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Der Tag, an dem die Erde still stand

von MaLi

Kapitel 1

Doktor McCoy rutschte der Medikoffer aus den Händen. Der sprang auf und ergoss seinen gerade eben sorgfältig eingeräumten Inhalt über den Fußboden seines Quartiers.

„DU HAST WAS?!?“
„Dad, ich bin siebzehn! Alt genug, um mich zu verlieben!“ halb lachend, halb vorwurfsvoll warf Joanna ihr langes, kastanienbraunes Haar zurück. Ihre Augen strahlten vor Glück.
„Gerade mal siebzehn, ja? Und du bist immer noch minderjährig, Tochter!“
„Ach komm schon, Daddy, hast DU deine Unschuld erst mit achtzehn verloren?“
„Das werde ich dir gerade noch auf die Nase binden!“

McCoy kniete sich hin und sammelte energischer als nötig die versprengten Utensilien wieder ein. Plötzlich fuhr er wie vom Blitz getroffen hoch.
„Was meinst du mit „Unschuld verlieren?!“ Hast du etwa vor … JO-AN-NA?!?“
„Daddy, hör auf damit, das ist albern!“, lachte sie noch lauter, trat auf ihn zu, nahm seine Hände und schwenkte sie. „Wir sind erst seit einer Woche zusammen. Kein Grund gleich mit dem Stricken anzufangen! Außerdem ist er romantisch und rücksichtsvoll. Wir lassen uns Zeit! Pascha ist super, Dad, du wirst ihn mögen“, versprach sie und lächelte in seine Augen als versuche sie ihn für einen ausgesetzten kleinen Hundewelpen zu begeistern, den sie seit einer Woche im Schrank versteckte.

„Ich mag niemanden, der sich an mein kleines Mädchen ranmacht, klar? Und schon gar nicht, wenn er vorhat sie … mit ihr … ihre … Und ich hoffe um seinetwillen, Mädchen, dass Pascha für einen Spitznamen steht und nicht für seine Lebenseinstellung…!“
Joanna ließ ein glockenhelles Lachen ertönen und fiel ihm um den Hals. „Ach Daddy“, sagte sie und drückte ihn fest.

Sie hatten sich Monate nicht mehr gesehen. Ihre wöchentlichen Telefonate und die Briefe, die sie hin und her schickten waren zwar tröstlich, aber noch lange kein Ersatz für eine wirkliche, liebevolle Umarmung. Joanna vergötterte ihren Vater; genauso wie er sie. Und genauso wie er, litt auch sie unter der Trennung.
Sie lebte auf Cerberus, einem wundervollen Planeten und wurde nun von ihrer Tante Donna Whiters und deren Mann Fred aufgezogen. Obwohl die sie wie eine eigene Tochter behandelten und sich Joanna eigentlich als glücklich bezeichnete, hatte sie nie ihre Wurzeln vergessen.
Sie wusste, warum ihr Vater sie weggegeben hatte und dass es ihm das Herz zerriss.

„Ist er Kadett?“, grummelte er in ihren Hals und sprach es aus wie ein Schimpfwort. Er mochte keine Kadetten. In seinen Augen waren sie allesamt kindisch und unreif; nichts was er sich für seine einzige Tochter wünschte.
„Er ist Ensign“, seufzte sie stolz.
„Na wenigstens hat er einen Rang …“, brummte er beruhigt. „Warte mal, Ensign? Wie alt ist der Kerl?!“
Von grausiger Vorahnung beseelt, drückte er ihre Schultern zurück, so dass sie sich in die Augen sehen konnten.
„Er ist JUNG, Dad! Er hat noch keinen Bartwuchs!“
„Gut so. Nein, nicht gut! Du brauchst einen Kerl, Joanna, einen richtigen Kerl! Ich will einen Kerl für dich, nicht einen Knaben frisch von der Mutter … Einen, der auf dich aufpassen kann, einer der gut zu dir ist, einen der was zu bieten hat! Einen Kerl mit Bart!“
„Dann muss ich mir aber einen älteren suchen …“, meinte sie so unschuldig wie möglich und lächelte ihn an.
Sie fand es gerade unglaublich süß, wie ihr Vater auf diese liebenswerte Weise durchdrehte und zog das kleine Spiel genüsslich in die Länge. Leonards Kopf drehte sich.
„Älter!? Nein, nein, warte … er darf höchstens … er muss mindestens … Gott steh mir bei; darauf brauche ich einen Drink“, schnaufte er, löste sich von ihr und holte Flasche und Glas aus dem Schrank. ER war bisher immer der Kerl in Joannas Leben gewesen. Dass da jetzt ein anderer kam und Ansprüche erhob, zog ihm den Boden unter den Füssen weg.
„Daddy, du bist im Dienst!“, rief Joanna und nahm ihm das Glas weg.
„Den brauche ich jetzt!“, entgegnete er energisch und präsentierte ihr seine zitternden Hände. „SO kann ich jedenfalls nicht operieren!“
„Ach Daddy…“, meinte sie nur und gab das Glas zurück.

Sie wusste, dass er noch immer gerne Beruhigung im Bourbon suchte und dass es ihretwegen war.
Leonard hatte da gestanden, ohne Frau, ohne Freunde, ohne Job, die Scheidungspapiere und ein Berg Rechnungen auf dem Tisch und einem kleinen Kind auf dem Arm. Er hatte sein Bestes gegeben. So lange bis es einfach nicht mehr ging.
Als er Joanna nach Cerberus brachte, ließ er sein Herz bei ihr zurück. Als jämmerlicher Krüppel war er abgereist. Nur wenn sie ihn besuchen kam und es mitbrachte, fühlte er sich wieder als ganzer Mensch.

„Ist schwer für dich, hm?“ lächelte sie tröstend und nahm seine Hände.
Leonard saß ihr gegenüber am Tisch, so stark gebeugt, dass er fast auf der Platte lag und umklammerte das geleerte Glas. Er trank nie wenn er im Dienst war, aber diesmal konnte er seine Nerven ohne Hilfe nicht beruhigen. Seine Welt wankte noch immer. Leonard seufzte tief und blickte dann hoch in Joannas Gesicht. Er war gerade unbeschreiblich dankbar, dass sie nicht Jocelyns Augen hatte.

„Es geht so schnell, verstehst du? Mir wird erst jetzt klar, dass ich … Ich habe dein ganzes Leben verpasst! Ich habe…“
„Nein, hast du nicht, Dad“, meinte sie freundlich, aber bestimmt. „Du hattest immer Teil an Allem was mir wichtig war!“
„Ja, durch Videochat und Briefe!“, entgegnete er genauso spöttisch wie bedauernd.
„Dad“, sagte sie sanft und drückte seine Hände, „du hast mich weggegeben, weil du nicht für mich sorgen konntest! Du bist nicht abgehauen wie Jocelyn, du hast um mich gekämpft! Du hast dich selber ins Unglück gestürzt, damit ich glücklich sein kann! Ich habe es dir schon tausend Mal gesagt, Daddy. Du hast mich an den schönsten Ort der Galaxie gebracht, zu den liebsten Leuten, die du dir vorstellen kannst und seit unserer Trennung halten wir einen regelmäßigen und schönen Kontakt zueinander! Daddy, wenn du mich behalten hättest, wäre ich vermutlich in einem Mädchenheim aufgewachsen, mit einer Nanny und einem Vater der nie zu Hause ist und trinkt! Ich hätte dich gehasst!“
Leonard senkte seinen Blick auf die Tischplatte.
„Ich liebe dich, Daddy! Du hast alles richtig gemacht, auch wenn du das nicht so siehst.“
McCoy blinzelte die Tränen weg und gab heimlich dem Bourbon die Schuld für seine Rührseligkeit. Es tat so unglaublich gut das zu hören. Aus Joannas Mund, nicht dem Mund eines Freundes, der ihn nur trösten wollte.
„Außerdem solltest du dich freuen, dass mein Freund hier auf der Enterprise ist. Jetzt habe ich zwei Gründe hierher zu kommen!“
Leonard schaffte ein Lächeln, nickte, drückte ihre Hände und stand dann auf.

„Ich muss zum Dienst“, meinte er bedrückt aber tatsächlich ruhiger und schniefte die Nasenfeuchte hoch. Er war froh, hatten seine Tränen diesen Weg genommen und nicht den direkten über seine Wangen. „Essen wir am Mittag zusammen?“
„Natürlich, Dad! Pascha hat uns eingeladen; er kocht! Er darf die Kombüse benutzen und bringt es dann hierher. Wir essen hier bei uns, weil er kein Einzelquartier hat.“
„Er kocht!?“ Leonard sprach es aus als hätte er gerade erlebt, wie ein Neandertaler korrekt einen Tricorder bedient.
„Ich sagte ja, er würde dir gefallen“, strahlte sie und umarmte ihren Vater. „Mach‘s gut, Daddy! Ich wünsche dir einen schönen Morgen. Wir sehen uns.“
„Wir sehen uns. Bis bald, meine Kleine.“

Der Vormittag zog sich wie ein zäher Kaugummi dahin. Leonard war nervös, unkonzentriert und war schon sehr bald dem Spott der ganzen Station ausgesetzt. Er war so unglaublich erleichtert als es endlich Mittag schlug. Oder auch nicht. Bebend machte er sich auf den Weg zu seinem Quartier.
Er würde da sein. Der Freund seiner Tochter. Der Mann, der keinen Bart hatte und seiner Meinung nach kein Kerl war, der seine Joanna verdient hatte. Zum Teufel, keiner hatte sie verdient! Sie, das wundervollste Wesen im Universum, sein einziges, liebes Töchterlein, sein Mädchen, seine Perle, sein Lebensinhalt. Wehe dem Burschen, der es wagte! Wehe er würde seinen Ansprüchen nicht gerecht!
Sein Herz zog sich zusammen, als er endlich vor seinem Quartier stand. Was sollte er tun? Ihm die Hand geben? Ihn mit dem Rang ansprechen? Dem Namen? Ihm als Schwiegervater in Spe das Du anbieten? Ihn zur Hölle schicken?
McCoy stand eine ganze Minute vor der Tür bevor er sich überwinden konnte, sie zu öffnen. Er hatte alles erwartet; aber nicht DAS.

***

Pünktlich zur Tagesbesprechung traf McCoy vor dem Schichtwechsel auf der Brücke ein. Pike lachte als er ihn sah, Leonard wirkte noch immer wie jemand, dessen Weltbild gerade aufs gröbste erschüttert worden war.
„Doktor McCoy, was ist los?“
„Joanna hat einen Freund!“, platzte er heraus. Er hatte es nicht tun wollen; es ging niemanden etwas an. Aber im Moment war sein Herz so zum Bersten voll mit Gedanken, Sorgen und Zukunftszenarien, dass sein Mund von alleine über ging. Außerdem hätte er jetzt selber gut einen Rat wissenden Vater gebrauchen können, und da kam ihm Pike gerade recht.

„Ich bin’s nicht“, rief der immer als erster verdächtigte Kirk sofort und wusste noch in derselben Sekunde, dass er gerade etwas Falsches Gesagt hatte.
Leonards Megawattblick laserte ihm gerade die Netzhäute weg.
„Glaub mir, mein Freund, wenn DU es gewesen wärst, würdest du jetzt nicht hier stehen, sondern auf der Krankenstation an einer grausamen, fleischfressenden und garantiert unheilbaren Krankheit vor dich hin siechen!“
„Na, na, Doktor!“, lachte Pike und hob beruhigend die Hände. „Kommen Sie, Leonard, setzen Sie sich. Was ist los?“
McCoy setzte sich schwerfällig auf Chekovs leeren Platz und seufzte tief.

„Das geht mir zu schnell, verstehen Sie?“ Leonard rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht als versuche er sich ohne Wasser zu waschen.
„Seit gefühlt… fünf Tagen ist sie aus den Windeln raus, vor vier Tagen hat sie gerade erst ihren Schnuller weggeworfen, vor drei Tagen rief sie mich an und erzählte voller Stolz, dass sie jetzt ihre erste Periode hat und vor zwei Tagen … albere ich mit ihr herum wie immer und habe, zum Schock meines Lebens, das erste Mal was in den Händen, wenn ich sie um die Brust hoch nehme! Und heute …“ Leonard schüttelte fassungslos den Kopf, „…heute da springt sie mir voller Stolz an den Hals und sagt mir, dass sie einen Freund hat?! Ich meine … ich meine … und morgen kommt sie und sagt Daddy, kauf dir einen Anzug, ich heirate oder wie!? Das geht mir zu schnell, Himmel noch mal! Ich komme da nicht mit!“
Hilflos verwarf er die Hände.

„Ich verstehe Sie, Leonard!“, lächelte Pike väterlich. „Ich habe auch eine Tochter; sie ist verheiratet. Sie machen jetzt gerade das durch, was man einen Ablöseprozess nennt. Es ist völlig normal, dass Sie da durchdrehen. Ich habe das auch durchgemacht, glauben Sie mir. Ihr kleines Mädchen wird jetzt halt erwachsen.“
Pikes verständnisvolles Lächeln tröstete ihn keineswegs.
„Ich will, dass sie mein kleines Mädchen bleibt“, seufzte McCoy und schämte sich sofort dafür.
Die Worte waren so tief aus seinem Herzen gekommen, dass auch die entsprechenden Emotionen mitschwangen. Er wollte nicht, dass die ganze verdammte Brückencrew über seine Gefühle Bescheid wusste, dass er seine Kleine vermisste, dass er litt wie ein Hund.
Die Diskretion, die gerade allerseits an den Tag gelegt wurde, zeigte ihm deutlich, dass aber eben genau das passiert war.
Er seufzte leise.

„Sind Sie nicht mit ihm einverstanden?“, versuchte Pike seine Bestürzung zu verstehen und lächelte aufmunternd.
„Das ist nicht das Problem“, meinte Leonard leise.
„Sondern?“, frage Pike und hatte noch immer diesen väterlichen Ton.
„Als sie zu mir kam und sagte, dass sie einen Freund hat, hab ich mich gefreut. Ich dachte … ich dachte er sei ein Idiot und dass sie es nach ein paar Wochen merkt und wieder zu mir kommt, aber … aber heute Mittag komme ich vom Dienst zurück in mein Quartier und da liegen die beiden auf dem Sofa und knutschen rum und was soll ich sagen: Er IST kein Idiot!“
McCoy sprang vor Erregung vom Stuhl.
„Er… er… er sieht gut aus, er ist nett, er ist verdammt intelligent, er ist aufmerksam und fleißig und, und kann sogar kochen, Himmel, Arsch! Bei Gott; ich weiß nicht mal WAS ich da gegessen habe, aber es hat mich umgehauen?! DAS ist es was mich fertig macht: Der verfluchte Mistkerl ist einfach PERFEKT?! Er ist kein Idiot; ich finde nicht ein einziges krummes Haar an ihm, das mir das Recht gäbe, ihn zum Teufel zu jagen?! Er wird sie nicht betrügen oder verarschen, oder ihr wehtun oder irgendwas wofür ich ihn hängen dürfte! Er wird sie heiraten, viele kleine Paschas mit ihr machen und bis an ihr Zuckerwatte verhangenes Ende zusammen glücklich sein! Die sind so ekelhaft süß zusammen, dass ich gar nicht anders kann, als ihm zu gratulieren und ihn gleichzeitig dabei zu erwürgen. Grundgütiger, sie hätte sich kaum einen Besseren aussuchen können …“
Leonard fiel zurück in den Sessel und fuhr mit seiner Trockenwaschung fort.
„Das ist mein Ende! Das überlebe ich nicht …“, stöhnte er und sank in sich zusammen.

Pike lachte sanft.
„Ach, Leonard“, meinte er und lächelte nur, „ich verstehe Sie so gut! Es wird vorbeigehen; glauben Sie mir. Das Wichtigste ist, dass Sie sich klar werden, dass er sie Ihnen nicht wegnehmen will! Er ist kein Rivale; betrachten Sie ihn stattdessen als einen Freund! Sie müssen jetzt lernen zu Teilen, Doktor! Sie werden immer der wichtigste Mensch im Leben ihrer Tochter sein, aber ab nun halt nicht mehr der Einzige. Verstehen Sie?“
Leonard nickte matt. Er verstand. Er konnte kaum glauben, wie gut ihm dieses Gespräch tat.
„Außerdem scheinen Sie das Glück zu haben, von Anfang an einem guten Kandidaten gegenübergestellt zu werden! Meine Tochter musste ihn erst mühsam suchen … Also freuen Sie Sich doch einfach und lassen es auf sich zukommen, ja?“
Leonard sah hoch und nickte zustimmend.
„Gut, dann beginnen wir jetzt mit der Tagesbesprechung, was meinen Sie?“

Unheimlich beruhigt richtete sich McCoy im Sessel auf. Pflichtbewusst griff er nach seinem PADD, das … nicht da war. Er hatte es vor lauter Aufregung auf der Krankenstation vergessen.
„Ähm, Captain, ich …“, begann er etwas peinlich berührt.
„Ja?“
„Doktor McCoy, bitte melden Sie Sich auf der Krankenstation!“, plärrte der Lautsprecher auf die Brücke.
Leonard schoss vom Stuhl hoch.
„Ablenkung! Was für ein Glück!“
Damit war er verschwunden.
„Ich denke, wir verlegen die Tagesbesprechung auf später“, schmunzelte Pike.

Chekov tauchte mit einem PADD hinter der Brüstung auf.
„Wo waren denn SIE jetzt die ganze Zeit?!“, frage Pike verblüfft.
Chekov zog eine entschuldigende Schnute.
„Als Doktor Mäckoy auf die Brücke kam, dachte ich, ich mache mich besser unsichtbar, Keptin.“
„SIE haben Sich Joanna geschnappt!?“, rief Kirk völlig perplex.
„Ähm… tjechnisch gese’n, chat sie MICH geschnappt; aber ich glaube, dass ist Doktor Mäckoy ziemlich egal …“
„Sie sind ein mutiger Mann, Chekov!“, schmunzelte Pike anerkennend.
Kirk hingegen war verstummt. Dass Pille den gerade mal volljährigen, noch nicht mal Bartflaum tragenden Chekov als perfekten Schwiegersohn betrachtete, ihm hingegen sogar mit der Todesstrafe drohte, gab ihm einen fiesen Stich.

„Was meinte er damit, kleine Paschas machen?“, wollte er wissen.
„Pascha ist“, Chekov wurde verlegen, „eine Koseform. Von Pavel. Ja.“
Der junge Russe sah aus als würde er sich gerade nichts lieber wünschen, als durch den Boden der Brücke aufs untere Deck schmelzen zu können. Puterrot, bis tief unter seine Lockenpracht, setzte er sich an seine Station und drehte der Brücke den Rücken zu.
Das fieseste allen Grinsens trat in Jim Kirks Gesicht.

***

Als McCoy Überstunden bedingt eine Stunde später als erwartet in seinem Quartier auftauchte, war Chekov schon wieder da. Als hätte sie ihm einen Stromschlag verpasst, sprang der junge Ensign von Joanna zurück und nahm vor ihrem Vater Haltung an.
„Guten Abend, Doktor!“
„Chekov?“, grüßte der so beherrscht wie möglich und verschwand im Bad um zu duschen.
„Vielleicht sollte ich besser gehen …“, murmelte Pavel und fühlte sich ziemlich unbehaglich und bedroht.
Joanna lachte.
„Auf keinen Fall! Er mag dich!“
„Tut er das?“, meinte Chekov zweifelnd.
Joanna zog ihn sanft am Arm zu sich aufs Sofa.
„Er hat dich Chekov genannt!“
„Das ist mein Name“, stellte der unnötigerweise klar.
„Er sagt nie Chekov, wenn er von dir spricht! Er sagt immer, der Junge oder das Russengenie oder der biologische Tricorder!“
„Bitte!?“, fragte Chekov perplex.
„Er ist ein Fan von dir; du hast ihn mächtig beeindruckt! Nachdem was du mir erzählt hast, was er auf der Brücke losgeworden ist, wundert es mich, dass er dir noch nicht das Du angeboten hat! Er hat dich längst akzeptiert, er kann es nur nicht zugeben. Er hat mir mal geschrieben du könnest sogar schneller rechnen als der Bordcomputer! Ist das wahr?“
Joanna schmachtete ihn so beeindruckt an, dass Pavel wieder die Farbe eines Ingenieurshemdes annahm.
„Ähm … er meinte wohl … damals als ich Kirk und Sulu … es war nicht so spektakulär, wie es sich anchört!“ Das H in anhört kam ziemlich kratzig aus seinem Hals. Es schien als verstärke sich sein Akzent erheblich, wenn er verlegen war. In Joannas Augen ploppten augenblicklich Herzen auf.

Sie saßen noch immer schmusend da als McCoy geduscht, mit noch halbnassen Haaren und leger angezogen aus dem Bad kam. Überrascht blieb er stehen. Er sagte nichts, hob nur seine Lieblingsaugenbraue und seufzte kaum merklich.
„Daddy, Pascha hat gekocht, kommst du zum Essen?“
„Oh! Ja“, Chekov sprang auf die Füße und nickte eifrig.
Ihm war noch immer wohler, wenn er in McCoys Anwesenheit etwas Abstand zu Joanna hatte. Der Doktor hatte von seinem Essen geschwärmt gehabt, hoffentlich wirkte das Friedensangebot auch diesmal!
Leonards Augenbraue kam wieder herunter, damit ihr Besitzer überrascht blinzeln konnte. Offenbar musste er sich langsam daran gewöhnen, dass Chekov in seinem Quartier Arbeiten zu übernehmen begann, die eigentlich ihm zufielen.

„Gut?“, sagte er gedehnt. „Geh schon mal vor, Kleines, wir kommen gleich nach.“
Während Joanna fröhlich Richtung Esstisch hüpfte trat McCoy an Chekov heran. Dem rutschte augenblicklich das Herz in die Hose.
Zu Recht; McCoy packte ihn gerade energisch am Kragen.
„Ihnen ist hoffentlich klar, was für eine Perle Sie da abbekommen!“, fauchte er und klang schon fast drohend. Joanna loszulassen und sie in die Hände eines anderen Mannes zu geben, spaltete ihm den Brustkorb.
„Natyrlich, Doktor! E-es ist mir klar! Und ich werde es niecht vergjessen!“, versprach Chekov beflissen nickend. Sein Akzent war so stark wie noch nie. Verschüchtert blickte er in McCoys Augen, die zu seiner Überraschung mehr Schmerz als Wut widerspiegelten. Treuherzig fügte er hinzu: „U-und ich bin yberzeugt, sollte ich es trotzdem einmal vergjessen, Doktor, werden Sie da sein und mich daran erinnern …!“

McCoy blieb für eine Sekunde sprachlos stehen und ließ ihn los. Diese kleine Bemerkung hatte ihm gerade klar gemacht, was Pike gemeint hatte. Dass Chekov in keinster Weise vorhatte, ihm seine Tochter wegzunehmen. Im Gegenteil. Chekov betrachtete ihn als fixen Teil ihres Lebens, als eine Art Mentor, der auch für ihn da sein würde, wenn es mal schwierig war.
„Kommen Sie mal her“, brummte Leonard so sanft wie er es schon lange nicht mehr getan hatte. „Sie sind ein guter Junge, Pavel! Ein guter Kerl!“
„Vielen Dank, Doktor!“

Dann schloss er Chekov, den jungen Mann, der vielleicht mal sein Schwiegersohn werden würde, in die Arme und drückte ihn fest. Leonard unterdrückte die Tränen als er die schwerste Entscheidung im Leben eines Vaters traf. Seine Hände krallten sich in Chekovs Hemd als er sie fällte. Leonard schloss die Augen. Voller Schmerz und voller Zuversicht ließ er Joanna los und gab sie ihm.

ENDE
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