TrekNation

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Kiss the Devil

von Simone

Ouvertüre: One Wild Night

„Puh, ich bin so satt, dass ich noch nicht einmal mehr ‚Papp‘ sagen kann.“ Chakotay legte die Serviette neben seinen Teller und lehnte sich entspannt zurück. Kathryn Janeway, Captain der Voyager, tat es ihm gleich. Sie hatten in ihrem Quartier zusammen zu Abend gegessen, wie sie es jeden Freitag zu tun pflegten. Einige Minuten hing jeder seinen Gedanken nach, bevor Janeway nach ihrem Glas griff und sich zur Couch hinüber bewegte. Auch Chakotay erhob sich, ließ sich in ihrem Sessel nieder und stellte sein Getränk auf den ansonsten bis auf eine Blumenvase leeren Glastisch.
Er ließ seine Augen durch den ihm mittlerweile sehr vertrauten Wohnraum seines Captains gleiten. Es war eindeutig ein Sternenflotten-Quartier für höhere Offiziere: Geräumig, mit einer breiten Fensterfront, die den Blick auf die Sterne freigab. Nicht viele der Crew-Quartiere boten den Luxus, direkt an der äußeren Hülle des Schiffs zu liegen. Und obwohl Janeway diese Räume seit nunmehr sechs Jahren bewohnte und auch allerlei persönliche Dinge dort aufgestellt hatte, atmete der Raum ungefähr so viel Persönlichkeit aus wie eine Petrischale. Er wirkte... steril. Das war das richtige Wort. Nichts war nicht dort, wo es hingehörte, Boden und Couch waren fast pedantisch aufgeräumt, nirgendwo lag auch nur ein vergessenes Kleidungsstück herum. Der Captain war einfach nicht oft genug „zu Hause“, um Unordnung zu machen. Ihr eigentlicher, persönlicher Raum war ihr Bereitschaftsraum.
Chakotays wandernder Blick blieb an seiner Bewohnerin hängen. Sie trug noch immer ihre Uniform mit den vier kreisrunden Knöpfen am Kragen, die sie als Captain des Schiffes identifizierten und damit automatisch als ranghöchsten Sternenflottenoffizier im Umkreis von 30.000 Lichtjahren. Doch dies wäre gar nicht notwendig gewesen, denn Kathryn Janeway erhielt ihre Autorität nicht von der Uniform, die sie trug. Auch wenn sie Jeans und Pullover getragen hätte, hätte jeder sofort den Captain in ihr erkannt. Sie strahlte Autorität aus, wie ein Kernreaktor Gamma-Strahlung.
Die blauen Augen, die hart wie Stahl blicken konnten, wenn sie zu allem entschlossen war, oder schelmisch glitzerten, wenn sie einen Scherz machte, zornig blitzten, wenn jemand sie herausforderte oder in einem inneren Feuer glühten, wenn ihr Entdeckergeist geweckt wurde. Doch immer wahrten sie eine gewisse Distanz, nur selten schlich sich die Andeutung von Traurigkeit oder Sehnsucht irgendeiner Art in diese dunkelblauen Seen.
Das Schweigen zwischen ihnen dauerte an, war jedoch keinesfalls unangenehm. Chakotay genoss es, in Ruhe ihre Züge studieren zu können. Das energische Kinn, die vollen Lippen, die sich jetzt in den Mundwinkeln zu einem feinen Lächeln kräuselten, als sie seinen Blick auf sich ruhen sah. 'Ja', dachte Chakotay, 'sie ist eine bemerkenswerte Frau.'
Für einen zufälligen Beobachter war dies jedoch keinesfalls sofort offensichtlich: Er würde eine Frau mittleren Alters vor sich sehen, mittelgroß, mittelschlank. Doch wen einmal das Feuer ihres Blickes getroffen hatte, wer einmal auch nur einige Worte mit ihr gewechselt hatte, der wusste, wie falsch dieser Eindruck war. Selbst wenn sie sich mit jemandem im Plauderton unterhielt, merkte man ihrer Stimme an, dass sie es gewohnt war, Befehle zu erteilen, und dass diese sofort befolgt wurden. Selbst wenn sie mit ihm, Chakotay, ihrem engsten Vertrauten an Bord, sprach, legte sie diese Distanz und Autorität nie vollständig ab. Nicht, weil sie es nicht gewollt hätte, oder Angst davor hatte, sondern einfach, weil sie es schon lange nicht mehr konnte. Es war keine Rolle, die sie tagsüber spielte und die sie abends abstreifen konnte wie einen Mantel.
In Chakotays Augen machte sie dies nur noch anziehender. Denn trotz allem war sie ein Mensch, mehr noch, eine Frau. Und er war fest entschlossen, diese Frau nicht hinter, sondern neben dem Captain eines Tages zu erobern. Aber nicht jetzt sofort, jetzt hatte er etwas anderes vor.
Plötzlich und unerwartet brach er das Schweigen. „Was halten Sie von einer Partie Rommé?“ fragte er.
„Rommé?!“ Es war offensichtlich, dass sie mit einer Frage dieser Art überhaupt nicht gerechnet hatte. „Sie meinen dieses Spiel, mit den Karten?“
Chakotay musste angesichts ihres völlig verblüfften und verständnislosen Gesichtsausdrucks lachen. „Ja, genau, das meine ich.“
„Ich kenne die Regeln nicht.“
„Die sind schnell erklärt.“
Der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht. „Naja, warum nicht?“
„Darf ich Ihren Replikator benutzen?“
„Natürlich.“
Chakotay ging hinüber zu der in der Wand eingelassenen Konsole und replizierte einen doppelten Kartensatz mit jeweils sechsundfünfzig Karten. Ein Rommé-Spiel eben. Dann setzte er sich wieder seinem Captain gegenüber und begann ihr die Regeln für das Spiel zu erklären.
Janeway schürzte die Lippen. „Klingt ja nicht allzu schwierig. Lassen Sie uns mal anfangen.“
Die nächsten zwei Stunden vergingen wie im Flug. Wie Chakotay gesagt hatte, waren die Regeln einfach zu erlernen, trotzdem übte das Spiel einen großen Reiz aus. Immer wieder mischten und verteilten sie die Karten neu. Mit vorrückender Stunde nahmen sie die Regeln jedoch immer weniger ernst, begannen sich gegenseitig in die Karten zu schielen oder versuchten andere Betrügereien, die dem anderen natürlich sofort auffallen mussten. Kurz gesagt, sie hatten eine Menge Spaß.
Irgendwann stand Janeway auf. „Ich könnte noch einen Kaffee vertragen, möchten Sie auch einen?“
„Gerne. Mit Milch und Zucker, wie üblich.“
Der Captain verzog missbilligend das Gesicht. „Sie töten damit jeden guten Kaffee, wissen Sie das?“
Er beobachtete sie einmal mehr, wie sie zu ihrem Replikator hinüber ging und diesem befahl, eine Tasse schwarzen und eine Tasse weißen Kaffee mit Zucker zu replizieren.
Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre Augen strahlten. Sie amüsierte sich offenbar prächtig. Lässig lehnte sie sich gegen die Wand neben dem Replikator und stützte die Linke in die Hüften, während sie darauf wartete, dass sich das Bestellte im Ausgabefeld materialisierte. Und Chakotay sah, womit er auf keinen Fall so schnell gerechnet hatte: Er sah die Frau Kathryn Janeway vor sich stehen. Ihm wurde plötzlich abwechselnd heiß und kalt. Sollte er diese Chance, die sich ihm bot, hier und jetzt ergreifen?
Janeway kam zurück und setzte seine Tasse vor ihm ab, bevor sie sich wieder setzte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, trotzdem brachte er irgendwie das Kunststück fertig, ein nonchalantes Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern.
„Was halten Sie davon, wenn wir für das nächste Spiel einen Einsatz festlegen?“ Wo kam diese Idee jetzt plötzlich her?
„Einen Einsatz?“ Sie grinste spitzbübisch. „Na gut, lassen Sie hören. Aber ich werde keinen Limbo im Kasino tanzen oder etwas in der Art. Das wäre meiner Stellung an Bord wirklich nicht angemessen.“
„Es ist nichts Öffentliches.“ Na los, trau dich! Sag es! „Wenn ich verliere, dann bekommen Sie im nächsten Monat Ihren Kaffee von meinen Replikatorrationen. Wenn ich gewinne...“ Er holte tief Luft. „Wenn ich gewinne, lassen Sie es zu, dass ich Sie küsse.“
Jetzt gab es drei Möglichkeiten. Entweder sie sagte ja, sie lehnte ab, oder sie warf ihn gleich hochkant aus ihrem Quartier ob dieser fast unverschämt dreisten Forderung.
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Schließlich nickte Janeway langsam. „Gut, einverstanden.“
Chakotay traute seinen Ohren kaum. Natürlich hatte er auf diese Antwort gehofft, daran geglaubt hatte er aber nicht wirklich.
Er mischte die Karten und verteilte sie. Janeway fächerte ihr Blatt auf und sortierte die Karten nach zusammengehörigen Reihen. Es sah gut aus. War sie froh darüber?
Nach zehn Minuten hatten sie beide noch eine Karte auf der Hand. Sie ließ ihren Blick über den Tisch wandern. Eine Kreuz Neun könnte sie gebrauchen. Oder einen Karo Buben. Sie griff nach der obersten Karte des verdeckt liegenden Stoßes und zog. Kreuz Neun. Sie konnte sie anlegen, die verbleibende Karte abwerfen und wäre fertig. Die Sache mit dem Einsatz wäre erledigt. Aber wollte sie das?
Sie blickte zu Chakotay hinüber. Er sah seine verbleibende Karte konzentriert an, als könne er sie mit schierer Willenskraft dazu bringen, eine andere zu werden. Seine braunen Augen wirkten nachdenklich, ein wenig ängstlich fast. Hatte er selbst Angst vor dem eigenen Mut bekommen? Ihr Blick wanderte über das Tattoo auf seiner Stirn, zum Kinn auf dem nur die leichte Andeutung eines Bartschattens lag. Es gab sicher Schlimmeres, als diesen Mann zu küssen. Und es war ja nur ein Kuss.
Mit einer bedächtigen Bewegung, dass er es niemals für eine Unachtsamkeit ihrerseits halten konnte, legte sie die Kreuz Neun auf den Ablagestapel. Sie sah ihm direkt in die Augen und er erwiderte den intensiven Blickkontakt. Ohne den Blick von ihren Augen zu lösen, griff er nach der Karte auf dem Ablagestapel, legte sie an und warf seine letzte Karte ab. Es war ein Joker.
Im ersten Moment war sie fassungslos; er hätte schon vor mehreren Runden gewinnen können! Aber er hatte gewartet. Auf ihre Entscheidung.
„Sie... Sie hätten...“ begann sie, brach dann aber ab. Er wusste selbst sehr genau, was er getan hatte.
„Ja, ich hätte schon längst gewinnen können. Aber ich wollte, dass Sie die Entscheidung treffen.“
Wie immer. Sie traf immer alle Entscheidungen, übernahm wie selbstverständlich in allen Belangen die Führung.
Chakotay hatte sich erhoben und trat auf sie zu. Zweifel überkamen sie, ob sie wirklich das Richtige getan hatte. Aber es war ja nur ein Kuss.
Er ging vor ihr auf die Knie, wegen des niedrigen Sessels waren ihre Gesichter so auf gleicher Höhe. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und beugte sich noch ein wenig weiter vor. Sie schloss die Augen.
Ihre Lippen trafen sich. Sacht strich seine rechte Hand über ihr Haar, seine Linke ruhte auf ihrem rechten Knie.
Nur ein Kuss.
Nach nur wenigen Sekunden gab sie dem sanften Drängen seiner Zungenspitze nach und öffnete ihre Lippen. Die Berührung traf sie wie ein elektrischer Schlag, sandte angenehme Schauer durch ihren Körper.
Der Indianer war aufgestanden ohne den Kontakt zu ihr zu lösen, stützte sich mit einem Knie neben ihr auf dem Sessel ab, sodass er jetzt fast auf ihrem Schoß saß. Er übte mit seiner Rechten leichten Druck auf ihre Schulter aus, bis sie die Lehne des Sessels berührte. Dann unterbrach er den Kuss. Sie wusste nicht, wie lange er angedauert hatte. Doch er ließ ihr keine Zeit, dies zu bedauern. Er wanderte tiefer und begann ihre Halspartie mit seinen Lippen zu liebkosen. Ihr Atem beschleunigte sich und sie legte den Kopf ein wenig mehr in den Nacken, um ihm mehr Fläche zu bieten. Längst war es mehr als nur ein Kuss geworden.
Er kehrte zurück zu ihren Lippen und begann, die Jacke ihrer Uniform zu öffnen. Sie ließ es zu und half ihm sogar dabei, sie abzustreifen. Bisher hatte keiner von beiden etwas gesagt, aber als Chakotays Hand unter ihr Hemd wanderte und ihre bloße Haut berührte, spürte sie doch, dass ihr das Ganze etwas zu schnell ging. Wenn er jetzt weitermachte, würde sie nicht mehr widerstehen können. Sie hielt seine Hand fest und schob ihn mit sanfter Gewalt von sich.
„Stopp, bitte“, flüsterte sie atemlos, „Es... wäre besser, wenn Du jetzt gehst. Ich... möchte keine Kurzschlusshandlung begehen.“
Sofort erhob er sich und entließ sie aus seiner Umarmung. Er wollte sie auf keinen Fall drängen. „Natürlich. Aber... wir sehen uns morgen?“ fragte er fast ängstlich.
„Selbstverständlich, um sechs Uhr auf der Brücke“, erwiderte sie mit einem dünnen Lächeln, „Über alles Weitere muss ich erst einmal nachdenken.“ Trotz ihrer Worte trat sie noch einmal auf ihn zu und gab ihm einen keuschen Kuss auf die Stirn. „Gute Nacht.“
„Gute Nacht.“ Er drehte sich um und verließ ihr Quartier. In seinem Gesicht spiegelten sich Hoffnung, Bedauern und auch ein wenig ängstliche Erwartung wider. Er würde nur schwer Schlaf finden in dieser Nacht.

Auch Janeway wälzte sich unruhig in ihrem Bett hin und her. Wie hatte sie das zulassen können? Sie hatte sich selbst belogen. Nur ein Kuss! So etwas gab es nicht. Es war wie mit Schokolade: Man aß nicht eine Rippe, sondern wenn man einmal angefangen hatte, war in Null Komma Nichts die ganze Tafel weg. Genau so fühlte sie sich jetzt. Sie konnte jetzt nicht einfach schlafen gehen und ab morgen wäre alles wieder so wie vorher. Aber Chakotay war immer noch ihr Erster Offizier. Andererseits war es jetzt wahrscheinlich ohnehin zu spät einen Rückzieher zu machen. Das hätte sie sich vorher überlegen sollen. Warum also sollte sie den Rest der Tafel nicht auch noch essen, um zur vorherigen Analogie zurückzukehren?
Entschlossen stand sie auf und zog ihre Uniform wieder an. Beiläufig warf sie einen Blick auf die Uhr. Die Leuchtziffern zeigten 0 Uhr 37 an. Sie hatten beide am nächsten Tag die Frühschicht. Janeway seufzte. Natürlich genoss sie als Captain gewisse Freiheiten, was ihre Schichteinteilung anging. Meistens bedeutete dies allerdings, dass ihre Frühschicht von sechs Uhr morgens bis neunzehn Uhr abends ging, statt acht also dreizehn Stunden dauerte.
Vielleicht konnte sie morgen aber ausnahmsweise nach ihrem Besuch bei Chakotay ein wenig später kommen, so ein oder zwei Stunden? Die Türen ihres Quartiers glitten auseinander und sie trat in den Korridor. Nein, schalt sie sich in Gedanken, wenn sie sich die Nacht um die Ohren schlug, würde sie trotzdem pünktlich wie immer zum Dienst erscheinen. Wenn sie sich die Nacht um die Ohren schlug. Vielleicht hatte Chakotay ja gar kein Interesse an mehr als einem Kuss. Ja, dachte sie gleich darauf ironisch, vielleicht sind die Borg im Grunde auch ganz nette Leute.
Sie stand vor seinem Quartier und atmete tief durch, bevor sie den Türmelder betätigte.
Fast sofort öffnete sich die Tür zum Quartier des Commanders und er stand vor ihr. Er trug noch immer seine Uniform und schien sichtlich überrascht, sie schon wieder zu sehen.
„Was... was kann ich für Sie tun, Captain?“ Er räusperte sich verlegen. Sicher erwartete er einen Vortrag in der Art „Wir dürfen nicht... bin Ihr vorgesetzter Offizier... die Crew..“ etc. pp. Und noch war es nicht zu spät dafür. Sie konnte noch immer umschwenken.
„Darf ich reinkommen?“
„Natürlich!“ Chakotay trat ein Stück zur Seite. „Bitte, kann ich...“ Er räusperte sich wieder. „Kann ich Ihnen etwas anbieten? Einen... Kaffee vielleicht?“
Janeway schüttelte nur den Kopf. „Nein, danke. Ich bin gekommen, weil... weil ich...“ Weil ich mehr von Ihnen will als nur einen Kuss. Weil ich mit Ihnen schlafen will. Das konnte sie wohl kaum sagen!
Sie schüttelte kurz den Kopf. „Wir... müssen reden.“
„Ja... äh... das... verstehe ich“, entgegnete Chakotay. Eine kurze Stille folgte, dann gab er sich einen sichtbaren Ruck. „Captain, ich bitte Sie, meine Entschuldigung zu akzeptieren. Ich habe mich dazu hinreißen lassen, eine Grenze zu überschreiten, die niemals überschritten werden sollte. Ich werde dieses Ereignis aus meinem persönlichen Logbuch löschen und versuchen, nicht mehr daran zu denken, auch wenn mir das sehr schwer fallen wird.“ Die Worte waren so schnell hervorgesprudelt, dass sie keine Chance gehabt hatte, etwas einzuwerfen. Wahrscheinlich hätte er den Mut verloren, wenn seine Rede auch nur einmal gestockt hätte.
Sie hätte auch gar nicht gewusst, was sie hätte sagen sollen und auch jetzt schien ihr Stimmapparat wie gelähmt. 'Dann sag eben gar nichts!'´, rief eine Stimme in ihrem Kopf. Tu’s einfach!
Sie holte tief Luft, wappnete sich gegen das, was unausweichlich folgen würde. Und fand doch wider Erwarten ihre Stimme wieder. „Das ist es nicht, was ich hören wollte.“ Ihre Stimme vibrierte vor verhaltener Spannung. Schnell machte sie zwei Schritte auf ihn zu und ehe sie beide wussten, wie ihnen geschah, lagen sie einander in den Armen.
Als er diesmal ihre Haut berührte, ließ sie es geschehen, genoss das Gefühl seiner warmen Hände überall auf ihrem Körper. Die Oberteile ihrer Uniformen glitten achtlos zu Boden. Sie standen noch mitten im Wohnraum seines Quartiers, als sich seine Lippen von ihren lösten, um eine Wanderung über ihren Hals zwischen ihren Brüsten hindurch in Richtung des Hosenbundes zu beginnen. Seine Zunge umrundete ihren Bauchnabel und sie sog zischend die Luft ein, während er vor ihr auf die Knie ging und ihre Hose öffnete.
Unerträglich langsam ließ er seine Lippen wieder nach oben gleiten, sog den Duft ihrer Haut ein, erfühlte jede kleine Unebenheit ihres Körpers. Als sie sich wieder direkt gegenüber standen, ließ er sie vor Erwartung zittern, als seine Hände zart wie Schmetterlingsflügel über ihren Rücken glitten und sein Mund nur wenige Millimeter über ihrem Hals schwebte. Sie spürte seinen warmen Atem und flüsterte fordernd seinen Namen, während sie ihre Hüfte fest gegen seine presste, wo sie durch den Stoff hindurch fühlen konnte, dass er ebenso erregt war wie sie. „Ich will dich!“, hörte sie seine vor Erregung raue Stimme an ihrem Ohr.
Ihre Knie wurden weich, jedoch gab es inmitten des Raumes nichts, woran sie sich hätte festhalten oder abstützen können und so griff sie nach Chakotays muskulösen Schultern, die ihr Halt gaben. Langsam ließ er sich zu Boden sinken und zog sie mit sich.
Nun war es an ihr, ihn zu verwöhnen und sie genoß dieses Privileg in vollen Zügen. Ihre Lippen zeichneten feuchte Spuren auf seine Haut und er wand sich genußvoll unter den Liebkosungen ihrer Hände. Verlangen brannte heiß in ihnen, wie ein sengendes Feuer, das sie zu verzehren suchte und sie gaben ihm nach, begierig, nach so langer Zeit endlich einander so nah zu sein, wie dies zwei Menschen nur möglich ist.
Einige Zeit blieben sie eng umschlungen liegen, bis sie schließlich Anstalten machte, sich zu erheben. „Wo willst Du hin?“, fragte er überrascht.
„Ich muss gehen“, antwortete sie bedauernd, „Es wird Gerede geben, wenn ich morgen früh aus Deinem Quartier komme.“
„Geh nicht“, bat er sie leise, „Bleib hier, niemandem wird irgend etwas auffallen. Wir haben eben zusammen gefrühstückt. Bitte lass mich heute nacht nicht allein.“ Dann lächelte er etwas verlegen. „Ich habe auch ein Bett.“
Erst jetzt fiel ihr bewusst auf, dass sie immer noch auf dem Teppichboden in seinem Wohnraum lagen und sie musste lachen. Ein wenig verwundert über sich selbst schüttelte sie den Kopf. „Wie könnte ich dir etwas abschlagen?“ Sie stützte sich auf die Ellenbogen und sah ihn an. „Lass uns gehen.“
Als Gentleman erzogen, stand Chakotay auf, hob sie hoch und trug sie in sein Schlafzimmer. Als höfliche Menschen erzogen, verlassen wir die beiden nun und breiten über das, was weiter dort geschah in dieser Nacht, den Mantel des Schweigens.


Intermezzo

Vier Stunden später saß sie in ihrem Bereitschaftsraum und las mehr oder weniger aufmerksam die Wochenberichte der Abteilungen. Sie dachte über die vergangene Nacht und den heutigen Morgen nach. Der berühmte „Morgen danach“. Was zum Teufel hatte sie sich dabei gedacht? Sie hätte schon auf den Spieleinsatz nicht eingehen dürfen. Und noch viel weniger auf alles, was danach folgte. Schadensbegrenzung hieß jetzt die Devise. Aber würde es nicht viel mehr Schaden anrichten, einfach so zu tun, als wäre nichts geschehen? Dann konnten sie ihren Pflichten wahrscheinlich noch weniger gut nachkommen. Nein, diese Alternative blieb ihnen wohl nicht. Und recht besehen und bei Licht betrachtet... Was war eigentlich so schlimm an einer Beziehung mit ihrem Ersten Offizier? Solange sie Beruf und Privatleben strikt trennten?
Tja, da lag der Hund dann leider auch begraben, wie die nahe Zukunft zeigen würde. Und hätte sie einen Blick auf die Ereignisse der folgenden Wochen werfen können, dann hätte sie sich sicherlich nicht so leichtfertig auf den folgenschweren Spieleinsatz vom vorigen Abend eingelassen.
So jedoch genoss sie zunächst noch die ungetrübte Freude einer neuen Beziehung.

Der Türmelder zu ihrem Bereitschaftsraum summte. „Herein!“, rief sie mit fester Stimme, sah von ihrem PADD jedoch erst auf, als sich die Türen bereits wieder schlossen. Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie Chakotay erkannte. Er reichte ihr ein PADD und ihre Hände berührten sich einen Sekundenbruchteil länger als es normalerweise üblich gewesen wäre.
„Die Schichteinteilung für das nächste Quartal.“
Sie warf einen missbilligenden Blick auf den Stapel noch nicht bearbeiteter Datenträger. „Warum habe ich die noch nicht?“
„Äh, sagen wir es so...“ Er zwinkerte verschwörerisch. „Ich hatte gestern Abend keine Zeit mehr dazu. Und heute Morgen auch nicht. Überhaupt war ich heute Nacht sehr beschäftigt. Auf Befehl des Captains, natürlich.“
„Ah, ah, ah, Moment mal!“ Sie hob abwehrend die Hand und machte ein aufgesetzt strenges Gesicht. „Das klingt ja, als hätte ich dir befohlen, mich zu verführen!“
„Das wollte ich auf keinen Fall damit andeuten!“ Er trat um ihren Schreibtisch herum, legte von hinten die Arme um sie und drückte ihr einen sanften Kuss in den Nacken. „Irgendwelche Befehle für heute Abend?“ raunte er ihr ins Ohr.
Für einen Moment musste sie lächeln. Doch dann regte sich noch eine andere Empfindung in ihr. „Chakotay, lass das!“, sagte sie brüsk und er ließ sie überrascht los.
„Was... was ist los? Hab ich was falsch gemacht? Bist du an einer festen Beziehung nicht interessiert?“
„Nein!“ Im nächsten Moment fiel ihr auf, dass dies aufgrund seiner Formulierung die falsche Antwort war und das Gegenteil von dem ausdrückte, was sie eigentlich hatte sagen wollen. „Doch!“, verbesserte sie sich deshalb. „Ich meine... Doch, ich bin an einer Beziehung mit dir interessiert, und nein, du hast gestern überhaupt nichts falsch gemacht.“
„Warum willst du dann nicht, dass ich dich berühre? Vor wenigen Stunden hat es dir noch gefallen!“
„Vor wenigen Stunden waren wir noch nicht im Dienst!“ Um ihren Worten etwas die Schärfe zu nehmen, ging sie auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter, achtete jedoch sorgfältig darauf, fast eine ganze Armlänge Abstand zu ihm zu halten. „Chakotay, ich liebe dich, aber... es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen dem, was wir in unseren Quartieren während unserer Freizeit tun, und dem was wir im Dienst an unserem Arbeitsplatz tun. Kurz gesagt: Ich möchte nicht, dass du mich außerhalb von unseren Quartieren berührst. Es ist unsere private Angelegenheit, und das soll es auch bleiben.“
„Aber niemand wird uns hier sehen! Dies ist dein persönlicher Bereitschaftsraum! Ohne deine Erlaubnis wird niemand hier hereinkommen!“
„Darum geht es auch gar nicht!“ Sie war jetzt wieder der Captain, erteilte Befehle, obwohl sie dies gar nicht bewusst wahrnahm. „Es geht mir um eine strikte Trennung von Beruf und Privatleben und die können wir nur so aufrechterhalten. Verstehst du, wie ich das meine?“
Er nickte. Er verstand ja durchaus, das hieß aber nicht, dass es ihm gefiel. Vom vernünftigen Standpunkt aus gesehen hatte sie jedoch vollkommen recht. „Du hast B’Elanna und Tom damals zurechtgewiesen, als sie diese Unterscheidung nicht in genügendem Umfang machten – da kannst du natürlich nicht ebenso handeln. Logisch. Vernünftig. Du bist der Captain. Manchmal kann das ganz schön anstrengend sein.“ Er lächelte wieder. „Als normale Crewmen würden wir einfach so lange weitermachen, bis der Captain uns in die Schranken weist.“
Sie erwiderte sein Lächeln, erleichtert, dass er ihren Standpunkt verstanden und akzeptiert hatte. „Gibt es sonst noch etwas?“
„Nein, im Moment nicht.“
„Wenn das so ist... Wegtreten, Commander.“
„Aye, aye, Captain.“ Die Türen des Bereitschaftsraums schlossen sich zischend und Janeway machte sich wieder an ihre Arbeit, froh, diese erste Hürde überwunden zu haben.

Das Bordchronometer zeigte neun Uhr dreißig an, als Chakotays Kommunikator fiepte. „Commander, bitte kommen Sie in meinen Bereitschaftsraum.“
„Aye, Captain, ich bin unterwegs.“ Mit diesen Worten erhob er sich von seinem Sitz und ging auf die Tür zu seiner Rechten zu. Sofort nachdem er den Türmelder betätigt hatte, erklang das vertraute, energische „Herein!“ und er betrat den Raum.
Janeway saß wie üblich an ihrem Schreibtisch und sah ihm ernst entgegen. Täuschte er sich, oder las er leichten Ärger in ihrem Blick?
Sie schwenkte ein PADD und hielt es anklagend in seine Richtung. Er hatte sich nicht getäuscht. „Würdest du mir das bitte erklären?“ Er kannte diesen Tonfall. Ihre Stimme nahm ihn an, wenn sie mit den Handlungen eines Crewmitgliedes nicht einverstanden war. Er hatte ihn selbst schon häufig genug zu hören bekommen, meistens aus gutem Grund. Heute war er sich jedoch keiner Schuld bewusst. „Kathryn?“, fragte er deshalb. „Was ist das?“
„Die Schichteinteilung. Ich habe sie gerade gelesen, aber noch nicht bestätigt. Was soll das?“
„Was?“ Er verstand noch immer nicht.
„Du hast sie heute morgen noch gemacht, nicht wahr?“
„Das hab ich doch schon gesagt!“
„Seltsamerweise... treffen unsere Schichten so aufeinander, dass wir die Nachtschicht immer gemeinsam haben. Nie getrennt voneinander. Ein seltsamer Zufall, findest du nicht?“
„Das ist kein Zufall, sondern Absicht“, entgegnete er offen.
„Chakotay, das funktioniert so nicht. Keine Vorzugsbehandlung. Wir werden unsere Schichten wie alle anderen Crewmitglieder arbeiten. Verstanden?“ Ihre Stimme war hart geworden.
„Kathryn, du bist unfair.“ Er blieb völlig ruhig. „In deinem Bestreben, uns ja keine Vorzugsbehandlung zuteil werden zulassen, benachteiligst du uns direkt! Die Schichteinteilung ist so, wie ich sie immer mache. Auch B’Elanna und Tom haben selten getrennte Nachtschichten, genausowenig wie die Crewmen Whigley und Jamil. Ich bemühe mich, auf Beziehungen an Bord Rücksicht zu nehmen. Wir sind schließlich das Einzige, was wir hier draußen haben. Nur weil wir die beiden ranghöchsten Offiziere hier sind, müssen wir doch nicht auf ein Privileg verzichten, das alle anderen genießen, oder?“
„Alle anderen? Das ist mir nie aufgefallen.“
„Siehst du? Genausowenig wird es bei uns auffallen. Aber für die Moral an Bord ist es sehr zuträglich.“
Ihr Blick wurde weicher. „Machst du Neelix den Posten streitig?“
„Ich koche nicht gut genug dafür.“
Sie lachte leise. „Du solltest uns trotzdem im nächsten Quartal eine getrennte Nachtschicht geben. Nur vorsichtshalber.“
Er stützte sich auf ihren Schreibtisch und sah ihr tief in die Augen. „Man könnte ja meinen, du wolltest, dass wir die Nächte getrennt voneinander verbringen...“
Sie beugte sich ebenfalls ein wenig vor. „Vielleicht brauche ich ab und an ein wenig... Erholung...“
Er lehnte sich noch ein wenig vor, doch als er sie küssen wollte, hob sie abwehrend die Hand und lehnte sich wieder zurück. Er konnte sehen, wie schwer ihr dies fiel. Trotzdem richtete er sich seufzend wieder auf und wandte sich zum Gehen.
„Heute abend, neunzehn Uhr, bei mir?“, rief sie ihn zurück und Chakotays strahlendes Lächeln gab ihr die Antwort.

„Kathryn?“ – „Hmmm?“ Sie lagen eng aneinander geschmiegt auf ihrem Bett. Janeway fühlte sich so angenehm müde wie schon lange nicht mehr und war schon fast in seinen Armen eingeschlafen, als er sie ansprach.
„Was ist mit dem Holodeck?“
Sie drehte sich ein wenig verwundert zu ihm um und legte ein Bein über seine. „Was soll damit sein? Gab es eine Fehlfunktion?“, fragte sie träge.
Er lachte amüsiert und strich zärtlich über ihre Beine, jagte damit wieder heiße Wellen durch ihren Körper. „Nein, ich meine, du hast gesagt, dass du nicht willst, dass wir uns außerhalb unserer Quartiere küssen. Was aber ist mit den Holodecks? Wir haben dort keinen Dienst...“
„Hm, ich denke, da ließe sich ein Kompromiss finden.“ Mit den Fingerspitzen zeichnete sie die Konturen seines Oberkörpers nach. „Küssen vielleicht...“
„Meinst du... so?“, fragte er und küsste sie leidenschaftlich auf den Mund. „Oder eher... so?“, fügte er verführerisch hinzu und begann mit seinen Lippen eine heiße Wanderung über ihren Körper, tiefer und immer tiefer...
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