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Guten Morgen!

von Verena

Kapitel 1

Kathryn schlug die Augen auf und gähnte verhalten. Der Weckruf war noch nicht ertönt und so entschloss sie sich, noch ein bisschen im Bett liegen zu bleiben und zu dösen. Überhaupt fühlte sie sich sehr seltsam und fragte sich, woher die Kopfschmerzen und das Kribbeln im Nacken kamen. Schemenhaft tauchten die Bilder der gestrigen Party auf der Oberfläche des Planeten auf, auf dem die Crew gerade ihren Landurlaub verbrachte. Harry tanzte Limbo. Sie hatte sich wirklich bemühen müssen, beim Anblick des angetrunkenen Fähnrichs, der den einheimischen Schönen imponieren wollte, ihre Gesichtsmuskeln unter Kontrolle zu halten. Es wäre für die Stimmung an Bord überhaupt nicht förderlich, wenn sie über Harry gelacht hätte, zumal sie auch nicht tanzen konnte. B'Elanna und Tom waren nach zehn Minuten im Dschungel verschwunden. Beneidenswert, diese beiden. Die waren sogar fähig, ihren Bereitschaftsraum irgendwann mal in ihre private Spielwiese zu verwandeln, wenn sie mal nicht im Dienst war. Seven unternahm unter der Obhut des Doktors einen Flirtversuch. Kathryn lächelte, als sie sich an die verstimmte Miene des Holodocs erinnerte, als der dunkelhaarige Planetenbewohner einen Arm um Sevens schmale Taille gelegt hatte. Wenigsten hatte Seven diesen Annäherungsversuch erfolgreich abgewehrt-der Doktor hatte erste Hilfe leisten müssen. 'Da bahnt sich doch auch etwas an', dachte Kathryn bei sich und seufzte leise. Ihr Schiff war eine Konservendose voller Sexualhormone und die einzigen, die das überhaupt nicht berührte, waren die Verheirateten. Und sie selbst, denn sie war immerhin der Captain. Diesen Umstand zum eintausendsten Mal verfluchend, drehte sie sich im Bett um und … erstarrte.

Neben ihr lag, im tiefsten Schlaf und offensichtlich unbekleidet, ihr Erster Offizier Chakotay. Kathryn schluckte trocken und setzte sich auf. Sie blickte an sich hinunter. Sie hatte auch nichts am Körper. 'Au, weia', sagte ihr Verstand. 'Meisterleistung, Kathryn, wirklich. Da liegt dein Erster Offizier neben dir im Bett, du hast keine Ahnung, warum, aber du kannst dir vorstellen, warum ihr beide nichts anhabt. Das muss ja eine tolle Party gewesen sein.'

Die Party! Das war wohl der Auslöser dieser Situation. Sie erinnerte sich schemenhaft daran, eine Art Fruchtnektar, die Spezialität des Planeten, probiert zu haben. Der Rest war Schweigen. Offensichtlich hatte sie in einem berauschten Zustand den Commander verführt. Als sich ihr Verstand ein weiteres Mal melden und eine Standpauke über das Verhalten eines Sternenflottencaptains wollte, fiel ihr Blick auf Chakotays nackten Oberkörper und das Lächeln, das sich selbst im Schlaf über seine Züge ausbreitete. Dieses Lächeln hatte sie schon immer angezogen. Sie hatte sich natürlich vorgestellt, mit ihm einzuschlafen und aufzuwachen, jeden Morgen mit diesem ganz besonderen, nur für sie reservierten Gesichtsausdruck begrüßt zu werden. Dass es so schnell ging, hätte sie nicht geahnt. Mit einem schiefe Grinsen auf dem Gesicht schob Kathryn die Beine über die Bettkante, möglichst vorsichtig, um Chakotay nicht zu wecken, und stand auf. Über die Kleidungsstücke hinwegsteigend, die überall in ihrem Schlafzimmer verstreut lagen, gelangte sie schließlich ins Bad. Die Schalldusche schien der geeignete Weg, um wieder einigermaßen klar zu werden. Eine Badewanne stand ja leider nicht zur Verfügung. Eines Tages, wenn die Voyager zur Erde zurückgekehrt war, würde sie mit dem Konstrukteur des Schiffes ein ernstes Wörtchen reden. Als Kathryn unter der Dusche stand, und der Sensorstrahl jede Zelle ihres Körpers aufmischte, wurde sie sich bewusst, dass das zwischen ihr und Chakotay irgendwann hatte passieren müssen. Dafür empfanden sie schon zu lange etwas füreinander. Jetzt, wo es augenscheinlich geschehen war, fühlte sie sich gar nicht mal schlecht.

'Schau mal, Schatz, so einfach ist es, sich über Sternenflottenstatuten hinwegzusetzen. Deine Spezialität', wagte ihr Verstand eine erneute Interaktion, doch er wurde gnadenlos von Kathryns steigendem Hormonspiegel zum Schweigen gebracht. Himmel, wenn sie sich vorstellte ... Abrupt die Duschkabine, replizierte sich eine neue Uniform und zog sie an. Als sie sich die Haare bürstete und fertig machte, fiel ihr Blick auf das Chronometer. Es war Mittag vorbei. Sie hatte gnadenlos verschlafen. Über eine Stunde. Warum hatte sie bloß niemand geweckt, wenn schon das Signal des Computers nicht funktioniert hatte? Kathryn verließ mit energischen Schritten ihr Bad und ging zu Chakotay hinüber. Ohne weiter zu grübeln legte sie eine Hand auf seine nackte Schulter und rüttelte ihn sanft, aber bestimmt. „Aufstehen, Chakotay. Wir haben verschlafen. Ich gehe schon vor auf die Brücke.“ Seinen verdutzten Gesichtsausdruck, als er die Augen öffnete, bekam sie gerade noch mit, dann eilte sie aus ihrem Quartier. Irgendwie war sie noch nicht in der Stimmung für große Erklärungen.

Als sich die Turbolifttür zur Brücke öffnete, war das Erste, das Kathryn sah, der bedeutungsvolle Blick, der zwischen Harry und Tom getauscht wurde. Sie ignorierte ihn und trat zu Tuvok, der auf dem Kommandantensessel saß und sich erhob, als er den Captain bemerkte. „Warum haben Sie mich nicht geweckt, Mr. Tuvok?“, lautete Kathryns erste Frage, die sie so leise stellte, dass nur der vulkanische Sicherheitschef sie verstehen konnte. In seiner unergründlichen Miene meinte sie ein leises Zucken ausmachen zu könne, doch als sie genauer hinsah, war es verschwunden. „Der Doktor berichtet mir, dass einige der Offiziere eventuell die Auswirkungen eines, am gestrigen Abend genossenen, Getränks zu spüren bekommen könnten. Das beste Mittel gegen eventuelle Nebenwirkungen ist langer Schlaf. Deshalb entschied ich um der Gesundheit der Offiziere willen, dass es nicht nötig war, sie zu wecken.“

„Aha“, sagte Janeway. Sie wagte eigentlich nicht zu fragen, wie viele Crewmitglieder die vergangene Nacht ebenso hemmungslos wie erinnerungslos hinter sich gebracht hatten. „Ich nehme an, im Notfall wäre ich aber verständigt worden.“

„Natürlich, Captain“, antwortete der Vulkanier würdevoll und begab sich dann zu seiner Konsole, wo ihm ein junger Fähnrich die Kontrollen übergab. Kathryn ließ sich in ihren Sessel fallen und schlug die Beine übereinander. Sie sah die Katastrophe bildlich vor sich. Schwangerschaften, wilde Auseinandersetzungen, Scheidungen, Blitzheiraten. Au weia. Und so, wie es aussah, wusste ihr Navigator Bescheid, was bedeutete, dass das Schiff auch informiert war. Nur vor Naomi Wildman machten solche Gerüchte halt und so gab es wenigstens ein Crewmitglied, das von nichts wusste. Sie war erledigt. Enthemmter Captain, verführt Ersten Offizier: ein tolles Thema für das „Briefing mit Neelix“. Das Zischen der Turbolifttür riss Kathryn aus ihren düsteren Gedanken. Die Köpfe der gesamten Brückencrew ruckten herum. Chakotay, der die Brücke betrat, tat sein Möglichstes, um ein Erröten zu verhindern, doch er schaffte es nicht ganz. Eilig ging er auf seinen Platz zu, blickte Kathryn an, stockte und setzte sich dann doch, den Blick auf den Boden gewendet. In diesem Moment flog ihm ihr Herz entgegen. Er war so süß, wenn er verlegen war. Das war ihr schon aufgefallen, als sie auf der Neuen Erde gewesen waren und er bei ihrem Anblick, als sie nur ein Badetuch getragen hatte, knallrot ins Haus geflohen war.

„Commander, könnte ich Sie kurz in meinem Bereitschaftsraum sprechen?“, bat sie leise und lächelte dabei versonnen, noch ganz in der Erinnerung behaftet. „Mr. Tuvok, Sie haben die Brücke.“

„Aye“, bestätigte der Vulkanier seelenruhig, als sei es das Normalste der Welt, ständig zwischen dem Kommandosessel und den eigenen Kontrollen hin- und herzuwechseln. Kathryn stand auf, zog kurz ihre Uniform zurecht, als wolle sie in die Schlacht rücken und ging dann vor. Chakotay folgte ihr, die Arme hinter dem Rücken zusammengelegt, den Blick auf den Boden gerichtet. Aus den Augenwinkeln sah Janeway, wie Tom Harry zuzwinkerte, doch es machte ihr jetzt eigentlich nichts mehr aus.

In ihrem Bereitschaftsraum angekommen, lehnte sie sich mit dem Rücken gegen ihren Schreibtisch und wartete, bis ihr der Erste Offizier gefolgt war und sich die Tür hinter ihnen beiden geschlossen hatte. Als sie schließlich voreinander standen, herrschte zunächst Schweigen. Dann sprachen Sie beide gleichzeitig.

„Chakotay.“

„Kathryn.“

Sie stockten und sahen sich in die Augen. Dann begannen sie zu lachen.

„Also, Chakotay, das ist wirklich die interessanteste Unterhaltung, die ich jemals mit dir geführt haben werde“, erklärte Kathryn, als sie wieder Luft bekam und sich eine Lachträne aus den Augenwinkel gewischt hatte. „Das ist besser als Badewannen. Viel besser. Ich erinnere mich nämlich an nichts, außer heute Morgen neben dir aufgewacht zu sein.“

Chakotay, der eine Hand in die Hüfte gestemmt hatte, fuhr sich mit der anderen verlegen über seine tätowierte Stirn. Trotz der Peinlichkeit der Situation lächelte er und setzte dann zu einer langen Erklärung an.

„Ich ... ähm ... also, eigentlich kann ich dich beruhigen, Kathryn. Es ist ja gar nichts passiert.“ Die Röte erreichte inzwischen seine Ohren, was der Captain mit einem gewissen Vergnügen registrierte. „Ich muss zugeben, wir hatten beiden gestern Abend viel von diesem Getränk intus, aber ich weiß noch so etwa, was geschehen ist. Wir haben ... uns geküsst und ... tja, dann habe ich vorgeschlagen, dass wir doch aufs Schiff zurückkehren sollten.“

„Und das wahrscheinlich vor den Augen der Crew“, erkundigte sich Kathryn resigniert und wunderte sich, dass sie selbst bei seinem fast unmerklichen Nicken ihre innere Fassung nicht verlor. „Aber erzähl weiter.“

„Ich war leider nicht mehr ganz Herr meiner Sinne, sonst hätte ich das bestimmt verhindert“, entschuldigte sich die Commander. „Aber du warst gestern so ... umwerfend, dass mir mein benebeltes Gehirn sagte, dass das unmöglich mein stets reservierter und korrekter Captain sein konnte.“ Er lächelte etwas verschämt, aber Janeway wusste das Funkeln in seinen Augen richtig zu deuten. Eigentlich tat es ihm nicht ein bisschen leid. „Wir sind dann in deiner Kabine und irgendwann schließlich in deinem Bett gelandet. Und da bist du eingeschlafen. Einfach so. Bevor irgendetwas anderes geschah, das kann ich dir versichern. Ich war zu dem Zeitpunkt schon wieder etwas klarer und habe dich schlafen lassen. Ich wollte eigentlich auch in mein Quartier gehen, aber ich war auch sehr erschöpft und bin eingenickt, bevor ich mich zum Weggehen überreden konnte.“ Eine erneute Stille breitete sich aus.

Janeway verschränkte die Arme vor der Brust. Das war also die Erklärung. Nichts war geschehen. Enttäuschung machte sich in ihr breit. Das, was sie sich gewünscht und verboten hatte, war nicht eingetreten. Sie schüttelte leicht den Kopf über sich selbst. Dann blitzte ein Gedanke in ihrem Kopf auf. Die Crew dachte bereits, dass sie und Chakotay ein Verhältnis hatten, und alles war eigentlich so geblieben, wie es war. Tuvok war nicht minder höflich, Tom nicht minder neugierig und auch die übrigen Crewmen, die sie heute getroffen hatte, hatten sie nicht mit „Wie konnten Sie nur“-Blicken bombardiert. Der Crew schien es also egal zu sein. Warum nicht ihr auch? Schließlich war es kein Kapitalverbrechen, eine Beziehung zu führen und wenn die Sternenflotte das so sah, dann war sie auch bereit, dafür gerade zu stehen. Darüber hinaus hatte sie das Verhalten der Crew noch eines gelehrt: wenn sie und Chakotay sich eines Tages streiten und damit die Sicherheit des Schiffes gefährden würde - sie hatten eine Crew, die Beschied wusste und entsprechend reagieren konnte.

„Kathryn?“, erkundigte sich Chakotay vorsichtig, da er die sich auf ihrer Miene abspiegelnden Gefühle gesehen haben musste. „Du hast mich ganz schön erschreckt heute Morgen“, sagte sie leise und sah ihm in die Augen.

„Entschuldige.“ Er schenkte ihr einen hinreißenden Hundeblick, der selbst einen Stein zum Weinen gebracht hätte. „Ich kann mir vorstellen, wie es ausgesehen hat ....“

„Oh.“ Kathryn lächelte. „Ich habe mich nicht erschrocken, weil du in meinem Bett gelegen hast. Ich war verwundert darüber, wie gut man sich fühlt, wenn man meint, eine Sternenflottenvorschrift über Bord geworfen zu haben.“

Es dauerte eine kleine Weile, bis Chakotay die Bedeutung von Kathryns Worten erfasst hatte. Diese Zeit hatte sie genutzt, um ihm ein bisschen näher zu rücken. Schließlich standen sie sich gegenüber, ihre Köpfe und Körper nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

„Meinst du damit eventuell, dass es dir nichts mehr ausmachen würde, eben jene spezielle Vorschrift für immer über Bord zu werfen?“, erkundigte sich Chakotay ganz leise, so als würde er sich kaum trauen, seine Frage überhaupt zu stellen. Er schien noch immer mit einer negativen Antwort zu rechnen, als Kathryn ihre Arme um seinen Hals legte und ihm tief in die braunen Augen sah.

„Überhaupt nichts.“ Ihre beiden Lippen trafen sich zu einem Kuss, der erst sanft und forschend war, doch dann an Leidenschaft gewann, als Chakotay Kathryn seinerseits an sich zog. Es dauerte eine lange Zeit, bis sie sich voneinander lösten. „Ich liebe dich, Chakotay. Ich war lange Zeit eine Närrin, dass ich mir das nicht eingestanden habe.“

„Das Hier und Jetzt zählt“, lautete die Antwort ihres Ersten Offiziers. „Und ich liebe dich auch, Kath.“

„Also, wohin gehen wir dann heute Abend? Zu mir oder zu dir?“, fragte Kathryn und erfreute sich an seiner verwunderten Miene. Sie schwor sich, diesen Mann nie wieder gehen zu lassen - und sich für heute Abend noch etwas von dem einheimischen Fruchtsaft zu bestellen - aber auch nur eine winzig kleine Menge. Gerade genug, um nicht einzuschlafen ...


ENDE
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