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Wie ein Licht in dunkler Nacht

von Martina Bernsdorf

Kapitel 1

Es war kalt für diese Jahreszeit, ein eisiger Wind von den Jamalbergen pfiff durch das Lager, sein Hauch drang durch die Ritzen der Baracken und erzeugte heulende, klagende Töne, voller Verzweiflung und Tod.

Leeta kauerte sich enger zusammen und zog die dünne Decke fester um ihre schmalen Schultern. Sie lauschte auf das Husten ihres Vaters. Er hustete schon seit Wochen, und in seine Augen war eine Art von Leere eingekehrt, die Leeta mit Angst im Herzen an all die Bajoraner im Lager erinnerte, die ebenso ausgesehen hatten. Man nannte sie Geister, weil der Tod ihnen bereits in die hohlwangigen Gesichter geschrieben war.

Leeta blickte zu ihrem Bruder, der sich eng an ihren Vater drückte, um ein wenig Körperwärme von ihm zu erhaschen, in seinen Augen war noch der lebendige Ausdruck, den viele Kinder hatten, selbst in diesem Lager. Aber es war auch eine Art von Misstrauen in ihnen, das vergessen ließ, dass er kaum vierzehn Jahre alt war.

Leeta war drei Jahre älter als ihr Bruder, und sie konnte sich noch an ihre Mutter erinnern. Etwas, das Kalan nicht mehr vermochte, er war zu klein gewesen, als sie an einem Fieber gestorben war. Die medizinische Versorgung war schwierig auf Bajor, und die cardassianischen Stellen, die Medikamente ausgaben, meist korrupt und herrschten willkürlich über diese Güter.

Leeta streckte ihre Hand nach ihrem Bruder aus und streichelte über seine Wangen, sie fühlte sich manchmal wie eine Mutter, obwohl sie nur wenige Jahre älter war. Kalan lächelte sie an, und dieses Lächeln bewirkte, dass Leeta die Kälte vergaß, seine Liebe für sie wärmte ihr Herz.

Sie bemerkte den Blick ihres Vaters und erahnte, was hinter seinen dunkelbraunen Augen vor sich ging, welche Gedanken sich dahinter verbargen, und das erschreckte Leeta. Er hustete wieder und hielt sich ein fleckiges Tuch vor den Mund, während ein erneuter Anfall seinen mageren Körper schüttelte. Leeta bemerkte die neuen roten Flecken, die dieser Anfall auf dem Tuch hinterließ, und eisiger Schrecken schlich sich in ihr Herz.

Ihr Vater schlang seine Decke um Kalans Schultern und stand auf. „Willst du deinen Vater auf einem kleinen Spaziergang begleiten, Leeta?“

Er streckte die Hand aus, und Leeta fürchtete sich das erste Mal in ihrem Leben davor, sie zu ergreifen. Sie bemerkte den bittenden Blick in den Augen ihres Vaters. Er wollte nicht vor Kalan mit ihr reden, aber Leeta wollte nicht hören, was er sagen würde, denn sie wusste genau, was es sein würde. Dennoch, nach einigen Sekunden, die sich zu Ewigkeiten zu dehnen schienen, griff sie nach dieser Hand.

* * * * *

Dämmerung lag über dem Flüchtlingslager, am Horizont nahmen noch die rötlichen Farben des Tages den Himmel ein, aber der andere Teil wurde bereits vom Nachtschwarz beherrscht und den funkelnden Sternen.

Leeta blickte in den dunklen Himmel, wie immer tröstete sie der Anblick der Sterne. Ihre Bahn war so unverrückbar, keine Cardassianer, kein Hunger, kein Leid, das auf Bajor geschah, konnte ihre Bahn brechen, und das war etwas seltsam Tröstliches in ihrem Universum, in dem alles auseinanderzubrechen drohte. In dem Tod und Leid herrschten, wo es keine Sicherheit gab und wo kein Licht das Dunkel der Nacht, die über Bajor hereingebrochen war, erhellen zu können schien.

„Ich hätte dich auch Sternenkind nennen können“, die Stimme ihres Vaters war von einem sanften Lachen begleitet, das so im krassen Widerspruch zu der Leere und Erloschenheit in seinen Augen stand. Seine Hand fuhr über das rotbraune Haar seiner Tochter. „Deine Mutter liebte die Sterne sehr, sie war mit den Gedanken oft mehr im Himmel als auf dem Boden!“ Ein Hauch von altem Schmerz war in seinen Worten, aber darin lag auch die Schönheit dieser Erinnerung. „Eines Tages wirst du vielleicht diesen Sternen näher sein als die meisten Bajoraner!“ Seine Hand fuhr nochmals über ihr Haar und sank dann wieder herab. „Ich wünschte, ich könnte länger hier bleiben, bei dir und Kalan, aber ich werde bald zu den Propheten gehen, Leeta!“

Leeta zuckte unter diesen Worten zusammen und starrte ihren Vater entsetzt an, aber sie war nicht überrascht, sie hatte gewusst, dass er diese Worte sagen würde.

„Nein.“ Leeta verstand, wie sinnlos dieses Wort war, es gab tausend Nein in ihrem Herzen, und doch wusste sie inzwischen, dass man manchen Dingen nicht entgehen konnte, egal wie oft man dieses Nein aussprach. Ihr Vater streichelte über ihre Wangen. In seinen Augen lag Qual, er litt wegen des Schmerzes, den er in den Augen seiner Tochter sah, Augen, die seinen eigenen so sehr ähnelten. Sie war ebenso schön wie seine Frau es gewesen war, und er wusste, wie gefährlich dies für Leeta war. Bislang hatte er sie schützen können, vor Cardassianern, aber auch vor Bajoranern, denn in diesen Lagern wurden aus Opfern Täter, und manch eine Seele war schon hier zerbrochen, um nur noch ein Zerrbild von Bajoraner zurückzulassen, der lediglich nach seinen Bedürfnissen handelte. Und wovon sollten Leeta und Kalan leben? Er wusste selbst, wie gering die Essensrationen derjenigen im Lager waren, die keine Arbeit verrichteten.

Er selbst hatte seine Gesundheit in den Minen gelassen, dort hatte der Staub seine Lungen ruiniert, und nun hustete er sie Stück für Stück aus seinem Leib. Die Schatten schienen manchmal, wenn er hustete, bereits sehr nahe zu sein. Aber seine Arbeit hatte ihm Essensbezüge garantiert, die seine Kinder überleben ließen, ohne dass sie sich vor Hunger in den Schlaf weinen mussten, wie andere Kinder im Lager.

Er blickte in den Himmel, aber für ihn waren die Sterne kalt. Warum mussten ihn die Propheten jetzt schon rufen? Warum konnten sie ihn nicht noch eine Weile die Hand über Leeta und Kalan halten lassen?

„Ich werde nicht zulassen, dass Kalan etwas zustößt, Vater!“ Leeta sprach diese Worte mit heiligem Ernst aus.

Ihr Vater sah sie an, in seinen Augen glitzerten Tränen, aber das war ihm egal. Er sah die Ernsthaftigkeit in Leetas Augen und nickte langsam. „Ich weiß, Leeta!“

Sie standen noch eine Weile im Dunkel, Hand in Hand, und betrachteten die Sterne.
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