TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Star Trek Draco - Past Semitis Teils 1 Rachegeister

von Drago

Kapitel 1

Wer auf Rache sinnt, der reißt seine eigenen Wunden auf. Sie würden heilen, wenn er es nicht täte.
(Sir Francis von Verulam Bacon)

Wir erschrecken über unsere eigenen Sünden, wenn wir sie an anderen erblicken.
(Johann Wolfgang von Goethe)


Mit einem kratzigen, dumpf dröhnenden Knall materialisierte eine blau glühende Gestalt in einer Lichtexplosion aus nachtblauem und weißem Licht, das erst aus dem Nichts heraus geboren wurde und sofort wie in Wasser verlaufende Tinte auseinanderstob. Während sich die nachtblauen Wolken aus knisternder Energie verflüchtigten, blickte sich die blau glühende Gestalt um. Der Raum, in dem sie materialisiert hatte, war geometrisch perfekt kreisrund. Feine Linien, aus denen kaum merklich weißes Licht drang, zogen sich über den ganzen Boden, und nach oben hin machte die Decke eine gewölbte Kuppel aus, die ein formloses Wolkenmuster zierte, wie bei der Ansicht einer Nebula in einer Sternenwarte.
Der Raum maß nur gerade mal zehn Meter im Radius und war nur zur östlichen Seite hin offen. Hinter der Öffnung und den Stützen lag ein weiterer, perfekt kreisrunder Raum. Ohne den Boden zu berühren, schwebte die blau glühende Gestalt langsam durch den Raum und in den größeren hinein. Er lag zum Großteil im Dunkeln, so dass die Gerätschaften und die Plattform, die auf der Südseite statt der Wand erhob. Die alleinige Lichtquelle war das einzige geöffnete Fenster. Für gewöhnlich waren die Fenster durch Klappen verschlossen, die an die ovale Form der Rahmen angepasst waren. So fiel nur ein langer, scharf geschnittener Lichtstrahl auf den Boden quer durch den ganzen Raum. Ein kaum merklicher Luftzug wehte von dem offenen Fenster her in den Raum. Wenngleich die blau glühende Gestalt nicht wirklich etwas besaß, das man als Haut bezeichnen konnte, viel mehr war es ein Farbschauspiel aus wirbelndem Schwarz und Blau, wie von sich aufbäumenden Wolken in einem Sturm, der unter einer unsichtbaren Glasschicht tobte.
Die blau glühende Gestalt besaß zum Großteil humanoide Züge und war sehr schmal gebaut, die Haltung zeugte jedoch von Stolz und Achtsamkeit. Sie schwebte aufrecht eine kurze Treppe hinunter. Diese war eine von mehreren, die kreisförmig angeordnet waren und auf einen kleinen Platz hinunterführten. Die einzelnen Stufen fuhren beinah lautlos, nur mit einem leisen hydraulischen Zischen aus dem Boden. Eigentlich hatte es die Gestalt nicht nötig, die Stufen hinunterzuschweben, genauso gut hätte sie auch auf der gleichen Höhe weiterschweben können. Kurz verharrte die Gestalt und sah nach unten, auf die eigenen Füße. Unter ihr breitete sich ein schwacher blauer Lichthof aus. Wieso passte sie sich dem Boden an? Sie sah wieder auf und schwebte weiter, zu dem Geländer, das vor ihr aus dem Boden fuhr. Sicher war es nur eine dumme alte Angewohnheit, dachte die Gestalt dabei und hielt vor dem Geländer an. Eine dumme alte Angewohnheit aus längst vergangenen Zeiten. Nun sah die Gestalt nach oben. Dort tat sich dem Betrachter blumenähnlich eine Vorrichtung auf, deren fünf Blumenblätter von der im Dunkeln liegenden Maschinerie an der kuppelförmigen Decke herunterragten. Normalerweise waren die Blätter weiter nach unten gefahren, um holographische Simulationen zu generieren. Heute waren sie abgeschaltet. Ein wenig verwundert sah sich die Gestalt um, in fließenden Bewegungen erst nach rechts, dann nach links zu dem offenen Fenster. Dort fand sie, was sie suchte. Die Gestalt ließ von dem Geländer ab und schwebte auf das Fenster zu, während sich das Geländer wieder absenkte und vor ihr die Treppe herauffuhr. Die Gestalt schwebte hinaus auf die abgesenkte Klappe, die sich nach vorne hin zuspitze. Am Ende der Fensterklappe schwebte eine rot glühende Gestalt, deren einzige Bekleidung metallene Rüstungsstücke waren, die im schwachen Sonnenlicht aufblitzten. „Was willst du?“, fragte die rote Gestalt, ohne sich umzudrehen. Die Stimme war mehr ein Grollen als eine Stimme, kraftvoll und wütend zugleich. Den Worten ging ein Wispern voraus. Es klang, als wenn das Echo der verzerrten Stimme schon zu hören war, bevor die Gestalt gesprochen hatte.
„Was tust du hier draußen?“, wollte die blaue Gestalt mit einer ähnlichen, doch helleren Stimme wissen. Für einen Moment blickte sie nach unten, über den Rand der Fensterklappe hinaus. Ein leichtes Schwindelgefühl überkam sie, denn der mit Städten übersäte Boden lag kilometerweit unter ihnen. Schnell sah die blaue Gestalt wieder auf, zu dem Rücken der roten. „Ich sehe mir an, was von unserer großartigen Zivilisation übriggeblieben ist“, antwortete die rote. Halb drehte sie sich um, so dass drei der sechs orangenen Augen die blaue Gestalt ansahen. „Es ist verstörend wenig, findest du nicht auch?“
Die blaue Gestalt sah sich um. Es war neblig, was auf das künstlich generierte Klima dieses Ortes zurückzuführen war. Aus diesem Grund reichte die Sicht an diesem Tag nicht sehr weit, vielleicht nur einige hundert Kilometer. Hier und da waren einige ähnlich hohe Bauten zu sehen, wie der, an dessen Außenseite die beiden Gestalten sich nun befanden, Türme und Bogen. Auch dieses Gebäude war bogenförmig und das größte in einem sehr großen Umkreis. Die beiden Bögen, die den Hauptkomplex, wo sie sich nun befanden, trugen, konnte man von hier aus sehen, wie sie die große Stadt unter ihnen einrahmten. Schließlich blickte die Gestalt auch nach oben. Der dichte Nebel verdeckte die Sonne, darum war das Licht schwächer als sonst. Hier und da lugten in der Luft hängende Maschinen und Docks aus den Nebelschleiern, und vorbeifliegende Raumschiffe und Drohnen waren als Punkte zu sehen. Keines der Schiffe wagte es, dem riesigen Gebäude, das weit, sehr weit über die Wolkengrenze hinausging, zu nahe zu kommen, denn dieser Ort war vielleicht nicht in irgendeiner Form geweiht, aber allein, dass sich die beiden Gestalten hier aufhielten, machte ihn zu einem Tabu für alle anderen.
Nach einer Weile beendete die blaue Gestalt schließlich ihre oberflächliche Inspektion. „Es ist eine große Leistung unserer Diener“, stellte sie fest.
„Unserer Diener.“ Die rote sagte es, als wenn die Worte merkwürdig schmeckten. „Unserer Diener. Ja, unserer Diener. Aber wie viel steckt von uns in diesem Ort?“
Die blaue Gestalt überlegte, sich noch einmal umzusehen, ließ es dann jedoch bleiben. „Ohne uns gäbe es diesen Ort nicht. Wir waren die Konstrukteure. Wenn man noch einmal bedenkt, könnte man ebenso gut uns die Leistung zuschreiben. Unsere Diener haben nur mit dem Hammer herausgeschlagen und mit den Meißeln geformt, was wir schon in dem Stein gesehen haben.“
„Eine wunderschöne Metapher“, sagte die rote darauf und wandte sich um. „Du hättest vielmehr Dichterin als Wissenschaftlerin werden sollen.“
„Ich bedanke mich“, sagte die blaue Gestalt und neigte leicht den Kopf. „Aber warum bist du hier draußen und denkst über das nach, was wir noch besitzen?“
Die rote Gestalt blickte ihr Gegenüber für einen Moment still und aufrecht an, bevor sie antwortete. Sie hob den linken Arm und wies in einem Bogen mit geöffneter, dreifingriger Hand in einer universellen Geste in die Ferne. Die allerdings mit dem im Dunst verschwimmenden Stützbogen des Gebäudes auf dieser Seite endete. „Ich sah mir eben noch die Berichte unserer Diener an und dann...“ Sie ließ den Arm sinken. „Mir kam die Frage, was uns nach all dem Leid, nach dem Exodus noch geblieben ist.“
Die blaue Gestalt neigte den länglichen Kopf kaum merklich auf die Seite. „Durch die Berichte?“
„Sie waren nur der Katalysator. Ich fragte mich: wenn dieser Ort jetzt möglicherweise das Einzige ist, was von unserer großen Zivilisation noch übrig ist, wie viel von uns steckt noch darin?“ Sie wartete nicht auf die Antwort. „Vielleicht werden wir niemals mehr die Einheit zurückerlangen, das zurückbekommen, was uns gehört hat.“
Die blaue Gestalt musste den Drang niederkämpfen, entrüstet zurückzuweichen. „Zweifelst du etwa an unserem Erfolg?“
Wieder antwortete die andere Gestalt nicht sofort, musterte ihr Gegenüber. „Nein. Ich frage mich nur, was sein wird, wenn wir Erfolg haben. Solange planen wir schon unsere Rache. Ich frage mich, was übrig bleibt, wenn Sie vollzogen ist.“
Die blaue Gestalt hob die Hände. „Nach dem, was wir wissen, wurde unser Netzwerk ausgeschaltet. Eine Sphäre wurde von den Kreaturen gefunden und unsere Heimatwelt ist längst im Oblivion untergangen.“ Sie stockte einen Moment. „Ich fürchte, allzuviel gibt es nicht mehr, zu dem wir zurückkehren können.“
Die andere Gestalt winkte ab. „Ich sprach nicht von uns.“
Verwirrt neigte die blaue Gestalt den Kopf zur Seite. „Doch, das hast du.“
Darauf verzog die rote Gestalt das Gesicht und sah nach unten, auf die Städte. „Ich bin keine gute Rednerin. Man sollte glauben nach 250.000 Jahren sollte ich das Reden beherrschen. Stattdessen gebe ich noch immer das sinnlose Geschwafel einer Introvertierten von mir, die versucht, Haltung vor dem einzigen Zeugnis unserer Macht zu zeigen.“
„Du warst schon immer eine gute Taktikerin. Das war immer ausreichend“, erwiderte die blaue Gestalt sanft.
„Wie dem auch sei. Was ich eigentlich ausdrücken will, ist, dass ich mich vor allem frage, was aus den Kreaturen werden wird, nicht nur aus uns. Wenn man es so sieht, dann ist mein Ansatz nicht notwendigerweise verkehrt. Das, was wir hier tun, was hier in diesem Ort von uns steckt, muss stark sein, denn es wird über das Schicksal einer ganzen Galaxis entscheiden. Und darüber, was mit den Kreaturen passieren wird. Ich glaube, innezuhalten, um sich zu fragen, wie stark wir wirklich sind und das, was von uns noch bleibt, ist nicht dumm.“
Über die Worte lächelte die blaue Gestalt, sofern sie dazu fähig war. „Du behauptest, keine Reden halten zu können und doch schaffst du es, dein taktisches Denken in schöne Worte zu kleiden.“ Sie verneigte sich leicht. „Du hast meinen Respekt dafür.“
Auch die rote Gestalt verneigte sich leicht. „Ich bedanke mich.“
„Nun“, sprach die blaue Gestalt weiter und ballte an ihren Seiten sanft die Fäuste, wie aus Vorfreude. „Um die Frage zu beantworten, hilft dir vielleicht eine andere Perspektive.“ Sie wandte sich zur Seite und blickte nach unten auf die Städte. „Folge mir.“
In einer Lichtexplosion löste sich die Gestalt auf.


Kurz nach der blauen Gestalt materialisierte auch die rote. Sie befanden sich nicht länger in luftiger Höhe, sondern auf dem Boden.
Von oben aus hatte alles ruhig gewirkt. In Wirklichkeit herrschte jedoch reges Treiben zwischen den Türmen und Bauten. Vertreter von drei verschiedenen Spezies gingen und schwebten teilweise auf den Plätzen und Brücken ihrer Wege. Die plötzliche Anwesenheit der beiden Gestalten, wurde von den Wesen mit Überraschung und dann mit Ehrfurcht zur Kenntnis genommen. Sofort verneigten sie sich alle vor den Neuankömmlingen, die näher als zehn Meter entfernt waren. Einige fielen auf die Knie.
„Meister!“, rief eines der Wesen, ein recht großes, das bis zum Kopf in einer schwarzen Rüstung steckte, die an einigen Stellen rot glühte. Der Kopf selbst war grau und besaß sechs orange glühende Augen. In den Händen hielt es einen Stab, der in einer Haltung für eine wirbelnde, schwarze Energieballung mündete und nach unten hin stoben schwarze Wolken knisternder Energie aus dem Umhang des Wesens. „Wir haben Ihre Anwesenheit nicht erwartet. Vergeben Sie uns. Wir sind für eine Inspektion bereit.“ Während es grollend sprach, kniete sich das Wesen auf den Boden.
Die blaue Gestalt hob die rechte Hand. „Du darfst weiter deiner Tätigkeit nachgehen. Wir sind nicht für eine Inspektion gekommen.“
Das Wesen richtete sich auf. „Wie Ihr befehlt.“ Darauf schwebte es weiter auf eine nahe Brücke zu, die entfernt an eine Wirbelsäule erinnerte und auf eine benachbarte Plattform führte.
„Komm“, sagte die blaue Gestalt zu der roten und schwebte voraus. Sie waren umgeben von hohen Türmen, zwischen denen runde, mit Moos und exotischen Pflanzen begrünte Plattformen und Brücken zu sehen waren, die die tiefen Abgründe zwischen den Plattformen und Türmen überspannten. Die runde Plattform, auf der sie sich hier befanden, stufte nach Norden hin ab und Rampen führten auf die unteren Ebenen. Es war eines der städtischen Viertel, wo die Plattformen nicht sehr groß waren und die Sicht nicht sehr weit reichte. Nach einigen Metern bog die blaue Gestalt auf der untersten Abstufung nach links ab und strebte auf die linke der beiden Brücken zu, die dort nach oben auf eine erhöhte Plattform führten. Dort hielt sich niemand auf und zwischen den, die größtenteils zylinderförmig waren, mit einem unübersichtlichen Muster aus Einkerbungen, Metallplatten und Spiralen, die einige in ihrer Mitte aufweisenden Türmen konnte man hindurchsehen, auf den ländlicheren Gefilden.
Die blaue Gestalt blickte nach unten und landete langsam auf dem Boden, zögerlich, so als hätte sie vergessen, wie man das machte. Bei der Landung knickte sie an den schmalen Knien leicht ein und sah zu der roten auf, die still zusah.
„Komm herunter.“ Die andere Gestalt tat, wie ihr geheißen und landete ebenfalls, kniete sich hin, so wie auch die blaue es tat. „Sieh her.“ Die blaue Gestalt und grub die rechte Hand in den moosigen Boden, hob die trockene Erde auf und ließ sie auf den Boden rieseln. „Der Ursprung allen Lebens. Auch des unseren.“ Sie erhob sich wieder, ein wenig unsicher auf den Beinen und blickte nach oben in den hellblauen Himmel. „Und wir haben uns darüber hinaus entwickelt. Wir sind jetzt so viel mehr. So viel mehr als das hier.“ Sie ließ den Rest der Erde auf den Boden rieseln. Dann blickte sie die rote Gestalt an. „Wenn auch nur ein wenig von uns in all dem, was wir erschaffen haben, was wir geleistet haben, in diesem Ort steckt,“ sie hob die Arme, als wollte sie alles an diesem Ort miteinschließen, „dann ist Erde das einzige, was von den Kreaturen übrigbleiben wird.“
Das schien der roten Gestalt zu gefallen, denn sie knurrte wohlwollend. „Deine Veranschaulichung ist sehr gelungen.“ Die rote Gestalt hob selbst Erde auf und hielt sie hoch. Langsam ließ sie sie nach unten rieseln. Durch den feinen Sandstrahl glühten ihre roten Augen hindurch. „Du hast Recht. Die Kreaturen sind nicht viel mehr als das und wir sind so viel mehr. Unsere Rache wird vollkommen sein. Jetzt verstehe ich es. Jetzt sprechen wir auf einer Wellenlänge L’Miren.“
„Du brauchst nicht zu zweifeln, T’Ket“, sagte L‘Miren. „Wir werden wiedererlangen, was uns gehört, wir werden es den Kreaturen entreißen und sie zu Asche verbrennen.“
„Das müssen wir unweigerlich“, stimmte T’Ket zu. Sie ließ den letzten Rest Erde zu Boden fallen. „Die Einheit muss eins sein.“

Rezensionen