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IX Ein Jahr auf Gamma Camaldulani

von Racussa

Herbst

Ein herbstliches Mittagessen auf Gamma Camaldulani endet in einer grauenvollen Ernte.

„Man serviere nun die geeisten Himbeeren mit Schokoladenmousse und kandierten Quitten!“

Dem Gouverneur stand trotz der kühlen Herbstbrise, die die Terrasse überwehte, der Schweiß auf der Stirn, als sechsunddreißig livrierte Dienerinnen die angekündigte Speise einstellten.

Am gegenüberliegenden Ende des Tisches saß – wie während des ganzen Essens – völlig ungerührt Commander Donatra. An der rechten Tischseite saßen in Uniformen die sechzehn jungen Soldaten, die sie mitgebracht hatte, auf der linken Seite sechzehn Beamte des Gouverneurs. Und dann neben ihr die Schiffspriesterin und der Tal’Shiaragent, sowie auf Seiten des Gouverneurs der Vertreter der Go’mall und der Camaldulaner, dessen aufgestellte Hornkämme in allen Farben des Regenbogens leuchteten.

„Die Himbeeren sind von guter Qualität.“, meinte Donatra trocken, obwohl sie aufgrund des herbstlich-feuchten Waldgeruchs eher an Eicheln und Kastanien dachte.

Der Vertreter der Go’mall, dessen schuppige Haut matt glitzerte, nickte. „Diese Früchte werden auf unseren Feldern angebaut und würden noch viel besser schmecken, wenn es nicht ständig Sabotageakte von Terroristen gäbe.“

Donatra seufzte verärgert, der Gouverneur wischte sich mit der Serviette den Schweiß von der Stirn, der Vertreter der Camaldulani, dessen Hornkämme plötzlich eine dunkelviolette Färbung angenommen hatten, warf wütend seine Serviette auf den Tisch und schubste damit ungeschickt den Becher um, sodass Himbeeren, Schokolade und Quitten einen veritablen Fleck bildeten.

„Bei Iupiter, was für ein Benehmen.“, murmelte die Schiffspriesterin. Doch Donatra blieb ungerührt. Aus dem Garten, der fünfzehn Stufen unterhalb der Speiseterrasse angelegt war, drang das aufgeregte Geschnatter von Gänsen.

Eine kühle Brise wirbelte etwas von dem goldenen Laub auf, das trotz der eifrigen Bemühungen der Diener aus dem Garten heraufgeblasen wurde.

„Es ist schade um diese wunderbaren Bäume.“, meinte Donatra einen Augenblick melancholisch, legte den Löffel weg und tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. Ihr Blick schweifte noch einmal über das in allen Farben von Rot über Braun bis Gelbgold leuchtende Laub des Waldes.

„Ich könnte noch etwas Wein anbieten. Er wird hier gekeltert und entspricht völlig der romulanischen Tradition. Er ist geradezu köstlich.“, versuchte der Gouverneur ein letztes Manöver, doch Donatra war schon aufgestanden. Sofort standen auch ihre Begleiter auf.

Die Schiffspriesterin nickte Donatra zu, erhob die Hände und sagte: „Im Namen Iupiters, des Herrn des Universums, im Namen Iunos, der Herrin der Ordnung, im Namen Neptuns, der die Pferde bändigt und die Erde zum Beben bringt, im Namen Minervas, die das Geheime erforscht, im Namen des Mars, der die Siege bestimmt, im Namen der Venus, die die Liebe zum Vaterland entzündet, im Namen Apolls, der den Ruhm der Heimat in Liedern besingt, im Namen Dianas, die die Jungfrauen hegt und den Pfeil des Jägers lenkt, im Namen Vulcans, der die Schilde undurchdringlich macht, im Namen der Vesta, die die Familien ehrt, im Namen des Merkur, der die Fahrt der Schiffe schützt, im Namen der Ceres, die Fruchtbarkeit und Wachstum des Reiches gewährt, im Namen Aeskulaps, der das Blut in den Adern grün und rein erhält, im Namen Cardenas, die die Grenzen des Reiches uneinnehmbar macht, im Namen der Penaten der Valdore, die unserer Mission gewogen sind, Gruß und Segen den Göttern und den Romulanern. Friede werde Gamma Camaldulani.“ Daraufhin aktivierte sie ihren Transporter und beamte sich von der Terrasse.

Donatra deutete ihrer Begleitung, sich zum Beamen bereit zu machen, woraufhin die sechzehn jungen Soldaten sich in Kristallformation hinter der Commander aufstellten.

„Gouverneur, die Botschafterin hat die vorgeschriebenen zwölf Monate mit Verhandlungen auf diesem Planeten verschwendet. Als nun der glänzende Senat in seiner unendlichen Großzügigkeit Gamma Camaldulani eine letzte Chance eingeräumt hat, da hätte Ihnen spätestens klar sein müssen, dass die Zeit für Scherze und peinliche Ablenkungsversuche vorbei ist. Sie haben die Kontrolle über diesen Planeten verloren, von einer Beilegung der bürgerkriegsähnlichen Streitereien ganz zu schweigen. Sie wissen, was das bedeutet!“

Der Vertreter der Camaldulaner, dessen Kamm nun golden blitzte, erhob sich ebenfalls und grinste breit. „Danke, Commander. Sie haben die Lage völlig richtig eingeschätzt. Dieser nutzlose Gouverneur hat es nicht geschafft, die Lügen dieser Emporkömmlinge zu widerlegen, obwohl wir alle Beweise vorgelegt hatten. Wir danken dem Imperium für seine Unterstützung.“

Dem Gouverneur stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben, er konnte vor Angst nicht aufstehen. Doch in dem Augenblick detonierten im Hintergrund mehrere Sprengsätze.

Donatra und die anderen duckten sich kampfbereit, doch außer zersplittertem Glas und zerfetztem Laub regnete nichts auf sie herab.

„Ihr Hunde!“, spie da der Vertreter der Go’mall aus, ergriff ein Obstmesser und ging auf den Vertreter der Camaldulani los. Völlig überrascht konnte der sich nicht zur Wehr setzen und erlitt einen scharfen Schnitt, aus dem sofort bernsteinfarbenes Blut austrat.

Der Begleiter Donatras, auf dessen Uniform das Speersymbol aufgestickt war, stellte sich vor diese, holte einen Minidisruptor aus seinem Ärmel und feuerte auf den Attentäter, der das Messer ein zweites Mal in den Hals des Camaldulaners stieß. Sofort löste sich der schuppige Körper auf.

„Commander…“, stammelte der Gouverneur, der sich zitternd erhob und auf den röchelnden Vertreter der Camaldulani hinunterschaute, „…das ist alles ein großes Missverständnis. Dieses Essen hätte doch nachdrücklich einen Waffenstillstand…“

„Danke, Soldat Ramon. Wir kehren sofort auf die Valdore zurück. Die Gespräche sind hiermit beendet. Gouverneur, ich erwarte Sie in zwölf Minuten in der Arrestzelle der Valdore!“

Eine weitere Explosion, diesmal entfernter, erschütterte die Festtafel, sodass die kunstvollen Gestecke mit goldenen, grünen und milchfarbenen Astern umfielen.

„Commander!“, wimmerte der Gouverneur, doch Donatra und ihre Begleitung dematerialisierten sich bereits.

 

 

Donatra saß an ihrem Schreibtisch, ihr gegenüber standen ihr Erster Offizier, die Schiffspriesterin und der Tal’Shiaragent.

„Die Antwort des Senats auf unseren Lagebericht ist da. Er ist vierfach codiert. Da es sich um die Verhängung des Interdikts über Gamma Camaldulani handelt, müssen alle vier von uns ihren Transmissionscode eingeben.“ Die Commander legte ein falkenförmiges Datenpadd in die Mitte des Tisches, tippte einen vierundzwanzigstelligen Code ein und schob das Gerät dann zur Schiffspriesterin, die ebenfalls einen Code eingab. Sie schob das Padd zum Ersten Offizier weiter. Der zögerte kurz.

„Commander, was ist, wenn die Bewohner sich der Evakuierung widersetzen? Camaldulani und Go’mall werden nicht auf den gleichen Transportschiffen Quartier nehmen wollen.“

Donatra bewegte sich nicht: „Geben Sie den Code ein, Lucius!“

Der Erste Offizier nickte und tippte die vierundzwanzig Zeichen ein. Währenddessen tauschte der Tal’shiaragent einen kurzen Blick mit Donatra aus, bevor er nach dem Padd griff und einen sechsunddreißigstelligen Code eintippte. Daraufhin wurde über dem Padd ein Hologramm des Erzschiffers sichtbar.

„Commander Donatra der Valdore, der strahlende Senat ermächtigt Sie zur Durchführung der Interdiktsprozedur für Gamma Camaldulani. Die Durchführung ist innerhalb von zwölf Stunden der Erzschifferei zu melden.“ Sofort erlosch das Bild wieder und das Padd verschmorte.

Nun huschte auch bei Commander Donatra ein leises Zweifeln über ihre Miene, das sie jedoch sofort wieder einfing. Bedächtig stand sie auf.

„Subcommander Lucius, versammeln Sie die Brückenoffiziere und die sechzehn Terraformingsoldaten auf der Brücke. Und leiten Sie die Evakuierung ein. Der Interdiktsprozess beginnt in zwei Stunden.

 

Donatra saß auf ihrem Kommandantensessel in der Mitte der Brücke. An den einzelnen Schalttafeln saßen die Brückenoffiziere. Ihr zugewandt, direkt vor ihr, zwischen Sitz und großem Bildschirm, standen die sechzehn Soldaten, die auch am Essen auf dem Planeten teilgenommen hatten, in einer Reihe aufgestellt.

„Der strahlende Senat hat die Interdiktsprozedur angeordnet. Es ist für Sie das erste Mal, dass Sie an diesem Urteil mitwirken werden. Da alle friedlichen Konfliktlösungsmöglichkeiten auf diesem Planeten gescheitert sind, bleibt keine andere Lösung, um die Ausbreitungs-, Geheimhaltungs- und Unveränderlichkeitsdoktrin zu erhalten, auf denen unser Imperium aufgebaut ist. Subcommander Lucius wird nun mit dem Protokoll beginnen. Ich erwarte, dass Sie Ihre Aufgaben wie bisher gut erfüllt haben.“

Sie deutet mit einer abschätzigen Handbewegung zu Subcommander Lucius, der zu ihrer Linken stand, doch trotz all der gespielten Selbstsicherheit merkte auch ihr Erster Offizier, dass Donatra mit diesem Ausgang der Sache höchst unzufrieden war.

„Magistra Reseda, Bericht!“

Die angesprochene, deren rotes Haar zur strengen romulanischen Frisur geschnitten war und an deren Uniform eine Lupe aufgestickt war, nickte.

„Magistra Reseda meldet die Sicherstellung aller Daten aus der Gouvernoratsbibliothek von Gamma Camaldulani und die abgeschlossene Evakuierung aller Lehrenden.“

Lucius nickte der nächsten Soldatin zu, auf deren Uniform ein Herz aufgestickt war. Diese fuhr sich kurz nervös über das linke Ohr und sagte dann: „Meretrix Rubetta meldet die Sicherstellung aller Samen- und Eizellenbanken der Hauptstadt von Gamma Camaldulani sowie die volle Bereitschaft der Sexarbeiter auf den Transportschiffen.“ Sie strich sich erneut über das linke Ohr.

Die nächste in der Reihe hatte eine Leinenbinde aufgestickt und sagte auf Subcommander Lucius‘ Nicken: „Mumifikatrix Ruusu meldet die Sicherstellung der Asche der früheren Gouverneure von Gamma Camaldulani sowie der Herrschermumien der Camaldulaner und der getrockneten Kopfschuppen der Herzöge der Go’mall sowie die Versiegelung der Gouvernoratsgruft in der Hauptstadt.“

Donatra schüttelte desinteressiert den Kopf: „Als ob das noch etwas nützen würde!“

Als nächste sprach eine blonde Romulanerin, auf deren Uniform die priesterliche Flamme aufgestickt war: „Priesterin Rhea meldet die Sicherstellung der Statuen der zwölf romulanischen Götter, der Laren von Gamma Camaldulani sowie der Hauptstatuen aus dem Grugrugru-Tempel der Go’mall und dem Flipflapflup-Tempel der Camaldulaner.“

Donatra stöhnte auf: „Ich komme mir schon wie beim Erntedankfest vor. Hat irgendjemand seinen Fachbereich nicht vorschriftsmäßig abgeschlossene?“

Die acht Angesprochenen blickten verdutzt zu Subcommander Lucius. Der neigte sich zu Commander Donatra und flüsterte ihr ins Ohr: „Das Protokoll verlangt die Meldung aller zwölf Bereiche.“

„Ich weiß.“, meinte die Commander kalt. „Also weiter!“

„Kämmerin Rosalia meldet die Sicherstellung aller nichtreplikablen Möbel aus dem Gouvernoratspalast von Gamma Camaldulani und die vorschriftsmäßige Zustellung der Delogierungsbefehle an alle Einwohner des Planeten.“

„Musarcha Renata meldet die Schließung und Räumung der planetaren Museen von Gamma Camaldulani.“

„Proteektrix Roxeelana meeldeet die Sicheersteellung alleer archäologischeen Arteefakte von Gamma Camaldulani.“

Donatra verdrehte die Augen beim Akzent der molakischen Romulanerin, nickte dann aber trotzdem.

„Quästrix Rita meldet die Sicherstellung aller nichtreplikablen Rohstoffe von Gamma Camaldulani.“

„Artistin Rahila meldet die Sicherstellung aller Partituren der Go’mall und der Camaldulaner von Gamma Camaldulani und die Schließung der Gouvernoratsoper sowie des Gouvernoratstheaters.“

„Kommunikatrix Ricarda meldet die Sicherstellung der Datenarchive von Gamma Camaldulani und die Aktivierung der Funkstille im Camaldulanisystem.“

„Kontaktrix Rufina hat nichts zu melden.“

Donatra grinste unwillkürlich.

„Wächter Ramon meldet die Deaktivierung der planetaren Verteidigungssysteme und die volle Einsatzbereitschaft der Interdiktsprozeduralmechaniken.“

Donatra stöhnte auf und blickte auf die Zeitanzeige ihres Kapitänsessels.

„Gärtner Rivul…“ Ein finsterer Blick des Tal’Shiaragenten traf den jungen Soldaten, an dessen Uniform ein Baum aufgestickt war. Er stotterte kurz, doch als Donatra von ihrer Anzeige aufblickte, fasste er wieder Mut. „Gärtner Rivul meldet die Sicherstellung der Artenarchive von Gamma Camaldulani, die Zielerfassung der tektonischen Torpedos und die Aufnahme der vollen Versorgungskapazität der Transportschiffe.“

„Greis Reynaldus meldet die Sicherstellung der planetaren Besprechungs- und Friedensverhandlungsprotokolle und die Schließung des Gouvernoratsarchivs von Gamma Camaldulani.“

„Listix Esperanza meldet die Zustellung der temporären Absetzungsdekrete an alle Mitglieder der planetaren Organisationen und die Schließung der planetaren Behörden von Gamma Camaldulani.“

„Marschall Raidon meldet die erfolgreiche Evakuierung aller Romulaner, die Arretierung der planetaren Regierung und den Abschluss der freiwilligen Evakuierung der Camaldulaner und Go’mall von Gamma Camaldulani.“

Donatra seufzte erneut und wandte sich dann an den hünenhaften Raidon, an dessen Uniform das Seepferdchensymbol prangte, das die Mitglieder des Marschalldienstes auszeichnete. „Wie viele?“

Raidon blickte sie verwirrt an.

„Wie viele Camaldulaner und Go’mall sind auf dem Planeten geblieben?“

Raidon räusperte sich, dann sprach er sehr langsam: „Knapp über vierzehn Millionen Camaldulaner und drei Millionen Go’mall. Sie haben auch der zwölften und letzten Aufforderung zur Evakuierung nicht Folge geleistet. Ich kann aber…“

„Nein.“, erwiderte Donatra kalt. „Es ist nicht angenehm, was wir zu tun haben, aber je länger wir es außer Protokoll hinauszögern, desto schwieriger wird es. Soldaten, an ihre Stationen. Subcommander Lucius, beginnen Sie mit der Interdiktsequenz!“

Während die zwölf jungen Soldaten sich rechts und links an den Wänden der Brücke aufstellten, zeigte der Hauptbildschirm, nachdem Lucius etwas in die Armlehne seines Sessels eingegeben hatte, eine Gesamtaufnahme des Planeten, eine schematische Darstellung und ein Bild des Gouvernoratspalastes. In dessen Gärten riss der Herbstwind nun heftiger an den Bäumen, die in diesem Kampf das eine ums andere bunte Blatt verloren.

„Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Subcommander Lucius 123.“

Die metallische Computerstimme antwortete: „Akzeptiert.“

Auf Donatras Blick trat die Schiffspriesterin nach vorne und sagte: „Im Namen Apollos, der Krankheiten heilt und Unfrieden bestraft: Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Priesterin Mulmunatella Tranilla 456.“

Erneut ertönte die Computerstimme: „Akzeptiert.“

Als nächster trat der Tal’Shiaragent nach vorne und warf erneut Rivul einen bösen Blick zu: „Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Tal’Shiarautorisierung 789.“

„Akzeptiert.“

Donatra holte tief Luft und vergewisserte sich bei ihrem Waffenoffizier, ob alles bereit sei. Sie schloss kurz die Augen, und fast schien es den Umstehenden, als murmelte sie ein leises Stoßgebet zu Mars. Schließlich stand sie ernst auf.

„Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Commander Donatra 10 11 12.“

Ein grünblinkender Rahmen legte sich um die drei Bilder auf dem Hauptbildschirm. Donatra setzte sich, auch die Priesterin und Subcommander Lucius setzten sich. Rivul fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.

Die Computerstimme knurrte: „Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Phase eins: Tektonische Destabilisierung.“

Über den Bildschirm sah man zwölf Torpedos Richtung Planet starten und sich knapp vor der Atmosphäre aufteilen. Die schematische Darstellung zeigte die zwölf Flugbahnen und markierte die unterseeischen Aufschlagstellen mit zwölf roten Xen.

Einzig das Bild mit dem Gouvernoratspalast hatte nichts von seiner herbstlichen Schönheit verloren. Der Wind hatte nachgelassen und das goldene Laub spielte in verrückten Kringeln auf dem steinernen Boden der Terrasse nachlaufen. Doch wenige Augenblicke später, die schematische Darstellung zeigte den kurz aufeinander folgenden Einschlag der tektonischen Torpedos, erschütterte ein leichtes Beben den noch auf der Terrasse stehenden Tisch. Die Elstern, die sich an den auf dem Tisch stehen gebliebenen Speisen labten, hoben neugierig den Kopf. Aus dem Park hüpften Eichhörnchen auf die Terrasse, denen das Schwanken der Bäume unnatürlich vorkam. Aus dem Inneren des Palastes hörte man ein Scheppern, dann lief eine Gruppe von Go’mall mit gestohlenen Silberleuchtern auf die Terrasse.

Rivul biss sich auf die Unterlippe, während die schematische Darstellung den Bruch der planetaren Kruste entlang der vorberechneten Kanten zeigte. Er flüsterte, mehr zu sich als zu seinem Nachbarn Reynaldus: „Die Torpedos öffnen die Kruste wie eine Dose aus dünnem Ytterbiumblech. Die Flutwellen werden gigantisch sein.“

„Shhh!", zischte Lucius, der sich mit beiden Händen in die Lehnen seines Sessels verkrampft hatte.

Der Bildschirmausschnitt zeigte, wie die Ga’moll vom Tisch weitere Besteckteile einsteckten und die kreischenden Elstern vertrieben. Plötzlich sprang aus dem Hintergrund eine Gruppe Camaldulaner mit gezückten Krummsäbeln und machte sich über die Plünderer her.

Die Computerstimme unterbrach die gespenstisch stille Übertragung: „Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Phase zwei: Desatmospharisierung.“

„Ich werde für die Toten beten.“, sagte da die Schiffspriesterin, erhob sich und verließ kopfschüttelnd die Brücke. Als ob es einer nachträglichen Erlaubnis bedürfte, nickte Donatra und flüsterte fast tonlos: „Und auch für uns!“

Zwölf Raketen lösten sich von der Valdore und drangen in die Atmosphäre ein, dort detonierten sie in einer Höhe von fünfzehn Kilometern und brachen die Atmosphäre auf, die sich durch mikrowelleninduzierte Verwirbelung zu zwölf stationären Satelliten hinaufwirbelte und von diesen mit einer Kombination aus Traktorstrahl und Beamtechnologie abgesogen wurde.

Die schematische Darstellung zeigte weitere Brüche der Kruste und erste Vulkanausbrüche an Land und unter der Meeresoberfläche an, während die Darstellung der Terrasse den verbissenen Kampf der beiden Gruppen zeigte: Während die Camaldulaner mit ihren Krummschwertern auf die Go’mall losgingen, warfen diese ihre zusammengerafften Gegenstände nach den Wächtern und verteidigten sich mit schweren Leuchtern und Tischaufsätzen. Als im Hintergrund eine Windhose sichtbar wurde, die sich wie eine gigantische Schraube von der Atmosphäre her ihren Weg bis zum Boden suchte, hielten beide Gruppen inne. Aus dem Wald stoben Schwärme von Kranichen und Krähen auf. Der Sog des Orkans erfasste nun auch die Ränder des Parks, die man von der Terrasse aus sehen konnte. Selbst meterdicke Bäume wurden aus der Erde wie Zahnstocher aus einem Stück Butter gerissen.

Die Ga’moll ließen ihre Beute fallen und suchten im Palast Zuflucht, die Camaldulaner versuchten, mit altmodischen Funkgeräten Kontakt herzustellen.

Die Computerstimme unterbrach erneut die stumme Darstellung: „Interdiktsequenz Gamma Camaldulani, Phase drei: Plasmadekontamination.“

Donatra schloss die Augen, Rhea faltete die Hände und presste ihre Finger so fest ineinander, dass die Knöchel weiß hervortraten.

Selbst Ramon tastete nach der Hand der neben ihm stehenden Rufina.

Der Schirm zeigte nun hundertvierundvierzig Plasmatorpedos von der Valdore und ihren beiden Begleitschiffen starten. Zuerst umkreisten sie den Planeten und ordneten sich zu einer symmetrischen Verteilung, um dann Beute jagenden Falken gleich auf den Planeten  niederzustürzen.

Lucius sog hörbar Luft ein.

Nur noch kurz sah man die ratlosen Camaldulaner auf der herbstlichen Terrasse, als im Hintergrund mit einem leuchtend grünen Schweif eines der Geschoße wie eine verirrte Feuerwerksrakete auf die Planetenoberfläche zuraste.

Im nächsten Augenblick hellte ein düsteres grünes Licht die Darstellung der Terrasse. Dann war das Bild verschwunden und die schematische Darstellung des Planeten nahm nun die ganze zweite Hälfte des Bildschirms ein. Auf der Gesamtansicht des Planeten färbte sich die sichtbare Seite des Planeten grünlich und loderte dämonisch auf.

Als Donatra ihre Augen wieder öffnete, begann der grüne Schimmer zu erlöschen und ein einheitliches Grau zurückzulassen, während die Satelliten den letzten Rest der Atmosphäre, vermischt mit Ascheteilchen in die Leere des Alls hinaussaugten.

Donatra schluckte, ließ ihren Blick über die erstarrten Soldaten schweifen. Dann erhob sie sich. „Soldaten, begeben Sie sich in Ihre Arbeitsbereiche, sobald die Oberfläche abgekühlt ist, beginnen wir mit dem Terraformingprozess. Das Erste Quartett soll sich für übermorgen zum Start bereit machen. Subcommander Lucius, bereiten Sie alles für den sicheren Transport der Evakuierten auf die Nachbarplaneten vor. Und überstellen sie die Arretierten an den Regionalgouverneur zum Prozess.“

Sie ging schneller als normal zur Türe ihres Bereitschaftsraumes und verließ die Brücke. Kaum hatte die Tür sich hinter ihr geschlossen, musste sie würgen. Sie übergab sich in das kleine Waschbecken und spülte den dünnflüßigen Schleim schnell mit Wasser hinunter. Sie wusch sich das Gesicht und bemerkte erst jetzt, wie sehr ihre Hände zitterten. Auf dem Schreibtisch lag noch immer das verschmorte Padd, das die Anordnung dieser Maßnahme durch den Erzschiffer enthalten hatte. Sie nahm das verkohlte Ding und warf es gegen die Wand, die keine Spur davon trug.

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