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Schritte aus dem Schatten

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Der Besprechungsraum war stiller als sonst, die Offiziere saßen in sich gekehrt herum und fragten sich, welcher Bedrohung sie sich nun stellen mussten. Odos Lippen waren zu einer schmalen, weißen Linie zusammengepresst und er mied den Blick der Anderen.

„Constable, Sie sollten sich nicht die Schuld darangeben, was Terell zugestoßen ist.“ Kira konnte verstehen, wie Odo sich fühlte.

Bashir gab sich optimistisch. „Wir wissen ja nicht, ob er tot ist.“

Odo warf einen verächtlichen Blick in Richtung des Arztes, der ein wenig mit den Schultern zuckte und sich dann Kiras Blick stellte.

Kira war schon auf der Zunge gelegen, den Arzt zu fragen, wo er eigentlich Medizin studiert hatte? Man hatte Terell nicht gefunden, aber die Blutlache und die verschmierten Spuren, die überall an den Wänden verliefen, sprachen eine nur zu deutliche Sprache. Niemand, der so viel Blut verlor, lebte noch. Kira schluckte jedoch jede ironische Erwiderung herunter, als sie in die dunklen Augen des Arztes sah. Er wusste es selbst nur zu gut. Sein Versuch die Stimmung aufzubessern mochte plump sein, aber sie akzeptierte den guten Willen, der dahinterstand.

„Es dürfte doch nicht allzu schwer sein, ein fremdes Wesen aufzuspüren. Was immer es ist, es kennt die Station nicht. Es ist im Nachteil.“ Sisko wollte konkrete Vorschläge.

Kira zuckte die Schultern. „Es sah nicht eben so aus, als wäre Terell im Vorteil gewesen. Es benützt die Luftschächte, das ist schon mal verdammt clever. Wir wissen alle, dass etliche der Schächte die DS9 durchziehen, nicht zu scannen sind, weil die Cardassianer bei dem Bau der Station massive Legierungen benutzten, die jedem Scan widerstehen. Diesem Wesen, diesem Alien, oder wie wir es auch nennen wollen, scheint nicht an Konversation gelegen zu sein. Möglich, dass es nicht einmal intelligent ist, oder eben nicht intelligenter als ein Raubtier, das eine perfekte Beute gefunden hat - uns!“

Sisko verzog das Gesicht. Er wusste, dass Kira nur zu recht hatte, aber das war auch nicht eben hilfreich. Ehe er etwas erwidern konnte, piepte sein Kommunikator. „Sisko, was gibt es?“ Der Captain versuchte den gereizten Tonfall aus seiner Stimme zu verbannen, was ihm aber nicht gelang.

„Medizinische Abteilung, wir haben einen Notfall! Mr. O'Brien …“ Die Stimme stockte.

„Was ist mit O'Brien?“ Sisko fühlte wie eine klamme Hand sich um sein Herz legte.

„Er hat Lieutenant Jorgussen und das Wesen getötet, das an ihm hing, und ist uns entwischt.“

* * *

Es war nicht weiter schwer O'Brien mittels des Computers ausfindig zu machen. Die Ops glich bereits einem Trümmerfeld, als die Offiziere ankamen. O'Brien, der bedenklich blass im Gesicht war, feuerte auf die Kommunikationskonsolen und Einrichtungen.

Kira hob ihren Phaser. „Soll ich ihn betäuben?“ Ihre Frage galt Bashir, der als Mediziner am Besten wissen musste, ob dies gefährlich für O'Brien war. Kira mochte den Cheftechniker sehr gerne, sie wollte ihm keinesfalls weh tun.

Bashir schüttelte den Kopf. „Versuchen wir es zuerst anders.“ Er trat vorsichtig über die zerstörten Computerkomponenten, die O'Brien bereits zum Opfer gefallen waren.


Die Offiziere verteilten sich fächerförmig in der Ops, hier und da hatte sich ein Techniker hinter einer Konsole versteckt.

„Miles, niemand will Ihnen etwas tun.“ Bashir war der einzige der direkt auf O'Brien zuging, mit nach außen gekehrten, leeren Händen.

O'Brien blickte den Arzt gequält an, sein Blick war wild, aber er war bei klarem Verstand. Es war fast ein wenig erschreckend, wie klar sein Blick war. Er sah aus wie ein Mensch, der einen direkten Blick in die Hölle geworfen hatte.

„Wir dürfen es nicht entkommen lassen!“ O'Brien zerstörte eine weitere Leitung. „Verstehen Sie nicht? Es ist nicht aufzuhalten, es wird uns alle töten, oder Schlimmeres!“ Ein Aufschluchzen entrang sich seiner Kehle.

Kira schlich von rechts näher an O'Brien heran, während Sisko sich von der anderen Seite näherte.

Odo war nicht zu sehen, vermutlich versuchte er es mit seinen speziellen Talenten.

„Können Sie sich vorstellen was passiert, wenn es auf eine bewohnte Welt trifft?“ O'Brien hob den Phaser und hielt ihn sich unter das Kinn. „Keiko, es tut mir so leid!“

Kira katapultierte sich vor, doch sie begriff, dass sie zu spät kommen würde. Es war Odos Hand, die O'Brien den Phaser entwand. Der Gestaltenwandler war aus einer unscheinbaren Form direkt vor O'Brien aus dem Boden gewachsen. Kira stieß O'Brien zu Boden und hielt ihn, in dem sie ein Knie auf seine Schulter drückte, am Boden, während Sisko seine andere Seite unten hielt.

„Nein, Ihr versteht nicht!“ O'Brien wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung.

Bashir sprang vor, einen Druckluftinjektor in der Hand, um den Chief ruhig zu stellen.

In diesem Moment bäumte sich O'Brien auf, ein seltsames Geräusch erklang, sein Brustkorb wurde nach vorne gedrückt, ein roter Fleck entstand auf seiner Uniform.

„Großer Gott, was passiert hier?!“ Sisko hätte den Chief beinahe losgelassen, er spürte wie O'Briens Hand sich verzweifelt um sein Uniformoberteil ballte. Er fing einen ebenso entsetzten Blick von seinem Ersten Offizier auf, die genauso wenig wie er oder die anderen fassen konnte, was hier vor sich ging.

Ein weiterer Anfall schüttelte O'Brien, sein Hemd zerriss mit einem ekelerregenden Geräusch, als sich die Kreatur aus seiner Brust schälte. Blut spritzte über die geschockten Offiziere, das Wesen war klein und rot vor Blut. Es öffnete seinen Kiefer und gab ein zischendes Geräusch von sich, ehe es blitzartig verschwand, eine karmesinrote Spur auf dem Metall hinterlassend. Die Hand um Siskos Oberteil öffnete sich und fiel schlaff zu Boden.

„Bei den Propheten!“ Kira schluckte mehrmals, sie starrte auf die gebrochenen Augen O'Briens. Ihre Hand zitterte, als sie sanft seine Augen schloss, etwas ungläubig ruhte ihr Blick auf den Blutspritzern.

Dax drehte sich weg, um sich möglichst geräuschlos hinter einer Konsole zu übergeben. Bashir wirkte so vollkommen geschockt, dass alle Farbe aus seinem Gesicht gewichen war.

„Wir müssen es finden und vernichten.“ Odo war der Erste, der sich soweit fing um wieder klar zu denken.

„Wir wissen nicht einmal wie viele dieser Wesen es gibt! Es scheint mehrere Entwicklungsstufen zu haben.“ Dax wischte sich über den Mund, ihre Trillzeichnung trat deutlicher als sonst hervor.

„Es ist ein Parasit. Es sieht in uns nur einen Wirt, vielleicht auch noch Nahrung. Es geht eine erzwungene Symbiose ein, bis das, was es in den Wirt einbringt, alt genug ist um auszuschlüpfen, dann tötet es.“ Bashir sprach fast monoton, er schien nur langsam aus seinem Schock wiederaufzutauchen.

Sisko stand wieder auf und ging einige Schritte. „Wir müssen feststellen wieviel O'Brien zerstört hat, wir brauchen Hilfe!“

Kira blickte nochmals zu dem Toten. Sie fragte sich, ob er nicht recht gehabt hatte. „Wir haben Glück, DS9 ist so gut wie unbesetzt. Ich glaube es ist keine gute Idee, Hilfe zu holen.“

In Siskos Augen glomm Wut auf. Nie in seinem Leben hatte er sich so hilflos gefühlt. „Wir können nicht allein damit fertig werden, Major! Was wollen Sie tun? Mit einem Phaser, von dem sie nicht einmal wissen, ob er bei diesen Aliens funktioniert, durch die Station marschieren um es zu töten? Wirklich eine raffinierte Methode um Selbstmord zu begehen!“

Kira spürte, wie sich in ihr ebenfalls Wut regte. Sie wollte mit Sisko nicht streiten, aber andererseits wollte sie nur zu gerne ihrer Wut nachgeben, auch wenn sie sich an einem falschen Opfer entlud. Doch die harschen Worte, die sich in ihrer Kehle bildeten, kamen nie über ihre Lippen.

Das Geräusch von zerfetztem Metall drang durch die Ops, das Gitter zum Lüftungsschacht über Siskos Kopf wurde von schwarzen, langgliedrigen Händen zerrissen. Wie ein grotesker Schachtelteufel schwang sich das Alien herab. Es war schwarz wie eine mondlose Nacht, sein Leib, knochig und mit scharfen Kanten und Knorpeln übersät, ein langer wirbelartiger Schwanz war an der Spitze mit einem langen Dorn versehen, welcher gefährlich schnell herumpeitschte. Der lange, gewölbte Schädel war mattschwarz ohne erkennbare Sinnesorgane. Es spie Speichel über Sisko, die unglaublich langen, starken Hände packten ihn und rissen ihn hoch.

Sisko spürte wie Phaserentladungen nahe an ihm vorbeizischten und ein kleiner Teil seiner selbst betete, dass eine dieser Entladungen ihn vielleicht treffen möge, um ihm zu ersparen was immer diese Kreatur auch mit ihm vorhatte.

Kira feuerte mit einer hohen Einstellung, aber sie achtete darauf, Sisko nicht zu treffen.

Doch das Alien war davon nicht aufzuhalten. Es verschwand wieder im Lüftungsschacht und zog Sisko mit sich, einen Moment lang sah man noch seine Stiefel aus dem Schacht ragen, dann war er ganz verschwunden und ließ eine zu Tode erschrockene Crew zurück, die sich fragte, wie sie so unvermittelt mitten in einem furchtbaren Alptraum geraten waren.

* * *

„O'Brien hat gute Arbeit geleistet.“ Dax hatte die Auflistung der Schäden vor sich. Sie vermied es zu den freien Plätzen am Tisch zu sehen. „Die Kommunikationsanlagen sind vollkommen zerstört, wir haben keine Chance Kontakt mit anderen Schiffen, Starfleet-Command oder Bajor aufzunehmen. Dazu hat er noch die Transporterenergieleitungen gekappt. Wir sind vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten.“ Dax blickte zu Kira, die diese Mitteilungen mit einem gelassenen, fast ein wenig abwesenden Gesichtsausdruck aufnahm.

Alles war so furchtbar schnell über sie hereingebrochen, dass sie kaum die Chancen hatten etwas zu planen. Sie waren in der Defensive und der Feind zwang ihnen die Reaktionen auf.

„Von den fünfzig Leuten an Bord, haben sich nur noch zweiunddreißig gemeldet. Ich habe sie auf ihre Quartiere geschickt.“ Odo gab seinen Bericht ab und warf immer wieder einen prüfenden Blick auf die Lüftungsgitter und die Einstiege der Versorgungsschächte.

Kira nickte leicht. „Sicherheit gibt es nicht länger, diese Aliens könnten überall sein. Ich beginne zu verstehen, was O'Brien durch den Kopf gegangen ist, als er die Kommunikationsleitungen zerstörte. Wir dürfen nicht zulassen, dass auch nur eines dieser Wesen DS9 verlässt.“

Bashir musterte sie überrascht. „Sie sind die letzte Person, von der ich gedacht hätte, dass sie so schnell aufgibt!“

Kira reagierte nicht auf die Spitze in Bashirs Worten, vielleicht war sie zu müde dazu, oder es lag daran, dass sie nun die Verantwortung für die noch lebenden Personen auf DS9 hatte. „Ich gebe keinesfalls auf, Julian. Ich sage damit nur, dass wir allein damit fertig werden müssen. Keine Hilfe, entweder wir vernichten diese Wesen, oder sie uns, es ist eine ziemlich klare Ausgangssituation.“

Dax schüttelte leicht den Kopf. „Vielleicht sollten wir doch versuchen, uns mit diesen Aliens zu verständigen?“

Einige verblüffte Blicke trafen sie.

„Jadzia, diese Aliens sind keine vernunftbegabte Rasse. Sie haben nur ein Ziel, sich zu vermehren und vielleicht noch zu fressen. Sie sehen in uns nur Beute. Es sind Raubtiere, sehr anpassungsfähige Raubtiere.“ Bashir brachte diese Punkte nüchtern zur Sprache.

Kira lächelte ein wenig, manchmal konnte man sehen, wie Leute an den furchtbarsten Situationen, wuchsen.

„Was ist mit Captain Sisko?“ Odo blickte zu Kira, er wusste mit was sie sich in den letzten Stunden beschäftigt hatte.

Kira hob leicht die Schultern. „Ich habe versucht seinen Kommunikator anzupeilen, er scheint in einem der Luftschächte zu sein. In der Nähe des Andockringes.“

Odo straffte seine Schultern. „Ich würde gerne nach ihm suchen. Es ist nicht sicher, dass er tot ist.“

Kira schüttelte den Kopf und erhob sich. „Danke, Odo, aber das ist meine Aufgabe.“

Dax war damit nicht einverstanden „Ich stehe Benjamin sehr nahe, aber er wäre der Letzte, der eine solche Aktion gutheißen würde. Kira, Sie sind nun der kommandierende Offizier, Selbstmordaktionen sind nichts für Anführer.“

Kira warf Dax einen leicht wütenden Blick zu, ehe sie ein wenig lächelte, aus Dax Stimme sprach Sorge um sie. „Dax, ich habe nicht vor sinnlos mein Leben wegzuwerfen. Es ist nur so, dass ich es Sisko schulde nach ihm zu suchen!“ Sie hob die Hand, als sowohl Dax als auch Bashir widersprechen wollten. „Wie Sie so richtig bemerkt haben, Dax, bin ich der ranghöchste Offizier. Sie werden in meiner Abwesenheit das Kommando führen Lieutenant! Ich will, dass Sie auf die Shuttles achten. Niemand und das ist mein Ernst, darf diese Station verlassen! Sie können wegtreten!“

Bashir und Dax verließen missmutig den Besprechungsraum, nur Odo blieb zurück.

„Versuchen Sie nicht mir etwas auszureden, mein Freund. Sie kennen mich, ich bin stur.“

Odo schüttelte leicht den Kopf. „Warum, Kira, Sie erreichen mit diesem Alleingang nichts, außer dabei umzukommen!“

Kira grinste ihn schief an. „Ich habe vor, diesen Bastarden in den Hintern zu treten. So leicht bin ich nicht umzubringen!“

Odo rang mit sich selber, am liebsten hätte er Kira mit Gewalt abgehalten. „Lassen Sie mich gehen. Diese Aliens sind auf menschliche Wirte aus, Leute mit Blut in den Adern. Ich glaube nicht, dass sie mich als Beute ansehen. Ich hätte die besten Chancen, Nerys, bitte!“

Kira sah Odo leicht erstaunt an, aus seiner Stimme sprach mehr als nur Freundschaft. Sie trat näher an den Gestaltenwandler heran und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. Der Blick ihrer nachtschwarzen Augen war eindringlich, Odo konnte sich ihm nicht entziehen.

„Odo, Sie sind vielleicht der einzige, der eine reale Chance hat zu überleben. Ich hoffe Sie wahren sie, mein Freund. Ich kann Sie nicht schicken, ich kann niemand etwas befehlen, das ich nicht bereit bin selbst zu tun. Sie sind vielleicht die einzige Hoffnung, Odo!“ Sie legte auch noch die andere Hand auf seine Schulter. „Wenn alles schief geht, müssen Sie dafür sorgen, dass DS9 vernichtet wird!“

Odo schreckte ein wenig zurück.

Doch Kira hielt ihn fest. „Denken Sie darüber nach. Wenn die Station sich lange nicht meldet, werden sie Schiffe schicken. Andere werden die Station betreten und die Saat des Grauens unwissentlich mit sich an Bord nehmen. So wie es O'Brien passiert ist! Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn nur eines dieser Aliens auf Bajor gelangt, der ganze Sektor könnte verseucht werden. Diesen Krieg könnte niemand gewinnen, denn diese Wesen, wollen nur eines, sich vermehren! Sie kennen keine Angst, keine Gnade, es gibt kein Gewissen, das ihrem Siegeszug im Wege stehen könnte. Versprechen Sie mir, das nicht zuzulassen, Odo!“ Sie senkte die Hände, aber hielt den Gestaltenwandler noch immer im Fokus ihres Blickes gefangen.

Schließlich nickte er langsam. „Ich verspreche es, Nerys.“

Kira schenkte ihm ein sanftes Lächeln, ehe sie den Raum verließ.

* * *

Die verlassen erscheinende Station strahlte eine unbekannte, sehr irritierende Wirkung aus. Kira ging durch Gänge, die sie in- und auswendig kannte, doch nun hatten sie eine neue Dimension. Sie bewegte sich vorsichtig, immer an einer Wand entlang. Es war erschreckend, wie leicht sie in die Haltung eines Widerstandskämpfers zurückfiel. Nur, dass sie es vorgezogen hätte, gegen Cardassianer zu kämpfen, diese Aliens waren so unberechenbar. Sie entzogen sich ihrem Verständnis, sie waren die Antithese von allen Feinden, mit denen es Kira bislang zu tun gehabt hatte. Der Teil in ihr, der ehrgeizig war, hatte sich immer gewünscht einmal Kommandant dieser Station zu sein. Jetzt, hätte sie alles darum gegeben, die Verantwortung auf die Schultern eines anderen zu legen. Was sie tat war verrückt, Dax hatte recht. Eines der Dinge, die sie zuerst im Untergrund gelernt hatte, war, dass ein Anführer nicht das Recht hatte, sich in waghalsigen Aktionen umzubringen. Sie trug die Verantwortung für die Leute, die auf DS9 noch lebten und vor allem musste sie sicherstellen, dass keines dieser Aliens die Station verließ. Indem sie nach Sisko suchte, riskierte sie völlig zu versagen. Konnte sie das Schicksal dieser Station und Bajors für einen einzigen Mann riskieren, der vielleicht schon tot war, oder Schlimmeres? Kira schickte ein stummes Gebet zu den Propheten, sie konnte nicht über ihren Schatten springen und hoffte das Bajor nicht den Preis dafür bezahlen musste.

Der Frachtraum schien leer, Kira blickte sich suchend um. Sie folgte dem Signal ihres Tricorders, den sie auf Siskos Kommunikator ausgerichtet hatte. Sie huschte vorsichtig zwischen Frachtkisten durch und versuchte ihren Herzschlag ruhig zu halten. Auf dem Boden glänzte ein feuchter Schleimklumpen, in dem sich etwas metallisch Glänzendes befand. Kira bückte sich und zog den Gegenstand aus dem glasigen, zähen Schleim.

Der Kommunikator glitzerte ein wenig im Lichtschein.

Kira schloss die Hand so fest darum, dass die Kanten der Starfleetinsignie in ihre Handfläche schnitten, sie schloss kurz die Augen um die Tränen zurückzuhalten, die sich ihren Weg bahnen wollten. Es war Siskos Kommunikator, die Chance ihn zu finden war damit dahin.

Es war kein Geräusch, das sie aufschreckte, nichts auf das man einen Finger legen konnte, es war nur das Gefühl nicht mehr allein zu sein. Kira ließ den Tricorder achtlos fallen, sie benötigte ihn nicht mehr, sie wich langsam bis an die Wand eines Containers zurück. Ihre Schultern stießen gegen das kühle Metall und sie drängte sich dagegen, so als böte es einen Schutz.

Das Alien stieß aus einer Lücke zwischen den Kisten, es hatte vollkommen bewegungslos in dieser Nische gekauert, jetzt glitt es fast lautlos hervor. Es war wie die Ausgeburt eines finsteren Alptraumes. Der lange, wirbelartig gerippte Schwanz peitschte vor und zurück, die Spitze mit seinem lanzenförmigen Anhängsel richtete sich auf Kira.

Der Anblick dieses Wesens hatte eine fast schon lähmende Wirkung, Kira verlor sich beinahe in der fassungslosen Betrachtung des langen, gewölbten Schädels, dem es so augenscheinlich an allen Sinnesorganen fehlte. Nur das Maul, mit den dolchartigen Zähnen, störte die kühle Glätte dieses perfekten Bogens. Unproportional lange, skelettartige Hände streckten sich nach Kira aus, die sich mit einem leisen Aufkeuchen aus ihrer Trance befreite. Sie schoss aus geringer Entfernung und mit der höchsten Energieleistung deren ein Phaser fähig war.

Das Alien zischte, es wurde nach hinten geschleudert, auf der glänzend, schwarzen Haut, erschienen grünliche Spuren. Tropfen dieses säurehaltigen Blutes spritzten auf den Boden, wo sie sich dampfend hineinfraßen. Das Alien legte den Schädel leicht schräg, so als lausche es, obwohl es keine Ohren hatte.

Kira begriff, dass sie dieses Wesen nicht mit einem Phaser vernichten konnte. Sie klopfte auf ihren Kommunikator und ignorierte den Impuls zu rennen. Es wäre verschwendete Mühe gewesen, sie hatte gesehen wie schnell sich diese Wesen bewegen konnten.

„Dax, öffnen Sie sofort das Außenschott der Frachtrampe 7!“ Kira fand das ihre eigene Stimme seltsam flach und fremd in ihren Ohren klang.

„Major, laut unseren Scanneranzeigen, befinden Sie sich im Frachtraum 7!“ Dax Stimme klang sehr besorgt.

„Tun Sie es!“, schrie Kira und verschränkte den Arm, um einen Öffnungsgriff, eines verankerten Containers. Das Alien war schon sehr nahe. Sein gewaltiger Kiefer öffnete sich und präsentierte den mit Speichelfäden verhangenen zweiten Kiefer.

Die Schotten der Außenschleuse des Frachtraumes glitten auf. Der Luftstrom, der mit gewaltigem Getöse, ins Vakuum entwich, riss das Alien von Kira weg. Alle Dinge, die nicht verankert waren, rasten auf die nun offene Luftschleuse zu.

Kira verlor den Bodenkontakt, sie klammerte sich an dem Griff fest, während ein Sturm sie umtoste. Ihre Trommelfelle schnappten durch den Druckabfall zu und ihre Nase begann zu bluten. Der Sauerstoff entwich rasend schnell, Kira sah wie das Alien am Schleusentor hing, wie eine groteske Spinne. Mit seinen langen Händen zog es sich Stück für Stück zurück ins Innere. Kira riskierte es, sich nur mit einer Hand festzuhalten, sie feuerte auf das Alien. Der Phaser durchschnitt die dünnste Stelle des Wesens, sein Handgelenk. Es verlor endgültig den Halt und wurde ins All geschleudert. Der Druckabfall war beendet, der Sauerstoff unwiederbringlich ins All entwichen. Der Sog ließ nach, um endgültig zu schwinden. Kira ließ den Griff los. Sie glitt nicht zu Boden, denn es herrschte nun Schwerelosigkeit auf Frachtrampe 7.

Das Alien war verschwunden, der Gedanke bereitete Kira keine Genugtuung, ihre Gedanken zerfaserten ohnehin wie ein dünnes Seil, das sich an einem scharfkanten Felsen aufscheuerte. Sie sah träge zu, wie winzig kleine, rote Kügelchen vor ihr herschwebten, ihre Nase blutete noch immer. Sie war so müde, sie wollte nur kurz die Augen schließen, der Feind war tot, sie hatte diese Pause verdient.

Du stirbst!

Der Gedanke war lästig, sie wollte nicht darauf hören.

Es war nur ein Alien, eines von vielen! Du kannst jetzt nicht aufgeben, Bajor braucht dich, deine Freunde brauchen dich!

Kira wünschte diese innere Stimme zum Teufel, aber die dunklen Schleier lichteten sich wieder etwas, sie begriff wie nahe sie dem Tod war. So nicht!

Mit letzter Kraft stieß sie sich von den Frachtcontainern ab, der Schwung war schlecht berechnet, sie knallte gegen die Wand. Doch es gelang ihr, die Klappe zu den Sauerstoffmasken für den Notfall zu öffnen. Mit tauben, gefühllosen Fingern tastete sie nach einer dieser Masken und stülpte sie nach mehreren Versuchen endlich über.

Der Sauerstoff, der in ihre Lungen strömte, war schal, aber in diesem Moment schloss sie die Augen im schieren Vergnügen. Kiras Verstand klärte sich wieder, sie war froh, dass Starfleet immer so viel Wert auf Sicherheitsvorschriften legte, denn sonst wären keine Sauerstoffmasken für den Notfall dagewesen. Sie orientierte sich und stieß sich dann vorsichtig ab, erschöpft kroch sie in die Notluftschleuse eines Versorgungsschachtes, um dort den nötigen Schleusenvorgang, mit einem manuellen System durchzuführen.

Während sie im dem Zwielicht der Notschleuse saß, erlaubte sie sich, über ihre innere Stimme nachzudenken, die sie motiviert hatte. Vielleicht verlor sie den Verstand, vielleicht war sie dem Tod schon sehr nahe gewesen, aber diese Stimme hatte so sehr wie Bareil geklungen.
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