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Café Enterprise

von Janora

Der Arzt und die Nachtschicht

Dass Leonard H. McCoy zum ersten Mal das unscheinbare Café namens Enterprise betrat, war mehr Zufall. Es war kurz nach sechs Uhr morgens und er kam gerade von einer Nachtschicht des nahe gelegenen Krankenhauses. Und naja, dieses war das einzig offene Café, das er auf dem Heimweg finden konnte. Außerdem war das Licht ein wenig gedämmt, was eine sehr willkommene Abwechslung zu dem grellen Neonlicht in den Krankenhausfluren war.

Anscheinend war er der erste Kunde heute, denn der blonde, junge Mann hinterm Tresen war gerade erst dabei die Glasvitrine zu befüllen. Ansonsten war der Laden leer.
Ohne auch nur einen Blick auf die große Auswahl der Karte an der Wand hinterm Tresen zu werfen, trat Leonard zur Kasse.
„Kaffee, schwarz“, bestellte er brummend. Der müde Unterton war nicht zu überhören.
Der Blonde blickte daraufhin zum ersten Mal auf, bemerkte die tiefen Augenringe seines Kunden und verkniff sich einen Kommentar. Stattdessen schnappte er sich einen Becher und einen Edding.
„Guten Morgen. Auf welchen Namen denn?“
McCoy grummelte bloß etwas. Das Ganze war ein Unding, fand er. Niemand sollte um diese Uhrzeit eine so gut gelaunte Ausstrahlung haben.
„Wie war das?“, hakte Jim, so stand es auf seinem Namensschild, nach. Statt einer vernünftigen Antwort bekam er bloß einen bösen Blick, von dem er sich sicher war, dass er Menschen normalerweise in die Flucht schlug. Aber James T. Kirk ließ sich davon nicht beeindrucken.
„Ein ganz harter Knochen, was?“, grinste er bloß und kritzelte etwas auf den Becher.
Nachdem er das Geld kassiert hatte, machte sich Jim an die schnelle Zubereitung und übergab kurz darauf den Becher an dessen neuen Besitzer.
Diesem fiel gar nicht auf, dass dort in großen Buchstaben 'BONES' zu lesen war, denn er war zu durstig nach Koffein und nahm einen ausgiebigen Schluck. Mittendrin hielt er jedoch plötzlich inne und sah missmutig vom Becher zu Jim.
„Ich wollte schwarz. Da ist Vanille drin“, stellte er mit seinem Südstaatenakzent fest.
„Du sahst mir stark aus, als könntest du etwas Geschmack in deinem Leben brauchen“, erwiderte der Blonde. Es fiel ihm nicht schwer dem Blick, der folgte, gelassen standzuhalten.
Bis es Leonard schließlich aufgab. Er war eindeutig zu müde für eine Schimpftriade, und so machte er sich auf den Heimweg.
Jim blickte ihm kurz nach, bevor er sich wieder daran machte die Vitrine zu bestücken.

~

Das zweite Mal, dass Leonard H. McCoy frühmorgens das Café betrat, war noch in der gleichen Woche, in der er immer noch Nachtschicht hatte.
Er mochte Nachtschichten nicht.
Zwar hatte er kein Problem damit egal zu welcher Uhrzeit stundenlang auf den Beinen zu sein, aber nachts war einfach zu wenig los. Zu oft gab es nichts zu tun, sodass die Müdigkeit einen viel zu schnell einholte und die Zeit bis zum Feierabend sich schlichtweg zu lange zog. Da rannte er lieber tagsüber von einem medizinischen Notfall zum nächsten.

Jetzt war er eben wieder hier und wieder der erste heute Früh. Warum er nicht woanders hin ging wusste er nicht genau.
Vielleicht, weil McCoy ein Gewohnheitsmensch war. Weil er in der Gleichmäßigkeit Ruhe fand und sein Stresslevel fiel. Weil er das letzte Mal hier mehr oder weniger ordentlich bedient worden war. Okay, eher weniger.
„Weil einfach kein verdammtes Café in diesem Bezirk schon auf hat“, grummelte er und ging zum Tresen.
Jim sah ihm bereits entgegen und zückte einen Becher.
„Morgen, Bones. Einmal schwarz?“
„Oh nein, schlag dir diesen dummen Spitznamen gleich wieder aus dem Kopf, klar?!“, schimpfte der Arzt.
„Dann willst du also keinen Kaffee?“
„Doch natürlich will ich einen verdammten Kaffee!“
„Kommt sofort.“ Jim nahm ihm, bevor er irgendetwas erwidern oder sich sonst wie wehren konnte, den Schein aus der Hand, überreichte ihm das Wechselgeld und machte sich dann an die Zubereitung.
Unglaublich, fand Leonard.

Kurz darauf bekam er seinen Becher.
Endlich!
Doch nach einem Zug merkte er: schon wieder Vanille ...

~

Natürlich gab es auch in der Krankenhauskantine einen Kaffeeautomaten. Aber jeder Mitarbeiter mit Sinn und Verstand mied diesen, wenn es nur irgendwie möglich war. Es schmeckte einfach wie mehrfach überbrühte Instantbohnen, die nicht mal eine zufriedenstellende Menge an Koffein enthielten.
Das war auch der Grund weswegen Leonard am Ende seiner Mittagspause – an diesem Tag hatte er Gott sei Dank zu einer humanen Uhrzeit Schicht – auf dem Rückweg zum Krankenhaus in dem Starbucks gegenüber hielt und sich dort seinen Kaffee bestellte.
Es war viel los, immerhin war es der allgemeine Ausweichpunkt des Gebäudekomplexes der Ärzte und sämtlicher Patienten oder Besucher, und er musste eine Weile warten. Aber schließlich bekam er, was er wollte. Ohne Spitznamen, ohne warmes, breites Grinsen.
Als er aus der Tür trat, nahm er einen Schluck.
Schwarz, ohne Vanille.
Es kam ihm langweilig vor.
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