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Die andere Frau

von Verena

Kapitel 1

Captain Kathryn Janeway saß in ihrem Kommandosessel, die Beine übereinander geschlagen, und blickte nachdenklich auf den Hauptschirm. Dort schwebte, inmitten schimmernder Sterne, ein Planet, bei dessen erstem Anblick sämtlichen menschlichen Besatzungsmitgliedern ein Schauer über den Rücken gelaufen war. De'zhe II glich der Erde auf derart frappierende Weise, dass auch jetzt noch, nach einigen Tagen Landurlaub, die sie auf der Oberfläche genossen hatte, der Blick einiger Senioroffiziere - Janeway eingeschlossen - auf jener blauen Kugel ruhte, deren Oberfläche von zarten Wolkenfetzen vor dem Betrachter verschleiert wurde.

Janeway rief sich zur Ordnung, da sie wusste, dass es Momente wie dieser waren, die der Crew die Hoffnung auf eine rasche Heimreise nahmen, die sie daran erinnerten, dass es Welten wie diese im Delta-Quadranten gab und dass man vielleicht früher oder später dazu gezwungen sein würde, sich auf einer von ihnen niederzulassen; weit fort von der Erde, von Vulkan oder der Vielzahl der anderen Welten, von denen die Besatzung der Voyager stammte.

„Mr. Paris, setzen Sie Kurs auf den Alpha-Quadranten“, befahl sie in die Stille der Brücke hinein.

„Aye, Ma'am“, bestätigte Tom Paris und seine Finger huschten über seine Konsole. Der Navigator wirkte mitgenommen mit seinen zerrauften, blonden Haaren und dem leicht zerknitterten Uniformkragen, doch der Unterton in seiner Stimme ließ erahnen, dass er drei erholsame Tage verbracht hatte. Er war einer der wenigen, die von der Planetenoberfläche aus direkt in den Dienst zurückgekehrt waren und so hatte er keine Zeit zum Umkleiden gefunden.

Janeway entschloss sich, Paris später wegen seines derangierten Zustandes anzusprechen, doch momentan war sie nicht bereit, die Fröhlichkeit, die der Navigator verbreitete, durch einen Tadel zu mindern. Es reichte völlig, dass sie angespannt war, Tom musste es aufgrund einer Zurechtweisung nicht unbedingt auch noch werden.

Mit einem unhörbaren Seufzer lehnte sich Janeway zurück, doch Entspannung konnte sie nicht finden. Schließlich gab sie sich einen Ruck. „Mr. Tuvok, Sie haben die Brücke. Ich werde mich zu unseren Gästen begeben.“ Sie blickte zur taktischen Konsole auf, an der der Vulkanier seine Kontrollen einem Lieutenant übergab.

Schließlich trat Tuvok zu seinem Captain und neigte leicht den Kopf. „Ich hoffe, Sie amüsieren sich, Captain“, sagte er so leise, dass nur Janeway ihn hören konnte.

„Ein seltsamer Wunsch“, stellte Kathryn fest und betrachtete die regungslosen Zügen ihres langjährigen Freundes aufmerksam. Schließlich huschte ein schiefes Lächeln über ihre Lippen. „Aber Sie haben wohl recht, vielleicht sollte ich mich wirklich etwas amüsieren.“ Die Anspannung, die sie seit Wochen gefangen hielt, war vor den wachsamen Augen des Vulkaniers nicht zu verbergen gewesen, wie sie erkannte. 'Ist es schon so offensichtlich?', fragte sie sich, konnte sich aber keine Antwort geben. Schließlich nickte sie Tuvok zu und ging dann in Richtung Turbolift.

Als sie in der Kabine stand und sich die Türen leise zischend hinter ihr geschlossen hatten, seufzte sie leise und befahl dem Computer: „Kasino.“ Während die Transportkabine die einzelnen Decks passierte, kämpfte Kathryn das Unbehagen hinunter, das wie ein Stein in ihrem Magen lag. Im Kasino fand zurzeit ein Empfang für das diplomatische Corps des Planeten De'zhe II statt, das auf der Voyager zu einem Planeten im nächsten Sternensystem gebracht wurde.

Der oberste Priester des Planeten, auf dem sie einen sehr erholsamen Landurlaub verbracht hatten, hatte diesen Transfer als einzige Gegenleistung für die freundliche Aufnahme von Captain Janeways Crew gefordert und Kathryn hatte ihm diesen gern zugesagt, wohl wissend, dass in diesem Teil der Galaxis weitaus höhere Preise für die Unterstützung der Voyager verlangt werden konnten. Dass der Empfang Kathryn Unmut auf sich zog, war weniger die Schuld der De'zhevi, als ihrer eigenen Gefühlswelt.

Der Lift hielt und riss Kathryn aus ihren Gedanken. Mit schnellen Schritten verließ sie die Kabine. Einem Besatzungsmitglied zunickend, das den Gang entlangkam, betrat sie schließlich das Kasino, wo ihr sofort ein ansehnlicher Lärmpegel entgegen schlug. Die Mehrheit des Teils der Crew, der momentan keinen Dienst hatte, schien gekommen zu sein, zumal Neelix den Termin des Empfangs mit dem des Abendessens der Alpha-Schicht gleichgesetzt hatte. Deshalb waren die Tische gut besetzt.

Eine kleine Gruppe von De'zhevi und Sternenflottenoffizieren stand direkt an der Anrichte von Neelix‘ Küche, auf der verschiedene Gerichte des Küchenchefs und Moraloffiziers appetitlich arrangiert waren. Eine winzige Sekunde lang spekulierte Kathryn darüber, ob die De'zhevi den teilweise recht abenteuerlichen Kochkapriolen des Talaxianers standhalten würde, doch da sie nur zufriedene Gesichter bei ihren Gästen sah, hatte sie wohl in diesem Fall eine Sorge weniger.

Kathryns Augen schweiften über die Menge, als sie nähertrat und suchten nach einem bestimmten Gesicht. Sie wurde nicht enttäuscht. Ihr Erster Offizier Chakotay stand ein wenig abseits vom Gedränge und unterhielt sich mit einer Frau, die Janeway als Hauptvermittlerin N'Hala identifizierte. Die Diplomatin war, nach menschlichen Maßstäben gemessen, eine überaus attraktive, humanoide Frau um die dreißig terranischer Standardjahre, die sehr auffällige Kleidung bevorzugte. Sie hatte langes, schwarzes Haar und strahlende grüne Augen, die jeden Mann in ihren Bann ziehen konnten. Ohne es zu wollen, starrte Kathryn zu den beiden hinüber. Sie registrierte neben dem offensichtlich Interesse N'Halas an Chakotay auch dessen Lächeln und den Ausdruck seiner dunkelbraunen Augen und eine Welle der Eifersucht schlug über ihr zusammen.

Seit sie und Chakotay von der ‚Neuen Erde‘ zurückgekehrt waren, hatte sie sich von ihm distanziert, um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Diese Vertrautheit, die sie und ihren Ersten Offizier auf diesem Planeten verbunden hatte, vermisste sie. Doch gleichzeitig wusste sie, dass es zwischen ihnen beiden nie wieder so werden konnte - durfte. Sie war sein vorgesetzter Offizier, sie durfte ihm nur eine Freundin sein, nicht mehr.

Und weil sie es sich doch insgeheim wünschte, war sie ihm in den letzten Wochen aus dem Weg gegangen. Anfangs hatte sie gedacht, es wäre einfach, ihre Kontakte auf den Dienst zu beschränken, doch je mehr sie sich von ihm wegzubewegen versuchte, umso mehr erinnerte alles an ihm sie an ihre gemeinsame Zeit auf der ‚Neuen Erde‘.

Der Schmerz, den sie jetzt empfand, als sie Chakotay bei der Diplomatin stehen sah, gab ihr einen erneuten Hinweis darauf, dass sie es trotz allen Bemühungen noch nicht geschafft hatte, sich emotional von ihm soweit zu lösen, dass sie mit ihm umgehen konnte wie vor ihrer Zeit auf der ‚Neuen Erde‘.

„Ah, Captain Janeway, es ist eine Freude, Sie zu sehen.“ Mit einem breiten Lächeln trat Ta'ar, ein weiteres Mitglied der Delegation von De'zhe, auf sie zu und lud sie mit einer Armbewegung ein, sich der Gruppe anzuschließen, in der er eben noch gestanden hatte. Ta'ar war wenige Jahre älter als Kathryn und die meisten anderen der Anwesenden und schien immer fröhlich zu sein, doch im Laufe einiger tiefergehender Gespräche, die Janeway bereits während des Landurlaubs mit ihm geführt hatte, wusste sie, dass sein Benehmen nur Fassade war. Tatsächlich war er der größte Philosoph seines Planeten und politischer Berater der Regierung. Zudem noch ein Mann von angenehmem Äußeren.

Lächelnd ließ sich Kathryn in die Runde einschließen, ebenso freiwillig wie mit dem Hintergedanken, dass sie nicht beobachten musste, wie ihr Erster Offizier mit einer anderen Frau flirtete. Es schien ihr so, als hätte sie ihn verloren.

„Mir tun der Captain und der Commander leid“, erklärte Kes Neelix überraschend, als sie nach Ende des Empfangs zusammen in der Küche standen. Die kleine Ocampa reinigte die Anrichteplatten und bemerkte gar nicht, dass Neelix mit etwas völlig Anderem beschäftigt war als ihr zuzuhören. „Ich meine, Sie haben es wirklich nicht einfach.“

„Genau, Schatz, ich bin da ganz deiner Mei... was sagtest du?“ Langsam aber sicher war Kes‘ Aussage doch bis zu dem Talaxianer durchgedrungen und er ließ das Padd sinken, das seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. „Entschuldige, Äpfelchen. Ich habe gerade die neueste Folge von ‚Briefing mit Neelix‘ vorbereitet.“

Kes lächelte sanft und wiederholte geduldig: „Findest du es nicht auch schade, dass es Captain Janeway und Commander Chakotay so schwer haben?“

Neelix, der nicht wusste, was sie meinte, wagte einen Vorstoß, wenn auch in die falsche Richtung. „Natürlich ist es nicht die leichteste Aufgabe der Welt, die Voyager nach Hause zu bringen, aber wie kommst du gerade jetzt darauf?“

„Das meine ich nicht.“ Auch Kes konnte ungeduldig werden und so gewann ihre Stimme an Nachdruck, was für Neelix höchste Alarmstufe bedeutete. „Ich spreche davon, dass sich die beiden offensichtlich lieben und dass ihnen die Sternenflottenvorschriften verbieten, eine Beziehung zu führen.“

Der Talaxianer wurde nachdenklich.

„Jetzt, wo du es sagst, tatsächlich. Ich habe immer wieder ein paar Crewmen über dieses Thema spekulieren hören, ich wusste aber nicht, über wen sie sprachen. Das geht schon so ...“

„... seit der Captain und der Commander von der ‚Neuen Erde‘ zurückgekehrt sind“, führte Kes seine Überlegungen zu Ende. „Die beiden gehen sich seither möglichst aus dem Weg. Heute habe ich es besonders gemerkt.“ Mitleidig schüttelte Kes den blonden Kopf. „Der Captain sah sehr traurig aus, besonders, als sie sah, mit wem der Commander die Party verlassen hat.“

„Doch nicht mit dieser männermordenden Hauptvermittlerin, die sich ihm an den Hals geworfen hat?“, erkundigte sich Neelix erschrocken. „Ich hatte Chakotay immer für einen vernünftigen Mann gehalten.“

„Vielleicht war er sich nicht bewusst, was er dem Captain angetan hat“, mutmaßte Kes. Sie schwieg eine Weile und bestimmte dann: „Wir müssen etwas tun.“

„Also, wenn es dir so viel bedeutet, denke ich mir was aus“, versprach Neelix. „Wäre doch gelacht, wenn das nicht klappen würde …“

***

Commander Chakotay saß in seinem Büro und arbeitete an den Dienstplänen für die nächsten Wochen. Doch er konnte sich nicht richtig konzentrieren und sah aus dem Fenster, an dem Sterne wie flüchtige Pinselstriche auf einer schwarzen Leinwand vorbeistrichen.

Er dachte an den vergangenen Abend und an Kathryn, an ihren verletzten Blick, als sie ihn und N'Hala erblickt hatte. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen und hätte ihr alles erklärt, doch er hatte es bisher noch nicht getan. Zum einen, weil er sich zuerst noch mit Tuvok über ein wichtiges Problem unterhalten musste und zum anderen, weil er Kathryn ein Zeichen geben wollte, dass es seine Sache war, was er mit anderen Frauen tat. Und gerade dieses Verhalten ließ ihn sich über sich selbst ärgern. Natürlich war niemals an die Möglichkeit zu denken, dass er und sein Captain jemals ein Paar werden würden. Sie hatte das klargemacht, damals, als sie auf die Voyager zurückgekehrt waren, nach diesen Wochen voll Nähe auf der ‚Neuen Erde‘. Dennoch, wenn sie ihn gestern Abend mit der Diplomatin gesehen hatte, dann musste sie denken, dass er sie nicht mehr liebte. Dem war nicht so. Kathryn würde immer einen besonderen Platz in seinem Herzen einnehmen. Natürlich war es nicht ausgeschlossen, dass er sich irgendwann erneut verlieben würde. Aber es konnte nie wieder dasselbe Gefühl sein, dass er Kathryn entgegenbrachte. Der Türsensor riss ihn aus seinen trüben Gedanken.

„Herein.“ Das Schott glitt auf und Tuvok trat ein, seine Miene wie gewohnt kühl und abweisend. Chakotay seufzte innerlich. Er und der Sicherheitschef hatten sich, seit sie beide auf der Voyager waren, niemals besonders gut verstanden. Schließlich hatte Tuvok seine Maquis-Crew einst konspirativ unterwandert und Chakotay war nicht so schnell bereit, das zu vergessen, auch wenn er mit dem Vulkanier zusammenarbeiten musste. „Setzen Sie sich“, sagte er und wies auf einen Besucherstuhl.

Die Antwort war ein ernstes Kopfschütteln. „Danke, Commander, ich ziehe es vor zu stehen. Was kann ich für Sie tun?“

Der Erste Offizier seufzte unhörbar. Auch wenn er selbst es vorzog, seine Emotionen nicht öffentlich zu zeigen, störte ihn der Stoizismus seines Gegenübers manchmal gehörig. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und atmete durch, dann griff er nach einen Padd auf seinem Tisch und reichte es dem Sicherheitschef.

„Dies ist der Bericht des Doktors von heute Morgen, acht Uhr“ Er machte eine Pause und gab Tuvok einen Moment, den Text zu überfliegen. „Ihnen wird auffallen, dass der Doktor in den Stunden zwischen dem Ende der Party und dem Schichtbeginn neunundzwanzig Crewmitglieder wegen Nachwirkungen von Alkoholgenuss behandelte.“

„Eine erstaunlich hohe Zahl.“ Die rechte Augenbraue des Vulkaniers wanderte nach oben, was einem Ausdruck äußersten Erstaunens bei einem Menschen gleichkam. „Worauf wollen Sie hinaus, Commander?“

„Ich finde das Verhalten der Delegation äußerst seltsam. Sicher, die De'zhevi könnten ein Volk sein, das den Alkohol schätzt und gern gesellig ist.“ Chakotay machte eine Pause, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen. „Doch ich habe beobachtet, dass die Diplomaten die Crew praktisch abfüllten. Mir fiel es auf, als ich mit Hauptvermittlerin N'Hala zusammentraf.“

„Der Frau, mit der Sie die Party verließen“, stellte der Sicherheitschef nüchtern fest und Chakotay konnte sich bildhaft vorstellen, was Tuvok jetzt vermutete.

Doch er ließ sich nicht provozieren. „Richtig. Sie hatte mich dazu aufgefordert. Kaum waren wir allein und hatten etwas getrunken, begann sie in der Unterhaltung beiläufige Fragen über die Systeme der Voyager zu stellen. Ich bin davon überzeugt, dass ein Crewmitglied, das ein wenig mehr angetrunken gewesen wäre als ich, ihr diese Fragen ohne weiteres beantwortet hätte.“

„Sie vermuten also, dass die De'zhvi die Crew aushorchen wollten?“ Tuvok nickte langsam. „Wenn ich Ihren Ausführungen folge, komme ich zu dem selben Ergebnis. Ich würde es trotzdem bevorzugen, den betroffenen Crewmitgliedern noch einige Fragen zu stellen.“

„Wie Sie wollen. Ich werde dennoch den Captain über meine Beobachtungen informieren.“

„Wenn das dann alles war?“

„Wegtreten“, befahl Chakotay. Als er wieder allein war, stahl sich ein kurzes Lächeln auf seine Züge. Er stellte sich vor, wie Tuvok in der Art der Inquisition einen verkaterten Lieutenant Carey befragte und sich dieser schließlich entschied, nie wieder einen Tropfen zu trinken. Dann wurde er ernst. Er war froh über seine Entdeckung, dass N'Hala ihn hatte aushorchen wollen. Damit hatte er einen Grund, zu Kathryn zu gehen und ihr zu erklären, was am vergangenen Abend wirklich passiert war. Auf einmal wurde er von dem Wunsch getrieben, die kleine Verletzung, die er ihr beigebracht hatte, wieder zu heilen. Aber bevor er Kathryn aufsuchte, musste er noch der geheimnisvollen Nachricht nachgehen, die Neelix hinterlassen hatte und die besagte, dass er für eine Angelegenheit höchster Wichtigkeit um vierzehn Uhr ins Kasino kommen sollte. Unwillig erhob sich Chakotay und machte sich auf den Weg.

***

Kathryn betrat das Kasino und zuckte überrascht zusammen, als sie sich dort völlig allein wiederfand. Zu allem Überfluss war das Licht gedämpft und der ganze Raum wurde nur von einigen Kerzen erleuchtet, die auf einem festlich für zwei Personen gedeckten Tisch standen. Verblüfft trat sie näher an den Tisch heran und entdeckte eine gute Flasche Wein. Einige dampfende Gerichte standen auf einem kleinen Beistelltisch und verströmten einen appetitanregenden Duft.

In diesem Moment öffnete sich die gegenüberliegende Tür des Kasinos und Janeway erblickte ihren Ersten Offizier, der genauso reagierte wie sie vor einigen Sekunden. Vollkommen überrumpelt. Sie gingen einige Schritte aufeinander zu, ohne etwas zu sagen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war Kathryns Kehle wie zugeschnürt. Obwohl sie nicht glaubte, dass Chakotay mit dieser Überraschung zu tun hatte, hatte es die Stimmung dieses Raumes dennoch geschafft, ihre Wirkung bei ihr zu entfalten.

Sie sah ihn an, beobachtete, wie das Licht sein Gesicht bronzen färbte und einige Schatten darauf warf. Ihr Herz machte einen schmerzhaften Sprung, als sich seine Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen. 'Bitte sag jetzt nichts', dachte sie. 'Mach es nicht kaputt.' Doch sie wusste, dass es nicht ging.

„Ich nehme an, dass Sie auch von einer Botschaft von Neelix hergeführt wurden?“, erkundigte er sich und musterte den Tisch. „Er muss wohl vermutet haben, dass bei uns beiden einiges im Argen liegt“, entschlüpfte es Janeway und sie konnte beobachten, wie sich Chakotays Gesichtsfarbe verdunkelte.

Er wurde tatsächlich rot. Sie schwiegen erneut. Kathryns blaue Augen kreuzten sich mit Chakotays braunen und für einen winzigen Moment wünschte sie sich, er würde sie küssen. Nein, es war nicht nur ein winziger Moment. Mit einem Mal schienen ihr ihre eigenen Auflagen, die sie sich gemacht hatte, völlig sinnlos. Wie hatte sie nur vor sich selbst verleugnen können, was sie empfand?

„Wenn Neelix so etwas denkt, dann steckt darin garantiert mehr als ein Fünkchen Wahrheit“, erwiderte er und senkte den Kopf wie ein ertappter Schuljunge. „Kathryn, Sie sollten wissen, dass das, was Sie gestern Abend gesehen haben, nicht unbedingt so war, wie es erschien.“

Tief in Kathryn verbreitete sich ein warmes Gefühl. Trotz ihres abweisenden Verhaltens in den vergangenen Wochen schien ihm immer noch daran gelegen zu sein, sie nicht ebenfalls zu verletzen. Dass ihr Verhalten dies getan hatte, konnte sie sich denken und es tat ihr leid.

„Es ist Ihre Sache, wie Sie Ihre Abende verbringen“, antwortete sie ausweichend. „Sie müssen sich nicht rechtfertigen.“

„Doch, das denke ich schon. Aber darüber sollten wir uns ein anderes Mal unterhalten.“ Auf Kathryns Verwunderung reagierend, berichtete er ihr von den Schlüssen, die er und Tuvok aus dem Verhalten der De'zhevi ziehen konnten. Mit jedem Wort spürte Kathryn wachsende Spannung, doch zugleich war sie sich auch bewusst, dass sie von Moment zu Moment mehr von der vertrauten Ebene abrückten, die sich in den letzten Minuten zwischen ihnen entwickelt hatte.
Als Chakotay mit den Worten „eine Übernahme des Schiffs könnte kurz bevorstehen“ endete, war sie schon fast aus dem Kasino heraus.

Er folgte ihr, seine Miene war nunmehr verschlossen. Während sie durch die Gänge eilten, kehrte der alte Ernst und die Distanz zwischen ihnen unweigerlich zurück. Entschlossen, was im Kasino zwischen ihnen gewesen war nicht ungenutzt zu lassen, sagte Kathryn, als sie in den nächsten Turbolift traten:
„Computer, Brücke. - Wenn das hier vorbei ist, dann werden wir entscheiden müssen, was wir mit Neelix machen. Sollen wir ihn wegen Kuppelei zu einem Tag Beugehaft verurteilen? - Oder sollen wir uns bedanken?“ Sie setzte ein betont nachdenkliches Gesicht auf. „Ich persönlich tendiere zu Zweitem.“
Mit Freude sah sie das kurze Aufleuchten in seinen Augen, dann jedoch wurde sie wieder ernst. Es galt ihr Schiff zu retten.

***

Hauptvermittlerin N'Hala sah sich um und stellte fest, dass niemand auf dem Gang zu sehen war. Mit einem zufriedenen Lächeln schaute sie auf das Chronometer und stellte fest, dass die Zeit gekommen war. Über das Wandterminal vor ihr begann sie, in die Kommandosysteme der Voyager einzudringen. Zur selben Zeit, so wusste sie, tat das eine Gruppe von anderen De'zhevi ebenfalls. Die meisten jedoch hatten sich bewaffnet und versuchten, die Brücke einzunehmen. Die ganze Aktion konnte nichts anderes als ein Kinderspiel werden, zumal einige Besatzungsmitglieder der Voyager sehr gesprächig gewesen waren, was Zugangscodes anging. Sie selbst hatte sich leider am Ersten Offizier die Zähne ausgebissen, was sie ärgerte. Normalerweise gelang es ihr problemlos, Männer zu betören.

Da die De'zhevi kein einziges Schiff besaßen, dass genug Feuerkraft besaß, um andere Planeten, die sie erobern wollten, ernsthaft zu bedrohen, hatten sie geplant, sich dieses zu besorgen. Der Plan war ganz einfach. Die Voyager sollte sie zu ihrem potentiellen Zielplaneten bringen und während des Fluges würde das Schiff von den De'zhevi übernommen werden. Bisher hatte es hervorragend geklappt. Dennoch hatte N'Hala ein ungutes Gefühl, das sich verstärkte, als ein Zugriffscode, den sie eingab, nicht funktionierte. Im Gegenteil, in diesem Moment sperrte sich das gesamte Terminal und eine Meldung über einen unbefugten Zugriff leuchtete auf.

Wütend versuchte N'Hala noch einmal, die Kontrolle wiederzuerlangen, doch umsonst. Schließlich gab sie auf und wandte sich zum Gehen, um sich ein anderes Terminal zu suchen. Jedoch prallte sie gegen eine unsichtbare Mauer. Das Kraftfeld schimmerte auf, als sie es berührte. Frustriert drehte sie sich um, doch fünf Meter weiter endete auch hier ihr Weg, versperrt von einer Energiebarriere. Dass sie in eine Falle getappt war, ging ihr eine Zehntelsekunde später auf. Auf keinem normalen Schiff würde so etwas geschehen, wenn man unberechtigt den Computer bediente – es sei denn, das Schiff war vorbereitet. Wütend verfluchte sie die Voyager und wartete.

***

Auf der Brücke herrschte gespanntes Schweigen. Janeway und Chakotay tauschten einen schnellen Blick, als Harry Kim von seiner Station meldete:
„In den Turboliften nach Deck eins befinden sich je fünf De'zhevi.“

Janeway nickte und erhob sich, die Hand auf dem Phaser an ihrer Seite.
„Beamen Sie sie direkt in die Arrestzellen, Mr. Kim.“

„Aye, Ma'am.“ Dem jungen Asiaten gelang es nicht, die Aufregung aus seiner Stimme zu verbannen. „Transport erfolgreich.“

„Die Sicherheitsteams zwei und fünf melden, dass sie noch einmal sechs De'zhevi in Sicherheitskraftfeldern arretieren konnten“, erklang Tuvoks kühle Stimme in dem Raum. „Damit fehlen noch drei Personen. Ihre Signale sind nicht aufzuspüren.“

„Führen Sie eine Sensorrastersuche nach unbekannten Energiequellen durch, Mr. Kim“, befahl Chakotay. „Es ist gut möglich, dass sie einen Personentarnschirm einsetzen.“

In diesem Moment fauchten Phaserstrahlen wie aus dem Nichts über die Brücke in Harrys Richtung. Gerade im letzten Moment gelang es dem Fähnrich, hinter seiner Konsole Deckung zu suchen. Die anderen Offiziere brachten sich ebenfalls in Sicherheit, da immer mehr Schüsse durch den Raum gegeben wurden.

Chakotay und Janeway eilten hinter die Wissenschaftsstation, die eigenen Waffen gezogen und das Feuer erwidernd. Während sich Chakotay bemühte, die Position der Angreifer anhand der Ausgangspunkte ihres Feuers mit bloßem Auge festzustellen, beugte sich Janeway zu einer Konsole hinüber, die aktiv war.

Sie leitete die Sensordaten zu sich hinüber und begann eilig, einen Polaronausstoß für die Brücke zu programmieren. In dem Moment, in dem sie ihn initiieren wollte, wurde sie auf einmal zu Boden gerissen und dort, wo sich eben noch ihr Kopf befunden hatte, bemerkte sie ein rauchendes Loch in der Konsole. Sie fand sich an einen kräftigen, schützenden Körper gedrückt und die Bilder der ‚Neuen Erde‘ kamen ihr ins Gedächtnis. Wieder einmal hatte er sie beschützt.

Chakotay lächelte kurz und wandte sich wieder von ihr ab, den Phaser im Anschlag. Kathryn nahm ihre Arbeit wieder auf und sandte eine plötzliche Partikelwelle über die Brücke. Für einige Momente brachen sich die energetischen Teilchen glänzend auf den Tarnschirmen der Angreifer und dieser Moment reichte den Sternenflottenoffizieren schon. Sie feuerten und die Kraftfelder der De'zhevi brachen zusammen. Die Getroffenen fielen zu Boden und auf der Brücke herrschte wieder Stille. Die Brückencrew verließ vorsichtig ihre Deckung, die Waffen noch in der Hand.

Als sich jedoch kein weiterer Zwischenfall mehr ereignete, befahl Chakotay:
„Harry, beamen Sie sie in die Krankenstation.“

Die Körper der drei Angreifer entmaterialisierten und so etwas wie ein kollektiver Seufzer erklang.

Kathryn wandte sich ihrem Ersten Offizier zu. „Ihre Vermutung war richtig, aber ich hätte mir gewünscht, das hätte sich nicht auf diese Weise gezeigt“, scherzte sie und zeigte ein halbes Lächeln.

„Tut mir leid“, antwortete er so leise, dass nur sie ihn verstehen konnte. „Ich helfe Ihnen gern beim Aufräumen. Sollen wir im Kasino anfangen?“

„Wie wäre es mit meiner Kabine, heute Abend um acht?“

Diesmal fiel dem Ersten Offizier wirklich keine Antwort mehr ein.

***

Irgendwann, viel später, saßen sie eng umschlungen auf Kathryns Couch und unterhielten sich leise flüsternd über die Dinge, die in den vergangenen Tagen geschehen waren. Kathryn hatte ihren Kopf auf seine Schulter gelegt und er atmete den Duft ihres Haars ein, während er sie fest in seinen Armen hielt.

„Ich bin wirklich ein lausiger Captain“, sagte sie leise und lachte. „Dass ich nicht einmal meinen liebeskranken Ersten Offizier auf Distanz halten konnte.“

„Und ich bin ein furchtbarer Commander, der einfach viel zu hartnäckig ist, um zu akzeptieren, dass sein Captain ihn abweist. - Wie du siehst, ergänzen wir uns perfekt.“

Sie küssten sich und sahen dann in den Augen des anderen, dass es vielleicht noch eine Sache gab, in der sich einfach perfekt zusammenpassten. Und das Schlafzimmer war zum Glück nur wenige Schritte entfernt.


Ende
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