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Sturm 9.08 - Die Geister, die ich rief

von Gabi

I - Zum Teufel mit Empfehlungen!

Ezri Dax hatte es sich auf ihrem breiten Bett gemütlich gemacht. Sie hatte sich in ihre rote Tagesdecke gehüllt, welche aus dem flauschigsten Material bestand, das sie in ihren 336 Jahren bisher erlebt hatte. Sie hatte sich völlig entkleidet, um die Berührung überall auf ihrem Körper genießen zu können. Neben ihr im Bett stand eine große Tasse heißer Schokolade mit einer extra Portion Sahne. Nachdem sie monatelang mit den Vorlieben diverser Wirte in Sachen Getränken herumexperimentiert hatte, war dieses süße Heißgetränk etwas, das alleine dem Ezri-Teil in ihre geschuldet war, und sie war stolz darauf, es endlich gegen die neun Vorleben durchgesetzt zu haben.

Dass sie die Tasse hier mitten im Bett platzieren konnte, hatte sie dem Umstand zu verdanken, dass sie derzeit alleine das Doppelquartier bewohnte. Julian war eine Woche lang auf einer medizinischen Konferenz auf Myratibor. Wäre er hier gewesen, hätte er die Tasse bereits längst auf den Nachtisch befördert. Ezri verzog in Gedanken daran ein wenig den linken Mundwinkel, was ihr mädchenhaftes Gesicht so herrlich zerknautschte und ihr jeden Anspruch auf ernstzunehmende Psychologin streitig machte. Nur, weil sie bereits dreimal aus Versehen eine Tasse im Bett ausgekippt hatte … dazu gab es doch die Replikator- und Reinigungseinheiten. Auch diese wollten ihre Daseinsberechtigung haben.

Nun war Julian Lichtjahre weit entfernt und ahnte nicht, was in ihrem großen Doppelbett vor sich ging. Das hieß, er ahnte es wahrscheinlich schon, doch er konnte rein gar nichts dagegen unternehmen. Mit zufriedenem Lächeln griff die junge Trill nach dem Padd, das sie ebenfalls im Bett abgelegt hatte – und stieß dabei beinahe gegen die heiße Schokolade. Sie konnte das Gefäß gerade noch am Überschwappen hindern.

„‘Tschuldigung Julian“, kicherte sie vor sich hin, während sie das Padd aufnahm. Sie aktivierte es, überflog die darauf gespeicherte Literatur und rief dann die Datei mit dem literarisch wertvollen Namen Die Schattenmonster von Nua VIII auf.

Der wissenschaftliche Leiter, Lieutenant Peter Gaheris, hatte ihr den Roman empfohlen mit dem Hinweis, dass er wesentlich besser sei als der Titel vermuten ließ. Er selbst habe damit fingernägelkauend ein paar Nächte verbracht. Nun lag Dax nicht wirklich etwas daran, ihre Nägel abzukauen, doch ein guter Gruselroman war ganz nach ihrem Geschmack.

Sie zog die Decke enger um sich, führte die große Tasse unfallfrei an ihre Lippen und begann zu lesen.

* * *

„Und?“ Strahlende Sonnyboy-Augen, eine gerade Nase und ein kultivierter drei-Tage-Bart erschienen seitlich gedreht im müden Gesichtsfeld der Stationscounselor. „Der Blick ist trüb, das Getränk der Wahl ist Raktajino“, ein Zeigefinger gesellte sich zu dem unverschämt wachen Lächeln, „Du hast den Horrorroman angefangen, den ich dir empfohlen habe. Stimmt’s oder hab ich recht?“

Peter Gaheris ließ sich Dax gegenüber auf einen freien Stuhl fallen und geriet so endlich in einen visuellen Abstand, den sie mühelos fokussieren konnte. Sie bemerkte auch erst jetzt, dass er ein Tablett mit Frühstück auf dem Tisch abgestellt hatte. Sie war wahrlich noch nicht munter.

„Ich habe das Licht heute Nacht angelassen“, gestand Dax, „dabei bin ich erst ein Fünftel durch die Geschichte durch.“

„So ging es mir auch, irre, nicht!“ Gaheris schien sich sehr darüber zu freuen, dass die Trill eine schlaflose Nacht verbracht hatte. In Momenten wie diesem fragte sich Dax ernsthaft, ob die Altersangabe des Lieutenants in dessen Akte nicht kolossal gefälscht war.

„Wird das noch gruseliger?“, erkundigte sie sich.

„Noch viel mehr!“, erwiderte Gaheris mit ungebrochener Begeisterung. „Ich hab mich am Ende gar nicht mehr ins Bad getraut, weil ich überzeugt davon war, dass dort eines der Schattenmonster lauerte.“

„Du machst Scherze!“ Das Lächeln vertrieb ein wenig die Müdigkeit aus dem Gesicht der Counselor. Gaheris war ein so herrlich unkomplizierter Zeitgenosse, dass man sich in seiner Gegenwart einfach wohl fühlen musste – falls man nicht wert auf ernste Gespräche legte. Dax verbrachte ihre Freizeit gerne mit dem Terraner, was bereits zu Eifersüchteleien bei Julian geführt hatte. Ganz gleich wie oft sie ihm versicherte, dass der Wissenschaftsoffizier nicht in dieser Hinsicht an ihr interessiert war, im Prinzip an überhaupt keiner Frau, Bashir traute der Angelegenheit nicht. Wahrscheinlich wäre es einfacher, wenn sie ihm anvertrauen könnte, dass Gaheris in einer festen Beziehung stand – und vor allem mit wem - aber sie hatte dem Lieutenant ihr Ehrenwort gegeben und das hatte sie vor zu halten, selbst wenn das hieß, dass sie von Zeit zu Zeit Grundsatzdiskussionen über Liebe und Freundschaft mit Julian führen musste.

„Nein, ich mache keine Scherze“, grinste Gaheris. „Ich musste danach eine tröge Liebesschnulze anfangen, um mein Unterbewusstsein wieder auf andere Gedanken zu bringen. Und die war so öde“, er beugte sich über den Tisch nach vorne und zwinkerte verschwörerisch. „Nur junge hübsche Erden-Frauen, kein einziger blonder Bajoraner.“

Dax hob amüsiert die Augenbrauen und prostete ihm mit ihrem Raktajino zu. „Dann musst du dich wohl eher in der bajoranischen Literatur umsehen … obwohl“, ihre Augenbrauen trafen sich nun in der Mitte und formten eine steile Falte über ihrer kleinen Nase, „… ich kann mir jetzt gerade überhaupt keine erotischen Geschichten in der bajoranischen Literatur vorstellen. Da wimmelt es doch sicherlich von züchtigen Auslegungen diverser Prophezeiungen.“

„Du würdest dich wundern“, korrigierte Gaheris sie. „Ich könnte dir da etwas empfehlen …“

„Stopp!“ Ezri hielt ihm die Hand mit ihrem Brötchen entgegen. „Für den Moment bitte keine weiteren Leseempfehlungen. Ich leide noch unter deiner gegenwärtigen.“

„Du wirst noch richtigen Gefallen daran finden, glaub mir.“

* * *

Als sie ihren Dienst für den Tag beendet und noch ein paar Nacharbeiten erledigt hatte, zog sich Dax früh zurück. Das Abendessen hatte sie auf eine Einladung Kiras hin mit dieser und Bareil verbracht. Kira war der Ansicht, dass Dax ein wenig Unterhaltung benötigte, wenn sie schon nachts alleine sein musste, doch die Trill hatte sie davon überzeugen können, dass sie einfach nur müde war und ins Bett wollte.

Der Plan war gewesen, dass sie das Padd nicht wieder anrührte. Doch wie es da so verführerisch auf ihrem Nachttisch ruhte, konnte sie einfach nicht widerstehen. Sie ging zum Replikator hinüber, orderte eine große Tasse heißer Schokolade mit einer extra Portion Sahne, schlüpfte aus ihren Sachen, kuschelte sich in ihre Lieblingsdecke und aktivierte den Text an der Stelle, an welcher sie gestern Nacht aufgehört hatte: ‚… Es war nur ein kleiner Schritt bis zur rettenden Tür, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie es niemals würde schaffen können …‘

Als Dax das nächste Mal auf die Zeitanzeige schaute, war es bereits weit nach Mitternacht. Sie fluchte leise. Sie hatte lediglich ein halbes Stündchen lesen wollen, nun waren drei volle Stunden daraus geworden. Das würde morgen wieder nichts mit einem wachen Dienst werden. Ein wenig verärgert über sich selbst markierte sie die aktuelle Textstelle und legte das Padd beiseite. Der unberührte Rest ihrer heißen Schokolade war nicht mehr im Geringsten heiß. Sie schwang ihre Beine vom Bett und stand auf, ohne dabei die warme Decke abzulegen. Barfuß tappte sie zum Replikator, um die Tasse dort verschwinden zu lassen.

Als sie sich wieder umdrehte, sah sie es.

Sie konnte nicht verhindern, dass sie einen spitzen Schrei ausstieß. Mit beiden Händen krallte sie die Decke um sich, so als ob sie das vor allem Bösen schützen würde. Den Rücken fest gegen die Quartierwand neben dem Replikator gepresst, starrte sie in das Dämmerlicht auf der anderen Seite ihres Bettes. Es war an der Durchgangstür zum Wohnbereich gewesen. Ein Schatten, der sich bewegt hatte. Eine flüchtige Veränderung in der gewohnten Struktur ihres Zimmers. Der rationale Teil ihres Bewusstseins, ihre psychologische Ausbildung und die Stimmen von neun Wirten vor ihr raunten ihr zu, dass sie müde war, dass ihre Augen ihr einen Streich gespielt hatten, dass sie nach der Lektüre eines Horrorromans in der Mitte der Nacht gar nichts anderes erwarten konnte, vor allem nicht, wenn man eine so lebhafte Fantasie besaß, wie das bei ihr der Fall war. Doch der Ezri-Teil in ihr beharrte darauf, ein Schattenmonster gesehen zu haben. Manches Mal, besonders dann, wenn es gar nicht passte, konnte die Ezri in ihr fürchterlich starrköpfig sein.

„Da ist nichts“, sagte sie sich laut, doch ihre Stimme klang brüchig und ungewohnt. „Computer, Licht, volle Stärke!“ Sie nahm die Hand vor die Augen, als das Schlafzimmer sonnenhell erleuchtet wurde. Die gleisende Helligkeit verbannte für den Moment den Gedanken an Schattenmonster, doch sie war so unangenehm, dass die Trill unmöglich so schlafen konnte.

„Computer, Licht um 50 Prozent reduzieren“, wies sie die Umweltkontrolle an.

Dies war für die Augen um etliches erträglicher, doch nun gab es wieder dunkle Ecken und mögliche Schatten.

„Danke, Peter!“, fluchte sie leise. Sie tappte vorsichtig zum Bett hinüber und griff rasch nach ihrem Pyjama. Es war etwas umständlich, ihn anzuziehen, während ihre Augen weiterhin den Durchgang zum Wohnbereich fixierten und ihre linke Hand krampfhaft die Kuscheldecke um sich geschlungen hielt. Doch schließlich hatte sie es geschafft.

Versuchsweise ließ sie sich auf dem Bettrand nieder. So würde sie nicht schlafen können. In ihrem Kopf wirbelten Szenen aus dem Roman durcheinander, eine furchteinflößender als die andere. Sie wünschte sich Julian her.

Alleine würde sie es heute Nacht nicht aushalten.

* * *

Die verschlafenen Augen unter dem strubbelig abstehenden dunkelblonden Haar wurden erst groß vor Überraschung und verformten sich dann zu strahlenden Halbmonden. „Du hast weitergelesen und kannst nicht schlafen!“ Aus Gaheris‘ Mund klang es wie eine persönliche Höchstleistung.

Dax schenkte ihm ein zynisches Grinsen. „Kann ich rein oder sollen wir warten, bis mich die halbe Station hier sieht und die Gerüchteküche überbrodelt?“

„Uh oh, eine Dame im Pyjama, mitten in der Nacht …“, lachte er, trat jedoch beiseite, um ihr Platz zu machen. Zischend schloss sich die Tür hinter ihr.

Dax sah sich um. Der verstrubbelte Gaheris trug eine weite Freizeithose und ein enges T-Shirt darüber, was die Konturen seiner Brust betonte. Er sah gar nicht so übel aus, stellte sie fest, und verstand gleichzeitig das Problem, das Julian hatte. Sein Quartier war ordentlich aufgeräumt, mehrere bajoranische Kunstgegenstände und Reproduktionen zierten die Kommode und das raumtrennende Regal.

Innerlich entschuldigte sich die Trill bei ihrem Kollegen dafür, dass sie erwartet hatte, ein klassisches Jung-Männer-Chaos in seinem Quartier vorzufinden.

„Hübsch“, lenkte sie sich von ihren eigenen schuldigen Gedanken ab und berührte eine circa vierzig Zentimeter hohe Steinstatue, die eine Mischung aus einem Stelzenvogel und einem Fantasie-Drachen darstellte. „Was ist das?“

„Das ist ein Melaleuca, seit mehreren Jahrhunderten ausgestorben“, erklärte Gaheris. Wenn er über Bajor sprach, dann war er überraschend ernst. Dax mutmaßte insgeheim, dass die Sternenflotte hier wie bei Benjamin wieder eine Seele an den Planeten verlor. „Laut Aufzeichnungen konnten sie drei bis vier Meter groß werden. Das muss ein toller Anblick gewesen sein, wenn sie losgeflogen sind. Ich wette, der erzeugte Flügelwind konnte einen umhauen.“ Er strich gedankenverloren über die Oberfläche der Statue. „Die ist übrigens echt. Der Rest hier im Raum sind Replikate.“

Dax hob anerkennend die Brauen. Sie verstand nicht viel von bildender Kunst, das war ein Gebiet, auf dem sich bisher keiner ihrer vorherigen Wirte ausgezeichnet hatte, doch sie war froh um die Ablenkung von ihrem nächtlichen Einschlafproblem. „Wo hast du die denn her?“

Ein Blick in Gaheris‘ Augen sagte ihr alles. Sie lachte leise auf. „Alles klar, ein Geschenk der Liebe.“

„Er ist so toll!“, flüsterte er an ihrem Ohr, obwohl niemand im Raum war, der sie hätte hören können.

Einem Affekt folgend hob sie die Hand und strich ein paar seiner abstehende Strähnen zurecht. Er erinnerte sie sehr an ihren Bruder Norvo, als noch alles gut war. „Ich freu mich so für dich.“

„Du kannst dich aber auch nicht beklagen. Obwohl mir persönlich der Doktor ja zu dünn wäre …“

Dax zog eine gespielt ärgerliche Miene. „Der ist auch nicht für dich gedacht!“

Lachend drehte er sich weg. „Kann ich dir einen Tee anbieten. Ich habe vier verschiedene bajoranische Sorten im Angebot. Den Rest hat der Replikator.“ Er öffnete die obere Schublade einer Kommode und beförderte eine kunstvoll geschnitzte Holzkiste daraus hervor. Als er den Deckel öffnete, konnte Dax erkennen, dass das innere mit dünnen Leisten in vier Streifen unterteilt war, die jeweils eine ordentlich gestapelte Reihe an Teebeuteln enthielten.

„Echter Tee? Da sage ich nicht nein.“ Sie steckte ihre Nase in den Kasten, ließ sie von Reihe zu Reihe wandern und wählte dann eine aus.

Gaheris orderte kochendes Wasser im Replikator. „Wie kann ich dir denn jetzt helfen, Ezri? Sollen wir uns beide die Nacht um die Ohren schlagen, um morgen entsprechend im Dienst auszusehen?“

„Nein, wahrscheinlich nicht“, bekannte sie reumütig. Der Duft der eingetauchten Teebeutel stieg ihr beruhigend in die Nase. „Vielleicht reicht eine Tasse ja schon aus, damit ich wieder ruhiger werde“, hoffte sie.

Gaheris setzte sich auf die Couchgarnitur und bedeutete ihr sich neben ihn zu setzen. Als beide ihre wärmenden Tassen in den Händen hielten, wagte Dax zu fragen: „Hast du dir auch eingebildet, die Schattenmonster in deinem Zimmer zu sehen?“

„Oh“, er kratzte sich mit der freien Hand am Nacken. „So schlimm?“

„Ich bin albern, nicht wahr?“, bekannte Dax. Vor niemandem anderes hätte sie das zugegeben, doch Gaheris lag auf ihrer Wellenlänge, was albernes Verhalten anging.

„Nein, nur ziemlich aufgegangen in dem Roman. Ist doch toll, wenn eine Fiktion so etwas mit uns machen kann!“

„Ja, aber nicht mitten in der Nacht!“

„Dann schätze ich, du solltest die Schattenmonster ab jetzt in der Mittagspause lesen und dir abends ein dröge Liebesschnulze zurecht legen.“

Sie lachte auf. „Ich wusste schon, warum ich zu dir gekommen bin. Du hast auf alles eine passende Antwort. …“, sie trank ihren Tee aus. Die Wärme tat gut in ihrem Bauch, „… kann ich bei dir schlafen?“

Jeder andere hätte wahrscheinlich dies und das und überhaupt gesagt, Gaheris erwiderte lediglich. „Aber klar. Du kannst das Bett haben, ich nehm das Sofa.“

„Das ist dein Zimmer, da nehme ich das Sofa!“

„Nichts da, du bist die Dame, ich der Gentleman. Du bekommst das Bett.“

Sie grinste. „Ich dachte, Gentlemen seien schon vor langer Zeit ausgestorben?“

Er erwiderte ihren Blick mit entwaffnendem Charme. „Du weißt, dass ich mich für ausgestorbene Dinge interessiere.“

* * *

Das eigentliche Problem lag nicht darin, mitten in der Nacht in Schlafanzug und Morgenmantel vor der Quartierstüre eines Offizierskollegen zu stehen. Das eigentliche Problem stellte sich am nächsten Morgen, als Ezri Dax überlegen musste, wie sie von dort wieder in ihr Quartier zurückkehren sollte, um sich anzuziehen. In ihrer ängstlichen Müdigkeit war sie in der Nacht nicht einmal auf die Idee gekommen, sich etwas zum Anziehen mitzunehmen.

Im Replikator konnte eine Sternenflottenuniform aus auf der Hand liegenden Gründen nicht hergestellt werden. Und diejenigen von Gaheris hatten zwar die richtige Farbe, aber nicht im Entferntesten den korrekten Schnitt.

Schließlich kamen sie überein, dass Dax Gaheris den Code für ihr Quartier anvertraute, nachdem sie ihn kurz vor der Unterschrift in eigenem Blut jeden Schwur hatte sagen lassen, dass er den Code danach wieder vergessen und niemals wieder verwenden würde. Normalerweise hätte sie im Lauf des Tages die Verriegelung ihres Quartiers neu einrichten müssen, doch das Julian zu erklären wäre noch schwieriger geworden.

Dax lief nervös auf und ab, bis die Tür sich endlich wieder öffnete und Gaheris mit einem Kleiderstapel auf dem Arm eintrat.

„Hat dich jemand gesehen?“, wollte sie sofort wissen, als sie ihm erleichtert den Stapel abnahm.

„Ich glaube nicht … das heißt, natürlich haben mich Leute gesehen, die Gänge sind voll mit der Alpha-Schicht, aber ich denke, sie haben nicht gesehen, wo ich herkam. Da wir die gleiche Uniform-Farbe tragen, haben sie sicherlich gedacht, ich hätte ein Ersatzset dabei.“

„Hoffentlich“, Dax seufzte vernehmlich. Sie faltete den Stapel auseinander, ein zierlicher Spitzen-BH und ein dazu passender Slip rutschten zu Boden. „Du warst an meiner Unterwäsche!“, rief sie entsetzt.

Gaheris hob die Augenbrauen. „Wolltest du ohne gehen? Glaub mir, Ezri, mir könnte deine Unterwäsche nicht gleichgültiger sein.“

„Äh … ja, natürlich …“ Die Trill kramte wieder alles zusammen und floh regelrecht in Richtung des Badezimmers. Sie spürte die Wärme in ihre Wangen steigen.

Als sie kurze Zeit später in regelkonformer Sternenflottenuniform wieder im Wohnbereich erschien, hatte ihr Gesicht noch nicht völlig seine natürliche Blässe zurückerhalten. Sie fühlte sich jedoch bereits um Längen besser. Sie gestikulierte ins Bad zurück. „Meinen Schlafanzug und den Morgenmantel hole ich später. Das sähe jetzt doch ein wenig komisch aus auf der Schicht.“

„Ich werde ihn dir mit einer roten Schleife verpackt ins Quartier senden lassen. Ich muss dafür nur noch abwarten, bis Dr. Bashir wieder von seiner Konferenz zurück ist.“

Dax holte aus und gab ihm einen spielerischen Klaps auf den Hinterkopf. „Haha, sehr witzig!“

„Okay, halte dich im Schatten, ich werde auskundschaften, ob die Luft rein ist“, grinste Gaheris, als er die Quartiertür anwies sich zu öffnen. Er tat einen halben Schritt auf den Gang hinaus und versicherte sich, dass sich niemand im einsehbaren Bereich des Korridors aufhielt. Dann winkte er Dax herbei. Sie huschte an ihm vorüber und stand im Gang, als weiteres Personal der Alpha-Schicht auf dem Weg zur Arbeit auftauchte.

„Wie nett, dass Sie vorbeikommen, um mich zur Arbeit abzuholen, Lieutenant“, bemerkte Gaheris betont laut.

Dax, die mit dem Rücken zu den anderen stand, verdrehte die Augen. „Übertrieben“, formten ihre Lippen. Doch Gaheris ließ sich nicht in seiner guten Laune bremsen. „Guten Morgen, Ensign Storok, Crewman Bolton, dürfen wir uns Ihnen anschließen?“ Fröhlich über Gott und die Welt plaudernd fiel er neben den beiden Sternenflottenmitgliedern in Schritt und zog Dax mit sich mit.

Die Trill atmete erleichtert aus, als sie bemerkte, dass die beiden anderen ein normales Gespräch ganz offensichtlich ohne Hintergedanken und versteckte Blicke aufnahmen. Geschafft! Jetzt konnte ihnen nichts mehr passieren.



Das Nichts, das passierte, geschah kurz bevor sie den Turbolift zur OPS betraten. Storok und Bolton hatten sich ein paar Kreuzungen vorher verabschiedet, um ihren Weg zur Technikabteilung fortzusetzen. Gaheris hatte den Lift gerufen und war gerade dabei in die Kabine einzutreten, als Dax wie angewurzelt stehen blieb.

„Ezri?“

„Da war …“, noch während sie den Satz formulierte, merkte sie, dass sie dabei war, sich lächerlich zu machen, „… nichts“, endete sie daher. „Ich bin wohl noch müde.“

„Kein Wunder“, bemerkte Gaheris gutmütig, er hob kurzzeitig die Stimme an, um dem Computer ihren Zielort anzusagen. „Ich denke, ich werde heute auch nach der Mittagspause abbauen.“

„Tut mir leid“, entschuldigte Dax sich halbherzig. Sie war noch damit beschäftigt um die Ecke zu spähen, wo sie geradeeben ein Schattenmonster aus dem Augenwinkel zu sehen geglaubt hatte.
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