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Unbesiegt ...

von MaLi

Kapitel 1

Das kalte Wasser erfrischte ihn. In Perlen fiel es ins Waschbecken, tropfte von seinem müden Gesicht. Er hatte schlecht geschlafen und er war überzeugt, dass man es ihm ansah. Prüfend warf er einen Blick in den großen Spiegel, der ihn mit seinen unnötigen Dimensionen gleich doppelt zu verhöhnen schien. Skrain seufzte, stützte sich auf dem Waschbecken ab und blinzelte seinem müden Ich entgegen.

Ein Zug von belustigtem Spott zuckte ihm um den Mund. Könnten seine Feinde ihn jetzt so sehen … Müde, zerzaust und noch grauer als sonst, kein Hohn in den Augen und keine Arroganz in den Gesichtszügen. Wenn DIE wüssten …
Der eine Mundwinkel formte jetzt ein Lächeln. Gestern nicht, heute nicht und morgen nicht. Auch nicht die nächsten zwei Wochen. Für diese Zeit war er kein Gul, kein Krieger, kein Soldat, musste keine Ehre verteidigen, kein Gesicht wahren, kein Ekel sein. Keine Kämpfe, keine Konfrontationen, keine Machtdemonstrationen. Für diese zwei Wochen war er einfach nur Ehemann und Vater und das war, wie er fand, seine forderndste Rolle von allen.

Seufzend trocknete er sich das Gesicht. Urlaube gab es so wenige und wenn, waren sie nicht mal erholsam. Zumindest nicht für seinen Körper und ganz besonders nicht um seinen Wildfang von Tochter. Er grinste seinem müden Ich entgegen und schüttelte leicht den Kopf. Er hatte keinen Grund zum Jammern. Er war zu Hause bei seinen Liebsten und auch wenn die Nacht bisher kurz und unbequem gewesen war, war es doch dieses Zusammensein, auf das er sich monatelang gefreut hatte. Leise schloss er die Tür hinter sich und schlurfte zurück ins Schlafzimmer, wo er gähnend unter die Decke kroch. Ziyal, die in der Mitte lag, hatte endlich etwas Platz gemacht. Zufrieden rollte er sich ein, wobei er darauf achtete, mit dem Rücken zu seiner Tochter zu liegen. Die hatte in ihrem unruhigen Schlaf die längste Zeit um sich getreten und ihm empfindlich den Bauch malträtiert. Erschöpft wie er war, schlief er nur kurz darauf wieder ein.

***

„Paps? Pahaps!“
„Was!?“
Seine Gedanken waren noch viel zu träge für Realität.
„Paps, es ist Morgen. Du musst aufstehen. Jetzt!“
„Muss ich?“, murmelte er verschlafen und seufzte tief.

Er zuckte zusammen, als er endlich seine verklebten Augen aufzwang. Zwei herrliche, grünbraune Planeten schwebten vor seinem Gesicht. Sie blinzelten und gingen dann auf Abstand. Ziyal saß direkt auf seinem Bauch, er musste sich im Schlaf auf den Rücken gedreht haben. Bequem machte sie sich auf ihm wie auf einem Strandtuch lang, stützte lässig den Kopf in die eine Hand und malte mit dem Zeigefinger der anderen unsichtbare Kunstwerke auf sein Gesicht. Er fühlte, wie sie das löffelförmige Mal auf seiner Stirn ausmalte. Er liebte diese Berührung, sie kribbelte angenehm in ihm. Zyal erwiderte sein Lächeln.

„Hast du es bequem auf mir?“, spöttelte er, als sie ihm beim Positionswechsel unabsichtlich ihren harten Ellbogen schmerzhaft zwischen zwei Rippen drückte. 
„Ich liege gerne bei dir“, nickte sie fast feierlich, kuschelte sich an und in Skrains Herz ging die Sonne auf. „Bei dir riecht es immer nach Paps.“
„Das magst du?“, fragte er nach und freute sich.
„Ja, nur dein Mund riecht komisch“, bemängelte sie, worauf Naprem neben ihm losprustete. Sie hatte es nicht ganz geschafft, ihr Lachen abzuwürgen.
„Ich putzte mir gleich die Zähne, kleiner Gecko“, versprach er seiner Tochter versöhnlich und lenkte sein Gähnen gnädig von ihr weg.
Er streckte Naprem, die im Schneidersitz auf dem Bett saß, seine Hand entgegen. Sie nahm sie und küsste sie sanft.
„Hallo Liebster“, begrüßte sie ihn, „Hast du gut geschlafen?“ Er seufzte nur vielsagend. „Ich weiß: Ich auch!“

„DU hast immer geschlafen, wenn ich wach war“, bezweifelte er ihre Aussage.

„Und DU hast immer geschlafen“, gab sie zurück, „wenn ICH wach war.“
Ihr gemeinsamer Blick ruhte jetzt auf der quietschfidelen Ziyal.

„Ich habe gut geschlafen“, offenbarte die nicht überraschend. „So gut, dass ich ab jetzt immer bei euch schlafen werde!“

„Bitte keine Drohungen am Morgen früh“, murmelte Skrain in die verblassende Morgenröte.
„Da wirst du dich doch zu wehren wissen, großer Gul“, spöttelte Naprem lieb.
Dukat frotzelte ein stummes Mimimi in ihre Richtung, worauf seine Frau lachte und aufstand.
„Früüüüüühstüüüück!“
Ziyal sprang begeistert auf und folgte ihr. Skrain rieb sich den eben gestoßenen Bauch und seufzte tief. Der Urlaub hatte begonnen …

***

Naprem kochte bereits Getreidebrei, als sich Skrain endlich dazu hinreißen ließ, ebenfalls in der Küche zu erscheinen. Er wurde schon sehnsüchtig erwartet. Auf seinem Platz, wo er normalerweise alleine frühstückte, stand alles in doppelter Ausführung bereit. Zwei Gläser, zwei Schüsseln, zwei Löffel und zwei Kulleraugen, die selbst Marmor erweichen konnten.

„Pahaps? Darf ich bei dir sitzen?“
„Muss das sein?“, fragte er hoffnungsvoll und sich nach einer geruhsamen Anlaufzeit sehnend, nach.
„Ach bitte, Paps! Ich mach mich auch ganz klein. Versprochen.“
Unter ihren Dackelaugen dahinschmelzend seufzte er und hob sie auf seinen Schoss. Ein Keuchen entfuhr ihm.
„Klein, aber nicht leichter!“, wies sie ihn auf ihr klar formuliertes Versprechen hin.
„Ja“, gestand er gepresst, „allerdings!“
„Paps, heute ist Jahrmarkt“, wechselte sie abrupt das Thema, „Gehen wir hin? Ja? Bitte!“
„Sobald ich wach bin“, vertröstete er sie hoffnungsvoll auf später und nahm dankend die nun volle Schüssel Getreidebrei von Naprem entgegen.

Der erste Löffel zauberte ein Lächeln auf sein noch müdes Gesicht. Obwohl ihm durchaus schmeckte, was er im Dienst serviert bekam, meinte er doch deutlich die Liebe heraus zu spüren, die Naprem in ihre Arbeit gab. Der beste Koch des Universums, so war er überzeugt, könnte ihm niemals darreichen, was seine Liebste mit einfachen Mitteln für ihn zauberte.

„Liebste Naprem“, seufzte er, „bei dir ist selbst ein schlichter Getreidebrei ein Gedicht …!“
Sie lächelte etwas verlegen und senkte den Blick. Skrain löste seine Hand von der warmen Schale und legte sie in ihrer Nähe auf den Tisch. Die von seiner Frau fand gleich darauf dazu. In starkem Kontrast hob sich ihre rosige Hand von seiner grauen ab.
„Der Poet ist wieder da“, lächelte sie. Ihm ging das Herz auf.
„Hast du mich vermisst?“
„Ach was“, scherzte sie und streichelte seine Finger.
„Ig ’ab dig vamifft, Babs!“, versicherte ihm Ziyal mit vollem Mund. „Gang’ fefft!“
„Und ich vermisse deine Manieren“, schimpfte er gespielt und knuddelte sie mit seinem freien Arm. Ziyal quietschte ihren Brei vor Vergnügen über den halben Tisch.

***

Skrain genoss das Essen. Seine Tochter gönnte ihm wieder etwas mehr Ruhe, auch wenn er jeden Löffel an ihrem Kopf vorbei balancieren musste. Kaum war sie fertig, rutschte sie von seinem Schoss und belagerte ihn nun ihm Stehen.

„Jaaah?“, fragte er etwas misstrauisch nach.
„Bist du jetzt wach, Paps?“
„Ja, warum?“

Darauf bekam er keine Antwort, denn Ziyal sprang mit einem Jauchzen in den Flur hinaus davon. Naprem lachte, während er  ihr nur verdutzt nachschauen konnte.

„Sie hat dich sehr vermisst“, erklärte ihm die Bajoranerin. Ihre Augen sprachen deutlich aus, dass sie nicht nur von Ziyal sprach.
„Ich euch auch“, nickte er. „Ich … Ich habe mir etwas überlegt.“
„Ja?“ Sie griff unterstützend nach seiner Hand.
„Wie wäre es, wenn du den Militärdienst wieder aufnehmen würdest? Als Gul genieße ich Privilegien, wir könnten gemeinsam auf dem selben Schiff dienen. Ziyal wäre bei uns und … Was meinst du?“
Ihr Blinzeln war langsam, aber das Lächeln erstarb dabei nicht.
„Ich habe auch schon darüber nachgedacht“, gestand sie ihm. „Mir behagt nur der Gedanke nicht, sie mit in diese Unruhen zu nehmen. Allerdings … Wir leiden alle drei unter der Abwesenheit des Anderen. Vielleicht- …“
„Paps, ich bin fertig!“, platzte Ziyal ins Gespräch. „Gehen wir jetzt? Mama, du kommst doch auch mit, oder?“

Seine Tochter stand da, ungekämmt und im Pyjama, aber demonstrativ die Straßenschuhe an und das Ausgehtäschchen umgehängt.

„Ziyal?“, fragte er misstrauisch nach.
Ihr erwartungsfrohes Grinsen verblasste und wechselte eine Spur ins Verständnislose.
„Paps, du hast gesagt, wenn du wach bist, gehen wir zum Jahrmarkt!“
„Ich weiß, was ich gesagt habe, aber - …“
„Du hast es gesagt!“
„Ziyal, sei bitte artig“, forderte Naprem etwas schärfer, „du weißt doch, dass Papa bald Geburtstag hat. Geh ihm bitte nicht auf die Nerven.“
„Aber Mama, ich bin doch immer artig!“, warf die Getadelte sofort ein. „Unartig und großartig und einzigartig und … Paps, was wünschst du dir eigentlich zum Geburtstag?“
„Eine brave Tochter“, versteckte der den Zaunpfahl diskret hinter einem Lächeln.
Ziyals Kinnlade fiel nach unten. Sie schien aufrichtig entsetzt. 
„Und MICH gibst du weg!?“

Wie ein Fischmaul öffnete und schloss Skrain stumm seinen Mund. Völlig überrumpelt und sprachlos, während Ziyals Blick immer bohrender nach einem überdeutlichen Nein verlangte. Hilflos blickte er zu Naprem, welche jedoch genau so perplex schien. Dann lachten sie gleichzeitig los.

„Natürlich nicht, wo denkst du hin?! Bist DU denn keine brave Tochter?“
„Also meistens manchmal schon“, nickte sie zustimmend und wirkte beruhigt. „Können wir dann wenigstens auf dem Bett rangeln, bis wir gehen?“
„Ja, wir können auf dem Bett rangeln. Nachher!“
„Aber wann ist nachher?“
„Bald.“
„Ein kurzes oder ein langes Bald?“
„Ziyal?!“
„Ja, ja, ich geh ja schon …“

Skrain seufzte tief, während seine Tochter enttäuscht von Dannen zog.
„Warte“, rief er ihr dann, eine Eingebung habend nach. Nur eine Sekunde später stand sie da, die Augen vor freudiger Erwartung so groß wie Tennisbälle. „Ich habe noch keine Zeichnung von dir bekommen. Wie wäre es, wenn du mir etwas malst?“
„Okay!“, nickte sie halb begeistert, halb enttäuscht und eilte in den Flur.
„Lass dir ruhig Zeit“, rief er ihr nach und fühlte sich doch ein kleines Bisschen schuldig.
„Sei ihr nicht böse“, riet Naprem mit einem nachsichtigen Lächeln, „sie will halt nun jede freie Minute mit dir verbringen.“
„Ich bin nicht böse“, beruhigte er sie. „Ich habe nur zu wenig geschlafen. Ich habe einfach noch keine Nerven für so ein intensives Frühprogramm! Außerdem war das nur ein Ablenkungsmanöver …“
„Ein Ablenkungsmanöver?“, fragte die Bajoranerin nach und hatte ein wissendes Glitzern in den Augen.
„Folgen Sie mir unauffällig“, scherzte er in Agentenmanier und nahm ihre Hand.
„Entführst du mich gerade?“, lächelte sie keck und ließ sich überrascht ins Bad ziehen.
„Hätten wir nicht diesen kleinen Stalker an unseren Fersen, würde ich dich jetzt im Bett damit überraschen“, offenbarte er ihr und schloss die Tür hinter sich. „Ich war für Wochen weg, Liebste … Die Monate im All … Ich habe dich so vermisst …“

Er brach ab, zog die Bajoranerin an sich und begann, sie mit Liebe und einer fast zügellosen Begierde zu küssen. Monate voller einsamer Sehnsucht brachen hervor. Wie ein Ertrinkender nach Luft, schnappte Skrain nach dem Duft seiner Frau, küsste ihre Hände, ihren Hals, ihr Gesicht, streichelte ihr Haar, ihre Haut, hielt sie mal sanft, mal besitzergreifend fest. Ein zartes Prickeln hinterlassend, glitten seine Finger unter ihr Pyjamaoberteil, fanden, liebkosten, während sein Mund ihren Hals verwöhnte. Seufzend bot sie ihm ihre Kehle dar. Er nahm sie dankbar an.
Auch Naprems Hände begehrten ihren Mann. Beglückt spürte er, wie ihre Fingernägel zart über seine Kopfhaut fuhren, spürte das Kitzeln wie ein Hauch über seine Ohren streichen. Es wühlte ihn auf, brachte ihn an den Rand des Erträglichen und ließ einem Feuersturm gleich sein Verlangen nach ihr auflodern. Ihre Finger auf seiner Haut, ihr Atem in seinem Mund, Naprem überall.
 
Von Reizen überflutet und doch aller Sinne beraubt, konnte er nicht mehr länger an sich halten. Ihr gleich hier und jetzt seine Liebe zu beweisen war alles, wonach ihm der Sinn noch strebte. Zu viel Verlangen, zu viel Duft, zu viel Begierde, zu viel von ihr. Die Gedanken in Symbiose vereint, fand sie ohne sein Zutun den Weg auf seine Hüfte, nahm ihn an und ließ ihn in einer Woge aus Verzückung ertrinken. Auf dem Grunde des Sees der Hingabe fand er die Erlösung, nach der er sich sehnte und doch hoffte, sie möge niemals kommen.

***

In einer sanften, aber doch festen Umarmung standen sie dann für Minuten still, genossen die Wärme und den Duft des anderen, wiegten sich kaum sichtbar und genossen den Nachklang dieses ersten, intimen Moments, seit er vom Dienst zurück war. Verzückt hatte er sein Gesicht in ihrem Haar versenkt, zeichnete mit seiner Nasenspitze zarte Kreise auf ihre Kopfhaut.

„Liebste Naprem“, schmachtete er und fühlte sich so verzaubert und verliebt wie damals, als sie sich kennen gelernt hatten, „ich würde dich noch einmal heiraten! Und noch dutzende Male, wenn du es wünschst.“
Sie gluckste leise, blickte auf und küsste ihn sanft unterm Kinn. 
„Lieber nicht“, schmunzelte sie lieb, „ein Tag in diesem Kleid hat mir vollauf gereicht!“

Der Atem seines stummen Lachens erreichte Stoßweise ihre Haut. Zärtlich ergriff sie seinen Kopf und rückte ihn in die richtige Position. Dankbar nahm er ihren Kuss an und erwiderte ihn aufrichtig. Es blieb nicht bei dem Einen.

POCH. POCH. POCH.
„Was schmatzt ihr da drin? Habt ihr Süßigkeiten? Lass mich rein!“
Seufzend löste sich Skrain von seiner Frau und öffnete die Tür. Ziyal stand davor, stolz eine Zeichnung präsentierend, die ihrer Ungeduld geschuldet wohl eigentlich doch noch nicht fertig war.
„Wir haben keine Süßigkeiten, Schatz“, versicherte die eben wieder angezogene Naprem ihr, doch Zyal war nicht überzeugt.
„Mund auf!“, forderte sie misstrauisch und verschränkte siegesgewiss wie ein Triumphator die Arme.
Groß war die Enttäuschung, als ihre Eltern ihr leere Münder präsentierten.

„Ihr hab sie schon geschluckt“, war sie dann aber überzeugt. „Ich will auch Süßigkeiten!“
„Ziyal“, tadelte sie ihr Vater sanft, „eine Dame will nicht, eine Dame möchte. Und sie bittet höflich!“
„Gut, dann möchte ich auch Süßigkeiten wollen“, verbesserte sie sich artig. „Jetzt, bitte!“ 
„Hast DU sie so verzogen?“, wandte sich Skrain verdutzt an seine Frau.
„Um sie selber zu verziehen bist DU ja wohl zu wenig zu Hause …“
Naprem hatte sanft und wenig vorwurfsvoll gesprochen, trotzdem spürte er den Dorn der Wahrheit. Er seufzte.
„Ja, ich weiß.“

Er wäre liebend gerne öfters daheim. Seine Liebe zwischen Familie und Beruf aufzuteilen, bedeutete ein Opfer, das er immer weniger zu geben bereit war. Immer schmerzhafter wurden ihm seine Versäumnisse bewusst. Er hatte Ziyals erste Schritte verpasst, ihr erstes Wort, den ersten Zahn. Dass sie nun selber schaukeln konnte, hatte er genau so über eine Hyperraumfrequenz erfahren, wie das Scheitern ihres höchsten Bauklötzchenturms. Alles verpasste er. Kam er nach Hause, wurde er schon am ersten Abend mit Paps, ich liebe dich Zeichnungen bombardiert. Am Morgen lagen dann alle ihre Plüschtiere in seinem Bett, Kekse auf dem Nachttisch und die Kleine lag zwischen ihm und Naprem in der Mitte. Tief in seinem Inneren wusste Skrain, dass Ziyal das nur tat, damit es ihm hier zu Hause so gut gefiel, dass er bestimmt nie wieder weg wollte. Wenn er es dann doch tat …

„Paps, gehen wir jetzt zum Jahrmarkt?“, forderte sie bereits die nächste Bespaßung.
„Ich sagte, wenn ich wach bin“, wich er erneut aus. „Erst will ich noch duschen und die Zähne putzen und …“ Die Zahnbürste schwebte auf ihn zu, noch bevor er den Satz beendet hatte. „Was soll das?“
„Defliktives Zeitmanagement“, zitierte sie altklug.
„Effektiv“, verbesserte er, nahm die Bürste entgegen und steckte sie demonstrativ zurück in den Becher. „Woher hast du das überhaupt?“
„Von dir“, berichtete sie stolz. „Du sagst, dass das wichtig ist und dass ich nach deinen Grundsätzen leben soll.“
Bezeichnend dafür schwebte die Bürste erneut in seine Richtung. Naprem würgte ihr Lachen mit der Hand ab.
„Sehr lobenswert“, brachte er etwas verhalten heraus und nahm die Bürste in Empfang, als müsse er jeden Moment einen Stromschlag erwarten.
„Komm, Schatz“, sprang Naprem jetzt endlich hilfreich ein und schob Ziyal aus dem Bad, „lassen wir Papa in Ruhe duschen!“

Mit einem Seufzer so schwer wie ein Raumfrachter, ließ er sich auf die Toilette sinken. Trotzdem lächelte er.

***

Zurück im Schlafzimmer wartete Ziyal schon sehnsüchtig auf ihn. Sie gönnte ihm gerade so viel Zeit, wie er brauchte, um sich vollständig anzukleiden, bevor sie erwartungsvoll auf der Matratze kniend ihre Arme nach ihm ausstreckte. Skrain erinnerte sich, ihr Rangeln auf dem Bett versprochen zu haben. Der Teil, der sich auf seine Tochter freute, lächelte ihr nickend zu, der andere, der sich nach Ruhe und Erholung sehnte, seufzte innerlich.

Beinahe quietschend vor Glück nahm sie ihn in Empfang. Erst kitzelte er sie tüchtig aus, was sie dann selbstverständlich auch an ihm ausprobieren musste. Es gelang ihr nicht richtig, so dass sie befand, dass sich ihr stabiler Vater alternativ auch prima als Turngerät eignete. Er stemmte sie als Flieger auf seinen Füssen in die Luft, warf sie aufs Bett, kitzeln, knuddeln, rangeln, klettern. Erspart blieb ihm nichts, wenn er sich aber auch eingestehen musste, dass er sich seit Wochen auf genau solche Tage gefreut hatte. Auch Ziyal war begeistert und hüpfte beglückt auf ihm herum.

„Au?! Warum sind kleine Kinder immer so grob …“
„Paps, du bist sehr empfindlich heute“, stellte sie etwas vorwurfsvoll fest.
„Das hat … AU?! Ich bin kein Klettergerüst, Tochter!“
„Aber Paps“, schmachtete Ziyal so beglückt, dass sein Verdruss auf der Stelle verrauchte, „du bist das beste Klettergerüst der Welt! Nein, von der ganzen STADT sogar!“
„Lieb von dir“, meinte er nach einer kurzen Zeit des stummen Blinzelns und manövrierte ihre Füße auf eine weniger schmerzhafte Stelle seiner Oberschenkel.

Nach keiner Überlebenswoche im Militär hatte er je so geschunden ausgeschaut, wie nach einem Urlaub mit seiner Tochter. Er seufzte leise und genoss es heimlich. Musterte er nämlich zurück im Dienst abends beim Duschen seine zahllosen blauen Flecken, zauberte jeder einzelne davon jeweils ein Lächeln auf sein Gesicht. Sie würde nicht immer dieser Wildfang bleiben. Sie würde größer werden, ihre Eltern langweilig finden und nur noch geschminkt und frisiert mit ihren Freundinnen rumhängen. Gewaltsam verdrängte er den Gedanken daran. Die Jahre flogen nur so dahin, er musste die Zeit mit seiner Tochter genießen! Also ließ er sie klettern, auf ihm rumturnen und büßte liebend gerne dann und wann ein winziges Büschel Haare ein.

Ihr überraschter, spitzer Schrei ließ sein Ohr klingeln. Sie war abgerutscht und beinahe vom Bett gestürzt. Naprem und Skrain hatten sie gleichzeitig und gerade noch rechtzeitig erwischt.
„Jetzt bin ich wach …!“, scherzte er über den Schrecken und rieb sich den pfeifenden Lauscher.
Ziyal erstarrte, krabbelte von ihm herunter, sprang vom Bett und verschwand im Flur. Nur einen Augenblick später stand sie wieder da und stellte wie das bravste aller Hündchen seine Schuhe vor dem Bett ab.

„Ziyal?“, fragte er etwas misstrauisch nach ihren Absichten.
„Paps, du hast gesagt, sobald du wach bist, gehen wir.“
„Ich weiß jetzt, was ich mir auf den Geburtstag wünsche“, seufzte Skrain, „Eine Goldwaage! Dann kann ich meine Worte vorher abwägen und gerate nicht mehr in solche Situationen.“
Naprem lachte.
„Du Armer! Aber ich mag es dir gönnen …“
„Mit Gruß und Kuss, deine dich liebende Gattin“, spottete er und schlüpfte in die Stiefel. „Kommst du auch mit?“
„Später“, versprach sie. „Ich möchte auch noch schnell duschen und mich zurecht machen. Ich komme nach!“
„Paps, kommst du jetzt?“, kam es quengelig von der Tür.
„Ziyal, was mache ich hier gerade?!“, gab er etwas ärgerlicher zurück als beabsichtigt.
„Deine Tochter hat dich ganz schön im Griff, großer Gul“, gab Naprem liebevoll Zunder und Skrain seufzte erneut.
Niemand war ihm gewachsen. Kein Untergebener, kein Feind, kein Sisko. Nur Ziyal war er unterlegen. Hoffnungslos.
„Paps!“, klang es fordernd von der Zimmertür.

„Ich komme ja“, versprach er und schenkte dann seiner Frau ein entschuldigendes Lächeln.
Die gab es zurück und sah ihm nach.

ENDE

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