TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Improvisation

von SF-IA

Kapitel 1

Der Antrieb des kleinen, schäbigen Frachters summte wie ein emsiger Bienenschwarm. Lieutenant Commander Hovv’ush Barrv’it genoss das rhythmische Surren, das ihn und seine Gruppe den ganzen Flug über begleitete. Es half ihm dabei, sich auf die bevorstehende Mission vorzubereiten. Der Betelgeusianer zählte schon längst nicht mehr mit, wie viele er bereits für die Intelligence Assault Unit absolviert hatte. Er führte ein Team, der härtesten Eliteeinheit in der gesamten Föderation. Noch waren sie in dem Raumschiff, welches sie an ihren Einsatzort bringen sollte, doch nachdem sie dort ankamen, würde jede Unachtsamkeit, tödlich sein. Er atmete durch sein großes, frontal ausgerichtetes Nasenloch ein. "Wir werden in wenigen Minuten das Kartikeya-System erreichen. Ich darf annehmen, dass sie sich noch an unseren Auftrag erinnern", sagte er mit der linken Hälfte seines zweigeteilten betelgeusianischen Mundes. Das war selbstverständlich eine rhetorische Frage, die nur der Fokussierung und Beschäftigung seiner beiden Teammitglieder diente, denn natürlich wussten sie um ihren Auftrag.

"Ja, Sir, wir sollen die von den Breen gefangenen Sternenflottenoffiziere der U.S.S. Teles befreien", erklärte der Mann, welcher schräg gegenüber von Barrv’it auf einem Frachtcontainer saß. Es war Lieutenant Javid ez Karifo, ein Shamin, dessen schulterlanges Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden war und dessen orange Hautfarbe alles war, was ihn rein äußerlich von einem Menschen unterschied. In den letzten Tagen des Dominion-Kriegs wurde die U.S.S. Teles zerstört. Die Gerüchte hatten sich verdichtet, dass Teile der Crew sich von dem Schiff retten konnten, daraufhin aber von den Breen gefangen genommen wurden. Der Geheimdienst vermutete nun, dass sich die Gefangenen nun im Kartikeya-System, tief im Breen-Raum, befanden.

"Zunächst sollen wir uns aber mit unserer Vorhut Treffen. Sie haben bereits Informationen zur Lage der Gefangenen und die nötige Ausrüstung zur Infiltration einer Breenbasis gesammelt", ergänzte Arine Ploc, eine Deltanerin im Rang eines Lieutenant.

Barrv’it nickte zufrieden. Das war im Prinzip ihre gesamte Mission, reingehen und mit den Sternenflottenoffizieren wieder verschwinden. Ein Kinderspiel, und die einzige Hoffnung für die Gefangenen. Die Breen-Konföderation hatte nämlich keinen Kontakt zur Föderation gesucht, sie hatte nicht versucht, die Offiziere gegen etwas einzutauschen. Die Breen waren ein verlogenes Volk, wenn Barrv’it auch sonst nicht viel über sie wusste, das war ihm klar. Cardassia bezahlte bitter für den verlorenen Krieg, doch die Breen hatten sich einfach in ihren Raum zurückgezogen und dicht gemacht. Die Föderationsregierung würde sie aber hoffentlich nicht damit davonkommen lassen. Zumindest die Intelligence Assault Unit würde es bestimmt nicht.

Der Betelgeusianer warf einen Blick auf seinen Chronometer. "Es wird Zeit", verkündete er und erhob sich. Mit seinen weit über zwei Metern an Körpergröße überragte Barrv’it seine Kollegen bei Weitem. Wie einer der leopardenhaften Adler, von denen sein Volk abstammte, stand er stolz und mit breiter Brust da. Mit seinen klauenartigen Fingern zog er sich die Kapuze über den kahlen blauen Schädel und den Kragen tief in sein Gesicht. In die linke Hand nahm er einen Tricorder, in die andere einen Phaser.

Seine beiden Offiziere taten es ihm gleich, wobei ez Karifo als einziger ein Phasergewehr besaß. Sie reisten mit leichtem Gepäck und nur wenigen Waffen, denn sie hatten weder vor, lange zu bleiben noch in ein Feuergefecht verwickelt zu werden. Eine Einheit wie die ihre, von denen der Geheimdienst der Sternenflotte nur wenige unterhielt, agierte aus dem Schatten heraus, sie kämpfte nicht, sondern sie schlug zu und gewann dann. "Noch fünf Sekunden."

Exakt fünf Sekunden später erfasste sie der Transporterstrahl ohne Vorwarnung und das Schiff, welches sie hier her gebracht hatte, würde wieder verschwinden.

Das Team rematerialisierte sich auf Kartikeya. Es war für Barrv’it, als wurde sein Gesicht mit hunderten kleinen Nadeln bombardiert. Das Einatmen der kalten Luft schmerzte. Er brauchte einen Moment, bis er sich daran gewöhnte. Der Betelgeusianer schaute sich um. Die Sonne schien zwar hell, aber kraftlos. Zu ihrer Rechten befand sich nichts weiter als karge Hügel aus Eis und Schnee; hinter ihnen bot sich dasselbe Bild. Die Breenbasis lag vor ihnen, am Fuß der Berge, welche sich in der Ferne abzeichneten. Doch die Vorhut hatte ihr Lager in dem ausgedehnten Nadelwald zu ihrer Linken aufgeschlagen. Zumindest laut Plan. Auch wenn der Nadelwald den Namen kaum verdiente, denn die Bäume waren dürr und sahen wenig kraftvoll aus, ganz anders als auf Barrv’its Heimatwelt.

Der Commander blickte auf seinen Tricorder. "Noch kein Signal vom anderen Team. Aber wir gehen in Richtung Wald, da werden wir sie schon finden." Er hatte sich die vagen Karten, welche dem Geheimdienst zur Verfügung standen, genau eingeprägt.

Die Gruppe setzte sich in Bewegung. "Wir sind gerade mal zehn Sekunden hier und schon geht der Plan schief", spottete Ploc.

"Sie haben sicher ihre Gründe", erwiderte Barrv’it, "dann müssen wir eben improvisieren."

Ez Karifo lachte. "Tun wir denn je etwas anderes?"

"Nein, wir nehmen es uns nur vor", entgegnete die Deltanerin mit einem Lächeln.

Mühsam stapften sie durch den tiefen Schnee, in den sie immer wieder einsackten. Hart genug, um sie zu tragen, war er nicht, aber die Füße daraus zu befreien war dennoch anstrengend. Zu allem Überfluss blies ihnen auch noch der eiskalte Wind entgegen. Lediglich Commander Barrv’it schien trotz seiner Größe kaum einzusinken, der Betelgeusianer tänzelte förmlich über die Schneedecke.

Rund zwei Stunden marschierten sie fast schweigend und ohne ein Signal des anderen Teams. Nun konnten sie den Rand des Nadelwaldes bereits deutlich erkennen, sie würden ihn in Kürze erreichen.

"Verdammt, wo sind die?", fluchte ez Karifo.

"Bei der Kälte wollten sie wahrscheinlich nicht vor die Tür gehen, hätte ich auch nicht getan", witzelte Ploc.

"Halten Sie beide Ausschau nach einem Zeichen, irgendwie müssen sie uns ein Signal geben", erklärte Commander Barrv’it.

Sie kamen dem Waldrand immer näher. Plötzlich zuckte ein Blitz wie aus dem nichts durch die klare Luft. Ez Karifo schrie und ging zu Boden.

Barrv’it erkannte sofort, dass es sich nicht um einen natürlichen Lichtblitz gehandelt hatte. Er kam direkt aus einem Baumwipfel und der Commander bezweifelte, dass die Bäume hier mit Blitzen um sich schleuderten. Mit seinen scharfen Augen und seinem exzellenten Orientierungssinn konnte er auch den Baum ausmachen, welcher das Feuer auf sie eröffnet hatte und es erwidern. Etwas fiel von dem Baum, aber er konnte nicht erkennen, wer oder was es war. Mit einem kurzen Blick stellte er fest, dass ez Karifo noch lebte, doch seine Hand war zur Gänze von einer schwarzen Brandwunde überzogen. Gemeinsam mit Ploc brachte er ihn hinter eine Schneewehe in Sicherheit.

Dort blieben sie kurz, doch es folgten keine weiteren Blitze.

"Halten Sie mal ein bisschen Händchen mit Lieutenant ez Karifo", befahl Barrv’it.

Sofort zog Ploc ihren Handschuh aus und griff nach der Hand des Shamin. Dessen Schmerzen nahmen sofort ab. Für kurze Zeit würde er seine Wunde nicht mehr spüren. Eine Deltanerin in seinem Team zu haben, welche Schmerzen mit bloßem Körperkontakt verschwinden lassen konnte, war zweifelsohne nützlich.

Gleich darauf stürmte das Team zum Waldrand. Sie schauten sich um, aber sahen niemanden.

"Sind Sie sicher, dass der Schuss von hier kam, Commander?", fragte ez Karifo. Kaum hatte er die Frage gestellt, durchbrach etwas die Schneedecke. Ez Karifo spürte einen Stiefel an seinen Beinen und wurde unsanft von denselben geholt.

Ploc richtete sofort ihren Phaser auf die schneebedeckte Kreatur, doch diese riss ihn ihr geschickt aus der Hand und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht.

Mit einem gewaltigen Hechtsprung stürzte sich Barrv’it auf den Feind und schmetterte ihn zu Boden. Mit seiner überlegenen Stärke drückte er den Angreifer, der sich heftig wehrte, zu Boden.

"Weg von mir, runter!", schrie dieser.

"Beruhigen Sie sich, ganz ruhig", befahl der Commander. Er ließ den Angreifer noch ein bisschen zappeln, denn aus diesem Griff konnte er sich nicht mehr befreien.

Ez Karifo und Ploc hatten sich in der Zwischenzeit wieder aufgerafft.

Die Deltanerin wusch sich mit dem Ärmel das Blut aus dem Gesicht, welches aus ihrer großen, flachen Nase geflossen war. Gerne hätte sie sich revanchiert, doch sie musste feststellen, dass die Stirn ihres Angreifers durch eine Vertiefung in zwei Teile geteilt war und ein auffälliger Knochen seine Augen umrahmte. Der Mann war ein Ktarianer, ein Föderationsbürger, einer von ihnen.

"Helfen Sie dem Mann mal", befahl Barrv’it.

Sofort berührte sie den Mann und er wurde etwas ruhiger. Ploc nahm ihren Phaser zurück und ihm alle Waffen ab.

"Ich lasse Sie jetzt los", kündigte Barrv’it an.

Direkt nachdem er dies getan hatte, stand der Ktarianer energisch auf.

"Was sollte das denn?", fragte ez Karifo. "Wir spielen doch im selben Team."

Der Mann prüfte ihre Gesichter; langsam schien er seinen Fehler zu begreifen. "Commander Barrv’it?" Er nahm kaum merklich Haltung an, wirkte aber immer noch etwas skeptisch.

"Ja, ich bin Lieutenant Commander Hovv’ush Barrv’it, Leiter des Gamma-Teams der Intelligence Assault Unit."

"Lieutenant junior grade Macosol Genthoragk, Linguistikexperte der Intelligence Assault Unit", stellte sich der Ktarianer vor.

Sie wussten natürlich, wer er war und er sollte eigentlich auch wissen, wer sie waren und keiner wusste so recht, warum sie sich einander vorstellten, auch wenn sie sich seit über einem Monat nicht mehr gesehen hatten.

"Warum haben Sie auf uns geschossen und wo sind die anderen?", wollte ez Karifo wissen und umklammerte zur Sicherheit sein Phasergewehr.

Genthoragk machte eine abweisende Geste und drehte sich um. "Die sind alle tot, man hat gemerkt, dass wir hier nicht hingehören, zwei wurden von den Breen erschossen, ein anderer starb bei der Flucht, ich lebe als einziger noch."

"Man hat unsere Operation enttarnt?", fragte Barrv’it entsetzt.

"Nein, die haben keine Gefangenen gemacht, doch das ist nicht wichtig."

"Dann können wir die Operation also noch durchführen."

Wütend drehte sich Genthoragk um. "Haben Sie nicht zugehört, die anderen sind tot und wir haben keine Breen-Kälteanzüge, ohne die kommen wir nicht rein, deren Sprache verstehen wir auch nicht richtig und wir konnten nicht einmal ausmachen, ob hier wirklich Sternenflottenoffiziere gefangen gehalten werden."

"Was konnten Sie denn herausfinden?"

"Das ist nicht von Bedeutung!"

"Ich habe einen Bericht von Ihnen verlangt, Lieutenant und Sie werden ihn mir gefälligst geben!", brüllte der Commander.

Verachtungsvoll blickte ihn der Ktarianer an. "Es gibt hier tatsächlich einen Gefangenenkomplex, in der Basis ca. zweieinhalb Kilometer von hier. Dort treibt sich allerhand Gesindel herum. Es gibt auch Gerüchte gefangener Sternenflottenoffiziere, aber ob die stimmen", er zuckte mit den Schultern, "keine Ahnung."

"Dann besteht noch Hoffnung", meinte ez Karifo.

Commander Barrv’it nickte.

Genthoragk machte große Augen. "Oh, nein, da geh ich nicht wieder hin. Die töten uns alle. Das ist ein furchtbarer Ort. Haben Sie vielleicht schon mal einen Breen ohne Helm gesehen, ein verstörender Anblick. Verdammt, ich weiss nicht einmal, ob ich einen gesehen habe."

"Was soll das heißen?", fragte Ploc verwirrt.

Der Katarianer ging auf sie zu und näherte sich ihrem Gesicht bis auf eine Nasenlänge. Er schaute ihr tief in die Augen. Auf seinem Antlitz zeichnete sich ein verrücktes Grinsen ab. "Ich weiß es nicht." Dann setzte er sich erschöpft in den Schnee.

Die drei Offiziere des Gamma-Teams sahen sich verzweifelt an. "Ich glaube nicht, dass das hier heute noch etwas wird", meinte Ploc.

Ez Karifo hob sein markantes Kinn. "Wir sind hier und wir haben unsere Mission."

"Ja, aber kaum das halbe Team, keine Aufklärung und keine Ausrüstung."

Barrv’it stand ruhig da, die Chancen standen gegen sie wie schon so oft. Doch bisher hatte immer überlebt. Ez Karifo hatte recht, sie konnten doch nicht einfach wieder verschwinden und selbst das würde schwer genug werden, ein Risiko mussten sie sowieso eingehen, da konnten sie es auch auf heroische Art und Weise tun. "Wir werden die Mission fortsetzen", verkündete er.

Genthoragk sprang auf.

"Das war ein Befehl!", unterband er jeglichen Einwand des Lieutenants.

Dieser presste die Lippen aufeinander. "Ja, Sir."

Ploc übergab dem Ktarianer seinen Phaser. "Aber hören Sie auf, auf uns zu feuern."

Er zuckte mit den Schultern. "Ich dachte, Sie wollten mich umbringen und vielleicht lag ich da gar nicht so falsch."

Barrv’it warf ihm einen scharfen Blick zu. "Erst einmal essen wir und ruhen uns etwas aus."

"Und dann?", wollte Lieutenant Ploc wissen.

"Dann improvisieren wir."
Rezensionen