilden Bewegungen befreite er sich von der Bettdecke, die ihn fesselte, die ihn band. Er schüttelte sie ab und starrte mit rasendem Herzschlag in die Dunkelheit, die nur matt vom Sternenlicht, das durch die ellipsenförmigen Sichtfenster fiel, erhellt wurde.
„Nur ein Traum, nur ein Traum“, Sisko murmelte diese Worte, fast wie ein Gebet, seine Stimme brach, ging in ein leises Aufschluchzen über, bis zu dem gequälten Wimmern eines Mannes, der den tiefsten Schmerz empfand, der möglich war. Ein Schmerz, der jenseits von Tränen lag, jenseits von allem, was seiner Seele Erleichterung verschaffen konnte.
Sisko barg sein Gesicht in seinen großen Händen. Seine Finger zitterten, er senkte die Hände wieder und betrachtete sie; groß, stark. Jennifer hatte sie geliebt, oft hatte sie seine Hand genommen und ihn sanft auf die Fingerspitzen geküsst.
Jennifer, berstendes Metall, Blut auf ihrem Gesicht, Wolf 359, die Borg und das Ende aller Träume, die sie zusammen geträumt hatten. Damals hatte er gedacht, sein Leben würde mit Jennifer enden, aber er hatte zurückgefunden, zurück zum Leben, zurück zu Jake.
Jake.
Benjamin Sisko starrte im Dunkel auf seine Hände, schwache Schatten im Zwielicht. Darin hatte er ihn gehalten, gleich nach seiner Geburt, er konnte sich genau an sein kleines, von der Geburt so angestrengtes und zerknittertes Gesicht erinnern, an die kleinen Fäuste, die sich dieser so kalten Welt, in die er unsanft geboren worden war, entgegenstreckten. In diesem Moment hatte er so viel Stolz und Liebe empfunden, hatte er geschworen, dass er nie zulassen würde, dass Jake etwas zustieß, hatte geschworen, ihn immer zu beschützen.
Sisko vergrub sein Gesicht in seinen Händen, heiße Tränen benetzten seine Finger. Er hatte seinen Schwur gebrochen.
„Computer, Licht!“ Seine Stimme schwankte, aber die Computerregelung seines Quartiers nahm daran keinen Anstoß und erleuchtete das Zimmer mit der Unerbittlichkeit moderner Technik. Erhellte die zerschlagene afrikanische Holzmaske auf dem Boden, die Glassplitter anderer Dinge, die zu Boden gestürzt waren, als er gegen die Welt, gegen das Schicksal, gegen das Wissen kämpfte und dann doch in sich zusammensinkend erkennen musste, dass man nicht gegen den Tod kämpfen konnte.
Sein Blick glitt über die Zerstörung bis zu den zwei altmodisch gerahmten Bildern auf dem Tisch. Jennifer und Jake lächelten ihm stumm von diesen zeitlosen Aufnahmen entgegen. Sisko barg erneut seinen Kopf in den Händen, gefangen in seinen Erinnerungen.
„Dad, Ensign McDogal ist das schärfste Teil, das die Sternenflotte zu bieten hat!“ Jake blinzelte seinem Vater verschwörerisch zu.
„Das schärfste Teil, das die Sternenflotte zu bieten hat?“ Sisko lachte über die Worte seines Sohnes und blinzelte ihm auf die Art zu, wie es Männer taten, wenn sie dachten, eine große Verschwörung auszuhecken. „Wie weit bist du denn inzwischen mit deiner Verführungskunst gekommen, Jako?“
Jake winkte leicht mit der Hand ab. „Sie gibt sich unnahbar, Dad, aber du weißt ja, wie das ist. Diejenigen, die so tun, wollen erobert werden.“
Sisko lachte erneut. „Wer hat dir denn diesen Unsinn erzählt?“
Jake grinste breit. „Och, Dax hat mir ein paar Tipps gegeben.“
„Dax? Ich glaube, ich muss mit dem alten Mann mal ein paar ernsthafte Worte wechseln, seit wann berätst du dich bei diesen Dingen mit Dax?“ Eine winzige Spur von Eifersucht lag in seinen Worten, er wollte, dass Jake zu ihm kam.
„Nun, sie kennt beide Seiten, Dad, außerdem kenne ich all die Geschichten von Curzon Dax, und von so einem Mann kann man lernen, was die Frauen angeht.“ Jake verschränkte die Arme. „Was ist nun, Dad? Sorgst du dafür, dass ich Cat McDogal auf diesem Routineflug begleiten darf, oder nicht?“
Sisko runzelte die Stirn, was Jake zu einem langgezogenen „Daaaad“, veranlasste, mit dem er ihn schon seit Jahren mehr oder weniger geschickt um den Finger wickelte.
„Kannst du sie nicht ins klingonische Restaurant einladen, Jake? Ein Ausflug in den Gammaquadranten ist nicht ohne Risiko.“
Jake verdrehte demonstrativ die Augen. „Dad, ich habe schon versucht, sie einzuladen, hast du zugehört? Sie gibt sich unnahbar, deshalb möchte ich ja mit in das Runabout.“
Sisko runzelte die Stirn noch ein wenig mehr. „Vielleicht hat sie kein Interesse an dir, Jake?“ Sein Sohn sah ihn groß an und warf dann in gespielt theatralischem Ernst die Arme in die Luft. „Danke Dad, jetzt fühle ich mich doch gleich viel besser“, erklärte er spöttisch.
„Okay, Jake, ich weiß zwar nicht, wie ich es erklären soll, doch du sollst den Flug haben. Aber wehe dir, wenn von Ensign McDogal Beschwerden kommen, von wegen, dass der Sohn des Captain versucht hat, sie in einem Runabout zu verführen!“
Jake grinste schelmisch. „Das wäre ein Stoff, aus dem Bücher geschrieben sind. Es heißt doch immer, man kann nur über Dinge schreiben, die man selbst erlebt hat, insofern könnte dieser Ausflug der Grundstein meiner schriftstellerischen Karriere sein.“
Sisko schüttelte den Kopf. „Ich glaube eher, dass es der Grundstein deiner hormonellen Karriere ist.“
Jake lachte und schlug seinem Dad auf die Schulter. „Danke, weißt du, jeder sagt doch immer, dass die Kontrolle der Tiefenraumsensoren so schrecklich langweilig sei. Cat wird gar keine andere Wahl haben, als mit mir zu reden, und den Rest kann man getrost meinem Geschick überlassen.“
Sisko schüttelte leicht den Kopf und schlang seinen Arm um die Schulter von Jake. „Dann viel Glück, Don Juan Jake.“

Sisko befreite seine Gedanken mit Macht aus dieser Erinnerung an die letzten Worte, die er mit seinem Sohn gewechselt hatte. Hätte er es ihm verbieten sollen? Hätte er ahnen müssen, dass die Jem´Hadar die monatelange Ruhe brechen würden? Die Kontrolle der Tiefenraumsensoren am anderen Ende des Wurmlochs waren Routine, nie hatten sich Jem´Hadar so nahe herangewagt. Nie, bis zu diesem Tag, diesem verhängnisvollen Tag.
Sisko stand langsam auf und ging durch sein Quartier, ohne darauf zu achten, ob seine nackten Füße in Scherben traten oder nicht. Er hätte es nicht einmal registriert, kein Schmerz reichte aus, um an den Schmerz seiner Seele heranzukommen.
Seine Finger glitten über den Tisch, auf dem ein aktiviertes Computerterminal stand, seine Augen huschten über den Text, den er am Abend zuvor eingegeben hatte.
... hiermit bitte ich das Sternenflottenkommando, meinen unverzüglichen Abschied von der Flotte zu akzeptieren.
Siskos Fingerspitzen glitten über die Zeilen. „Computer, transferiere die Nachricht an das Sternenflottenoberkommando.“
Benjamin Sisko ließ einen letzten Blick über sein Quartier schweifen. So viele Erinnerungen an Jake waren in jeden Gegenstand gegraben. Sisko nahm stumm Abschied und ließ alles hinter sich zurück, alles bis auf den Schmerz, alles bis auf den Verlust und alles bis auf die Trauer.
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