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Ein ehrgeiziger Traum

von Harald Latus

Kapitel 1

Die U.S.S. GOLDEN GATE durchflog mit Warpgeschwindigkeit das All auf dem Weg zu ihrem nächsten Einsatzort.
Wie jeden tag hatte er seine Arbeit getan und der Erste Offizier war abgespannt vom Dienst auf dem Weg zu seinem Quartier. Die Türhälften fuhren auseinander und gaben den dahinter liegenden Raum frei.

Der 1,92 Meter große und breitschultrige Mann trat in das gemütlich eingerichtete Quartier und gab dem Computer den Befehl das Licht auf eine Helligkeit von 60 Prozent anzuheben.
Die Leuchten in der Wand und der Decke flammten auf.
Einzelne Punktstrahler waren auf die filigran gearbeiteten Modelle von Raumschiffen gerichtet, die der Offizier im Laufe der Zeit in nächtelanger Arbeit zusammengebaut hatte.

Commander Frank Dekkers fuhr sich mit seiner rechten Hand durch das kurze mittelblonde Haar, welches schon in frühen Jahren zu Geheimratsecken neigte.
Aber anstatt diese durch längere Haare zu kaschieren, hatte er bewusst einen kurzen Haarschnitt gewählt.
Er war ohnehin kein Freund von Eitelkeit.
Langsam trat er vor das Fenster und genoss für ein paar Minuten schweigend die Aussicht auf die Sterne, die ihm mit Warp fünf entgegen flogen.
Er konnte deutlich fühlen, wie speziell bei diesem Anblick die ganze Anspannung des Tages von ihm abfiel.

Das Schicksal hatte es in den letzten Jahren gut mit ihm gemeint, auch wenn sich sein eigentlicher Traum bislang nicht erfüllt hatte.
Bereits kurz nach seinem erfolgreichen Abgang von der Sternenflotte war es zu dem verheerenden Vernichtungsschlag bei Wolf 359 gekommen, bei dem ein Borg Kubus eine Flotte von über 40 Schiffen zerstörte. Frank, damals noch im Rang eines Fähnrichs war bei den ersten Schiffen, die das Schlachtfeld erreichten und neben der Enterprise versuchten eventuelle Verletzte zu bergen. Erst nach einigen Tagen fanden sie einige verstreute Fluchtkapseln mit Überlebenden.

Bis dahin hatte er noch immer seinen Traum verfolgt, ein ‚Genialer Ingenieur’ zu werden, wie sein Freund Kenny Steiner immer scherzhaft gesagt hatte. Aber das Leben ist manchmal ungerecht, wie Frank erfahren musste.
Auch wenn die Karriere, die er nun mehr oder weniger gezwungener Maßen eingeschlagen hatte schnell und erfolgreich verlaufen war.
Die Flotte brauchte damals möglichst schnell neue Schiffe und vor allem fähige Offiziere, denn die plötzlichen Verluste waren selbst in einer so großen Organisation wie der Föderation nicht unmittelbar wieder auszugleichen.

So wurde zunächst ein ehemaliges Schulschiff der Miranda Klasse, welches bereits ausgemustert war und im Flottenmuseum stand, wieder in Dienst gestellt und Frank kletterte schnell vom einfachen Fähnrich bis zum Commander.
Doch es dauerte lange, bis Neue bereits in Auftrag gegebene Schiffe aus den Schiffswerften der Föderation vom Stapel liefen.

Zudem waren es nach wie vor noch die Schiffe, mit denen man sich bislang, alles in allem, sicher gefühlt hatte und die in den kleineren Scharmützeln mit Klingonen, Romulanern und anderen feindlichen Rassen bestehen konnten.
Aber nun war alles anders geworden.
Ein einzelnes Schiff der Borg hatte so viele Schiffe aufgerieben wie es in mehreren Schlachten gegen hunderte von Gegnern zusammengezählt nicht vorgekommen war.
Neue und bessere Schiffe mit entsprechendem Potential und stärkeren Waffen, mit besseren und weitaus breiteren Anwendungsmöglichkeiten waren gefragt.

Als der amtierende erste Offizier und der Captain der GOLDEN GATE abberufen wurde, erhielt Frank zu seiner Überraschung diesen Posten und diente nun zusammen mit dem ebenfalls frisch beförderten Captain Rick Sanders, der vor einigen Jahren gemeinsam mit ihm als junger Lieutenant an Bord dieses Schiffes gekommen war und einen ebenso rasanten Aufstieg genommen hatte wie er.
Inzwischen verband die beiden Männer eine langjährige und untrennbare Freundschaft und sie hatten sich in ruhigen Minuten die sie nicht mit der Crew teilten, ihren jugendlichen Übermut erhalten, von Dingen zu träumen, die sie in ihrem Leben einmal erreichen wollten.

Frank wandte sich vom Panorama der Fenster ab und setzte sich an die kleine Arbeitskonsole, die in seinem Quartier stand. Er aktivierte das Display und der Bildschirm füllte sich mit Leben.
Ein lang gezogenes blaues Sechseck prangte auf einem Sternenhintergrund und darauf zu sehen waren als Schatten die zwei Hälften eines Schiffes, die der Länge nach geteilt waren. Darüber stand in großen goldenen Buchstaben „Projekt AVATAR.“
Es war eine eigene Entwicklung, die er in einer langen Nacht mit seinem Captain zusammengestellt hatte.
Alles hatte ganz harmlos begonnen, bei einigen Starkbieren und der Frage, was man nun mit der immer noch stark dezimierten Flotte tun sollte.
Aber die Schiffstypen, die derzeit in den Flottenwerften der Erde, auf dem Mars und auf Antares erstellt wurden waren immer noch die „Alten“ und kaum modifizierten Raumschiffe, die von der Föderation schon seit langem produziert wurden. Nur wenige neue Projekte hatte die Sternenflotte in den offiziellen Berichten bestätigt, darunter die Akira Klasse, die Steamrunner und die Norway Klasse.
Auch die Intrepid Klasse schien den Beiden zu dieser Zeit kaum die Richtige Antwort auf die wachsende Bedrohung zu sein, denn sie war relativ klein und bot trotz einiger Neuerungen doch nur wenig wirkliche Innovation - und gegebenenfalls Schutzpotenzial.

Frank erinnerte sich noch gut, er hatte sich richtig hineingesteigert,
„Wenn die Sternenflotte wirklich einmal Mumm in den Knochen hätte, dann würden sie einmal ein Schiff bauen, das in der Lage wäre multifunktionale Missionen zu bewältigen und endlich einmal auf die Captains ihrer Schiffe zu hören, damit dieses veraltete Design ins Museum kommt, wo es auch hingehört!“, hatte er damals trotzig und als frischgebackener erster Offizier zu Rick seinem Captain gesagt.

Und genau das war es was er tun wollte, er war eigentlich ein Vollblutingenieur, bereit ein Schiff zu bauen, das so fortschrittlich war, dass man es wahrscheinlich schon auf dem Reißbrett abwiegeln würde mit der Begründung es wäre nicht realisierbar.
In den höchsten Tönen schwärmte er von einem trennbaren Schiff, mit gleichwertiger Ausstattung welches auf beiden Teilen einen Warpantrieb besaß,
das im zusammengefügten Modus wie ein einzelnes Schiff wirkte und in seiner getrennten Form dennoch jeweils eigenständig war.

Es war damals ein langer Abend gewesen und Frank wusste nicht mehr, wer zum Schluss mehr rigelianisches Starkbier getrunken hatte, er oder Rick, der mit leicht schwankendem Gang und inzwischen undeutlicher, weil angetrunkener, Stimme sagte:
„Nun Commander..., dann gebe ich Ihnen hiermit den Befehl... so ein Schiff... zu entwerfen! Schließlich sind Sie ja Ingenieur... mit hervorragenden Kenntnissen in Technik... und Design.“, und unterstrich seine stockenden Ausführungen mit einer weit ausladenden Geste seiner rechten Hand, wobei er das Bier nur mit Mühe im Glas halten konnte.

„Ja, Sir... wird erledigt!“, erwiderte Frank mit noch deutlich festerer Stimme als sein Captain und beide lachten Minutenlang über den ihrer Meinung nach gelungenen Gag, der einem guten Sketch im Offizierscasino zur Ehre gereicht hätte.
Zunächst hatte Frank diesen Gedanken verdrängt und tat ihn als Bierlaune ab, was er ja auch letztenendes war.
Aber seine Ausbildungsehre ließ ihm keine Ruhe und so setzte er sich nach Dienstschluss immer häufiger an den Computer entwarf Risszeichnungen, stellte Berechnungen und Statikanforderungen, Bauteile und Komponenten zusammen, entwarf einen Designvorschlag und einen detaillierten Decksplan bis hin zu den Materialbedarfsanforderungen.
So kam schließlich der Tag, an dem er seinem Freund und Captain den Plan eines kompletten und schlagkräftigen Großraumschiffes präsentierte.

Rick saß im Sessel seines Bereitschaftsraumes, was auch besser war.
Mit seiner 1,65 Meter großen Erscheinung war er mehr als einen Kopf kleiner als Frank, was im Sitzen wesentlich weniger auffiel.
Der Captain war sichtlich beeindruckt. Er hatte die ganze Sache mittlerweile schon längst vergessen.
Immerhin waren inzwischen mehr als sechs Monate vergangen und er konnte sich nur noch dunkel an diesen Abend erinnern, an dem er und Frank so in Erinnerungen und Träumen versunken waren, dass sie ihrer Phantasie freien Lauf gelassen hatten.
Aber nun lag der Plan auf dem Tisch und Rick Sanders konnte nicht umhin etwas zu tun.

Es fehlten ihm noch immer die Worte, er wusste nicht wie er beginnen oder was er überhaupt sagen sollte.
Er hätte nie im Traum daran gedacht, dass sich sein Freund und Erster Offizier diese Unterhaltung nach einigen Bieren so zu Herzen genommen hatte und sich all diese Arbeit gemacht hatte.
Aber letztendlich war es ihm schon klar wieso es so gekommen war.
Der erste Offizier, damals in der Akademie ein hervorragender Ingenieur, hatte sich bald als Hauptfach die Raumschiffarchitektur herausgesucht und dies mit besonderer Ausdauer und Lerneifer bis zu seinem Abschluss der Akademiezeit mit den besten Prüfergebnissen beendet.
Aber dann kam Wolf 359, viele Anwärter wurden im Schnellverfahren durch die Akademie geschleust um die fehlenden Offiziere zu ersetzen.
Frank hatte nur noch mit den Auswirkungen zu kämpfen. Seine Ausbildung war wie die des Captains wesentlich solider gewesen und so wurde er gegen seinen Willen auf ein Schiff abkommandiert. Eine Planstelle bei den Flottenwerften war nicht zu bekommen und die Sternenflotte benutzte zu dieser Zeit alle Offiziersabgänger um die herben Verluste auszugleichen.

Vor Rick Sanders lagen nun mehrere Padds mit Konstruktionszeichnungen, Lageplänen Aufbauten und modifizierten Elementen, die nur darauf warteten einer sinnvollen Bestimmung zugeführt zu werden.
Erst nach mehreren Minuten fand er die Worte um Frank zu antworten.

„Ich wusste nicht, dass Du diese Sache so ernst genommen hast.“, begann er und nahm das Padd zur Hand auf dem die Abbildungen der Außenansicht zu sehen waren. Langsam blätterte er durch die verschiedenen Dateien.
„Es ist wirklich revolutionär mein Freund. Du verstehst eine Menge von Raumschiffarchitektur.
Naja, war ja damals an der Akademie auch dein Hauptfach. Aber inzwischen hast Du doch auch hier eine ganz ansehnliche Karriere hingelegt.
Schau uns an, wir sind noch so jung und haben schon ein eigenes Kommando. Du als Commander und erster Offizier, ich als Captain.
Es ging schneller als ich... als wir erwartet hatten, nicht wahr?
Ich kann mich noch erinnern, als wir hier auf dieses Schiff kamen, Du als Fähnrich und ich als frisch gebackener Lieutenant junior Grade. Waren das noch Zeiten.“, für einen Augenblick schien der Captain in der Vergangenheit zu schwelgen und Frank schaute ihn mit gemischten Gefühlen an.

„Ja, aber Du weißt ganz genau, warum das so war:
Der Angriff der Borg, die stark dezimierte Flotte, keine Schiffe, keine Offiziere.
Nur deshalb haben wir so schnell den Aufstieg geschafft und ehrlich gesagt waren wir nicht bereit für diese Verantwortung... und sind es vielleicht auch heute noch nicht.“, fügte er leise hinzu.

Rick antwortete nicht. Sein Schweigen schien stilles Einverständnis zu bedeuten.
Frank wandte sich zum Fenster um und blickte hinaus. Die Sterne, die sich im schnellen Flug zu Warpstreifen verzerrten flogen draußen vorbei und er stellte seinen Freund und Captain vor eine schwere Entscheidung und Aufgabe.

„Nun, wie auch immer. Ich habe dieses Schiff konstruiert, ich habe all mein Herzblut hineingelegt und bin der Ansicht, dass es das ist, was unsere Flotte jetzt braucht. Ich habe monatelang an diesem Entwurf gearbeitet und möchte, dass wir etwas Sinnvolles damit anfangen. Aber ich stecke hier fest auf diesem alten längst ausgemusterten Pott, der durch die Leere des Raums fliegt und kann nicht einmal einen Tag Urlaub nehmen um den Entwurf an das Planungsbüro der Sternenflotte zu übermitteln, weil wir so weit entfernt sind, dass ich selbst mit einem schnellen Schiff Wochen brauchen würde um hinzukommen. Selbst allen Urlaub mitgerechnet den ich noch in diesem und nächsten Jahr nehmen könnte, würde nicht ausreichen um das zu verwirklichen.“, sagte er enttäuscht.
Rick war aufgestanden und um den Tisch herumgegangen. Er wusste was er jetzt tun musste und wollte seinen alten Freund weder enttäuschen, noch im Stich lassen.

„Ich weiß, und ich kann gut nachvollziehen, wie Dir zumute sein muss, aber ich kann Dir dabei momentan nicht helfen.
Alles was ich tun kann, ist, es über die offiziellen Kanäle zu versuchen, vielleicht hilft es Dir ja ein wenig.
Aber mehr... mehr kann auch ich leider nicht tun.
Auch als Captain kann ich nicht einfach unseren Auftrag ändern und zur nächsten Sternenbasis fliegen um Deinen Traum wahr werden zu lassen, so verlockend es auch für Dich oder mich sein könnte.“

Das war eine ehrliche Antwort, es war das wenigste, was er für seinen Freund tun konnte.
Er wollte es nicht beschönigen, die Chancen standen sicherlich nicht gut, denn wer würde schon den Entwurf eines Konstrukteurs aufgreifen, der in den Tiefen des Alls herumschipperte und der nicht greifbar war, wenn es zu Problemen kam. Frank nickte mit dem Kopf und sammelte die Padds auf dem Schreibtisch wieder ein.
„Lass sie liegen, ich verspreche Dir, dass ich sie mit der nächsten Subraumnachricht mit einer Empfehlung an die Flotte schicke.“, sagte Rick während er wieder zu seinem Sessel zurückkehrte.

Der Captain hatte Wort gehalten und den Entwurf an das Planungsbüro weitergeleitet.
Und tatsächlich empfing die U.S.S. GOLDEN GATE nach wenigen Wochen mehrere Subraumnachrichten, in denen weitere Informationen zu diesem Projekt angefordert wurden. Mit Feuereifer machte sich der erste Offizier daran all die Fragen zu beantworten, auch wenn es bisweilen seinen Dienst ein wenig beeinträchtigte, weil er entweder nach einer langen Nacht zu spät auf der Brücke erschien, oder weil er plötzlich die Lösung für Probleme fand, die ihm die Ingenieure des Planungsbüros aufgezeigt hatten, und er schnell die Brücke verließ um die Lösung niederzuschreiben und per Subraumnachricht zu übertragen.

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