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Geisterstunde

von Oriane

Kapitel 3

Mit zufriedenem Blick lehnte Lucy sich im Sessel zurück und nahm einen Schluck Tee. Die erhoffte Wirkung war bei beiden Agenten eingetreten. Baqh starrte mit großen Augen umher und Lynnas Blick huschte immer wieder verstohlen in die Ecken des Raumes. Beide waren gefesselt. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, dachte Baqh bei sich. Immerhin sollten sie eigentlich aufmerksam sein und er konnte nicht behaupten, dass er sich auf irgendetwas anderes mehr konzentrieren konnte, als auf Schattengeister. Ein leises Pingen ließ beide Agenten aufschrecken. Die Uhr auf der Kommode schlug elf. Lynna schienen die gleichen Gedanken zu beschäftigen wie ihn. Sie stand auf, viel weniger entschlossen als vorhin.
„Ich werde noch einen Rundgang durchs Haus machen. Gleiches Prozedere wie vorhin, Baqh, in Ordnung?“
Der Bolianer nickte.
„Haben Sie denn etwas gesehen, oder gehört?“, frage Lucy nervös.
„Nicht direkt, aber Ihre Geschichte…sagen wir, sie hält mich sensibel für ungewöhnliche Vorkommnisse.“
„Tun Sie, was Sie tun müssen.“
Wieder hörten Baqh und Lucy Lynna das Haus untersuchen und diesmal dauerte es länger, bis die Andorianerin zurückkehrte. Zufrieden sah sie allerdings nicht aus, ganz im Gegenteil. Kerzenschein flackerte in ihren groß aufgerissenen Augen und nervös strebte sie zur Fensterfront des Wohnzimmers um nach draußen zu spähen.
„Hast du etwas gesehen?“ Baqh setzte sich kerzengerade hin, soweit das auf dem Sofa möglich war.
„Ich bin mir nicht sicher“, murmelte Lynna. Angestrengt starrte sie in die Dunkelheit. Der Regen prasselte gegen die Scheibe und das Heulen des Sturms war noch schlimmer geworden. „Irgendetwas ist da draußen.“ Sie drehte sich zu Lucy um. „Können Sie sich irgendjemanden vorstellen, der bei diesem Sturm draußen herumläuft? Jemand von dem Hof nebenan vielleicht?“
Nebenan war etwas untertrieben. Der Hof lag etwa einen Kilometer entfernt, war aber des platten Lands wegen, bei Tag gut zu sehen. Ganz schwach ließen sich die Lichter des Hofes durch den Regen erahnen.
„Nein. Wenn sie den Sturmschaden auf den Feldern begutachten wollen, tun sie das üblicherweise tagsüber. Und Tiere, die ausgebüxt sein könnten, gibt es dort auch nicht. Nur einen alten Hund und ein paar halbwilde Katzen.“
Lynna nickte abwesend. Andere Leute gab es in der näheren Umgebung nicht. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass jemand aus der nächsten Stadt sich bei diesem Wetter hier draußen herumtrieb. Es existierte also nur noch eine Möglichkeit, wer sich dort draußen bewegt haben könnte und die machte der Andorianerin ziemliche Sorgen, aber sie hütete sich, diese Vermutung auszusprechen. Vor allem, weil Baqh gerade keine große Hilfe war. Der gutmütige Bolianer dachte nur noch an Schattengeister, das sah sie ihm an. Und wenn er vielleicht die gleichen Gedankengänge hatte, wie sie, so war er doch durch die Geistergeschichte so beeinflusst, dass er bei jedem Flackern der Kerzen zusammenzuckte. Keine guten Voraussetzungen.
„Da!“, rief Baqh plötzlich und zeigte hinaus in die Dunkelheit. Nicht besonders professionell, schoss es Lynna durch den Kopf, aber sie zwang sich zu rationalem Denken. Baqh hatte sich nicht geirrt, sie hatte den Schatten ebenfalls wahrgenommen, wie er ziemlich nah am Fenster vorbeigehuscht war.
„Was ist?“, fragte Lucy, nun offensichtlich ängstlich. „Ist da draußen jemand?“ Sie machte Anstalten, aufzustehen, aber Lynna forderte sie mit einer strikten, ruhigen Geste auf, sitzen zu bleiben.
„Nur die Ruhe. Bleiben Sie sitzen und tun Sie so, als würden Sie sich keine Sorgen machen. Ich werde mich draußen umsehen. Baqh bleibt bei Ihnen, in Ordnung?“
Beide Angesprochenen nickten. Der Bolianer schien heilfroh zu sein, dass Lynna ihn nicht aufgefordert hatte, mit ihr rauszugehen, aber die Aussicht, dann alleine hier mit Lucy zu sein, behagte ihm wohl auch nicht. Am liebsten hätte er dem Plan widersprochen, wenn er nicht hätte einsehen müssen, dass es die einzig vernünftige Konsequenz nach den Vorkommnissen draußen war. Also stimmte er zu und Lynna ging zur Haustür, Taschenlampe, Phaser und Tricorder bereit. Die beiden anderen hörten sie mit der Verriegelung hantieren, aber schon nach einer Minute kehrte sie zurück.
„Haben Sie den Code geändert, Lucy? Oder gibt es noch einen anderen Schließmechanismus?“
Die alte Dame schüttelte verwirrt den Kopf.
„Ich bekomme die Tür nicht auf.“ Sie verschwand wieder, probierte es nochmal bei der Haustür, dann ging sie zur Hintertür. Auch die war fest verschlossen und nicht aufzukriegen. Schlussendlich versuchte sie, die Schiebetür in der Fensterfront zu öffnen, mit dem gleichen Ergebnis. Alarmiert zog sie den Tricorder hervor und versuchte den Mechanismus zu scannen.
„Baqh, sieh dir das an“, forderte sie ihren Kollegen auf und hielt ihm den Tricorder hin. Der Angesprochene starrte eine Weile auf die Werte, dann versuchte er, erneut zu scannen.
„Was bedeutet das?“, fragte er leise. „Diese Werte sind völlig verzerrt.“
„Bei der Haustür habe ich gar keine Werte reinbekommen“, flüsterte Lynna genauso leise zurück. „Etwas stört den Scanner. Hier ist definitiv etwas faul. Ich werde Verstärkung rufen.“
Baqh nickte zustimmend. Diese seltsamen Werte konnten nicht durch Geister hervorgerufen werden. Oder vielleicht doch?
Lynna verließ das Wohnzimmer wieder, um Lucy nicht mit dem Ruf nach Verstärkung und den Einzelheiten zu beunruhigen. Doch als sie in der Küche versuchte, ihren Chef zu kontaktieren, bekam sie kein Signal. Wieder und wieder probierte sie andere Frequenzen durch, versuchte jemand anderen vom Team zu erreichen, nichts und niemand schien das Haus in dieser Nacht verlassen zu können.

Zurück im Wohnzimmer musste Lynna Lucy die Situation beichten. Sie hatte sich in der Küche Gedanken dazu gemacht und beschlossen, dass es besser war, die Dame mit einzubeziehen.
„Es lässt sich also keine Tür und kein Fenster mehr öffnen und Sie bekommen keinen Kontakt zu Ihren Kollegen?“, fasste Lucy die Situation entsetzt zusammen.
„Leider ja“, bestätigte Lynna.
„Aber jemand ist dort draußen! Ich habe die Schatten gesehen! Sie doch auch! Oder glauben Sie, ich werde auf meine alten Tage verrückt und lasse mich selbst durch meine Geistergeschichten beeinflussen?“
„Natürlich nicht.“
„Obwohl Sie zugeben müssen, dass unsere Situation mit der Geschichte viele merkwürdige Gemeinsamkeiten hat“, warf Baqh ein und quittierte dafür einen strengen Blick von Lynna.
„Nunja, solange die Schatten draußen bleiben…“ Es war wohl als Witz gemeint, aber Lucy brachte kein echtes Lächeln zustande, sondern verzog ihr Gesicht zu einer verängstigten Fratze.
„Bisher hat es für alles eine rationale Erklärung gegeben“, sagte Lynna bestimmt.
„Und wie erklärst du dir, dass alles immer passiert ist, kurz nachdem es in der Geschichte passiert ist?“
„Baqh, es ist eine Geschichte! Nichts weiter!“
„Bist du dir da ganz sicher?“
„Natürlich bin ich mir sicher! Es gibt keine Geister.“
„Und was, wenn doch?“
Eigentlich war sich Lynnas rationaler Verstand ziemlich sicher, dass so etwas wie Geister nicht existierte. Geister im herkömmlichen Sinne zumindest. Aber da draußen hatte sich definitiv etwas bewegt und auch, wenn es wohl kein mystisches Wesen war, es war potentiell gefährlich. Und die Tatsache, dass es als Geist auftrat, verhieß nichts Gutes. Es sei denn natürlich, es hatte es nicht darauf angelegt, als Geist erkannt zu werden und Lynnas Augen spielten ihr, geblendet von Lucys Geschichte, einen Streich.
Wie gesagt, keine Geister im herkömmlichen Sinn. Aber vielleicht trotzdem böse Geister.
Die Uhr schlug halb zwölf. Bald war Geisterstunde.
Schluss! Raus aus meinem Kopf!, verfluchte Lynna ihre Gedanken. Das half nicht weiter. Wie lauteten die Fakten? Sie konnte nicht klar denken und ein Blick hinüber zu Baqh machte es nicht besser. Ganz im Gegenteil, ihre anscheinend offensichtlichen Zweifel an ihrer eigentlich gefestigten Anti-Geister-These machten nicht nur sie, sondern auch die beiden anderen nervös. Sie zwang sich zu einer rationalen Zusammenfassung der Informationen.
„Fakt ist, es stürmt, Fakt ist auch, dass der Strom ausgefallen ist, die Türen verriegelt sind und wir weder richtig scannen, noch Nachrichten senden oder empfangen können. Und Fakt ist, dass sich jemand dort draußen bewegt. Lassen wir die bisher geschlossenen Zusammenhänge mal außer Acht. Dann stellen wir fest, dass…“
„Lynna“, unterbrach Baqh, der mit großen Augen aus dem Fenster starrte. „Es ist nicht nur ein jemand, der sich da draußen bewegt. Sieh doch!“, flüsterte er, als hätte er plötzlich Angst, die Schemen, die draußen vorbeihuschten, könnten ihn hören.
Tatsächlich waren es mehr geworden. Es war den dreien unmöglich zu erkennen, wie viele es wirklich waren, aber immer wieder huschten die komplett schwarzen Gestalten draußen vorbei. Sie bewegten sich merkwürdig leichtfüßig, als würden sie schweben. Das, was Lynna in der Ferne als Licht des benachbarten Hofes interpretiert hatte, hatte sich ausgebreitet. Überall flackerten nun Lichter in der Ferne, aber sie reichten nicht, um die Geistergestalten erkennbar zu machen.
„Wenn das ein Scherz sein soll, dann ist es kein guter“, murmelte Baqh und krallte seine Hand in ein Sofakissen. Lucy saß wie erstarrt in ihrem Sessel und wagte nicht, sich zu bewegen.
„Nein, sicher nicht. Ich vermute, es ist eine groß angelegte Aktion, um uns zu überlisten und an Lucy heranzukommen.“ Zumindest hoffte Lynna das. Auch, wenn sie damit ziemlich in der Patsche saßen, es war ihr allemal lieber, gegen real existierende Wesen zu kämpfen, als gegen Geister. Sie hatten schon genug Probleme, auch ohne mysteriöse Geisterwesen.
„Wir müssen Verstärkung rufen.“ Eindringlich sah Baqh zu Lynna. Die nickte zustimmend.
„Fenster und Türen sind verschlossen und von hier drinnen können wir niemanden erreichen. Ich werde ein Fenster einschlagen.“
„Bist du verrückt? Du willst da raus?“
„Hast du eine bessere Idee? Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.“
„Aber was ist, wenn die Geister dich angreifen? Außerdem haben sie dann eine Möglichkeit ins Haus zu gelangen!“
„Das sind keine Geister, Baqh! Und sie haben uns hier drinnen eingeschlossen. Glaubst du wirklich, sie wären nicht in der Lage, das Haus zu betreten?“
Sie konnte ihm ansehen, dass er sich wirklich dieser Illusion hingegeben hatte. „Ich nehme das Küchenfenster. Vielleicht beschränkt sich das Dämpfungsfeld nur auf das Haus, dann müsste ich mir nur herauslehnen. Du bleibst bei Lucy, verstanden?“
„Das ist eine fürchterlich leichtsinnige Idee!“
„Es sind keine Geister!“, fluchte Lynna mit Nachdruck. Dann verschwand sie mitsamt ihrem Equipment in die Küche. Baqh hörte sie kurz nach einem schweren Gegenstand suchen, dann vernahm er das Geräusch der zerspringenden Fensterscheibe und fragte sich, ob er seine Kollegin je wiedersehen würde.
Sorry für die lange Pause, das RL hat gestresst. Aber ich will die Geschichte vor Weihnachten noch fertig kriegen :)
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