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Am Ende des Traumes

von Verena

Kapitel 1

Sie waren zu Hause. Das Ende der Reise. Der Anfang einer neuen Zukunft. Kathryn Janeways Hand umkrampfte das Sektglas, das sie hielt. Sie bemerkte es nicht. Obwohl ihr Blick hinaus auf das nächtliche San Francisco gerichtet war, auf die Bucht und die Brücke, deren helle Lichter die Dunkelheit durchteilten, sah sie auch nichts von all der vertrauten Kulisse, die sie so sehr vermisst hatte.

Im Glas der Scheibe spiegelte sich das Geschehen hinter ihrem Rücken wie ein Zerrbild einer Realität, die an ihr vorbeizulaufen schien. Admiral Paris, der Gastgeber des Abends, hielt mit undeutbarem Gesichtsausdruck seine erste Enkelin auf dem Arm und unterhielt sich mit seinem Sohn. Kathryn freute sich für den Navigator, dass er die Differenzen mit seinem Vater beigelegt hatte. Die Fehler seiner Vergangenheit waren vergeben und vergessen. In dem Lächeln, das Tom seiner Familie schenkte, lagen Hoffnung und Glück.

B’Elanna, die für einen Moment in stummer Verbundenheit zu ihrem Ehemann hinüberblickte, scherzte mit dem Doktor über den möglichen Geburtstermin ihres zweiten Kindes und schlug vor, die Diskussion zugunsten einer Wette unter den ehemaligen Crewmitgliedern aufzugeben, was begeisterte Zustimmung bei den Umstehenden auslöste. Bedauerlicherweise befand sich Harry Kim, der mit Tom Paris während ihrer Zeit auf der „Voyager“ gern das inoffizielle Wettbüro gespielt hatte, zurzeit auf einer Deep Space Mission. Doch Kathryn, zu der die Fetzen der Gespräche herübergetragen wurde, zweifelte nicht daran, dass der inzwischen zum Lieutenant beförderte Asiate auf irgendeine Weise über Subraum benachrichtigt werden würde.

Kathryns Blick wanderte weiter, die Scheibe als Spiegel nutzend, und es gelang ihr nicht, das Paar zu ignorieren, das ein wenig abseits stand. Sie wünschte, sie könnte es, aber es war einfach nicht möglich. Zuviel verband sie mit Chakotay und Seven, um die beiden aus ihrem Leben ausschließen zu können. Zwei ihrer engsten Freunde. Und dennoch die Quelle eines nicht versiegenden Schmerzes, den sie schon eine lange Zeit tief in sich verschlossen hielt, der jedoch in manchen Momenten hervorbrach. Chakotay hatte den Arm um seine Lebensgefährtin gelegt, seine Hand ruhte wie selbstverständlich auf ihrer Hüfte. Die Köpfe vertraulich zusammengesteckt, redete er auf sie ein und eines von Sevens seltenen Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.

Kathryn schluckte. Sie hatten sich eine ganze Zeit nach der Rückkehr auf die Erde nicht gesehen, alle waren getrennte Wege gegangen und hatten die Dinge getan, auf die sie so viele Jahre gewartet hatten. Jetzt, nach fast einem halben Jahr, hatten sie sich zur Taufe von Toms und B’Elannas Tochter Miral wiedergetroffen und so sehr Kathryn es auch gehofft hatte, Seven und ihren ehemaligen Ersten Offizier auf diese Weise zu erleben, hatte ihr trotz aller mentaler Vorbereitung einen schweren Schlag versetzt.

Sie schalt sich eine Närrin. Sie hatte kein Recht darauf, eifersüchtig zu sein. Auf die Nähe zwischen den beiden, eine Nähe, die sie einst auf ähnliche Weise mit ihm geteilt hatte. Nähe, die sie so vermisst hatte, erst aber jetzt, in diesem Moment bemerkte, wie sehr.
Jetzt war es zu spät. Ihre Gefühle für ihn waren in den Jahren gewachsen und sie hatte sie in aller Heimlichkeit gehegt wie eine kostbare Pflanze.

Vor den Augen der anderen hatte sie ihn stets auf Distanz gehalten und damit auch gleichzeitig vor sich selbst. Das Zugeständnis, wie sehr sie ihn gebraucht hätte in manchem schwachen Moment, hatte ihrer Berufung als Captain des Schiffes weichen müssen. Doch die tiefe Liebe zu ihm war nie verloren gegangen in dieser Zeit des Selbstbetrugs und der erzwungenen Stärke.

Jetzt, wo alles von ihr abgefallen war, alle Verantwortung, aller Druck, stand sie allein da. Ihre Gefühle lagen bloß, so als habe eben jene Blume eine Schicht aus Eis durchbrochen und warte jetzt auf ihre endgültige Bestimmung. Doch der Fall, den Kathryn insgeheim am meisten gefürchtet hatte, war eingetreten. Für einen kurzen Moment wallte unbändiger Hass in ihr hoch. Neid und Missgunst. Auf das Glück der beiden, Sevens Schönheit. Und auch auf sich selbst. Hätte sie doch gewisse Zugeständnisse gemacht! Dann hätte sie ihn vielleicht halten können. Sie hatte zugelassen, dass es geschah.
Mit einer heftigen Geste setzte Kathryn ihr Glas auf ein nahes Sideboard als ihr bewusst wurde, dass es kurz davor war, in ihrer Hand zu zerspringen.

Sie drehte sich um. Es war Zeit zu gehen …


Ende
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