TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

I'm on your Spaceship

von marliseyna

Kapitel 2

Während ihrem Flug wechselten Jim und Leonard kein weiteres Wort miteinander. Jim war einfach nur verwirrt von der Situation, in der er sich befand. Er wusste nicht, wie er auf den Filmriss seines Sitznachbarn hätte reagieren sollen. Wie redete man mit jemandem, mit dem man tags zuvor in die Kiste gesprungen war, der sich aber augenscheinlich an absolut nichts erinnern konnte, und den man vermutlich am besten nicht daran erinnerte? „Ehm, hi, Pille – so hab ich dich übrigens gestern genannt – als wir zusammen ins Hotel gegangen sind um zu ... du weißt schon …“. Man wusste ja nie, wie der Betreffende in nüchternem Zustand darauf reagierte. Gesellig sah er dazu auch nicht gerade aus.

Jim fühlte sich dementsprechend wie auf glühenden Kohlen und war dankbar, als das Shuttle landete und er sogleich von einer Aufseherin in blauer Uniform begrüßt wurde, auf deren Rückseite das Abzeichen der Akademie groß aufgenäht war.

„Sie sind James Tiberius Kirk, liege ich da richtig?“

Er nickte kurz. Zwar wäre er normalerweise zu einem Flirt aufgelegt gewesen – vor allem wenn man die Rocklänge und das hübsche Gesicht seiner Begleiterin betrachtete - aber momentan fühlte er sich einfach nicht zu einem Gespräch aufgelegt.

Die Aufseherin mit Namen McAlistair übernahm die Gesprächsführung aber ohnehin gerne, und ratterte in einem Tempo, das es schwierig machte ihr folgen, herunter: „Ich werde Sie jetzt zum Sekretariat begleiten, damit Sie dort Ihre Daten abgeben können. Die anderen werden solange an einer Aufnahmezeremonie teilnehmen, die Sie jetzt leider verpassen werden… Aber nun ja, es sind ja sehr eigenartige Umstände, die Sie hierher verschlagen haben. Ich denke, Sie können also über diese Unannehmlichkeit hinwegsehen.“

Genau genommen war Jim mehr als froh, sich nicht an diesen krampfhaften Festlichkeiten beteiligen zu müssen, aber er hielt es für schlauer, das Mrs. McAlistair nicht gerade unter die Nase zu reiben. Mit ihren streng zurückgebundenen Haaren und den schmalen Lippen erinnerte sie ihn ein wenig an alte englische Kindermädchen, wie man sie sich vorstellte, wenn man, wie er früher üblich über 200 Jahre alte Bücher zum Einschlafen vorgelesen bekommen hatte. Streng, wenig eloquent, aber trotzdem stilvoll, irgendwie nervtötend und konservativ – nur dass diese Frau hier eigentlich um einiges zu jung war, als dass sie so einen Eindruck auf ihn hätte machen können. Sie hatte die Dreißig mit Sicherheit noch nicht erreicht. Während er ihr hinterherlief und recht stramm gehen musste, um Schritt zu halten, malte er sich aus, wie dann erst die Professoren an dieser Akademie sein mussten - und ihm wurde mulmig zumute. Passte er hier überhaupt rein? In diese Schar von gut gebildeten Leuten, für die das persönliche Vorankommen vermutlich wichtiger war als alles andere. Die nach außen immer freundlich taten, aber sich hinter dem Rücken der anderen über sie die Mäuler zerrissen?

Solche Gedanken hatten ihn, bis er seinen Bettgefährten der letzten Nacht im Shuttle sah, den ganzen Morgen lang auf dem Weg zum Abflugplatz beschäftigt. Ein wenig lächerlich fand er seine Besorgnis auch, er war eigentlich nie jemand gewesen, der vorschnell über etwas urteilte, bevor er sich sein eigenes Bild gemacht hatte. Aber komplett ließ ihn der Gedanke, er würde hier irgendwie nicht hergehören, trotzdem nicht los.

Nachdem sie die über den Landplatzes des Shuttles gegangen waren, kam der Vorplatz in Sicht – der Anblick war atemberaubend. Eine große, mindestens 150 Stufen lange Treppe, führte zu einem prächtigen Gebäude, vor dessen Türen große Säulen prangten. In der Mitte des kreisförmigen Platzes stand ein großer Brunnen, der mit seiner kegelartigen Form ein wenig an eine Rakete erinnerte – das Wasser sprudelte an beiden Seiten herunter und wurde von einer ein paar Meter weiter außen angebrachten Rillen wieder in den Kreislauf befördert. Sorgsam gepflegte Büsche und Bäume säumten die Wege, die vom Zentrum aus in die einzelnen Gebäude führten. Das ganze Areal machte, von der Konstruktion des Brunnens einmal abgesehen, einen asiatischen Eindruck. Große Flächen Sand zierten abgesehen von den vielen Pflanzen die Umgebung, und schienen auch schematisch nach einem Muster angeordnet zu sein.

Die beiden gingen die Treppe hinauf und betraten das Hauptgebäude durch einen Seiteneingang. Jim ging davon aus, dass die Verwaltung hier ihren Sitz hatte, genauso wie der Veranstaltungssaal, denn er sah, wie die restlichen Neuankömmlinge in Zweierreihen und einem etwas unbeholfenem Marsch noch eine Etage höher gingen.

Weniger glamourös, aber dafür weniger anstrengend kamen er und seine Begleiterin ans Ziel. Sie betraten einfach einen der zahlreichen Aufzüge an der rechten Seite der großen Halle.

„Willkommen Mrs. McAlistair und Gast. Wohin wollen Sie befördert werden?“, grüßte sie zugleich eine elektronisch erzeugte Frauenstimme.

„Etage 3“, antwortete Mrs. McAlistair fast genauso mechanisch wie die Maschine und schon setzte sich der Aufzug in Bewegung.

Irgendwie war er anders als die anderen Aufzüge, mit denen Jim bisher gefahren war. Es war nicht, dass er irgendwie schneller fuhr, aber er hatte eher das Gefühl, durch die Luft zu gleiten, also nach oben gezogen zu werden. Wenn er es sich genau überlegte, wollte er es gar nicht genau wissen.

„Sobald Sie sich hier registriert haben, wird der Aufzug auch Sie beim Namen nennen“, sagte Mrs. McAlistair und lächelte ihm kurz zu. Diese Geste überraschte ihn, warum wusste er selbst nicht so genau. Bevor er etwas erwidern konnte, ertönte ein Piepton, und die Frauenstimme war erneut zu hören „Etage 3 – Verwaltung und Akademieleitung; Rechtsabteilung.“

Die beiden stiegen aus. Jim hatte erwartet, dass es hier ungefähr so aussehen würde, wie der Gang, in dem sich auf der Highschool die Verwaltung befunden hatte, aber er irrte sich gewaltig. Während dort immer nur vereinzelt Leute von der einen Tür zur anderen gegangen waren, war hier vergleichsweise die absolute Hölle los. Verwaltungsbeamte eilten umher und riefen sich Dinge zu, und die beiden hatten erhebliche Mühe, sich an ihr Ziel zu kämpfen.

„Ist hier immer so viel los?“, wollte Jim wissen.

„Nun ja, die Akademie ist nicht weniger legendär, als man sie sich vorstellt, Mr. Kirk. Doch um legendär zu werden, muss ein Betrieb sich auch zu verwalten wissen.“

Jim wollte fragen, ob man in diesem Gebäude auch auf konkrete Aussagen hoffen durfte, hielt sich jedoch zurück.

„Hier wären wir.“ Mrs. McAlistair deutete auf eine Tür. „Machen Sie es gut, Mr. Kirk“.

Er nickte ihr kurz zu und schenkte ihr ein kleines Lächeln, bevor er tief einatmete und den Raum betrat, der mit einem elektronischen Schild als „Sekretariat Jahrgang I“ gekennzeichnet war.

Das Zimmer, in dem er sich wiederfand, war vor allem durch ein Merkmal auffällig: Einen riesigen Tisch. Er war mit Sicherheit drei Meter breit, auf ihm stand ein großer Standbildschirm, und eine rundliche Dame um die Vierzig tippte mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit auf eine in den Tisch eingebaute Tastatur ein, sie man erst auf den zweiten Blick als solche erkannte. Sie war in die Platte eingebaut und ebenfalls ein Bildschirm.

Jim räusperte sich und die Frau sah auf. „Entschuldigung, mein Name ist James Kirk, i-“

„Ah, Mr. Kirk! Ich hatte schon mit Ihnen gerechnet, setzen Sie sich!“

Jim, der mit einer derartig enthusiastischen Begrüßung nach der kurzen Zeit, die er mit der Schneekönigin selbst verbracht hatte, nicht gerechnet hatte, nahm Platz.

„Also Mr. Kirk. Sie sind, aufgrund der Art und Weise wie Commander Pike Sie … rekrutiert hat natürlich erst mal in einer gänzlich anderen Situation, als die anderen Kadetten. Ich habe bisher wenige Hintergrundinformationen über Sie vorliegen. Mir liegt lediglich ein wirklich ausgezeichneter Eignungstest vor. Eine Bewerbung fehlt natürlich. Was genau Sie hier erreichen und studieren wollen, ist mir nicht bekannt … Aber bevor ich Sie über die Formalitäten aufkläre, möchte ich Ihnen einen ganz persönlichen Rat geben.“ Sie lehnte sich in seine Richtung, so gut wie das bei der Massivität ihres Schreibtisches eben möglich war: „Sie müssen nicht jedem auf die Nase reiben, dass Sie – bei jeglichem Respekt – anstrengungslos einen Studienplatz erhalten haben. Das schadet nicht nur dem Ruf der Akademie, sondern vor allem schadet es Ihnen. Ich bin seit 15 Jahren hier, und ich weiß, was für ein Typus Mensch sich hier bewegt.“ Innerlich fühlte Jim eine Schwere, die er so nicht kannte, aber er hatte das unbestimmte Gefühl, eine Bestätigung, dass sich seine Befürchtungen bewahrheiten würden. „Viele sind rücksichtslos, auf die große Karriere aus, was sie nicht unbedingt talentiert macht. Und so etwas sät Neid auf die, die es einfach hatten.“ Sie lehnte sich wieder zurück, und da sie Jims bedrückten Gesichtsausdruck bemerkte, legte sie ein freundliches Lächeln auf: „Aber glauben Sie mir, nicht nur solche Leute gibt es hier. Das kann ich Ihnen auch versprechen. Sie werden hier wunderbare Freundschaften schließen.“

Jims Gedanken schweiften ab und er sah Leonards Bild vor seinen Augen. Er schob es schnell wieder beiseite.

„Also“, sagte die Sekretärin und klatschte die Hände gegeneinander, „sehen Sie das Formular vor sich?“

Jim schaute nach unten und bemerkte erst jetzt, dass auch er eine große Glasplatte vor sich hatte, unter der sich ein Bildschirm befand.

„Auf der linken Seite müssen Sie Ihre persönlichen Daten eingeben und einen Fingerabdruck des rechten Daumens hinterlassen. So kann Sie unser Sicherheitssystem jederzeit identifizieren. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Diebe und andere Kriminelle das schon rechtzeitig außer Gefecht gesetzt hat.“

Jim tat, was sie ihm gesagt hatte und ließ seinen Blick dann auf die rechte Seite schweifen. Oben war eine leere Tabelle, die sich schnell als Stundenplan identifizieren ließ, einige der Lücken waren bereits ausgefüllt.

„Sie sehen, dass es einige Pflichtmodule gibt, die Sie hier an der Akademie belegen müssen; das wären ‚Warptheorie‘, ‚Interspezies-Kenntnis‘, ‚Diplomatie‘, ‚Überlebenstraining‘ und ‚Geschichte der Raumfahrt‘. Wie Sie sicher einsehen, beinhalten diese Fächer alle elementare Kenntnis, die Sie als guter Raumfahrer benötigen. Je nachdem, welche Ausbildungsspezialisierung Sie nach dem ersten Jahr hier wählen wollen, gibt es auch noch andere Kernmodule, die Sie belegen müssen… Ich nehme an, Sie sind zumindest mit Ihren vier Wahlmöglichkeiten vertraut?“

„Für mich kommt nur das Kommando in Frage.“ Das war eine ehrliche Antwort, aber Jim wollte auch von der Tatsache ablenken, dass er sich gerade nicht wirklich genau an die anderen drei erinnern konnte.

Die gegenübersitzende Frau schien das nicht zu merken, sie lächelte nur wissend. „Das hätte ich mir fast denken können. In diesem Fall, müssen Sie eine intensive Nah- und Fernkampfausbildung ablegen und haben zusätzlich eine weitere Stunde Ausdauertraining in der Woche, genauso wie Philosophie, Psychologie und Anthropologie.“

Nachdem Jim „Kommando“ auf seinem Datenblatt markiert hatte, erschienen die eben genannten Fächer in seinem Stundenplan. „Die restlichen Stunden können Sie nach Belieben mit weiteren Kursen aus der unteren Liste füllen. Erfahrungsgemäß sind Sie mit 2-3 weiteren gut bedient. Mehr wäre eine unnötige Belastung, und weniger wäre eine Beleidigung Ihres menschlichen Intellekts.“

Jim lachte auf. Er mochte diese Frau. Er entschied sich für temporale Mechanik und Transporter Theorie.

„Das wäre es auch schon. Ich gebe Ihnen noch Ihren CCC“, sagte sie und reichte ihm eine Art Handy, „kurz für Campus Communication Controller. Jeder Student und jeder Angestellte hier hat so ein Ding. Die kleinen Teufel sind ziemlich nützlich. Sie finden alles was Sie brauchen, eine Karte, ein Telefon, sämtliche Stundenpläne, Ihre Apartmentnummer, einen Notizblock… Schauen Sie es sich einfach mal an. Sie können gleich zum Abendessen gehen, die Mensa finden Sie mit diesem Ding schnell.“ Sie zwinkerte ihm zu.

Jim stand auf. „Ich danke Ihnen vielmals.“

„Nichts zu danken“, war die Antwort.

Er verließ den Raum.
Rezensionen