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Vermissen oder Hoffen?

von SF-IA

3 - Sprung ins Weltall

»Keiner auf der Enterprise wird das überleben«, waren La Forges Worte, die Captain Picard mit größter Sorge erfüllten. Siebenhundert Leben lagen in seiner Hand und waren einzig und allein von den Entscheidungen, die er in den nächsten Minuten treffen würde, abhängig.

»Wie kann er das tun, er würde Sie töten?« fragte Deanna Troi, die keinen Sinn hinter der Tötungslust von Shinzon erkannte. Sein Verhalten ließ sich nicht mit Logik oder Vernunft erklären. Er musste wahnsinnig oder besessen sein.

»Es geht ihm nicht mehr um mich.« Picard wusste, dass es nur einen Grund für das Handeln seines Klons gab. Er lag im Sterben und das Blut war ihm nicht länger wichtig. Shinzon hatte sich offensichtlich damit abgefunden, dass es keine Möglichkeit mehr gab, es in der noch verbleibenden Zeit zu bekommen.

Dies änderte jedoch nicht viel an der Gesamtsituation, früher oder später hätte er die Waffe ohnehin eingesetzt. Da Shinzon seine Vorgehensweise drastisch verändern musste, um sich den Gegebenheiten anzupassen, war dies der einzige Augenblick für einen Gegenschlag. Lieber würde Jean-Luc sterben, als dass er mit ansehen musste, wie seine Crew vor seinen Augen durch einen Thalaronausstoß jämmerlich dahingerafft wurde. Picard ging zu dem in die Wand eingelassenen Waffenschrank, tippte auf der Zugangskonsole seinen Autorisationscode ein und nahm sich ein Phasergewehr.

»Standort-zu-Standort Transport vorbereiten«, rief Picard, während er die Energiewerte der Waffe überprüfte und sie für den Einsatz inspizierte.

»Captain, ich glaube nicht, dass der Transport ...«, schaltete sich Geordi La Forge ein. Er wollte den Captain von der waghalsigen Aktion abhalten.

Doch Picard ließ ihn seinen Einwand nicht vortragen und schnitt ihm das Wort ab. »Das ist ein Befehl, Commander.« Die Worte flogen wie Giftpfeile aus seinem Mund. Er wollte es nicht so herb sagen, aber es gab keinen anderen Ausweg. Er selbst musste Shinzon gegenübertreten, weil er der Grund für alles war. Die gesamte Crew war ausschließlich seinetwegen in Lebensgefahr und er würde keinem seiner Offiziere - keinem seiner Freunde - diese Verantwortung auftragen. Shinzon war seine Nemesis, und Picard würde nun sein schlimmster Alptraum werden.

»Sir, erlauben Sie, dass ich gehe?«, bot sich Data an, dessen Stimme beherrscht klang. Es war zweifelsfrei die logischste Wahl. Wenn einer die Chance hatte, diese tollkühne Außenmission lebend zu überstehen, dann war er es.

Gerührt von der Aufopferungsbereitschaft seiner Führungsoffiziere blickte Picard zu dem Androiden auf, der sich knapp vor ihn gestellt hatte. Doch seine Entscheidung war bereits gefällt und sie war endgültig. »Data, das ist etwas, das ich tun muss«, sagte er entschlossen.

»Sir«, setzte Data erneut an, um ihm die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs darzulegen.

»Data«, schaltete sich Counselor Troi ein, die gar nicht erst die Gefühle des Captains empfangen brauchte. Der felsenfeste Blick des Captains verdeutliche seinen Standpunkt vollkommen.

»Sie übernehmen die Brücke, Commander.« Picard übertrug dem Androiden das Kommando über die Enterprise, da er in der Abwesenheit von seinem Ersten Offizier der ranghöchste Offizier war. Er brauchte Data eigentlich keine detaillierten Anweisungen zu geben, aber er empfand es als wichtig, den anderen Offizieren eine klare Linie aufzuzeigen. Picards Blick ließ von Data ab und galt nun allen auf der Brücke. »Versuchen Sie, einen größeren Abstand zur Scimitar zu gewinnen. Jetzt, Mr. La Forge!«

»Aye, Sir«, rief Geordi schwermütig und aktivierte den Ort-zu-Ort-Transport auf die Scimitar. Im blauen Teleportationsstrahl verschwand der Captain wie ein Zauberer von der Bühne. La Forge erkannte noch, dass die Materialisierung auf der Scimitar erfolgreich war, dann zerschoss eine Energieentladung die Konsole und ließ den Chefingenieur zurückzucken. Schützend hielt er einen Arm vor seine kybernetischen Implantate in seinen Augen. Als keine Gefahr einer weiteren Energiespitze bestand, wandte er sich von der Konsole ab zu Data. »Das war's, die Transport sind defekt«, rief er und ging zu ihm rüber.

Auch Deanna hatte sich neben Data gesellt und blickte besorgt auf Geordi. Mit einem weichen Nicken gab er ihr zu verstehen, dass es ihm gut ging. Zu dritt starrten sie erneut auf das bedrohlich wirkende Loch in der Schiffshülle und betrachteten die Scimitar, die sich vor ihren Augen immer weiter aufplusterte.

Data wusste nicht genau, was in diesem Moment geschah. Eine seiner Subroutinen im Datenspeicherkristall D3-82 wies eine Unstimmigkeit auf. Vermutlich eine Fehlfunktion, schlussfolgerte Data, der jedoch nicht die Zeit hatte für eine ausführliche Selbstdiagnose. Diese würde noch auf sich warten lassen, bis das Schiff und die Crew in Sicherheit waren - und Captain Picard.

»Counselor Troi, bitte übernehmen Sie das Kommando. Geordi, Sie kommen mit mir«, sprach Data in der Manier eines vorbildlichen, furchtlosen Kommandanten, der auf alles eine Antwort hatte, dem keine Situation zu ausweglos war, um nicht doch gemeistert zu werden. Und genau das hatte der Androide vor, die Situation meistern, den Captain retten.

Gemeinsam mit seinem Freund Georgi ging er auf Deck 2, auf dem sich vorwiegend Offiziersquartiere befanden. Auch der Bereich unterhalb der Brücke wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, als die Enterprise mit der Scimitar kollidierte. Der Korridor, den sie durchschritten, endete abrupt. Einige Dutzend Meter des Ganges waren verschwunden, vermutlich hing der Rest noch irgendwo in dem remanischen Warbird oder trieb nun als Trümmerteil im Weltraum umher.

Der abgerissene Teil war einem panoramaartigen Blick gewichen. Vor ihnen erstreckte sich die undendliche Tiefe des Weltraums, in der überall kleine farbige Punkte verteilt waren. Inmitten der friedlichen, ruhigen Galaxie stach unmittelbar vor ihnen die immer größere werdende Scimitar empor.

Data hatte Geordi auf dem kurzen Weg seinen Plan erklärt, woraufhin der Chefingenieur einen mobilen Kraftfeld-Controller organisiert hatte. Geordi hielt beim vorletzten Kraftfeldemitter inne und schenkte Data einen besorgten Blick. Der Androide war den Gang einige Schritte weitergegangen und wandte sich zu Geordi um. Seine blassgelbe Haut schimmerte durch das Flackern des Korridorlichts und dem Funkensprühen in verschiedensten Farben, mal war sie grau, im nächsten Moment braun, dann violett.

Die fehlerhafte Subroutine schien ein Bedürfnis in Data auszulösen. Ein irritierendes Verlangen stieg in ihm auf. Es zwang ihn regelrecht dazu, etwas zu sagen. Es wird alles gut werden sollte sein akustisches System wiedergeben, doch Data konnte im letzten Moment eine Unterbrechung in den positronischen Bahnen einleiten.

La Forge aktivierte ein weiteres Kraftfeld in dem Emitter zwischen ihm und Data. Eine blaue Energiebarriere wurde kurz sichtbar und signalisierte die Funktionalität des Feldes. Geordi hatte fürchterliche Angst davor, seinen Freund zu verlieren. Er würde gleich den Korridor herunterrennen und das Vakuum dazu nutzen, um bis zur Scimitar zu treiben. Selbst Data konnte die vielen unvorhersehbaren Variablen und Parameter nicht allesamt berechnen, die nötig waren, um nicht an dem remanischen Schiff vorbeizutreiben. Trotz der Sorge, Data könnte etwas zustoßen, schenkte Geordi ihm ein aufbauendes, bestätigendes Nicken. Obwohl der Plan noch abstrakter ist als der des Captains, so wusste Geordi, dass Data es nur dann versuchen würde, wenn es eine Erfolgschance gab. Data hatte viele riskante Taten vollzogen seit dem Tag, an dem sich die beiden kennenlernten, aber keine einzige von ihnen war zum Scheitern verurteilt gewesen. Das zeichnete Data aus, er konnte die Wahrscheinlichkeiten von taktischen Manövern schneller errechnen als jeder Hochleistungscomputer der Föderation, und dieser Sprung, den er gleich vollziehen würde, besaß zumindest genug Chancen auf Erfolg, um nicht zu misslingen.

Data drehte Geordi den Rücken zu und blickte auf die Scimitar. Ohne den kleinsten Hauch eines Zögerns nahm er Anlauf und sprintete den Gang entlang. Mit schnellen großen Schritten näherte er sich dem anderen intakten Kraftfeld, das am vordersten Emitter aktiv war. Es war Geordis Aufgabe, im richtigen Moment das Energiefeld zu deaktivieren. Es bedurfte eines perfekten Timings - weder zu früh noch zu spät musste die Deaktivierung erfolgen.

Geordi hob den mobilen Kraftfeld-Controller und wartete auf den genauen Augenblick. Dann betätigte er die Taste für die Deaktivierung. Das Vakuum blies mit einem lauten, strömenden Zischen die Atmosphäre aus dem Gang, zwei große Schritte schaffte Data noch, dann wurde er ebenfalls von der Kraft erfasst. Elegant schob der Androide seinen Oberkörper nach vorn, und sauste wie auf einer imaginären geraden Wasserrutsche auf den Warbird zu.

Nach nur wenigen Sekunden war Data bereits so weit davongeblasen, dass sich seine Silhouette in der Schwärze des Weltraums und dem jadegrünen Nebel, der den Bassen-Graben symbolisierte, verlor. Auch wenn Geordis Implantate ihm eine deutlich bessere Sehkraft verliehen als normale Augen besaßen, konnte er Data nirgends mehr ausmachen.

Jetzt konnte Geordi nur noch eines tun: Beten.
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