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Warum sagst du's nicht ihm?

von Enem

Ist schon okay

Liedtext: Sebastian Hämer/ Ist schon okay
Ist schon okay


Und mein Atem wurde still, als ich das vergilbte Bild sah
und es verborgene Schmerzen enthüllt.
Wie ein verängstigtes Kind, im Dunkeln so blind, weil es weiß, dass etwas nicht stimmt.
Tief in mir ist es trist doch vertraut. Sie galt dir, doch du, du hast sie verkauft.
Wie ein Kind hab ich all das geglaubt vom Geben und Nehmen doch ich wurde beraubt.



Leonard eilte die Straße entlang. Er blickte weder rechts noch links, hatte den Kopf gesenkt und die Hände in den Taschen. Nahm man es genau, dann sah er gar nichts, nahm nichts um sich herum wahr, weder den lauen Abend, noch die Menschen, die ihm entgegenkamen. Und wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass das, was wie eine Dauerschleife in seinem Kopf abspulte, auch zu sehen war – weil er die Lippen bewegte, als würde er mit jemandem flüstern – hätte er sich vermutlich geschämt. Völlig irre zu sein und wie ein Irrer zu wirken waren zwei Paar Stiefel.

So aber merkte er nichts davon, probte immer wieder das, was man getrost schon als Kampfmonolog betiteln konnte, und hastete weiter. Wenn er langsamer wurde, wenn er stehenblieb und wieder nachzudenken anfing, verließ ihn womöglich der Mut.

Erst im letzten Moment kollidierte er mit einem Passanten, der ihm ein paar mürrische Worte nachrief, doch da war er schon an seinem Ziel angekommen, entschuldigte sich bei dem Mann mit einer vagen Geste und huschte nun durch den Eingang des Appartementblocks.

Er würde nicht aufgeben, nicht einfach so, kampflos. Wenn er gegen Spock verlor – und je nach Grad seines Pessimismus war das ohnehin vorprogrammiert – dann mit allen Konsequenzen.

Wie oft war er in diesem Gebäude gewesen? Leonard ignorierte die Transportplattform und wandte sich stattdessen nach links zu den Treppen. Jeder Stillstand lähmte ihn, wenn er jetzt die drei Stockwerke hinauflaufen musste, war sein Körper beschäftigt und sein Verstand für den Moment an zweite Stelle gerückt.

Gut so.

Endlich vor Jims Appartementtür angekommen, holten ihn seine Gedankenspiralen aber doch noch ein. Und wenn er sich mit dieser Aktion vollkommen lächerlich machte? Seine Hände begannen zu zittern, während er die rechte nach dem Sensor ausstreckte, also berührte er ihn rasch und ballte dann die Finger zu Fäusten, um es zu verbergen. Jetzt war es ohnehin zu spät. Er stellte sich die Computerstimme vor, die seine Signatur längst ermittelt und gemeldet hatte.

Kurz kniff er die Augen zu und atmete langsam aus. Er wusste, was er sagen wollte, was ihm wichtig war und Jim... nun, er würde ihm fraglos zuhören, aber wie er reagieren würde, konnte Leonard nicht sagen.

Jetzt war es für derartige Überlegungen ohnehin zu spät, denn die Tür öffnete sich und Jim stand ihm gegenüber, offensichtlich mehr als nur erstaunt, trotzdem mit einem vagen Lächeln auf den Lippen. „Pille“, murmelte er. „Was machst du hier? Ist... Ist etwas passiert?“ Das Lächeln wich und Leonard bemerkte, wie er rasch gemustert wurde. Das Urteil fiel wohl nicht unbedingt zu seinem Gunsten aus.

„Ich muss mit dir reden“, stieß er hastig hervor. Jetzt oder nie.

Leidlich irritiert nickte Jim ein wenig, trat aber nicht zurück und erst als er Leonards unruhige Bewegung bemerkte, wurde ihm das wohl auch bewusst, denn er schüttelte verlegen den Kopf, trat zur Seite und bedeutete seinem Gast einzutreten. „Entschuldige“, murmelte er dabei. „Ich meine – sicher, komm rein.“

Im ersten Moment war Leonard so erleichtert, dass er das Lächeln sogar erwiderte, doch dann fiel sein Blick über Jims Schulter und er erstarrte. Das Lächeln bröckelte wieder aus seinem Gesicht. „Mr. Spock...“

„Doktor.“ Der Vulkanier neigte den Kopf, was einem Gruß gleichkam, während er schräg hinter Jim verweilte, jedoch nicht in ausreichender Distanz um nicht jedes Wort genau zu verstehen. Leonard wusste um das ausgezeichnete Gehör des Ersten Offiziers. Unschlüssig verharrte der Arzt an der Türschwelle, sein Blick glitt wieder zu Jim, hilfesuchend womöglich, doch Jim sah ihn einfach nur verwirrt an. „Jetzt – komm doch rein“, wiederholte er, worauf Leonard sofort und ohne auch nur darüber nachzudenken den Kopf schüttelte. Alle Worte waren dahin. Die ganze Leidenschaft, der brennende Schmerz – erloschen, als hätte jemand Eiswasser über ihm ausgegossen.

„Ich – entschuldige, ich habe nicht nachgedacht. Ich wollte nicht stören.“

Jim neigte den Kopf, ein paar tiefe Furchen zeigten sich auf seiner Stirn, da winkte Leonard bereits ab. „Ich  - wollte dich nur davon in Kenntnis setzen, dass ich mich beurlauben lasse. Ich brauche eine Auszeit.“

Die Furchen auf Jims Stirn wurden noch tiefer. „Und dafür kommst du persönlich her? Du hättest mir eine Nachricht schicken können, immerhin sind wir erst im...“ Dann brach er ab und musterte Leonard verkniffen. „Moment“, hakte er nach. „Für wie lange?“

Leonard reckte das Kinn und straffte die Schultern. „Auf unbestimmte Zeit.“

„Unbestimmt!“ Jim machte eine Bewegung, Leonards Blick flog sekundenlang zu dem Vulkanier hin, was Jim jedoch prompt bemerkte. „Einen Augenblick“, wandte er sich an Spock, der daraufhin aus ihrem Blickfeld verschwand, trotzdem trat Jim vor die Tür, die sich in seinem Rücken schloss. Leonard wich wie von selbst zurück.

„Auf unbestimmte Zeit? Was soll das heißen, Pille?“

„Nichts.“ Das Lächeln misslang, also zuckte er die Schultern. „Ich brauche einfach dringend Urlaub. Also...“ Auch der Abschied wollte ihm nicht gelingen, weswegen sich Leonard nach einem Zögern einfach umdrehte und zu den Treppen eilte.

„Warte!“, rief Jim ihm hinterher. „Pille! Jetzt warte doch, du wolltest...“

Den Rest hörte Leonard nicht mehr, weil er es gar nicht hören wollte. Er sprang die Treppen hinab, getrieben von seinen eigenen harten Atemzügen und das Blut rauschte in seinen Ohren.
Vorbei. Aus. Alles verloren.
Was war er nur für ein Idiot.

*

Wie Blätter im Wind, so unglaublich das klingt, werden alte Gefühle,
und es gelingt mir nicht mehr stark zu sein
und was wir einmal waren ist lang schon vorbei.
Ich leg das Bild aus meiner Hand und was mit ihm entstand, das Gefühl wird wieder verbannt,
und vielleicht in 10 Jahren dich dann wieder zu sehen, fällt mir nicht mehr schwer,
so müsst es gehen.


*

Leonard hob das Glas an die Lippen und erschrak. Die Eiswürfel klirrten leise. Wie hypnotisiert starrte er auf das Bild, das sich ihm gegenüber hinter einer ganzen Reihe Flaschen und Gläser spiegelte. Wann war er zum Trinker mutiert? Der Mann, der mit finsterer Miene zurückstarrte sah, milde gesprochen, aus wie ein Penner. Seine Kleidung war schlampig, die Haare wirr, das Gesicht bleich und Bartstoppeln unterstrichen den verwahrlosten Gesamteindruck.

„Großartig“ zischte er wütend, sein Spiegelbild zeigte ihm ein abfälliges Grinsen, dann kippte er den Drink doch und stellte das Glas ab. Sofort war der Barkeeper heran.

Er fragte gar nicht mehr, wollte einfach einschenken, was dafür sprach, dass er schon länger hier saß, auch wenn Leonard sich kaum erinnern konnte, wann und wie er in diese heruntergekommene Bar geraten war. Im letzten Moment schüttelte er vage den Kopf, registrierte dabei den Schwindel, der sich einstellte, und kniff kurz die Augen zusammen. Er legte die Hand über das Glas. „Reicht.“

Seine Stimme war ihm so fremd, dass es auch gut vom Barkeeper hätte kommen können. Leonard atmete einmal tief durch und rutschte dann langsam vom Barhocker. Der Mann hinterm Tresen reichte ihm seine Chipkarte zurück und Leonard steckte sie mit einem undefinierbaren Brummen ein. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, sie hergegeben zu haben. Schwankend und grußlos verließ er die Bar.

Bereits der Abend war trüb gewesen, jetzt hatte ein leichter Regen eingesetzt und Leonard blieb für einen Moment stehen um den Kopf zu heben. Die kalten Tropfen trafen sein Gesicht, sorgten dafür, dass er wieder ein wenig nüchterner wurde und schließlich hatte er für sich selbst auch nicht mehr als ein abfälliges Lächeln über. Das passte doch hervorragend zu seinem ganzen armseligen Dasein. Er klappte den Kragen seiner Jacke hoch und stapfte die Straße hinunter.

Eigentlich hatte er nicht über Jim nachdenken wollen oder über das, was schiefgelaufen war, genau deswegen hatte er ja überhaupt erst Urlaub genommen. Abstand hatte er finden wollen und einen Weg für sich.

Eine Versetzung. Als ihm der Gedanke das erste Mal gekommen war, hatte es sich angefühlt, als wäre er von Fesseln befreit. Es gab kein Für und Wider mehr abzuwägen und nur wenige Tage später hatte er das Gesuch eingereicht. Danach mochte er über die Richtigkeit seines Handelns noch hin und wieder gegrübelt haben, aber da gab es ohnehin kein Zurück mehr. Wie er Jim seine Entscheidung mitteilen wollte, wusste er da auch noch nicht, aber es gab ja für alles bekanntlich die richtige Zeit.

Mittlerweile hatten sich all diese Gedanken als überflüssig herausgestellt, denn sein Gesuch war abgelehnt worden. Der Grund im Übrigen, der ihn hauptsächlich in diese Bar getrieben hatte. Der, und das offizielle Memo, das ihn übermorgen um null achthundert zurück auf die Enterprise beorderte. Mit diesem Memo war es höchste Zeit geworden, sich ordentlich zu betrinken – bis zum Aussetzen des Sprachzentrums am besten.

Zumindest das hatte er geschafft, wenn auch nicht so viel Distanz zwischen Jim und sich zu bringen, wie nur irgendwie möglich. So befreiend der Alkohol zu Beginn noch war, jetzt musste Leonard feststellen, dass er über den Punkt der angenehmen Betäubung längst hinaus war und er sich Schritt für Schritt dem Jammertal näherte. Er war kein fröhlicher Trinker – nie gewesen. Er war einer dieser Sorte, die erst in Sarkasmus untergingen und dann in Selbstmitleid versanken. Und er hasste diesen Wesenszug an sich. Nichts war armseliger als ein weinerlicher verlassener Kerl. Er verdrängte den Gedanken an Jim wieder. Jim war Vergangenheit. Jim war...

... bei Spock.

Mit einem Zähneknirschen beschleunigte Leonard seine Schritte. Das feine Nieseln war in einen prasselnden Regen übergegangen.

*

Ist es nicht so, dass wir durch Fehler studieren. Kann es nicht sein das wir ein Stück mit verlieren.
Jedes Mal wenn mich die Sehnsucht erreicht, dann sind sie am Bluten, die Narben der Zeit.
Sag wie kann es sein, wir beide sind uns so fremd, verewigt im Stein, und doch getrennt.
Vielleicht ist es so, und soll auch so sein, verflucht und verdammt auf ewig allein.


*

Zuhause angekommen war Leonard völlig durchweicht, trotzdem griff er sich nur die Tasche mit den wenigen persönlichen Dingen, die er an Bord mitnehmen wollte, und verließ sein Appartement gleich wieder. Er würde im Medizinischen Institut übernachten, in seinem Büro. Dort hatte er morgen ohnehin den Check-Up der Crew zu überwachen und vor allem die Möglichkeit, sich selbst wieder diensttauglich zu kriegen. Er war Arzt, ein paar Tricks gab es schon.

Am Ende schlief Leonard so gut wie gar nicht, hielt sich mit zwei Injektionen über Wasser und warf einen kritischen Blick in den Spiegel, nachdem er sich rasiert hatte. Vertretbar, war sein abschließendes Urteil.

Jim erschien nicht zu dem vorgesehen Termin, aber das überraschte Leonard nicht. Er machte einen Vermerk in seiner Akte und spürte, wie seine Nervosität zunahm.

Natürlich war er sich seiner Position an Bord des Schiffes und damit auch seiner Pflichten bewusst. Es gab unabdingbare Regeln, wollte ein autonomer Kosmos wie ein Raumschiff im Weltall nicht nur überleben sondern auch reibungslos funktionieren. Und einen ganzen Katalog an Regeln gab es, wenn es um zwischenmenschliche – oder auch nicht menschliche – Beziehungen ging.

Eine dieser Regeln besagte, dass der Captain immer informiert sein und seine Zustimmung geben musste. Eine andere, ganz spezielle Order betraf Verbindungen unterschiedlicher Spezies und rief den Leitenden Medizinischen Offizier auf den Plan.

Pille ahnte wohl, dass Jim nicht daran gelegen war, seine Beziehung zu Spock ausgerechnet mit ihm zu diskutieren, doch andererseits war der Vulkanier überhaupt nicht in der Lage, sich einer Regel zu widersetzen, also würde er darauf bestehen. Und Jim würde sich fügen, allein schon aus dem Bewusstsein heraus, dass Leonard die Beziehung ja bereits bekannt war. Bei aller Diskretion, die Jim sicherlich und Spock ohnehin würde walten lassen, denn das Chaos von Gerüchten wollte sicher niemand riskieren, war das Gespräch dennoch unabdingbar. Ein Konsens, eine weitere Aktennotiz – das einzige, was Pille fürchtete, war der Verlust seiner eigenen fachlichen Distanz. Wie sollte er ihm als Arzt gegenübertreten, wenn er sich immer noch von Jim verraten fühlte? Abgelegt und zurückgelassen wie ein unliebsames Spielzeug.

Vielleicht hatte er seinerzeit gehofft, dass wenigstens ihre Freundschaft diesen Bruch überstehen würde, heute wusste er es besser. Es war nicht möglich, es tat einfach nur weh.

*

Und es tut mir so weh, wenn ich deine Bilder seh.
Es wird nie ok.
Denn du könntest es doch nie verstehen..

Es ist schon ok.


*

Nur drei Tage, nachdem die Enterprise aufgebrochen war, fand Leonard den gefürchteten Eintrag im Speicher seines Terminkalenders. Verletzte es ihn, dass Jim ihn nicht persönlich um einen Termin gebeten, sondern ihn von einer der Schwestern hatte eintragen lassen? Ein wenig, wenn er ehrlich war, doch je näher der Zeitpunkt rückte, desto unwohler fühlte er sich. Es fühlte sich an, als liefe man sehenden Auges in eine Katastrophe, nur ändern konnte er daran nichts. Und als ihm der Captain gemeldet wurde, war Leonard innerlich bereits so aufgewühlt, dass er Jim erst mal warten ließ.

„Einen Moment noch“, erwiderte er auch auf den zweiten Ruf der Schwester, umklammerte mit einer Hand die Tischkante und fuhr entnervt herum, als die Tür doch geöffnet wurde.

„Ich sagte doch gerade...!“

„Meine Zeit ist begrenzt, Pille“, unterbrach Jim ihn und trat in das Büro. „Das solltest du eigentlich wissen.“ Sein Blickkontakt war so vage wie möglich, und er begab sich ohne Umschweife zu der Untersuchungsliege. Die Bewegung, mit der er sich Uniformshirt und Unterhemd über den Kopf zog, wirkte fahrig und nur daran erkannte man, dass auch er nervös war.

„Ich weiß, ich habe den Check verpasst – also... bevor du mir das ankreidest – du kannst es jetzt nachholen.“

„Wie du willst“, murmelte Leonard unverbindlich, kam um die Liege herum und aktivierte den angeschlossenen Bildschirm. Er rief Jims Daten auf. „Leg dich hin“, wies er ihn an. „Du kennst die Prozedur ja.“

In der Tat verlief diese Eingangsuntersuchung so routiniert, dass Leonard fast vergaß, wie unmöglich die Situation zwischen ihnen war. Aber hier war er Arzt und Jim Patient, sein Element, sein Terrain. Wenn ihm etwas Sicherheit geben konnte, dann wohl das.

„Du kannst dich wieder anziehen“, erklärte Leonard, als die Untersuchungen abgeschlossen waren und ärgerte sich, weil seine Stimme trotz allem etwas rau klang. Rasch wandte er sich ab und kehrte hinter seinen Schreibtisch zurück. Nur wenig später folgte ihm Jim und ließ sich auf der anderen Seite in den Sessel fallen. Das Schweigen zwischen ihnen hielt an, wohl hauptsächlich weil Leonard sich gerade nicht imstande fühlte, Jim anzusehen und wer weiß, wie lange diese unmögliche Situation geblieben wäre, wenn Jim sie nicht aufgelöst hätte.

„Haben wir ein Problem, Pille?“

Hatten sie, ja, ein gewaltiges. Leonard seufzte – vielleicht hatte auch nur er eins. Schließlich sah er aber doch noch auf. „Deine Werte waren schon mal besser, du solltest mehr auf dich achten. Wenn du allerdings etwas Persönlicheres meintest: Ich kann es mir nicht leisten, ein Problem mit dir zu haben, also nein.“

Darauf nickte Jim zuerst nur, sah aber schließlich angestrengt auf seine Hände, als suche er einen geeigneten Beginn für ihr Gespräch.

Einen Moment lang sah Leonard ihn an, dann kopfschüttelnd weg. „Ich weiß, warum du hier bist“ knurrte er, „also bringen wir es hinter uns. Ich bin sicher, dass meine Einwände berechtigt sind sowie ich sicher bin, dass du mir widersprechen wirst. Belassen wir es dabei. Deine...“ Beziehung – aber er brachte das Wort nicht über die Lippen, also wedelte er nur ungeduldig mit der Hand in der Luft. „ ...Verbindung ist vermerkt. Der Leitende Medizinische Offizier hat dich beraten und keine weiteren Bedenken geäußert.“

Erst nachdem er geendet hatte, bemerkte er, dass Jim ihn mit einem tiefen Stirnrunzeln ansah. „Wovon redest du?“, murmelte er, bevor er seine eigene Frage mit einer knappen Geste verwarf. „Ich habe dich gefragt, ob wir ein Problem haben, weil ich von deinem Versetzungsgesuch unterrichtet wurde.“

Oh, das. Leonard blinzelte. „Tatsächlich?“, murmelte er lahm, weil ihm schlicht nichts einfallen wollte, was er dazu sagen sollte. Er hatte eine Ablehnung erhalten und eigentlich nicht damit gerechnet, dass sie Jim informieren würden, wenn sie es ohnehin nicht genehmigten.

„Tatsächlich“, fauchte Jim gereizt und lehnte sich vor. „Persönliche Gründe – ein schwächeres Argument ist dir nicht eingefallen? Und wann hast du gedacht, sprechen wir darüber? Es muss dir doch klar gewesen sein, dass sie mich unterrichten. Ich bin dein Vorgesetzter und wenn du mich schlichtweg übergehst, fragen sie sich natürlich, warum?“

„Es wurde abgelehnt“, raunte Leonard dumpf. „Ich habe nicht erwartet, dass...“

„Von mir!“, ging Jim wütend dazwischen. „Es wurde von mir abgelehnt, Pille. Verstanden?“

Nein, eigentlich nicht. Jetzt regten sich die ganzen aufgestauten Gefühle und Wut war das erste, was sich Bahn brach. „Und warum?“, fauchte nun auch Leonard. „Das ist krank! Ist es dir eine persönliche Genugtuung, wenn du mich hier an die Leine legen kannst, ohne Rücksicht auf...!“

„Es war mein persönlicher Wunsch“, murmelte Jim einfach, ohne ihm überhaupt zuzuhören. „Ich brauchte einen Freund.“

„Einen Freund!“ Leonard schnaubte abfällig, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Lieber Himmel“,  raunte er wie zu sich selbst, strich sich dabei mit der Hand über die Augen und atmete tief durch. „Ich weiß nicht, ob ich noch dein Freund sein kann.“ Jetzt war es raus und es war die Wahrheit, so bitter sie sich auch anhörte.

Als er wieder aufsah, traf ihn Jims durchdringender Blick völlig unvorbereitet. Etwas war da in den blauen Augen, das Leonard nicht benennen konnte. Vielleicht Vorwurf, vielleicht Resignation.

Plötzlich nickte Jim und wich seinem Blick wieder aus. „Dann weiß ich, wo wir stehen“, flüsterte er, stand auf, wohl um zu gehen, verharrte aber nach ein paar Schritten doch wieder. Abrupt drehte er sich zu Leonard um, der immer noch hinter seinem Schreibtisch saß. „Du nimmst mir jeden Halt“, flüsterte er jetzt und im ersten Moment war Leonard so perplex, dass er nicht einmal reagierte. Er starrte ihn nur an, ungläubig zunächst, schließlich mit noch mehr aufkeimender Wut.

Langsam stand er auf. „Ich dir?“ Er war zu laut, das merkte er, aber es ließ sich nur schwer unterdrücken.  Er schnaubte. „Du hast ja keine Ahnung, Jim.“

Das mochte so sein, denn schon wieder nickte Jim nur, ohne ihn wirklich anzusehen, doch erst jetzt fiel Leonard auf, wie angegriffen er wirklich aussah. Dunkle Schatten lagen um seine Augen und Messwerte bestätigten ja auch, was man sofort bemerkt, wenn man ihn richtig ansah. Jim war dünner geworden, hatte abgenommen. Viel erschreckender jedoch war die Müdigkeit, die er ausstrahlte.

Und warum zur Hölle fiel ihm das erst jetzt auf?! Er war hier der Arzt! War er tatsächlich so unprofessionell? Rasch warf Leonard einen weiteren Blick auf das Krankenblatt. Nichts, was alarmierend gewesen wäre, nur eine kleine... Ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf der Tischkante.

„Sind wir fertig?“, drängte sich Jim da wieder in seine Gedanken. „Kann ich gehen?“

Leonard nickte, trommelte immer noch auf der Tischplatte, dann rief er: „Nein. Jim... warte.“

Tatsächlich hielt Jim inne. Er war bereits fast an der Tür, doch jetzt wartete er, mit hängenden Schultern, den Kopf gesenkt und ohne sich umzudrehen.

Leonard räusperte sich. Er wollte diese Frage nicht stellen, die am allerwenigsten, und tat es am Ende doch. „Ist... alles in Ordnung? Gibt es... irgendwas... worüber du reden willst?“

Zuerst hob Jim den Kopf als überlege er und es dauerte eine Weile, bis er sich tatsächlich nochmal umdrehte. Schließlich verneinte er mit einem Kopfschütteln, aber immer noch stand er da, den Blick jetzt unverwandt auf Leonard gerichtet, als warte er auf etwas Bestimmtes.

Der Arzt sah weg, schob die Hände in die Hosentaschen, um seine Nervosität zu bändigen und atmete hörbar ein. „Und zwischen dir und Spock? Ist alles...?“ Statt den Satz zu beenden sah er Jim an. Der lächelte schwach, aber der glimmende Funke in seinen Augen sprach Bände, Leonard hätte sich ohrfeigen mögen.

„Wir haben uns getrennt“, flüsterte Jim da.

Im ersten Augenblick begriff Pille nicht. Die Worte passten nicht zum Lächeln, nicht zu dem warmen Schimmer in Jims Blick. Verwirrt schüttelte er den Kopf.

„Das...wa-? Ich...“ Um sein unwürdiges Gestammel zu beenden hob er rasch die Hand, auch um Jim daran zu hindern noch etwas zu sagen und wieder atmete er durch, zweimal, bevor er wieder hinsah. „Er hat es beendet?“

Jim senkte den Blick und schwieg.

„Dieser verdammte regelbesessene Bastard“,  knurrte Leonard, war jetzt mit wenigen Schritten um den Schreibtisch herum und selbst auf dem Weg zur Tür. Jim hielt ihn auf, griff nach seinem Arm, als Leonard an ihm vorbei wollte, und stoppte ihn.

„Pille, nein... du verstehst nicht“, sagte er ruhig. „Ich... Ich war das.“ Und mit einem Mal wandte er sich doch wieder um und strebte zur Tür.

„Jim!“, wollte Leonard ihn aufhalten, doch als er tatsächlich ein zweites Mal stehenblieb, zögerte Leonard. Da war ein Hauch von Erwartung in Jims Blick, eine gewisse Sehnsucht, die ihm regelrecht die Kehle zuschnürte. Also nickte er nur und ließ ihn gehen, ohne noch etwas zu sagen.  

*

Es ist schon ok, wenn ich deine Bilder seh.
Es tut schon lang nicht mehr weh.
Auch wenn der Schmerz niemals vergeht.



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