TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Wahre Freunde

von Martina Strobelt

Kapitel 2

Die eisigen Winde pfiffen durch die Ritzen der Baracke, zerrten an den Fensterläden, wie Klauen einer Macht, die nicht begreifen wollte, was im Innern der Hütte vor sich ging.
Wie eine Verkörperung Cardassias, dachte Jaman unwillkürlich. Eine widersprüchliche Überlegung, wenn man bedachte, dass Kälte in Garaks Heimat ein Fremdwort war, aber das traf nur auf das Klima zu, und daher war der Vergleich gar nicht so falsch.
Das Lachen seiner Tochter lenkte Jamans Aufmerksamkeit zurück zu dem Bild, das so gar nicht zu dieser Überlegung passen wollte.
Laren hockte auf einem der Stühle und blickte verzückt auf den jungen Cardassianer hinab, der zu ihren Füßen auf dem Boden saß und ihr irgendeine Geschichte erzählte, die allem Anschein nach sehr lustig sein musste.
Wie so oft in den vergangenen Wochen sann Jaman darüber nach, wie unerwartet dieser Weg doch war, den zu gehen ihm die Propheten bestimmt hatten. Hätte jemand ihm früher gesagt, er würde einmal nicht nur freiwillig einen Cardassianer in sein Haus bitten, sondern sich sogar auf diese Besuche freuen, dann hätte er wohl am Geisteszustand des Betreffenden gezweifelt, und nun ...
Hatten Jamans Landsleute genau wie er selbst anfangs noch an eine vorübergehende Laune des Cardassianers geglaubt, mussten sogar die Misstrauischsten unter ihnen inzwischen zugeben, dass sie sich geirrt hatten. Glinn Garak hatte sein Wort gehalten und sich bei Gul Marak für eine Verbesserung der Bedingungen verwendet, unter denen die Bajoraner hier leben mussten. Nach und nach hatten die Lagerinsassen nicht nur bessere Verpflegung, Decken, wärmere Kleidung und medizinische Versorgung, sondern auch Holz erhalten, um ihre Baracken ausbessern und ausreichend beheizen zu können. Seit seiner Ankunft war hier niemand mehr verhungert oder erfroren. Hinzu kam, dass er den ihm unterstellten Offizieren und Soldaten verboten hatte, eine Bajoranerin - oder einen Bajoraner - gegen ihren oder seinen Willen anzufassen.
Ja, Glinn Garak war anders als die anderen Cardassianer, sie alle hier hatten ihm viel zu verdanken, er war vermutlich der einzige ihrer Bewacher, der durch das Lager gehen konnte, ohne dass ihm hassvolle bajoranische Blicke, ja nicht einmal ein hassvoller Gedanke, folgten. Jaman selbst machte keinen Hehl daraus, dass er dem Offizier freundschaftliche Gefühle entgegenbrachte - und Laren war in den jungen Cardassianer geradezu vernarrt - eine Zuneigung, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Zuerst hatte der besorgte Vater in Jaman die wachsende Vertrautheit zwischen den beiden mit Argwohn betrachtet, man munkelte auf Bajor von seltsamen Gelüsten mancher Cardassianer, aber da nichts im Verhalten des Glinn Jamans Misstrauen bestätigte, verschwand es schließlich, um niemals wiederzukehren.
Garak hatte seine Erzählung davon, wie er in seiner Jugend seine Erzieher mit diversen Streichen gefoppt hatte, beendet. Larens kleines Gesicht glühte vor Begeisterung. Einer spontanen Regung folgend zog er sie herunter vom Stuhl und sie begannen eine Balgerei, die damit endete, dass er scheinbar hilflos auf dem Rücken lag, während sie rittlings auf seiner Brust saß und ihn mit blitzenden Augen aufforderte, sich zu ergeben.
In diesem Moment hätte Jaman mit Freuden sein Leben dafür gegeben, wenn es der Preis gewesen wäre, dass alle Cardassianer so sein könnten, wie dieser eine dort, der dem Verlangen seiner Tochter lachend nachgab und laut seine Niederlage verkündete. Wie viel Leid wäre seinem armen Volk dann erspart geblieben ...
Garak fühlte den Blick des Bajoraners und erwiderte ihn über Larens Schulter. Es gehörte nicht viel dazu, sich vorzustellen, was Jaman gerade durch den Kopf ging. Wie alle Bajoraner konnte Jaman seine Gefühle nur schlecht verbergen, eine Eigenschaft, die Garak immer wieder aufs Neue erheiterte. Cardassianer hatten ihre Gesichtszüge immer im Griff. Kein Muskel hatte in Glan Dukats Miene gezuckt, als er erkennen musste, dass Garak als Sieger aus der Konfrontation hervorging, deren Mittelpunkt Jamans Bitten gewesen waren.
Als Garak die Liste Gul Marak vorgelegt hatte, war er zunächst auf heftigen Widerstand gestoßen. Die anderen Offiziere, allen voran Glan Dukat hatten Gul Marak beschworen, sich nicht durch unangemessene Milde lächerlich zu machen, aber so gerne der Kommandant ihrem Rat gefolgt wäre, so wenig wollte er sich den Sohn eines mächtigen Mannes zum Feind machen - schon gar nicht wegen einigen dreckigen Bajoranern. Außerdem war Gul Marak ein eitler Mann, der sich in der Rolle des gnädigen Herrschers über Leben und Tod, die Garak ihm mit geschickt gewählten Worten schmackhaft machte, gut gefiel - zumal sie ihn praktisch nichts kostete. So hatte der neue Erste Offizier sich am Ende durchgesetzt.
Trotz allem gab Garak sich keinen Illusionen hin, Dukat hasste ihn, und mit seiner Parteinahme gegen einen milderen Kurs hatte der Glan ihm ganz offen den Krieg erklärt, und selbst wenn er die erste Schlacht gewonnen hatte, so wussten sie beide doch genau, dass eine gewonnene Schlacht noch keinen gewonnenen Krieg bedeutete.
Ja, manchmal, wenn er allein in seinem Quartier saß, fragte Garak sich insgeheim sogar, ob er sich seines ersten Sieges wirklich freuen konnte, da er ihn jeglicher Hoffnung beraubt hatte, unter seinen hier stationierten Landsleuten Freunde zu gewinnen. Er hatte die Einheit des Militärs verraten und sich offen auf die Seite von Bajoranern gestellt, da bedurfte es keiner zusätzlichen Intrigen Dukats mehr, um zu erreichen, dass die anderen Cardassianer ihn ablehnten, er hatte sich durch sein Verhalten selbst geächtet. Er war der Erste Offizier, keiner wagte es, ihm den Gehorsam zu verweigern, oder ihm offen seine Verachtung zu zeigen, aber sie schlossen ihn aus ihrem Leben aus, mit Ausnahme des Kommandanten richtete niemand ein privates Wort an ihn, Gespräche verstummten, wenn er ins Zimmer trat. Daheim auf Cardassia hatte es Garak als Sohn eines einflussreichen Mannes niemals an Freunden gemangelt. Natürlich war er klug genug um zu wissen, warum die meisten von ihnen seine Gesellschaft gesucht hatten, aber dennoch hatte er sich daran gewöhnt, dass andere sich um seine Gunst bemühten.
Nun lernte Garak das erste Mal, was Einsamkeit bedeutete - und mehr als einmal fragte er sich, ob diese Bajoraner hier dies alles wert gewesen waren.
Trotz allem konnte er seine cardassianische Herkunft nicht verleugnen. Viele Bajoraner hier schuldeten ihm ihr Leben, aber wenn er sich auch für sie einsetzte, so betrachtete er sie doch niemals als Gleichgestellte. Ihre Dankbarkeit war kein Ersatz für die Achtung und die Freundschaft von Cardassianern. Für ihn waren die Bajoraner ihm und seinem Volk in jeder Hinsicht unterlegene, einfache Geschöpfe, denen er die gleiche freundliche Nachsicht wie jungen Tieren entgegenbrachte, und so behandelte er sie auch - mit einer Ausnahme.
Jaman war anders als seine Landsleute. Hatte Garak sich anfangs auch dagegen gewehrt, so musste er sich schließlich eingestehen, dass er begonnen hatte, diesem Bajoraner - und auch seiner kleinen Tochter - echte Zuneigung entgegenzubringen. Soweit es Laren betraf, beunruhigte ihn diese Erkenntnis nicht weiter, wer könnte schon dem kindlichen Charme eines so entzückenden Dinges widerstehen, das alles darauf anlegte, ihm zu gefallen?
Aber ihr Vater? Zuerst hatte er seine immer häufiger werdenden Besuche vor sich selbst damit gerechtfertigt, dass sie ihn bei seiner Arbeit hier unterstützen. Dann hatte er widerstrebend erkannt, dass er Jamans Gesellschaft der Einsamkeit seines Quartiers vorzog. Schließlich begriff er, dass es keinen Sinn hatte, sich selbst etwas vorzumachen. Er brauchte die langen zunehmend vertraulicher werdenden Gespräche mit diesem Bajoraner, um die von der Ablehnung durch seine Landsleute verursachte Leere in seinem Innern zu kompensieren, mehr noch, wenn er ehrlich war, dann genoss er ihre Diskussionen, die oftmals bis in die frühen Morgenstunden andauerten. Für einen Bajoraner war Jaman wirklich erstaunlich intelligent und scharfsinnig ...
Nachdem Laren ihren Triumph ausreichend genossen hatte, rutschte sie von Garaks Brust und gebot ihm mit einer knappen Bewegung ihrer Hand, aufzustehen.
Diese Geste versetzte Jamans Herzen einen scharfen Stich. Zu oft schon hatte er sie bei einem Cardassianer gesehen, der damit einen Bajoraner, der vor ihm kniete und um Gnade bat, wie ein lästiges Insekt davonscheuchte. Auch wenn diese Geste bei Laren nicht herrisch, sondern anmutig wirkte, kopierte sie damit doch die gleiche Bewegung, die sie bei Gul Marak oder einem der anderen Cardassianer offenbar abgeschaut hatte. Während er noch darüber nachdachte, wie er sie deswegen tadeln konnte, ohne ihr wehzutun, so, dass sie es begriff, war sie schon zu ihm gelaufen und hatte ihn umarmt. Und die Liebe zu ihr wallte in ihm auf und ließ ihn seine Missbilligung vergessen. Sie war nur ein Kind, er konnte von ihr nicht erwarten, die Gefühle der Erwachsenen zu verstehen...
„Bitte, spiel mir ein Lied auf dem Belaklavion“, bat Laren, „er“, sie deutete auf Garak, der sich erhoben hatte und sie belustigt beobachte, „hat dich noch nie spielen gehört. - Er spielt sehr schön“, wandte sie sich an den Cardassianer, „es wird dir bestimmt gefallen.“
„Wie könnte ich mir erlauben, daran zu zweifeln“, erwiderte Garak heiter.
„Na gut“, gab Jaman nach. „Hol das Belaklavion und ich werde für euch spielen. Aber höchstens ein, zwei Lieder, es ist schon spät, junge Dame, du solltest schon längst im Bett liegen.“
„Ich habe kein Bett“, stellte sie mit erstaunlich ruhigem Ernst fest. „Keiner hier hat ein Bett.“
Jaman wusste nicht, was er darauf erwidern konnte, so schwieg er. Es stimmte, hier gab es keine richtigen Betten, nur mit Stroh gefüllte Säcke, ihm war nie bewusst gewesen, dass Laren dieser Unterschied so klar war. Vielleicht war sie doch nicht mehr so jung, wie er gedacht hatte. Sie war zwar erst sieben, aber in einem Flüchtlingslager alterten die Kinder schneller - viel zu schnell.
„Wenn du ein richtiges Bett möchtest“, ließ sich Garaks dunkle Stimme vernehmen, „dann wirst du eines bekommen, das verspreche ich.“
„Wirklich?“, vergewisserte sie sich glücklich.
„Wirklich,“ bekräftigte er. „Und wenn ich es selbst zimmern müsste!“
„Du weißt, wie man ein Bett baut?“ Der ungläubige Unterton verriet Garak, dass die kleine Bajoranerin kein großes Vertrauen in seine praktischen Fähigkeiten hatte. Kein Wunder, Gul Marak und die anderen Cardassianer hielten körperliche Arbeit für unter ihrer Würde. Genaugenommen tat er das auch, aber er hatte es versprochen - und außerdem reizte ihn der Zweifel in ihren dunklen Augen, die denen ihres Vaters so sehr glichen.
„Es gibt nur wenige Dinge, auf die ich mich nicht verstehe“, sagte er sanft.
„Aber Belaklavion kannst du nicht spielen, oder?“
Garak schüttelte den Kopf, „nein - aber vielleicht“, fuhr er einer plötzlichen Eingebung folgend fort, „könnte dein Vater es mir beibringen, was meinst du?“
Er sah Jaman an, in dessen Blick sich die gleiche Verwirrung widerspiegelte, die er selbst empfand. Was tat er da eigentlich? Nicht nur, dass er der Kleinen gerade versprochen hatte, ihr ein Bett zu bauen, erklärte er ihr auch noch, dass er lernen wollte, irgendein bajoranisches Instrument zu spielen, das er bislang noch nie gesehen, geschweige denn gehört hatte. Vielleicht hatte Dukat recht, und sein Geisteszustand ließ zu wünschen übrig. Für einen Moment war Garak versucht, seine voreilig geäußerten Worte als Scherz abzutun, aber die echte Begeisterung, mit der Laren nun in eine andere Ecke der Hütte rannte und von dort einen langen schwarzen Kasten holte, dem ihr Vater ein seltsam geformtes, offenbar sehr altes, Saiteninstrument entnahm, hielt ihn zurück.
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist“, baute Jaman dem Cardassianer, dessen Unbehagen er deutlich spüren konnte, eine Brücke. „Ich habe nicht das Zeug zu einem Lehrer.“
Ohne dass er es sich erklären konnte, fühlte Garak wie bei dieser Bemerkung sein Ehrgeiz erwachte. Er hatte Musik schon immer gemocht, und wenn ein Bajoraner wie Jaman Belaklavion spielen konnte, dann würde er es erst recht können.
„Nun, wenn das so ist“, der Cardassianer zwinkerte Laren zu. „dann werde ich mich wohl bemühen müssen, ein besonders guter Schüler zu sein.“

* * *

Gul Maraks Finger trommelten nervös auf die Platte seines Schreibtisches. Er hasste es, unter Druck gesetzt zu werden. Wie hatte Dukat sich erdreisten können, unangemeldet das Büro seines Vorgesetzten zu betreten und ihm mehr oder weniger direkt vorzuwerfen, dass die Autorität Cardassias durch das ungebührlichen Verhalten von Glinn Garak der Lächerlichkeit preisgeben wurde?!
Am liebsten hätte Gul Marak seinen Zweiten Offizier, der da ohne jede äußerliche Regung vor ihm stand, unter Arrest gestellt, weil er die Frechheit besaß, ihn zwingen zu wollen, sich mit Dingen zu befassen, mit denen zu beschäftigen er sich bisher so erfolgreich geweigert hatte. Aber zu seinem Erstaunen stellte Gul Marak fest, dass er sich scheute, diesem Wunsch nachzugeben. Die plötzliche Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Er war Dukats kommandierender Offizier, Dukat musste sich der Unterstützung der anderen Offiziere sehr sicher sein, sonst hätte er es nie gewagt, ihn derart herauszufordern. Dukats spöttischer Blick bewies Marak, wie richtig er mit seiner Vermutung lag, dass er eine Revolte riskierte, wenn er den Glan wegen seiner Unverschämtheit zur Rechenschaft ziehen würde. Wut stieg in ihm hoch, als ihm erstmals bewusst wurde, dass Dukat ihm die Schuld dafür gab, nicht zum Glinn befördert geworden zu sein - und dass der junge Offizier die vergangenen Wochen offenbar genutzt hatte, um seine Position in einer Weise zu stärken, die Gul Marak alles andere als gefiel, mehr noch, die gefährlich werden könnte, sehr gefährlich sogar.
Sein Zorn half dem Kommandanten, seine Furcht zu überwinden. Er hatte schon gekämpft als dieser Grünschnabel noch nicht einmal geboren war. Was kümmerte es ihn, ob Elims enger Umgang mit einem Bajoraner die Autorität Cardassias untergrub, da Dukat im Begriff war seine Autorität zu bedrohen. Gul Marak beendete den Trommelwirbel seiner Finger und richtete sich in seinem Stuhl zu seiner vollen Größe auf. Er fixierte seinen Zweiten Offizier kalt und registrierte zufrieden, dass dieser durch seine anscheinend unerwartete Reaktion verunsichert war. Der Spott verschwand aus Dukats Blick und machte einem Hauch von Unruhe Platz, den Gul Marak sehr genoss.
„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Glan, verlangen Sie von mir, Glinn Garak Vorschriften zu machen, wie und mit wem er seine dienstfreie Zeit verbringt?!“
„Es ziemt sich für einen cardassianischen Offizier nicht, die Gesellschaft eines Bajoraners der von Cardassianern vorzuziehen“, sagte Dukat unbeirrt.
„Ebenso wenig, wie seinem Vorgesetzten vorschreiben zu wollen, wie er sein Kommando zu führen hat, nicht wahr?“, fragte Marak seidenweich.
Du alter FeiGlinng, dachte Dukat verächtlich. Du versteckst dich hinter deinem Rang, den du nur bekleidest, weil sie keinen anderen Dummen gefunden haben, der diesen Posten freiwillig übernehmen wollte.
Aber widerwillig musste Dukat anerkennen, dass Marak ihn in eine Falle hatte laufen lassen, aus der er sich nur befreien konnte, wenn er sofort nachgab. Mochten die anderen Offiziere sich auch vielleicht gegen den Kommandanten stellen, wenn er seinen zweiten Offizier um einer für sie nachvollziehbaren gerechten Forderung willen bestrafen würde, bezweifelte Dukat ernsthaft, dass sie das Gleiche tun würden, sollte Gul Marak ihn der Subordination anklagen.
„Es ging mir ausschließlich darum, meiner aufrichtigen Besorgnis um das Ansehen Cardassias Ausdruck zu verleihen“, schwächte Dukat daher hastig ab. „Es lag mir fern, etwas Anderes anzudeuten, und falls dies versehentlich doch geschehen sein sollte, so bitte ich um Entschuldigung.“
„Gewährt“, sagte Marak kühl. „Ich weiß, dass Sie in ehrenvoller Absicht hierher kamen, Khemor“, fügte er nach kurzem Zögern eine Spur wärmer hinzu. „Ich versichere Ihnen, dass ich ebenso wenig Verständnis wie Sie für Glinn Garaks Vorliebe für diesen Bajoraner habe, aber so wie die Dinge eben liegen ...“ Er beendete seinen Satz nicht, und das war auch nicht nötig. Die Botschaft war angekommen und Marak beglückwünschte sich insgeheim zu seinem taktischen Geschick, Garak indirekt die Schuld an der Dukat gerade zugefügten Demütigung zugeschoben zu haben, ohne es direkt auszusprechen. Mochten sie sich gegenseitig zerfleischen, er jedenfalls wollte keinen von beiden zum Feind haben.
Dukat verneigte sich leicht. Dieser alte Mann mochte zwar ein FeiGlinng sein, aber er war alles andere als dumm. Er war dumm gewesen, ihn herauszufordern, aber er gehörte nicht zu denen, die denselben Fehler zweimal machten. Gul Marak hatte ihn protegiert, er hatte hier als einfacher Soldat angefangen und es innerhalb eines Jahres zum Glan gebracht.
Nein, wenn er ehrlich war, dann konnte er seinem Kommandanten nichts vorwerfen als dass er sich nicht gegen die Ernennung dieses Garaks gewehrt hatte, und mangelnde Courage war seines Hasses nicht wert. Garak allein war der Dorn in seinem Fleisch, würde dieser hochmütige verweichlichte Abkömmling einer einflussreichen Familie erst von der Bildfläche verschwunden sein, würde Gul Marak ihn wieder fördern, da war Dukat sich ganz sicher - und falls er es wider Erwarten doch nicht tun würde, nun dann gab es noch andere Möglichkeiten, die Ziele zu erreichen, die er sich gesetzt hatte - aber darüber würde er nachdenken, wenn es soweit war. Für den Moment würde er alle seine Kräfte darauf konzentrieren, seinen Rivalen zu vernichten, er wusste zwar noch nicht wie, aber etwas würde ihm schon einfallen, da war er ganz sicher.

* * *

Jamans Mundwinkel zuckten amüsiert, während er Garaks Bemühungen beobachtete, dem Belaklavion auf seinem Schoß einen Ton zu entlocken, der nicht wie das Kratzen eines rostigen Nagels auf Metall klang.
Garak überlegte kurz, ob er es einfach übersehen sollte, dass der Bajoraner sich genaugenommen über ihn lustig machte, als ihm bewusst wurde, dass es ihn nicht kränkte - ja nicht einmal störte. Und als Laren sich nun demonstrativ die Ohren zuhielt, trafen sich die Blicke der Männer - und plötzlich fingen beide an zu lachen.
„Ich glaube, ich muss noch eine Menge üben, bis ich so gut spiele wie du“, sagte Garak immer noch lachend.
„Und wenn du tausend Jahre übst, so gut wie ich wirst du niemals werden.“
Kaum dass ihm dies herausgerutscht war, biss sich Jaman auf die Lippen. Er war zu weit gegangen, nicht nur, dass er gegenüber dem Offizier mit seinem Können geprahlt hatte, was beinahe genauso schlimm war, er hatte ihn spontan geduzt, als ob er ein Gleichgestellter wäre. Kein Cardassianer konnte eine solche Respektlosigkeit ungestraft hinnehmen. Aber nun war es zu spät, um seine voreiligen Worte zu bereuen.
Schlagartig war Garak ernst geworden und starrte den Bajoraner stumm an, als könne er nicht fassen, was dieser eben gewagt hatte. Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich bis zur Unerträglichkeit aus.
Verunsichert blickte Laren von einem zum anderen, ohne zu begreifen, woher die plötzliche Spannung kam, dann lief sie zu Garak und umarmte ihn.
„Sei nicht traurig“, bat sie ungewohnt schüchtern. „Vater irrt sich ganz bestimmt. Wenn du ganz viel übst, dann wirst du irgendwann sicher auch so schön spielen wie er, nicht wahr, Vater?!“
„Ja, Kleines“, erwiderte Jaman zögernd. „Das wird er sicher.“
„Siehst du“, Laren wandte Garak ihr strahlendes Gesicht zu, „er wollte dir nicht wehtun. Wahre Freunde tun sich nämlich niemals absichtlich weh, weißt du.“
Der junge Offizier schluckte hart. Widerstreitende Gefühle rangen miteinander. Hier und jetzt wurde alles in Frage gestellt, woran er sein ganzes Leben lang geglaubt hatte. Dieses Kind und seine verfluchte Unschuld brachten die Mauern zum wanken, die er um sein Herz errichtet hatte, all die hohen Wälle, die seine Seele vor einer Wahrheit hatten schützen sollen, der er sich nicht hatte stellen wollen. Es beleidigte ihn nicht, wenn Jaman ihn duzte, Laren hatte das von Anfang an ganz unbefangen getan, ohne dass er sich daran gestoßen hätte. Sollte es möglich sein, dass sie beide, ein Bajoraner und ein Cardassianer für einander tatsächlich mehr sein konnten ...
Garak legte seine rechte Hand sanft auf Larens dunkles Haar. Sein Blick glitt von ihrem Gesicht zu dem ihres Vaters.
„Ja, du hast recht“, sagte der Cardassianer leise. „Wahre Freunde tun so etwas nicht.“
Rezensionen