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Abgründe

von Laurie

Kapitel 1

Er hatte geahnt, dass es ein langer Nachmittag werden würde, doch selbst seine vulkanische Weitsicht hatte ihn nicht vor den Untiefen menschlichen Einfallsreichtums gewarnt, mit denen er sich konfrontiert sähe.

Dabei hätte er auf alles vorbereitet sein sollen, selbst auf den letztendlich eintretenden schlimmsten Fall. Denn wenn er auch die menschliche Abneigung gegen Personalversammlungen nicht unbedingt nachvollziehen konnte, so wusste er doch ganz genau, dass jeder außer ihm diese Versammlungen nur äußerst widerwillig betrat – obwohl sie nötig für die fortlaufende Effizienz an Bord waren.

„Ach, Mr Spock, Ihre Einstellung möchte ich haben“, hatte der Captain geseufzt, als Spock ihm einen Vortrag über die absolute Notwendigkeit von regelmäßigen Treffen der Führungsoffiziere gehalten hatte.

Als Reaktion auf Spocks fragende Miene hatte er hinzugefügt: „Mag ja sein, dass diese Versammlungen etwas nützen – meiner Meinung nach wird darauf viel zu viel Wert gelegt. Auf dem Papier klingt das Konzept ja schön und gut, und es gibt der Sternenflotte wenigstens das Gefühl, dass man etwas erreicht ... doch tatsächlich erfahre ich bei diesen Diskussionen nichts, was ich nicht sowieso schon weiß. Wenn es Probleme gibt oder wenn jemand mit einem Vorschlag an mich herantreten will, kann man das auch direkt klären. Dazu muss man nicht warten, bis das Oberste Kommando mal wieder eine lächerliche Personalversammlung anordnet.“

Spock hatte die Augenbraue hochgezogen, wieder einmal erstaunt über die Logik dieses sonst so impulsiven Mannes. Wenn er wollte, konnte James Kirk diplomatischer sein, als man auf den ersten Blick denken mochte; und da es sich nicht gut mit dieser Diplomatie vertrug, eine Einladung zu einer Diskussionsrunde der Führungsoffizieren abzulehnen, schon gar nicht, wenn sie von einem der berühmtesten Admiräle der Sternenflotte kam, folgte die Crew, wenn auch murrend und zögerlich, dem Vorbild ihres Captains und ließ sich auf einen Nachmittag endloser Gespräche und Analysen der aktuellen Entwicklungen ein.

Die Sache war die: Hätte man sich geweigert, an dieser Versammlung teilzunehmen, hätte man nicht nur den Zorn des Captains auf sich gezogen (womit sich verhältnismäßig gut leben ließ), sondern den der gesamten Admiralität, nun präsentiert durch Admiral Radcliffe, seines Zeichens Wissenschaftler und einer der brillantesten Köpfe der gesamten Flotte (eine weniger erstrebenswerte Aussicht). Die Enterprise transportierte eben diesen Admiral zur nächsten Sternbasis („Wir sind ein Forschungsschiff, kein Taxiunternehmen!“, hatte sich das ein oder andere Besatzungsmitglied beschwert), und er hatte es für eine geniale Idee gehalten, höchstpersönlich die Versammlung zu leiten.

Spock hätte dem Admiral gleich anfangs mitteilen können, dass das eine sehr schlechte Idee war, aber als Sohn eines Botschafters wusste auch er genau, wann die Grenzen der Diplomatie erreicht waren. Ohnehin hatte ihn niemand um seine Meinung gefragt; und er schien der Einzige zu sein, der der anstehenden Versammlung nicht mit Widerwillen entgegensah. Alles andere wäre unlogisch gewesen, denn immerhin standen Vulkanier weit über solchen trivialen Gefühlen, und er erkannte eine faszinierende Möglichkeit für den Austausch der neuesten wissenschaftlichen Theorien, wenn er eine sah. Admiral Radcliffe hatte nicht umsonst den Ruf eines Genies inne, und ein Gespräch mit ihm könnte mehr als nur aufschlussreich sein, das mussten selbst Spocks unlogische menschliche Kameraden einsehen – so dachte er zumindest.

Er hätte es besser wissen müssen.

Die ersten Zweifel regten sich, als Spock kurz vor dem Beginn der Veranstaltung die anderen Anwesenden betrachtete. Captain Kirk, Lieutenant Uhura, Lieutenant Sulu, Chefingenieur Scott, Transporterchef Kyle, Sicherheitschef Giotto ... Selbst Doktor McCoy hatte sich zur verabredeten Zeit im Konferenzraum eingefunden, nachdem Spock ihn darauf hingewiesen hatte, dass es laut Vorschriften nicht zulässig sei, Doktor M’Benga dazu zu zwingen, ihn im Namen der medizinischen Abteilung zu vertreten. Begeistert wirkte McCoy allerdings nicht, ebenso wenig wie jeder andere. Selbst dem sonst so aufgeschlossenen Scott flößte die Vorstellung, einen ganzen Nachmittag lang vom geheiligten Warpkern getrennt zu sein, offenbar Unbehagen ein.

Obwohl jeder den Admiral mit gebührendem Respekt begrüßte, änderte sein Erscheinen nichts an der mangelnden Begeisterung, wie Spock missbilligend feststellte. Er würde nach der Versammlung dringend ein ernstes Wort mit dem Captain sprechen müssen, um ihn über die alarmierend negative Einstellung gewisser Crewmitglieder in Kenntnis zu setzen – Kirk selbst mit eingeschlossen.

„Ich freue mich, dass Sie alle hier sind“, begann Radcliffe mit einem Lächeln, sobald jeder seinen Platz gefunden hatte – was ebenfalls nicht ohne Murren geschehen war. Sowohl Doktor McCoy als auch Sulu beklagten sich darüber, wie unbequem die Stühle seien, natürlich gerade so laut, dass der Admiral sie nicht hörte.

Radcliffe interessierte sich ohnehin nicht für den mangelnden Komfort, aus dem einfachen Grund, dass er seinen Stuhl während der folgenden Stunden kein einziges Mal benutzte. Stattdessen stand er wie festgewachsen am Ende des Tisches, die Augen konzentriert auf das Pult vor ihm gerichtet und nur ab und an aufblickend.

„Seit wann haben wir hier denn ein Pult?“, flüsterte Uhura erstaunt. Niemand wusste es.

„Ich dachte, das wird eine Personalversammlung wie alle anderen, das heißt, dass jeder einen kurzen Bericht über die Fortschritte seiner Abteilung gibt und man dann Anträge stellen und Vorschläge machen kann“, knurrte Giotto. „Stattdessen kriegen wir eine Vorlesung, um die keiner hier gebeten hat!“

Die Worte waren gewiss nicht für Spocks scharfe Ohren bestimmt gewesen, und er verkniff sich einen tadelnden Blick in die Richtung des Sicherheitschefs. Giotto hatte nicht ganz unrecht, das musste er zugeben: Admiral Radcliffes Vorstellungen von einer Personalversammlung wichen stark von denen der übrigen Anwesenden ab und brachen die Routine, an die sie alle gewöhnt waren.

Diese Routine bestand in dem, was Giotto so treffend zusammengefasst hatte: Berichte der Abteilungsleiter, Fragen, Anträge und Diskussionen. Es mochte langweilig sein, stundenlang stillhalten zu müssen, bis man selbst an die Reihe kam, aber immerhin erhielt letztendlich jeder die Gelegenheit, seine Wünsche und Klagen zu artikulieren. Und, vor allem: Es entwickelte sich immer ein Gespräch, niemand wurde komplett ausgegrenzt; denn, wie jeder wusste, ließen sich Probleme nur im Dialog lösen.

Admiral Radcliffe jedoch schien genau das nicht zu wissen, oder er hatte es erfolgreich verdrängt; und so geschah es, dass sich die arglosen Führungsoffiziere unversehens mit einem mehrstündigen Vortrag eines ebenso leidenschaftlichen wie brillanten Physikers konfrontiert sahen.

Um Radcliffe kein Unrecht zu tun: Er war brillant, zweifellos, und seine Erkenntnisse im Bereich der Quantenphysik stellten Meilensteine der modernen Forschung dar. Nur leider erstreckte sich die Genialität dieses Mannes nicht darauf, ansprechende Präsentationen zu halten, und er schien vergessen zu haben, dass nicht jeder im Raum in der Lage war, dem komplizierten Fachjargon zu folgen. Genauer gesagt konnten das lediglich zwei Personen: Scott und Spock selbst. Alle anderen, so fähig sie in ihren eigenen Fachbereichen waren, hätten nicht weniger verstanden, wenn der Admiral plötzlich auf Klingonisch weitergeredet hätte.

Radcliffe hatte gerade einmal 4,7 Minuten gesprochen, als Sulu zu gähnen begann, dicht gefolgt von Doktor McCoy. Nach weiteren 3,2 Minuten erweckte auch Kirk den Eindruck, sich nur mit Mühe wachhalten zu können, und Kyle starrte mit glasigen Augen an die gegenüberliegende Wand. Der Admiral hatte sich so sehr in seine – zugegebenermaßen revolutionären – Ausführungen vertieft, dass ihm die mangelnde Aufmerksamkeit seiner Zuhörerschaft völlig entging.

Spock konnte seinen Kameraden ihr schwindendes Interesse nicht verdenken, ebenso wenig, wie er Radcliffe für seine blinde Begeisterung kritisieren konnte. Was ihn dagegen nach ungefähr 14,1 Minuten zu irritieren begann (wenn Vulkanier denn anfällig für diese menschliche Emotion gewesen wären), war die Tatsache, dass der Admiral augenscheinlich eine unbestreitbare Vorliebe für die Verwendung gewisser Formulierungen hatte. Kaum ein Satz verging, ohne dass die Worte und Redewendungen „interessant“, „revolutionär“, „angewandte Physik“ und „lange Rede, kurzer Sinn“ verwendet wurden, um nur einige wenige zu nennen. Dem Verständnis seines Vortrags tat das zumindest für Spock keinen Abbruch – und doch begriff er zum ersten Mal, was McCoy meinte, wenn er sich über den angeblich inflationären Gebrauch seines „faszinierend“ lustig machte.

Wäre es nicht höchst kindisch gewesen, hätte Spock im Geiste eine Strichliste angefertigt, um die Häufigkeit der vom Admiral verwendeten Worte zu überprüfen; und rückblickend würde er sich wünschen, dass es auf diese vergleichsweise harmlose Art der Beschäftigung hätte hinauslaufen können.

Die Langeweile, die seine Kameraden ausstrahlten, war so stark, dass Spock sie mit seinen mentalen Schilden abschirmen musste, um sich nicht davon beeinflussen zu lassen; und in den nächsten Stunden erhielt er die perfekte Möglichkeit dazu, eine Studie über das Verhalten und das Einfallsreichtum sich langweilender Menschen zu betreiben.

Es taten sich, wie man auf der Erde sagte, Abgründe auf.

Anfangs verliefen diese Bemühungen seiner Kollegen noch in recht harmlosen Bahnen. Jeder außer Scott und Spock hatte früher oder später sein PADD aktiviert, und jeder außer Scott und Spock warf so oft einen Blick darauf, wie es die Situation erlaubte.

Captain Kirk spielte Sudoku, McCoy ging medizinische Berichte durch, Uhura las die Intergalaktischen Nachrichten, Sulu löste Kreuzworträtsel. Was Giotto tat, konnte Spock aus seiner Position nicht erkennen; doch Kyle schien sich auf etwas zu konzentrieren, das verdächtig nach der neuesten Version von Hill Climb Racing aussah. (Der Captain hatte Spock einmal dazu genötigt, sich an diesem sehr unlogischen Spiel zu versuchen. Es war eine Erfahrung gewesen, die er nicht unbedingt wiederholen wollte.)

Diese Formen der stillen Einzelbeschäftigung dauerten genau 19,9 Minuten an. Danach leuchtete eine private Nachricht des Captains auf Spocks PADD auf, die ihn dazu einlud, sich zu den anderen in den internen Chatroom der Enterprise zu gesellen, in dem Spock sich bisher aus gewissen Gründen so gut wie nie hatte blicken lassen. Er lehnte auch diesmal ab – diese besondere Form der Kommunikation war ihm suspekt –, doch nach der achten Nachricht Kirks gab er sich geschlagen. Der Mann konnte unangenehm hartnäckig sein, wenn er ein Ziel erreichen wollte.

Kommen Sie schon, Spock, das macht mehr Spaß, als dem Admiral zuzuhören. Sie können uns ja erklären, was er erzählt, damit wir am Ende nicht wie völlige Trottel dastehen.

Spock bezweifelte, dass irgendjemand außer dem Captain und vielleicht Uhura an derartigen Erklärungen interessiert war. Trotzdem loggte er sich in seinen kaum je verwendeten Account ein – nur, um sofort eine spöttische Bemerkung wegen seines Benutzernamens zu ernten.

[MontageSindBloed] Einfallsreicher Name, Mr. Spock!

Mit hochgezogener Augenbraue blickte Spock auf sein PADD. Was, bitteschön, gab es an dem Benutzernamen Cdr.Spock auszusetzen?

Das Eingreifen des Wortführers, bei dem es sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 97,311 Prozent um den Captain handelte, ersparte ihm eine angemessene Erwiderung.

[Hobbit33] Da wir nun alle vollständig sind, außer Scotty, und den werden keine zehn Pferde dazu bringen, seine Aufmerksamkeit etwas anderem als diesem sehr aufschlussreichen Vortrag zu widmen – hat jemand eine Idee, wie wir die nächsten zwei Stunden rumkriegen können?

Spocks Augenbraue wanderte ein kleines Stückchen höher – einerseits wegen Kirks Benutzernamens, andererseits wegen des leicht beschämenden Wissens, dass Scott im Gegensatz zu Spock selbst offenbar immun gegen eine Flut bittender Nachrichten des Captains war. Er stempelte diesen Gedanken schnell als irrelevant ab und wandte sich der im Chatroom entbrannten Diskussion zu, gleichzeitig darauf achtend, dass Admiral Radcliffe zu beschäftigt war, um die Abgelenktheit eines seiner zwei einzigen Zuhörer zu bemerken.

Von einem Benutzer mit dem aussagekräftigen Namen SchoenerAlsDu kam soeben der Vorschlag: „Wir können ja ,Ich sehe was, was du nicht siehst‘ spielen.“ Spock verbrachte die nächsten 3,1 Minuten in dem überwiegend erfolglosen Versuch, herauszufinden, wer sich hinter den jeweiligen Pseudonymen verbarg, während diese und andere Ideen geprüft und abgelehnt wurden.

Er war so sehr in seine Überlegungen vertieft, dass seine Alarmglocken erst zu schrillen begannen, nachdem von dem Benutzer namens DerVierteMusketier ein enthusiastisches „Ich hab’s! Spielen wir Bingo!“ in die Runde geworfen worden war. (Sulu? Die Wahrscheinlichkeit dafür betrug 88,99 Prozent.)

Spock sagte dieses Spiel nichts – trotz seiner Mutter und ihrer Bemühungen, ihren Sohn an, wie sie es bezeichnete, elementare Dinge der menschlichen Kultur heranzuführen, wusste er über die bevorzugten Freizeitbeschäftigungen seiner Kollegen nur das Nötigste. Alles andere ließ sich mithilfe des Computers herausfinden; und in diesem Fall war das nicht nötig, denn er wurde von den anderen Anwesenden sofort über die Hintergründe dieses mysteriösen Bingo aufgeklärt.

[Hobbit33] Das ist ganz einfach. Ihnen ist doch bestimmt auch aufgefallen, dass der Admiral ständig dieselben Wörter und Formulierungen verwendet. Jeder bekommt also eine Karte mit fünf mal fünf Feldern, und in jedem dieser Felder steht eines dieser Wörter – natürlich nach Zufallsprinzip verteilt. Jedes Mal, wenn der Admiral ein Wort sagt, das Sie auf Ihrer Karte haben, machen Sie ein Kreuz in das Feld. Der erste, der fünf Kreuze in einer Waagrechten, Senkrechten oder Diagonalen hat, hat gewonnen.

[Cdr.Spock] Ich bin nicht in der Lage, den tieferen Sinn dieses Spieles zu begreifen, Sir.

[Mariposa] Es ist spannender, als dem Admiral zuzuhören.

[SchoenerAlsDu] Und es ist lustig! Denn das Beste hat der Captain vergessen: Wer zuerst ein Bingo hat, schreit „Bingo“!

[Cdr.Spock] Schreien?

[Hobbit33] Na ja, mal soll es eben so laut sagen, dass es jeder hört.

[Cdr.Spock] Jeder, Captain?

[Hobbit33] Ja, Spock, AUCH der Admiral.

Langsam ahnte Spock, in welche Richtung sie sich bewegten, und er konnte nicht behaupten, dass es ihm gefiel.

[Cdr.Spock] Es wäre nicht angemessen, sich vor einem ranghöheren Offizier auf diese Weise zu blamieren.

[RomulanischesAle] Das ist doch der SINN des ganzen Spiels, Sie grünblütige Spaßbremse! – Doktor McCoy, ohne Zweifel. Spock warf ihm einen kühlen Blick zu, was wie üblich ignoriert wurde. Wirklich, diese Menschen ... Es war ihm unverständlich, in welche Abgründe sie sich begaben, um Spaß zu haben, wie sie es nannten. Wieso sollte jemand willentlich das Risiko in Kauf nehmen, sich vor einem der renommiertesten Forscher der Sternenflotte als völliger Idiot zu entpuppen, indem er einen wichtigen Vortrag mit einem Bingo-Ruf unterbrach?

Es schien, als könnte er auch nach über zwölf Jahren Dienst auf einem hauptsächlich von Menschen bemannten Schiff noch einiges von dieser Spezies lernen.

[MontageSindBloed] Und, Mr Spock, sind Sie dabei?

Spock benötigte genau 8,37 Sekunden, um seine verschiedenen Optionen und deren Vor- sowie Nachteile abzuwägen. Einerseits behagte ihm die Vorstellung, seine Reputation durch dieses lächerliche Spiel zu riskieren, nicht besonders, und ohnehin war dieses Bingo mehr als nur unlogisch. Andererseits – sollte er sich nicht daran beteiligen, würde das einen weiteren Abstand zwischen ihm und der Crew schaffen und ihn, wie McCoy es auf seine liebenswerte Art formuliert hatte, endgültig als Spaßbremse dastehen lassen. Die Chancen, selbst der Unglückliche zu sein, den es zuerst erwischte, waren geringer als die Chancen, von dem Großteil der Anwesenden für seine Weigerung verachtet zu werden.

Schicksalsergeben setzte Spock seine „Ich bin ein Vulkanier und lasse mich deswegen von euch unlogischen Geschöpfen nicht aus der Fassung bringen“-Miene auf.

[Cdr.Spock] Sie können, wie man so schön sagt, auf mich zählen.

[Hobbit33] Gut, ich erstelle mal schnell die Karten und schicke sie euch zu!

Faszinierend, mit welch beinahe kindlicher Begeisterung der Captain sich auf diese Aufgabe stürzte. Nach bemerkenswert kurzer Zeit leuchtete eine weitere Nachricht auf Spocks PADD auf, die seine Karte enthielt – zusammen mit einem „Machen Sie sich nichts draus, da müssen wir alle jetzt durch. Ich hoffe nur, es erwischt Bones.“

Diesem Wunsch konnte Spock sich nur anschließen.

[Hobbit33] Lasset die Spiele beginnen. Ab jetzt! Und nicht schummeln – Spock würde das bestimmt bemerken.

Der erste Treffer ließ nicht lange auf sich warten, denn bedauernswerterweise hatte sich an der Vorliebe des Admirals für bestimmte Ausdrücke in den letzten Minuten nichts geändert. Schneller, als ihm lieb war, hatte Spock mehrere Kreuze auf seiner Karte gesetzt, und auch die anderen Teilnehmer ihrer trauten Runde lauschten fleißig auf ihre Stichworte.

„Wenn man bedenkt, wie revolutionär diese Adaptionen sein könnten ...“, erzählte Radcliffe, ohne sich im Geringsten bewusst zu sein, dass seine Zuhörerschaft ihm nicht aus Interesse an angewandter Physik lauschte, sondern aus weit profaneren Gründen.

McCoy schnaubte und setzte widerwillig ein Kreuz. Von seiner Position aus erkannte Spock, dass dem Arzt nur noch ein Kästchen fehlte, um ein Bingo zu erreichen, und wäre er kein Vulkanier gewesen, hätte ihn diese Tatsache mit Schadenfreude erfüllt. Für ihn selbst sah es allerdings auch nicht viel besser aus, vor allem, als er nach einem besonders komplizierten Satz gleich zwei Felder abhaken musste.

„... könnte eine unglaubliche Bereicherung darstellen, nicht nur im Bereich der Wissenschaften, sondern auch im alltäglichen Leben jedes Föderationsbürgers ...“

Natürlich würde Spock nie zugeben, dass er begann, inständig darauf zu hoffen, dass der Admiral in den nächsten Minuten nicht das Wort „elementar“ verwenden würde.

Leider ließ sich Radcliffe weder von Hoffnungen noch von Wahrscheinlichkeiten beeinflussen, und leider schien das Schicksal Spock an diesem Tag nicht wohlgesonnen zu sein.

„... einen Baustein, der wirklich elementar ist für die Entwicklung von ...“

Elementar. Das Wort blinkte Spock unheilvoll entgegen, das einzige noch freie in einer Senkrechten. Radcliffe sprach ungerührt weiter – natürlich wusste er nicht, was er Spock soeben zugemutet hatte. Seine Kameraden dagegen wussten es ganz genau. Kirk begann nach einem kurzen Blick auf Spocks PADD auf eine Weise zu grinsen, die sich für einen Captain definitiv nicht gehörte, und sogar Uhura konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

„Worauf warten Sie?“, zischte Sulu ihm zu.

Mit dem vulkanischen Äquivalent von Verzweiflung starrte Spock auf den Bildschirm. Es half alles nichts ... die Spielregeln zu brechen, wäre unlogisch gewesen und ließ sich nicht mit seiner vulkanischen Regelkonformität vereinbaren.

Er würde sich bei ihnen rächen, bei ihnen allen außer Scott vielleicht, und niemand könnte behaupten, dass sich das nicht für einen Vulkanier gehörte.

Langsam setzte Spock das Kreuz und wappnete sich innerlich. „Bingo“, sagte er laut und deutlich. Das eine Wort kam ihm schwerer über die Lippen als jede wissenschaftliche Abhandlung, und dennoch hätte man taub sein müssen, um es zu überhören.

Kirk neben ihm lief verdächtig rot an; Radcliffe unterbrach seinen Monolog mit der Verwirrtheit eines Mannes, der gerade unsanft aus einem Traumland in die Realität zurückgeholt worden war.

„Wollen Sie etwas zum Thema beitragen, Commander?“, fragte er, nicht streng, aber auch nicht sonderlich amüsiert.

„Nein, Sir“, erwiderte Spock mit aller Würde, die er aufbringen konnte. Es wäre ihm leichter gefallen, wenn Doktor McCoy sich nicht soeben vor Lachen an seinem Kaffee verschluckt hätte.

Radcliffe bedachte alle Anwesenden mit einem Stirnrunzeln und fuhr dann gnädigerweise mit seinem Sermon fort. „Na gut. Lange Rede, kurzer Sinn – dieser Bereich der angewandten Physik könnte uns helfen, in Zukunft ...“

Als seine Kameraden während des restlichen Vortrags immer wieder in scheinbar grundloses Kichern ausbrachen, tat Spock, als bemerkte er es nicht.

Als Radcliffe sich am Ende der Präsentation strahlend für die Aufmerksamkeit bedankte, ignorierte Spock das Schnauben seiner Kollegen.

Und als es während der nächsten Wochen immer wieder vorkam, dass ein vorlautes Crewmitglied auf dem Gang hinter Spocks Rücken „Bingo“ murmelte, gefolgt von hysterischem Lachen, reagierte Spock nicht.

Immerhin war er Vulkanier und stand weit über diesem würdelosen menschlichen Verhalten. Dennoch ... für die nächste Personalversammlung würde er sich etwas Spezielles für seine Kollegen ausdenken. Etwas ganz Spezielles.
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