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Raindrops

von Darchelle

Kapitel 3

Leonard ist gerade dabei, einige Akten aus seinem Pad zu entfernen, als die Tür zur Krankenstation aufgleitet.
“Doktor”, hört er die gefühllose Stimme des Vulkaniers. Sofort liegt eine bissige Bemerkung auf seiner Zunge, die er dann jedoch herunter schluckt.
Das Spitzohr hätte sich auch wirklich früher blicken lassen können. Seit gestern ist bekannt, dass Jim wieder bei Bewusstsein ist und jedes Besatzungsmitglied der Brücke ist schon zu Besuch gewesen, selbst wenn sich Jim nicht an sie erinnern konnte. Dafür hat er umso heftiger mit Uhura geflirtet, was Leonard grün vor Eifersucht hat anlaufen lassen.
“Wie geht es dem Captain?”, fragt Spock, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
“Den Umständen entsprechend. Er glaubt jedoch, er wäre noch fünf Jahre jünger.” Es schmerzt Leonard jedes mal aufs Neue, das auszusprechen.
“Das tut mir leid.” Spock schaut ihn an, aber kein Zeichen von Mitleid oder Bedauern ist zu erkennen.
Leonard will gerade etwas Giftiges erwidern, da murmelt Jim unverständlich und schlägt die Augen auf.
“Morgen, Jim”, begrüsst er ihn, doch er reagiert nicht. Seine Augen sind starr auf den Vulkanier gerichtet.
Leonard beobachtet die Szene mit zunehmendem Ärger. Soll das etwa bedeuten, dass…
“Ich erinnere mich an Sie”, sagt Jim da. Leonard verschlägt es die Sprache. Bitte was?!
“Sie waren da… in diesem Saal und haben… Sie waren wütend auf mich, glaube ich.” Jim schliesst die Augen.
“Nicht zu sehr anstrengen, die Erinnerungen kommen von alleine. Aber das ist gut, du machst Fortschritte.” Leonard muss sich zusammenreissen, nicht einen der beiden eifersüchtig anzufahren. Was hat das auch zu bedeuten? Jim erinnert sich an dieses verfluchte Grünblut, aber nicht an seinen Freund? Während er Spock aus der Krankenstation wirft und Jims Vitalwerte checkt, versucht er sich zu beruhigen. Erfolglos.
“Sind sonst noch irgendwelche Erinnerungen aufgetaucht?”, fragt er, in der Hoffnung, Jim erwähne ihn.
“Eine Schlägerei und ein Mann, der laut pfeifen kann. Was hat das zu bedeuten?” Jim sieht Leonard leicht verzweifelt an.
“Es bedeutet, dass die Erinnerungen Schritt für Schritt zurückkommen. Das ist ein gutes Zeichen.” Leonard lächelt aufmunternd, wobei er sich nicht sicher ist, ob es ihm wirklich gelingt.
Diese Schlägerei ist ein Tag vor ihrem Treffen gewesen. Hoffnung keimt in ihm auf. Vielleicht erinnert Jim sich bald daran und dann kommt der Rest auch ziemlich schnell.
“Sie kommen mir nicht gerade vor, als wollten Sie mir wirklich helfen”, schnaubt Jim genervt und schliesst wieder die Augen. Leonard dreht getroffen den Kopf weg.

“Pille!” Jim stand auf der anderen Seite der Kantine. Leonard verdrehte die Augen. Jim hatte sich diesen Spitznamen ausgedacht und würde ihn benutzen, ob es ihm gefiel oder nicht. Besser, er gewöhnte sich langsam daran.
“Was ist mit deinen Kumpels?”, fragte Pille, als sich Jim zu ihm setzte. Sie waren erst zwei Wochen hier und Jim hatte sich bereits einen ziemlichen Freundeskreis angesammelt. Von denen war aber niemand zu sehen. Leonard hingegen kannte zwei, drei Leute, mit denen er sich so einigermassen verstand. Und dann war da natürlich noch Jim.
“Keine Ahnung. Warum so alleine?”
Leonard hätte Jim nie als anhänglich bezeichnet, aber anscheinend war er ihm mehr wert als bloss eine kurze Bekanntschaft. Sie belegten kaum Kurse zusammen und wohnten an verschiedenen Enden des Kampus’, trotzdem liess Jim den Kontakt nie reissen. Und Pille mochte seine Gesellschaft. Er war belebt und sprunghaft, was ihn selbst etwas lockerer machte. Mit seinen Freunden konnte Pille jedoch nicht so viel anfangen.
“Einfach. Manchmal bin ich gern alleine”, erklärte er nun halbherzig.
“Oh.” Jim machte Anstalten aufzustehen, doch Leonard hielt ihn auf.
“Nein, bleib ruhig. Etwas Gesellschaft kann nicht schaden.”


Jim sind bis zur Landung auf der Erde keine neuen Erinnerungen gekommen, was nicht weiter verwunderlich ist. Jetzt liegt er in San Francisco in einem der besten Hospitale der Vereinigten Staaten: dem Sternenflotten-Krankenhaus.
Leonard steht neben dem Arzt, der ab jetzt die Behandlung weiterführen wird und hört ihm aufmerksam zu.
“Wir werden besonders mit mentalem Training arbeiten”, erklärt er Jim gerade. “Es gibt aber auch Maschinen, die den Wiederherstellungsprozess beschleunigen können. Ausserdem helfen Eindrücke der Umgebung. Sobald Sie wieder fit sind, werden Sie an Orte begleitet, die Ihnen früher bekannt waren.”
Jim nickt eifrig.
“Gut, dann ruhen Sie sich aus, Kirk. Morgen beginnen wir.”
“Danke, Dok.”
Der Arzt verlässt das Zimmer und deutet Leonard, ihm zu folgen.
“Gute Besserung”, wünscht er Jim und muss dem Drang widerstehen, ihn auf die Stirn zu küssen. “Ich werde dich besuchen kommen.”
Jim runzelt die Stirn und murmelt “Danke”. Betrübt lächelnd verlässt Leonard das Zimmer und stösst auf dem Gang zum Arzt.
“Kann er sich an irgendwelche Freunde, an eine Partnerin oder sonst eine wichtige Person nicht mehr erinnern?”, fragt er direkt heraus.
Das versetzt ihm einen Stich.
“An seine gesamte Besatzung und an die Freunde der Akademie hat er keine Erinnerung.”
Der Arzt tippt etwas in sein Pad ein.
“In welcher Beziehung stehen Sie zu Mister Kirk?”
‘Captain’, will Leonard ihn beinahe verbessern, lässt es dann aber. Stattdessen schluckt er und antwortet: “Wir haben uns auf der Akademie kennengelernt. Ich bin erster medizinischer Offizier auf der Enterprise.” Das ist nicht gelogen.
Der Doktor blickt auf und mustert Leonard eindringlich.
“Ist das alles?”
Der ist etwas überfordert. Klar, er könnte einfach die Wahrheit sagen, aber wäre Jim das recht? Besonders jetzt, da er sich nicht erinnern kann…
Dann gibt Leonard seufzend auf. Was spielt es für eine Rolle?
“Nein. Ich bin sein Freund.”
Wider Erwarten verzieht der Arzt keine Miene. Er tippt bloss auf sein Pad ein.
“Bleiben Sie in seiner Nähe. Wenn Sie sich vor dem Unfall so nahe waren, wird Ihre Gegenwart vielleicht dazu beitragen, seine Erinnerungen schneller zurück zu bringen.”
“Er erinnert sich kein bisschen an mich”, entgegnet Leonard traurig.
“Auch Sie müssen Geduld haben. Die Tests haben gezeigt, dass er keine bleibende Amnesie erlitten hat. Früher oder später kehrt alles zurück und es ist, als wäre nie etwas gewesen.” Der Doktor klopft ihm auf die Schulter und verabschiedet sich. Leonard bleibt allein zurück.
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