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1.1 Freundschaft ist ...

von MaLi

Kapitel 2

„Hallo Doc, das Übliche?“
Jetzt war es einmal an Jim Kirk die Braue zu heben. Er war es gewohnt zu den bekanntesten Gesichtern in allen möglichen und unmöglichen Bars zu gehören, diesmal nicht. Er war das erste Mal hier. Obwohl Jim es war, der ihm einen auszugeben versprochen hatte, hatte Leonard den Ort des Vergessens ausgesucht.

Die Bar lag außerhalb des Campus und nur sehr wenige Kadetten verirrten sich hierher. Zwei, um genau zu sein. Kirk und McCoy fielen in ihren gebügelten Uniformen in diesem eher einer Spelunke ähnlichem Gasthaus auf, wie bunte Hunde. Kirk zumindest. Offenbar waren die Gespräche nur seinetwegen verstummt, denn verblüfft stellte er fest, dass das eine oder andere Glas nicht zum Trinken angehoben wurde, sondern um McCoy zu grüßen. Der nickte den teils doch recht zwielichtigen Gestalten zu und stand an den Tresen. Er formte das Victory-Zeichen mit seinen Fingern und winkte dann Kirk heran. Der stand noch immer mitten im Raum als hätte er das erste Mal im Leben eine Bar betreten.

„Das Gleiche“, stammelte er auf den fragenden Blick des Barkeepers.
Der und McCoy blickten beide erst verblüfft und dann anerkennend, und spätestens als die zwei halb vollen Tumbler vor ihnen standen, verstand Jim auch wieso.
Er hatte ein Bier erwartet, vielleicht ein Schnäpschen oder einen stärkeren Alcopop, aber auf keinen Fall einen doppelten Whiskey?! In Zukunft würde er besser auf Leonards Finger achten, wenn der was bestellte …
Betont gleichmütig nahm er das Glas entgegen und suchte mit den Augen einen Tisch. Trotzdem entging ihm das zarte Schmunzeln in McCoys Gesicht nicht.

Als sie sich setzten, begannen die Gespräche wieder. Es war eine Wohltat für Jim und die Lautstärke würde seine eigene Unterhaltung diskret schlucken. Langsam begann er die Bar zu mögen.
„Geschockt?“, fragte ihn McCoy und irgendwie bekam das Schmunzeln einen fiesen Zug.
Er hatte offenbar immer noch vor, seinen unerwünschten Schatten so schnell wie möglich loszuwerden und genoss den kleinen unerwarteten Seitenhieb mit der Alkoholbombe.
„Nö“, behauptete Jim und nippte an der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Anerkennend hob er die Brauen. McCoys Schmunzeln wurde breiter und in einem Zug haute er den Doppelten weg.
Jetzt bin ich geschockt!“, meinte Jim und sein ganzes Gesicht unterstrich den Wahrheitsgehalt seiner Worte. Offenbar war das damals im Shuttle nicht bloß ein verzweifelter Ausrutscher gewesen.
McCoy hob nur seine vielbeschäftigte Augenbraue und erwiderte stumm Jims Blick, dann senkte er ihn auf die Tischplatte und blinzelte. Jim wurde den unbestimmten Verdacht nicht los, dass Leonard sich schämte.

Um ihm die Peinlichkeit des Moments zu verkürzen, begann er ein belangloses Gespräch.
„Was ist das überhaupt“, fragte er und hob das Glas.
Es war eindeutig ein Whiskey und ein starker noch dazu, und doch war er sanfter und intensiver, als das was er kannte.
„Bourbon“, meinte Leonard knapp.
Erst nach einer belastenden stummen Minute erkannte McCoy endlich Jims Plan und lenkte ein.

Fasziniert lauschte Jim Leonards Ausführungen, der ihm schon fast mit religiösem Ernst den Unterschied zwischen Whisky und Whiskey erklärte. Jim erfuhr, wie man einen Mint Julep mixte und warum ein Tennessee Whiskey immer ein Bourbon, aber nicht jeder Bourbon ein Tennessee war.
Verblüfft stellte er fest, dass Bourbon zu trinken, eine richtige Wissenschaft darstellte; eine Wissenschaft, der sich McCoy mit seinem ganzen Herzen verschrieben zu haben schien. Zumindest theoretisch. Man brauchte das richtige Glas, musste ihn für eine bestimmte Zeit im Mund behalten, bevor man ihn schluckte und erst der zweite Schluck offenbarte dem Genießer, wie gut der Tropfen wirklich war.

Jim blinzelte. Leonard sprach so begeistert von diesem Maisdestillat, dass er nicht einmal merkte, wie er dabei ungewollt seine Seele für Kirk öffnete. Er begann aufzublühen, seine brummige Stimme wurde sanfter und in seinen traurigen Augen funkelte das erste Mal so etwas wie Lebensfreude.
Je liebevoller Leonards Ausführungen wurden, umso sicherer wurde sich Jim, dass es seinem Gegenüber eigentlich sehr schlecht ging. Denn so hastig und unachtsam wie der den Bourbon weggehauen hatte, konnte es ihm nicht um den so überschwänglich gelobten Genuss, sondern schlicht nur ums Vergessen gegangen sein.

Leonard war am Ende seiner Ausführungen angekommen und streichelte fast zärtlich über den Rand des Tumblers.
„Also“, fragte er und überraschte Jim damit, „was willst du von mir?“
Leonard klang wieder so kalt und abweisend wie eh und je und hatte gerade Jims trügerisches Glücksgefühl zerstört, bereits Freunde zu sein. Völlig überrumpelt starrte er ihn an. Leonard starrte zurück und als von seinem Gegenüber nichts kam, stand er auf.
„Ich hol mir noch einen, während du überlegst“, meinte er. „Den bezahl’ ich selbst, keine Angst.“ Damit war er verschwunden.

Jim saß etwas bedröppelt auf seinem Platz. Er fühlte sich seltsam. Je energischer ihn McCoy abgewiesen hatte, umso mehr wollte er seine Freundschaft. Besonders während ihres Gesprächs war er sich sicher gewesen. Der lockere, begeisterte McCoy hatte ihm gefallen. Doch jetzt, gerade wieder mit Käpt’n Grimmbart konfrontiert, zauderte er das erste Mal.
Jim wusste nicht, ob er bereit für so eine anstrengende Freundschaft war. Klar, morgen würde der Doktor wieder fröhlich sein, lachen und scherzen, aber als sein Freund würde er doch ab und zu mal eben diese Launen ertragen müssen …

Leonard kam zurück und setzte sich. Er hatte sich einen weiteren Doppelten geholt. Jim schluckte stumm. War er vielleicht gerade dabei, sich mit einem Delta-Trinker anzufreunden? Das war so ziemlich das Letzte, was er brauchen konnte …

„Ist es dir wieder eingefallen?“, brummte McCoy und musterte ihn. Er schmunzelte als Jim erschrocken zuckte.
„Ich …“, begann er zögerlich.
Sollte er aufstehen und gehen? Er war sich nicht mehr sicher. War es sinnvoll um die Freundschaft eines Mannes zu kämpfen, der nicht offensichtlicher andeuten konnte er wolle mit ihm nichts zu tun haben? Es war schon unglaublich mühsam, überhaupt nur seine Aufmerksamkeit zu bekommen …
Leonard spielte mit dem Tumbler. Kirk nahm sich vor, sollte der Arzt das Glas erneut auf Ex trinken, würde er es bleiben lassen. Einen Alkoholiker wollte er sicherlich nicht zu seinen Freunden zählen, oder gar als Einzigen haben.
Leonard zog erwartungsvoll die Braue hoch und wartete. Dann seufzte er und leerte das Glas.

Jim legte die Handflächen auf die Tischplatte, bereit aufzustehen. Er öffnete den Mund, um sich zu verabschieden und sah hoch in Leonards Gesicht.
Etwas fesselte ihn. Seine Augen. McCoy hatte noch immer den Ausdruck gestörten Friedens in seinem Gesicht. Doch sein Blick passte nicht dazu.
Jim meinte eine Leere darin zu lesen, wie er sie noch nie zuvor bei jemandem gesehen hatte. Vielleicht bei sich selbst, wenn er in den Spiegel sah. Er sah eine Einsamkeit und einen Schmerz darin, die es ihm unmöglich machten, sich zu erheben. Leonards Augen gaben ihm das Gefühl gebraucht zu werden. Das war neu für ihn.

Bisher war Jim es gewesen, der jemanden brauchte. Immer war jemand da gewesen, der ihn geführt, über ihn bestimmt oder ihn beschützt hatte. Lehrer, Freunde, Pike, sein Stiefvater Frank, George … Jim war nie gebraucht worden. Er war eher der Typ gewesen, der sich anlehnte und Zuneigung suchte. Aufmerksamkeit. Berührung, wenn auch häufig nur in der Form einer Faust, die sein Gesicht traf.
Jetzt saß er da, vor diesem Mann, diesem erbärmlichen, grantigen Kummertrinker, der ihm gerade mit seinem Blick symbolisch den Kopf auf die Schulter legte. Jim schloss den Mund wieder.
Gebraucht zu werden. Geliebt zu werden. Ein Freund zu sein.
Ein schönes Gefühl! Aber ein Alkoholiker?
Drauf geschissen!
„Ich will dein Freund sein“, platzte er heraus.
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