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Seminar für entspanntes Fliegen

von Janora

~Oneshot~

Als Bones Jim damals im Shuttle traf und ihm aufzählte, welche Gefahren das All verbarg, war das nur die Hälfte von dem gewesen, was ihn wirklich beunruhigte. Seuchen und Krankheiten alleine wären kein Grund gewesen, sich mit Alkohol zuzuschütten und sich in der Toilette zu verschanzen.
Letzteres zumindest so lange, bis die nette Flugbegleiterin kam und ihn erst freundlich, dann genervt und bestimmt zu seinem Platz brachte.
Leonard verstand es gut, seine Panik hinter einem schroffen Gemüt zu verstecken.
Es war ein Wunder gewesen, dass er sich auf dieser Fahrt nicht hatte übergeben müssen. Denn Leonard McCoy hatte Flugangst im höchsten Grade. Normalerweise überkam ihn schon ein flaues Gefühl, wenn er ein Shuttle nur von außen sah.
Dass er trotzdem ausgerechnet zur Sternenflotte ging, war geradezu lächerlich. Doch nach seiner Scheidung wusste er sonst nichts mit sich anzufangen. Der ganze verdammte Planet schien ihm zu klein und er hatte das Gefühl, hier weg zu müssen. Ein grausamer Streich des Schicksals.

Jim wusste zwar, dass er nicht gerne flog, aber das wahre Ausmaß kannte er nicht. Leonard sprach nie darüber. Er erzählte ihm auch nicht, dass er im Zuge seiner neuen Ausbildung eine intensive Therapie machte. Denn diese war verständlicherweise Vorschrift, wenn er Schiffsarzt werden wollte. Er maskierte diese Sitzungen einfach als zusätzliche Medizinstunden, wann immer Jim etwas mit ihm während dieser Zeit unternehmen wollte.
Irgendwann kamen Flugstunden in einem Simulator dazu, und die waren schlimmer als alles, was McCoy sich vorgestellt hatte. Mehrmals die Woche erzählte er Jim, wann immer dieser ihn in eine Bar mitschleifen wollte, damit er mal ein wenig unter die Leute kam, dass er eine extra Schicht auf der Krankenstation hatte. Doch in Wirklichkeit ging er in die Akademie und setzte sich, wenn alle Pilotenanwärter und Kadetten bereits Feierabend hatten, hinter das Steuer eines Flugsimulators.
Es kostete ihn Nerven, Schweiß, Tränen und einmal sogar Blut, als er aufspringen und raus stürmen wollte, jedoch über etwas stolperte und sich den Arm aufschürfte.
Und es kostete jede Menge Zeit. Das erste halbe Jahr war deprimierend, denn er machte kaum Fortschritte. Außerdem brach er mehr Simulationen ab, als er beendete. An den Morgen danach war er meist ein Wrack und hätte sich am liebsten in Whiskey ertränkt. Aber er riss sich zusammen, wenn Jim vorbei kam und ihn zu Kursen abholte, die sie gemeinsam belegten.

Leonard war sich nie ganz sicher gewesen, wie die Freundschaft zwischen ihnen zustande gekommen war, aber er war froh um sie. Jim mit seiner stets positiven Art schützte ihn wirklich davor, in Depressionen zu verfallen. Und Jim scherte sich nicht darum, wenn er mal wieder tiefe, dunkle Augenringe hatte und sich mit Beruhigungsmitteln zum Schlaf hatte zwingen müssen, sondern erzählte ihm am Morgen, welche Pläne er für das kommende Wochenende hatte, welche Bar er mal ausprobieren wollte oder welche hübsche Lady er kennengelernt hatte.

Natürlich war Jim besorgt, auch wenn er es nicht zeigte. Da Bones ihm scheinbar nicht erzählen wollte, was los war, beschloss er, es selbst herauszufinden. Es war, als Leonard ihm wieder einmal wegen seiner angeblichen Arbeit abgesagt hatte, dass Jim am späten Abend spontan mit zwei Sandwichs in einer Tüte bei der Station auftauchte und den Arzt besuchen wollte. Doch die Schwestern teilten ihm mit, dass Doktor McCoy gar keinen Dienst hatte und Mittwochs überhaupt nie da war. Jim konfrontierte seinen Freund nicht damit, beschloss aber, eigene Nachforschungen anzustellen.

Das zweite Jahr wurde besser für Leonard. Nach einer besonders heftigen Stunde im Simulator und einer darin beinhalteten Diskussion mit seinem Therapeuten, warf Leonard diesem ein „Verdammt, ich bin Arzt und kein Pilot!“ an den Kopf, bevor er das Fake-Shuttle verließ. Immerhin musste er sich schon länger nicht mehr darin übergeben.
Aber sein Therapeut nahm sich seine Worte zu Herzen und ab da konzentrierten sie sich darauf, was Leonard bei verschiedenen Flugszenarien wissen musste, um seine Patienten - sie nutzten fortschrittliche Dummies - zu schützen.
Er lernte, wie man die Ausgleichsimpulse einsetzte, um das Schiff stabil in der Waagrechten zu halten, damit niemand in der Gegend herum fiel und sich etwas brach.
Er lernte, wie man Asteroidenschauern auswich, ohne dass seine Crew ein Schleudertrauma bekam.
Er lernte sogar, Notlandungen durchzuführen mit ausgefallener künstlicher Gravitation auf dem Schiff, obwohl sein Magen dabei ziemlich heftig rebellierte.
Aber solange er wusste, dass er Verantwortung für Menschenleben an Bord hatte, schaffte er es, sich zusammenzureißen und in seinem Arzt-Modus zu bleiben. Und mit der Zeit wurde der Gedanke, monatelang im All unterwegs zu sein, erträglicher.

Im Laufe der Zeit steuerte er in den Simulationen sämtliche Schiffstypen der Föderation. Von kleinen Arbeitsbienen über Schiffe des Typs Huron bis hin zur großen Constitution-Klasse. Schließlich wusste er ja nicht, wo er einmal landen würde und er wollte verdammt noch mal vorbereitet sein.
Als er im dritten Jahr dann seinen Eignungstest bestand, dass es keine Einschränkungen mehr gab, ihn in die große, schwarze Leere zu schicken, kam es zum ersten Mal vor, dass er Jim in eine Bar schleppte. Er erzählte dem Blonden nicht, warum er so gut gelaunt war, obwohl dieser gerade durch den Kobayashi Maru gefallen war und Jim bohrte auch nicht nach. Aber der Blonde freute sich trotzdem.

Seitdem waren einige Jahre vergangen und McCoy hatte viel an Bord der Enterprise mitmachen müssen. Vor allem viel, bei dem er nicht gedacht hätte, dass er es überleben würde. Aber er hatte es und er war immer wieder überrascht von sich, wie gut er Abstürze oder Evakuierungen oder ein diverses, nerviges Spitzohr wegsteckte. Auch wenn dieser kurze Aufenthalt auf Altamid ihn wieder hart auf die Probe gestellt hatte.
Es stand außer Frage, dass sie Yorktown, diese verdammte, schwebende Zeitbombe, retteten. Dennoch hätte er Spock am liebsten geschlagen, als er sie beide in diesem Aliengefährt wiederfand. Immerhin hatten sie den vorherigen Nutzer und Eigentümer des Schiffes schnell beseitigen können.
Leonard schwang sich auf den Fahrersitz und hatte knapp zehn Sekunden Zeit, herauszufinden, wie man das Teil steuerte, bevor sie gegen ein anderes Schiff knallten. Schnell zog er das Steuer herum und versuchte eine andere Flugbahn zu finden.
Es schaffte es. Zum Glück.
Er schaffte es sogar, dass sie mit diesem ihm unbekannten Alienmodell nicht von der abgespielten Frequenz der Franklin und Yorktown explodierten und steuerte sie ins Innere der Raumstation, wo sie die letzten feindlichen Schiffe ausschalteten.

„Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie man dieses Ding landet“, meinte Leonard anschließend. Epische Verfolgungsjagden waren ja schön und gut, aber er konnte ja jetzt nicht einfach einen Aus-Knopf drücken. Wo waren Autopiloten, wenn man sie einmal brauchte?
„Ich schlage vor, Sie versuchen es dort, Doktor“, deutete Spock auf eine grüne Parkanlage, die sie in der Ferne sehen konnten „Dieser Bereich hat nur eine geringe Wahrscheinlichkeit an Zivilisten im Moment, sollten Sie das Schiff zum Absturz bringen.“
„Halten Sie den Rand“, fuhr Leonard ihn an „Es ist schwer genug das Ding zu fliegen, ohne dass Sie in mein Ohr schnattern.“ Er drehte das Schiff und hantierte auf der Konsole mit den ihm unverständlichen Zeichen herum.
„Doktor McCoy, wir nähern uns einer Plattform mit einer großen Menge an Zivilisten. Es wäre zwingend notwendig, dass Sie Ihren Kurs nach links verlagern!“
„Ja, doch! Hören Sie auf, mir zu sagen, was ich tun soll. Ich bin Arzt, kein Experte für Alienschiffe!“
Während sie noch diskutierten, hörten sie Jim und Scotty darüber reden, wie der Regulator abzuschalten sei. Es sah schlecht aus für den Blonden. Sehr schlecht.
„Verdammt, Jim, du kommst da nicht rechtzeitig raus“, schimpfte Leonard, doch dieser schien das zu ignorieren. Spock war ähnlich angespannt, auch wenn er es anders zum Ausdruck brachte.
„Mr. Scott, übermitteln Sie die Koordinaten der Schleuse zum All“, wies er den Ingenieur über Funk an. Dann sah er zu McCoy, der den Blick erwiderte.
„Wehe, Sie erzählen mir noch mal, dass uns irgendwelche Zivilisten im Weg stehen“, knurrte Leonard entschlossen, während er wieder Gas gab. Sie hörten beide die Computerstimme und den Countdown und Jim.
„Das reicht nicht an Geschwindigkeit, Doktor.“
Spock erblickte den Blonden aus dem Fenster des Schiffes, wie dieser sich nur noch mit einer Hand hielt. Leonard hatte nur Augen für die Instrumente. In letzter Sekunde erreichte er die Koordinaten, schaffte es irgendwie, das Schiff in der Luft zu stoppen. In letzter Sekunde konnte Spock Jims Arm ergreifen und ihn herein ziehen.

Sie fühlten sich unbezwingbar. Selbst Jim mit blutiger Nase.
Sie schafften es, zu landen und Leonard fühlte sich wie ein Genie. Erst, als er von seinem Sitz stieg und wieder festen Grund unter den Füßen hatte, soweit man den Boden der Raumstation so nennen konnte, merkte er, dass seine Beine sich wie Pudding anfühlten. Doch bevor er umfiel, war Jim plötzlich an seiner Seite und legte seinen Arm um ihn und stützte ihn, dass es so aussah, als wäre es der Blonde, der nicht mehr selbst stehen konnte.
„Ich bin so froh, dass du Flugstunden hattest“, lächelte er.
Bones Mundwinkel zuckten. Er fragte gar nicht erst, warum Jim davon wusste.
„Lass das ja nicht Sulu wissen. Er würde mich zu einem lächerlich waghalsigen Wettfliegen herausfordern.“
Der Blonde grinste schief. Es bedeutete ihm viel, dass sein Freund nichts abstritt.
„Captain, ich rate dringend, eine Krankenstation aufzusuchen“, meinte Spock, als er zu den beiden trat.
„Er ist bereits in den besten Händen“, erwiderte Leonard, wurde von dem Vulkanier aber kritisch gemustert.
„Sie sehen aus, als könnten Sie ebenfalls medizinische Hilfe vertragen, Doktor.“
„Ach was. Bones fühlt sich so super wie noch nie nach so einem Flug“, lachte Jim und Leonard nickte. Spock hatte das Gefühl, etwas verpasst zu haben und zog abwartend eine Augenbraue in die Höhe. Aber wie so oft kam keine Erklärung.
Jim holte ihn aber auf seine andere Seite und zusammen gingen die drei dem Rettungstrupp, der zu ihnen geschickt worden war, entgegen.
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