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Sturm 9.06 - Der Boden, auf dem wir stehen

von Gabi

I. - Aufbruchstimmung

Kira sortierte die handgeschriebenen Zettel, die auf dem kleinen Sofatisch um eine blaugrüne Kristallformation herum lagen, in eine neue Reihenfolge, doch auch daraus ergab sich keine strahlende Eingebung. „Das gefällt mir alles nicht“, murmelte sie.

„Was gefällt dir alles nicht?“ Bareil kam aus dem Bad, die helle Haut seines nackten Oberkörpers stach gegen die dunkle Tunika hervor, die er lässig über die Schulter geworfen hatte. Irgendwann hatte es sich eingeschlichen, dass er bei ihr im Quartier duschte. Seine Lotionen hatten bescheiden, aber bestimmt damit begonnen, sich auf der Ablage im Bad an die ihren zu kuscheln. Anfangs hatte sie noch versucht ihrer Regel der strikten Quartiertrennung dadurch Nachdruck zu verleihen, dass sie seine Sachen demonstrativ abräumte und im Wohnzimmer auf das Regal neben der Ausgangstür stellte. Doch ebenso kommentarlos tauchten sie nach kurzer Zeit wieder im Bad auf. Dem charmanten Tunichtgut war nur mit einem direkten Rauswurf beizukommen und das brachte sie nicht über das Herz. Im Gegenteil: Sie freute sich jedes Mal darauf, wenn er an Bord der Station war und in ihrem Quartier nach Dienstschluss auf sie wartete. Den Anflug von schlechtem Gewissen darüber, die Schwangere, Verwöhnungsbedürftige vor ihm herauszukehren, hatte sich rasch davon gemacht. Bareil hatte ganz offensichtlich einen solchen Gefallen daran, es ihr möglichst angenehm zu machen, dass sie seine Zuwendung mittlerweile vorbehaltslos genoss. Nicht mehr lange und sie würde ihr erstes eigenes Baby in den Armen halten. Es war noch so unbegreiflich für sie. Ein Leben von ihr hervorgebracht, das sie nicht mehr hergeben musste. Ein Teil von ihr würde in ihrer Tochter weiterleben, wenn sie nicht mehr war. Die reinste Form von Unsterblichkeit in einem hilflosen Bündel Leben.

Sie blickte auf in die dunklen Augen, die auf die Antwort auf eine Frage warteten, die sie gar nicht gehört hatte … ihre Tochter würde auch ein Teil von ihm sein. Es war nicht die perfekteste Lösung, doch sie konnte sich einbilden, dass es ein Teil des Mannes war, dem er so ähnlich sah, ihrer ersten großen Liebe, die sie gelehrt hatte, dass die wahre Kraft nicht in der Stärke lag sondern in der Sanftmut. Sie konnte es sich einbilden, tief in ihr drin, wo sie den tatsächlichen Vater nicht damit verletzen konnte, denn das hatte er nicht verdient.

„Was gefällt dir nicht?“, wiederholte Bareil seine Frage. Er ließ sich auf der Lehne des Sessels, in dem sie saß, nieder. Sein Körper verströmte den Duft frisch aufgetragenen Aftershaves. Sie liebte diesen Geruch.

Ihre Finger fuhren durch die Zettel auf dem Couchtisch, bis diese einen unordentlichen Haufen bildeten, dann legte sie ihren Kopf an seinen Oberschenkel. „Ich suche nach einem Namen für unsere Tochter, aber mir gefällt einfach nichts, oder es klingt fürchterlich mit Kira zusammen.“

Bareil beugte sich vor und nahm ein paar der Zettel auf, um die darauf notierten Namen durchzusehen.

„Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, sie nach meiner Mutter zu nennen“, bekannte Kira, „aber ich denke nicht gerne an sie und ich weiß nicht, ob ich immer wieder an sie erinnert werden möchte.“

Bareil legte die Zettel ab und nahm andere auf. Nach einer Weile, die er lesend verbracht hatte, bemerkte er ungewöhnlich ernst. „Was hältst du von Kira Sul? Nach meiner Mutter.“

Den ersten Kommentar, der ihr auf der Zunge gelegen hatte, schluckte sie wieder herunter. Natürlich hatte Antos eine Mutter. Nur weil sie sich noch nie die Mühe gemacht hatte, sich für seine Vergangenheit zu interessieren, war es nicht gleichbedeutend damit, dass er keine besaß.

„Deine Mutter?“ Sie hoffte, dass die Frage interessiert und nicht ungläubig klang.

Bareil schien nicht davon berührt zu sein. Nun waren es seine Gedanken, die in der Vergangenheit ruhten. „Meine Mutter war eine gute Frau. Sie hat hart dafür gearbeitet, um uns beide durchzubringen.“ Auf Kiras erstaunten Blick hin lächelte er traurig. „Wir lebten nicht auf der Sonnenseite des großartigen Bajor der Allianz, wir stammten aus der Gosse. Mein Vater war wahrscheinlich einer ihrer Freier. Auf jeden Fall war es ein Bajoraner, denn die Intendantin hat es sich nicht nehmen lassen, mich auf Reinrassigkeit zu testen, falls sie mich noch für andere Zwecke als nur zur Unterhaltung benötigte.“

„Oh, Antos!“ Kira starrte ihn entsetzt an. Sie schämte sich für die Gedanken die sie noch vor wenigen Minuten gehegt hatte. Es würde sein Kind sein, nur sein Kind, nicht dasjenige irgendeines Traumgebildes. Er hatte es verdient ein wenig Glück zu erfahren. Sie rutschte zur Seite und zog ihn mit sich auf die Sitzfläche des Sessels, dann legte sie ihr Bein über seinen Schoß, und drückte den gewölbten Bauch und das Gesicht eng an ihn. Bareil umschlang ihren Rücken dankbar. „Was wurde aus deiner Mutter?“

„Sie wurde nicht sehr alt. Eines Morgens wachte sie einfach nicht mehr auf. Ich hatte nicht viel Zeit um sie zu trauern. Ich war ein ausgesprochen hübscher Junge und mir war recht früh klar, dass sie mich heranziehen würden, wenn der Verdienst durch meine Mutter ausfiel. Also bin ich weggerannt und habe mich mit dem durchgeschlagen, was ich konnte: lügen, betrügen, stehlen und einschmeicheln.“

Sie lauschte dem kräftigen Schlag seines Herzens. Trotz all des Gegenteils, das sie immer wieder behauptete, teils zum Selbstschutz, um ihn nicht zu nahe an sich herankommen zu lassen, glaubte sie dem, was er ihr erzählte. Sie war überzeugt davon, dass sie über das Stadium hinaus waren, in welchem er sich melodramatische Szenarien aus seinem Leben ausdachte, um ihr Mitleid zu erregen. Der Schlag seines Herzens an ihrer Wange fühlte sich richtig an, die warme Berührung seiner Hand auf ihrem Bauch fühlte sich richtig an.

„Kira Sul“, flüsterte sie, „Der Klang gefällt mir. Er gefällt mir sogar ausgesprochen gut.“ Sie legte ihre Hand auf die Seine. „Sul.“

„Danke.“ Bareil zog sie noch näher an sich. Sein kleines Glück, das er festhalten wollte.

Eine Zeit lang lauschten sie der ruhigen Hintergrundmusik, beide in ihre eigenen Vorstellungen von einer Zukunft mit Kind versunken. Bareil erhöhte schließlich den Druck auf Kiras Bauch ein wenig.

„Sie bewegt sich.“ Er verlagerte ein wenig die Bewegung vom Ballen auf die Finger und zurück, um das Gefühl auszukosten.

Kira nickte glücklich. „Im letzten Monat werden sie offensichtlich sehr munter. Zumindest war das bei Kirayoshi der Fall. Mit rein bajoranischen Schwangerschaften habe ich noch keine Erfahrung.“ Sie hob das Gesicht und blickte ihn mit frech blitzenden Augen an.

Bareil erwiderte ihren Blick mit gleicher Begeisterung. „Dann bin ich sehr froh, dass ich bei dieser Erfahrung behilflich sein konnte.“ Er neigte den Kopf und küsste sie auf die Nasenspitze, seine Miene wurde ein wenig ernster. „Ist es wirklich in Ordnung, wenn ich den nächsten Transportflug mitmache? Soll ich nicht hier bleiben bei euch beiden?“

„Und was tun?“ Sie lachte. „Antos, ich fühle mich prima und ich befinde mich in nächster Nähe zu einem der fähigsten Mediziner, den ich kenne, und der bereits eine Schwangerschaft mit mir durchgemacht hat.“ Kira ruckelte sich ein wenig zurecht, bis sie sich in ihrer beengten Position aufrichten konnte. Die Handflächen an Bareils Wangen gelegt betrachtete sie eingehend das elegante Gesicht des Mannes. „Natürlich fände ich es toll, wenn du jeden Abend hier wärst und mich nach Strich und Faden verwöhnst. Aber es ist mir noch sehr viel lieber, wenn ich weiß, dass du einer ehrlichen, sinnvollen Arbeit nachgehst. Das ist wichtig für dich und dein Selbstverständnis und es ist wichtig für mich, okay? Ich habe noch vier Wochen.“

„Okay.“ Bareil schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln, von dem er hoffte, dass es den Part mit der ehrlichen Arbeit, mit welcher er hin und wieder noch Probleme hatte, gekonnt überspielte. „Aber wir werden dieses Mal einen längeren Stopp im Cardassianischen System machen.“

„Ihr habt Passagiere an Bord, habe ich gehört.“

Er nickte. „Die Vorhut der föderalen Terraforming-Einheit und eine kleine Delegation für Besprechungen der Hilfslieferungen. Wir sollen so lange warten, bis dieses Treffen zu Ende ist. Kas versucht, für diese Zeit einen Transportauftrag zwischen Prime und Cardassia II an Land zu ziehen.“

„Solange du zur Geburt wieder da bist …“

„Davon wird mich niemand abhalten können! Da entführe ich zur Not die Xhosa.“

* * *

„Du gehst nicht!” Shakaar Edon hatte sich vor seiner Gefährtin aufgebaut und blickte sie streng von oben herab an. Es war bei seiner Größe eine unfaire Haltung, das war ihm bewusst, doch das Anliegen war ihm zu wichtig um auf solche Randerscheinungen wie Fairness zu achten.

Serina stand ihm gegenüber im Wohnbereich ihres neuen Hauses am Fuß der Kolja-Berge. Die bequem einladende Sitzgruppe links liegen lassend hatten sie sich vor dem Couchtisch aufgestellt, dessen Kanten genauso hart wirkten wie ihre momentane Stimmung. Serinas Arme ruhten vor der Brust verschränkt auf der Wölbung ihres Bauches. Sie versuchte die Augen nicht zu senken, was schwierig war angesichts von Shakaars ärgerlichem Blick. In all den Jahren, die sie zusammenlebten, hatten sie sich so gut wie nie ernsthaft gestritten. Serina hatte stets Shakaars Führungsrolle für sie akzeptiert. Dass sie nun ihren eigenen Kopf durchsetzen wollte, war neu für ihn – und offensichtlich schwer zu verdauen.

„Ich gehe!“

„Nein.“ Er streckte die Arme aus, um ihre Schultern zu fassen. Sein Blick wurde ein wenig weicher, in dem Versuch, seinen Willen auf anderem Weg als mit Strenge durchzusetzen.

Serina trat einen Schritt zurück, gerade außerhalb seiner Reichweite. Wenn sie zuließ, dass er sie in den Arm nahm, hatte sie die kleine Schlacht bereits verloren.

„Du bist schwanger“, versuchte er es auf andere Weise.

„Das habe ich bemerkt.“

Shakaars Augen verengten sich. „Asmir wird da noch ein Wörtchen mitzureden haben und ich bin mir sicher …“

„Asmir weiß bereits von meinem Vorhaben und er hat es abgesegnet.“

„WAS?!“ Jetzt war es an Shakaar einen Schritt zurückzutreten. Gantt Asmir, ehemaliger Sanitäter seiner Widerstandszelle und nun ihr Hausarzt, war seine Hoffnung darauf gewesen, Serina auf rein medizinisch logischem Weg von der Reise in ihrem Zustand abzubringen. Es war nicht das erste Mal, dass Shakaar feststellen musste, dass auch der Mediziner einen eigenen Kopf hatte. Manche Dinge waren eindeutig leichter gewesen, als alle noch in der engen Struktur ihrer Rebellengruppe gelebt und auf sein Kommando gehört hatten.

„Ich war natürlich zuerst bei Asmir“, erklärte Serina. Sie streckte nun von sich aus ihre Finger aus, um Shakaars Handrücken zu berühren. Wie stets bezog sie ein wenig Ruhe aus der Wärme seines Körpers. Die bajoranische Körpertemperatur lag ein bis zwei Grad über derjenigen eines Cardassianers, was sie, die in den hiesigen Temperaturen leicht zum Frieren neigte, sehr willkommen hieß. „Die heikle Anfangsphase ist vorbei, unser Baby hat sich gut bei mir eingenistet, und ich nehme täglich die Medikamente gegen eine mögliche Abstoßung. Asmir meint, dass offensichtlich meine Hormone die Länge der Schwangerschaft bestimmen, so dass er mit den rein cardassianischen zehn Monaten rechnet.“ Sie blickte auf in seine Augen, in denen sie zu ihrer Erleichterung weit mehr ehrliche Sorge als gekränkte Eitelkeit erkennen konnte. „Ich habe also noch ein paar Monate vor mir, der Kleine und ich haben uns gut aneinander gewöhnt … absolut nichts spricht gegen einen Flug.“

Shakaar betrachtete sie. Für einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen, als er die Möglichkeiten, die ihm noch blieben, abwog. „Du weißt nicht, wie du auf Cardassia Prime empfangen werden wirst. Was ist, wenn sie dich entführen oder vor Gericht stellen?“

„Wofür?“ Serinas Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. Je nervöser Edon wurde, desto sicherer fühlte sie sich selbst in ihrer Entscheidung. Es war ein neues Gefühl für sie, eines, das ihr ungewohnte Zuversicht verlieh. „Ich bin nicht mehr interessant – vor allem nicht, seit ich die Blutlinie verwässert habe. Auf Prime herrschen immer noch ganz andere Probleme als fruchtlose Familienzwistigkeiten.“

Auf diese Bemerkung hin hob Shakaar lediglich die Augenbrauen. Natürlich kannte Serina ihr eigenes Volk besser als er das tat. Jedoch glaubte er nicht, dass er in der Annahme völlig falsch lag, dass es Cardassianern niemals so schlecht gehen konnte, um ihre Vorstellungen vom rechten Dienst am Staat beiseite zu schieben.

„Katalya ist diejenige, die keinen Fuß auf Prime setzen darf“, erklärte Serina weiter. Shakaar nickte. Das war offensichtlich. Bevor ihre kleine Tochter nicht volljährig war – und zwar vor beiden Rechtssystemen -, würde er nicht zulassen, dass sie sich in die Gefahr einer erneuten Entführung gab.

„Dann werde ich dich begleiten“, startete er einen letzten Versuch, sich die Zügel nicht völlig aus der Hand nehmen zu lassen.

Jetzt umarmte sie ihn doch. Da die Initiative jedoch von ihr ausging, war es keine Niederlage sondern die Festigung ihres Sieges. „Ich bin nicht alleine, Edon. Captain Yates und ihre Crew begleiten den Flug und die Gespräche. Außerdem reisen wir mit dem ersten Terraforming Team aus Föderationswissenschaftlern, dem auch Professor Keiko O’Brien angehört. Ich bin in guter und vor allem zahlreicher Gesellschaft.“ Sie löste ihre Arme von seinem Rücken, schlang sie stattdessen um seinen Nacken, um ihn auf Kusshöhe herabzuziehen. „Und ich will, dass du bei Katalya bleibst. Sie soll nicht mehrere Wochen ohne beide Eltern sein.“

Er ließ zu, dass sie seinen Mund eroberte. Mit einem tiefen Seufzen gab er sich geschlagen, als er sie um die Körpermitte packte, anhob und die Entfernung zum Sofa überquerte. Sie in seinen Schoß ziehend ließ er sich darauf fallen. Das Kribbeln, welches er bei Serinas Liebkosungen verspürte, war für ihn noch ähnlich wunderbar wie am ersten Tag. „Ich will, dass du dich jeden Abend bei uns meldest“, hauchte er in ihr Ohr, und bevor sie wieder nach seinen Lippen schnappen konnte, fügte er hinzu: „Unsere Zeit – ich möchte nicht mitten in der Nacht aus dem Bett fallen.“

Sie stützte sich auf seiner Brust ab. „Aber ich?“ Das Glitzern in ihren Augen verriet, wie gut gelaunt sie über ihren Sieg war. „Wenn ich angekommen bin, melde ich mich und wir stimmen die Ortszeiten ab.“

* * *

„Und vergiss nicht Kirayoshi rechtzeitig aus dem Hort abzuholen. Er hasst es, wenn er der letzte ist …“

„Ja, Keiko.“

„Molly muss im Moment ein wenig angetrieben werden bei ihren Schulaufgaben, sie hat nur noch diese fürchterlichen Reithunde im Kopf. Ich weiß überhaupt nicht, wie sie auf diese Viecher gekommen ist!“

„Ja, Kei…“

„Papa hat mir ein tolles Buch darüber geschen…“

„Miles!“

O’Brien wandte rasch den Kopf wieder von seiner Tochter ab, wo er fruchtlos versucht hatte, sie durch diverse Grimassen davon abzubringen, ihren Satz zu beenden. An achtjährigen Mädchen waren solcherlei Subtilitäten leider noch vollkommen verschwendet. Wenn Molly ihre ersten heimlichen Schwärmereien hatte, würde sie die Situation ihres Vaters sicherlich weit besser verstehen.

„Ich habe Molly einen Bildband über Cardassia gegeben“, verteidigte er sich. „Damit sie einen Eindruck davon bekommt, wo du arbeitest, Lotusblüte …“

Die Umhängetasche, die sie trug, hielt Keiko O’Brien davon ab, die Arme resolut vor der Brust zu kreuzen. Sie waren im Korridor, der zur Landebucht der Xhosa führte, stehen geblieben. Der Chief hatte ihren gemeinsamen Sohn Kirayoshi auf dem einen Arm, die schwere Reisetasche seiner Frau in der anderen Hand. Molly tanzte leise singend um sie herum und warf nur dann und wann Kommentare ein, wenn es ihrem Vater gerade am wenigsten passte.

„… Darin gibt es auch ein Kapitel über cardassianische Reithunde.“ Er zuckte mit den Schultern, insoweit das mit dem Gewicht rechts und links möglich war. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie sich dafür begeistern würde.“

„Die sind total zik!“

„Die sind … was?“ O’Brien blickte seine Tochter an, dann seine Frau.

Keiko verdrehte die Augen. „Das ist so ein Ausdruck für etwas ganz Tolles, den sie in der Schule aufgeschnappt hat. Ich weiß nicht mal, welche Sprache das ist.“

„Alle sagen das!“, begehrte das Mädchen auf.

„Schön für alle“, bemerkte O’Brien trocken. „Lass uns weiter gehen.“

Keiko nickte, doch Molly hatte nicht vor vom Thema abzulassen. Während sich die Familie wieder auf den Weg in Richtung Landebucht machte, wirbelte sie erneut um die Füße ihrer Eltern. „Wenn wir nach Cardassia ziehen, bekomme ich dann einen eigenen Reithund?“

„Wer sagt denn etwas davon gesagt, dass wir nach Cardassia ziehen?“, wollte O’Brien wissen.

„Na Mama hat …“

„Keiko!“

Der kleine Tross geriet abermals ins Stocken. Dieses Mal fand sich Keiko der empörten Miene ihres Mannes gegenüber. Sie lächelte entschuldigend. „Es war nur so ein Gedankenspiel … wir wissen ja noch gar nicht, wie unser Projekt anläuft …“

„Ich habe keinerlei Lust, nach Cardassia zu ziehen“, erklärte O’Brien.

„Und ich will nen Reithund!“

„Lass uns weiter gehen.“

Ein paar Schritte weiter lenkte sie die Geschäftigkeit in der Landebucht von ihren Gedanken ab. Wo zu normalen Transportflügen lediglich die Stammcrew der Xhosa und einige angeheuerte Arbeiter von Deep Space Nine herum liefen, machte sich heute gut die doppelte Anzahl an Personen breit. Am Fuß der kurzen Rampe zur Ladebucht stand Bareil Antos mit einem Padd in der Hand, auf welchem er Güter abglich. Jane Kilby, die terranische Lageristin der Xhosa warf ihm immer wieder Informationen zu, während sie die Arbeiter herumscheuchte. Auf den meisten Gesichtern der bajoranischen Frauen und Männer zeigte sich bereits eine leichte Genervtheit, denn auf der anderen Seite der Landebucht stand eine Gruppe von Föderationswissenschaftlern, deren Sprecher seinerseits die Dockarbeiter mit etlichen überflüssigen Kommentaren bedachte, wie sie das Terraforming-Instrumentarium zu behandeln hatten.

Captain Yates stand bei einer kleinen Gruppe von zwei erwachsenen Cardassianern, einem Bajoraner und einem cardassianischen Kind. Ihr eigener Sohn Jeremiah hielt sich an ihrer Seite und beäugte interessiert das kleinere Mädchen. Während Yates sich mit der Frau unterhielt, spielte sich auf dem Gesicht des cardassianischen Mannes eine ähnliche Mimik ab wie bei dem Verladepersonal. Der Bajoraner sprach auf ihn ein und der Cardassianer hörte das offensichtlich nicht zum ersten Mal.

„Shakaar Serina.“ Keiko stellte ihre Umhängetasche ab und deutete auf die Gruppe um Captain Yates hinüber. „Sie koordiniert die Hilfslieferungen und wird uns begleiten. Ich habe letztens mit ihr gesprochen. Sie kehrt das erste Mal seit Jahren nach Cardassia zurück und ist entsprechend nervös.“

„Ihr Mann offensichtlich auch“, bemerkte O’Brien mit einem Grinsen.

„Er möchte nicht, dass sie fliegt“, erklärte Keiko.

„Schon blöd, wenn man den Job weggeworfen hat, in dem man alle herumkommandieren konnte.“

Keiko bedachte ihn mit einem mahnenden Blick. „Er hat es aus Liebe getan.“

„Trotzdem blöd“, lachte O’Brien auf.

Das Lachen des Chiefs lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die Familie O’Brien. Zur unendlichen Erleichterung des Verladepersonals hob der führende Wissenschaftler den Arm und vergaß seine Instruktionen. „Professor O’Brien“, rief er durch die Landebucht.

Keiko winkte zurück. Sie ließ ihre Tasche stehen und ging zu den Föderationswissenschaftlern hinüber. O’Brien stellte die große Reisetasche daneben ab und folgte ihr.

„Papa.“ Molly zupfte an seinem Ärmel. „Darf ich mit Jerry und der kleinen Cardassianerin spielen?“

Als er nickte, begann Kirayoshi auf seinem Arm zu zappeln. „Ich auch!“

Mit einem liebevollen Klaps setzte er seinen Sohn ab und sah den Kindern noch kurz nach, wie sie zu Yates‘ Gruppe hinüber liefen. Dann gesellte er sich zu den Föderationswissenschaftlern, die bereits in lebhafte Gespräche vertieft waren. Der Chief konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er beobachtete, wie Keiko aufblühte. Sie war Botanikerin aus Leidenschaft. Sie mussten es endlich auf die Reihe bekommen, einen Posten zu finden, an welchem sie beide beruflich zufrieden waren. Er hoffte nur, dass das nicht bedeutete, dass sie dafür nach Cardassia Prime übersiedeln mussten. Er zweifelte nicht daran, dass er auf der zerstörten Hauptwelt der Cardassianischen Union zum Aufbau beitragen konnte. Was Föderationsingenieure anging, war er sicherlich eine ungeschlagene Koryphäe auf dem Gebiet cardassianischer Technik. Doch der trockene, unwirtliche Planet und die cardassianische Spezies an sich reizten ihn überhaupt nicht.
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