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Chakotays Geburstagswunsch

von J_Cfan

Der Wunsch



1. Kapitel: Der Wunsch



Vorsichtig griff Chakotay nach den beiden leeren Tellern, die auf dem festlich gedeckten Esstisch in seinem Quartier standen. Als ihm eine Gabel entglitt und auf den Boden fiel, zuckte er kurz zusammen. Er hielt die Luft an und schaute besorgt zu seinem Sofa. Dort lag unter einer Decke, in zusammengerollter Seitenlage, eine zierliche Frau und schlief. Ein paar Strähnen ihres langen rot-braunen Haares fielen wie von Geisterhand in ihr Gesicht, aber es schien sie nicht zu stören. Ihre Atemzüge waren tief und regelmäßig.

Der Indianer atmete langsam aus, lächelte und räumte weiter leise den Tisch ab. Als er fertig war, nahm er sein Glas in die Hand, das noch zum Viertel mit Anterianischem Apfelwein gefüllt war. Er lehnte sich mit dem Rücken an einen Stuhl und beobachtete die schlafende Frau. Während er sie ansah, dachte er an die vergangenen drei Stunde zurück: Er hatte Kathryn spontan zum Abendessen eingeladen und obwohl sie sich in letzter Zeit privat sehr von ihm distanzierte, willigte sie schließlich ein. Eigentlich hatte er ihr auch keine andere Wahl gelassen, denn heute war schließlich sein Geburtstag. Als sie zu ihm kam, war er voller Hoffnung, dass sie ihm in vertrauter Zweisamkeit, unter Freunden, die Beweggründe für ihre Zurückhaltung anvertrauen würde. Aber jedes Mal wenn er es beim Essen zur Sprache brachte, war sie in ein anderes Thema geflüchtet. Schließlich hatte er es aufgegeben, weiter nachzufragen. Irgendwann nach dem Essen war sie plötzlich aufgestanden, weil sie ein Buch entdeckt hatte, dass auf dem kleinen Tisch neben seinem Sofa lag. Es hieß „Der mit dem Wolf tanzt“. Allein wegen des ungewöhnlichen Titels war sie so neugierig geworden, dass sie ihn gebeten hatte, ihr daraus vorzulesen. Er war ihrer Bitte nachgekommen und las so lange, bis auf einmal ihr Kopf an seine Schulter sackte...

Das war jetzt etwa eine halbe Stunde her. Aus Erfahrung wusste er, dass sie etwa zwei Stunden schlafen und dann wie ein Phantom aus seinem Quartier verschwinden würde. Er seufzte leise und trank einen Schluck Wein. Wie sehr ich mir wünsche, dass sie blieb. Ich könnte hier die ganze Nacht stehen und sie anschauen. Sie ist die intelligenteste und begehrenswerteste Frau, die ich jemals kennengelernt habe. Keine Andere könnte ihr jemals das Wasser reichen. In den vergangenen sieben Jahren hatte es etliche Situationen gegeben, in denen andere Frauen der vielfältigsten Spezies Interesse an ihm gezeigt hatten. Aber keine Einzige hatte auch nur den Hauch einer Chance bei ihm gehabt. Mein Herz gehört ganz allein ihr, obwohl ich genau weiß, dass es vergebens ist und sie meine Liebe niemals erwidern würde.

Diese erneute, schmerzliche Erkenntnis versetzte Chakotay's Herz einen Stich. Aber an diesen Schmerz hatte er sich in den letzten Jahren beinahe gewöhnt. Wie oft war es seit ihrer gemeinsamen Zeit auf „New Earth“ zu zweideutigen Situationen gekommen, die immer wieder gleich endeten: Kathryn ergriff panisch die Flucht und merkte scheinbar nicht einmal wie sehr sie ihn damit verletzte. Dabei hatte er manchmal das Gefühl, dass sie nicht ehrlich zu ihm war. Vielleicht ist sie auch nicht ehrlich zu sich selbst? Aber das werde ich niemals erfahren. Selbst wenn ich jemals den Mut fände und sie direkt nach ihren Gefühlen für mich fragen würde, ich würde sicher niemals eine wahre Antwort darauf erhalten. Diese existierte nur allein in ihren Gedanken...

Chakotay leerte sein Glas, recycelte es und setzte sich an den Esstisch. Sein Blick fiel auf den kläglichen Rest der kleinen Geburtstagstorte, die Kathryn ihm geschenkt hatte. Es war nur noch das kreisförmige Mittelstück mit der Mini-Zahl „49“ sowie der dunkelblauen Kerze übrig, die bis auf wenige Millimeter heruntergebrannt war. Fasziniert blickte er in das Flammenspiel der Kerze und erinnerte sich plötzlich an einen alten irdischen Brauch: Wenn man sich beim Auspusten der Geburtstagskerze etwas ganz fest wünscht, dann geht dieser Wunsch in Erfüllung. Chakotay schmunzelte über diesen kindischen Aberglauben. Wenn es doch nur so einfach wäre. Aber wie rezitierte Tom doch letztens einen Spruch auf der Brücke: `Versuch macht klug´. Er warf einen Blick auf den Chronometer. Er zeigte 23:59:50 Bordzeit an. Er hatte also noch zehn Sekunden lang Geburtstag. Verlegen über seine eigenen Gedanken zupfte er sich am Ohrläppchen. Dann warf er einen schelmischen Blick auf die schlafende Frau seiner Träume und zog den Rest der Geburtstagstorte zu sich heran. Er schloss seine Augen und murmelte leise: „Ich wünsche mir, dass Kathryn Janeway einen Tag lang auf jede meiner Fragen genau das antwortet, was sie gerade denkt“. Schmunzelnd pustete er die Kerze aus.

Als sich der Kerzenrauch in Richtung Decke schlängelte, lachte Chakotay leise über sein törichtes Verhalten. Seine Augen blieben an der Torte und der Mini-Zahl hängen. Neunundvierzig. Ein kleiner Schauer lief ihm über seinen Rücken. Jetzt also begann für ihn sein fünfzigstes Lebensjahr. Zu früheren Jahrhunderten wäre mir bei diesem Gedanken vielleicht etwas mulmig geworden, aber nicht mehr in dem Jahrhundert, in dem wir gerade leben. Da waren fünfzig Lebensjahre gleichzusetzen mit Anfang 30. Wer sich bester Gesundheit erfreute, konnte heutzutage weit über 90 Jahre alt werden. Und ich erfreue mich bester Gesundheit, was mir der Doktor der Voyager gern jeden Monat auf's Neue bestätigt. Außerdem achte ich auf gesunde Ernährung und treibe viel Sport. Ich fühlte mich auch mit Neunundvierzig lebensfroh, dynamisch, durchtrainiert und noch so etliches mehr...

Mit diesen Gedanken erhob sich der Indianer von seinem Stuhl. Er ging noch einmal zum Sofa, zog Kathryn die Decke etwas höher über die Schultern und strich ihr versonnen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Schlaf schön, du Traum meiner schlaflosen Nächte“, flüsterte er leise und schaute sie liebevoll an. „Weißt du eigentlich wie sehr ich die liebe?“ Dann erhob er sich und verschwand in seinem Schlafraum. Nur wenige Minuten später war er eingeschlafen.







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