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Squalms

von Omikron

Kapitel 1

„Was genau soll das werden, wenn es fertig ist?“, fragte Rosa.
Syvok blickte auf ohne mit dem Laufen aufzuhören. „Die soziologische Exklusion beschreibt die Tatsache, dass eine Gruppe zumeist gegen ihren Willen von einer
Gesellschaft ausgeschlossen wird. Computer: Pause.“
„Was machst du denn da?“
„Ich trainiere.“ Syvok lief auf einem der fünf Laufbänder im Fitnessraum der Acheron.
Währenddessen beantwortete er aber auch noch beharrlich die Fragen, die ihm der Computer ohne Unterlass stellte. Rosa schüttelte den Kopf, als Syvok die Bestattungsriten der Vissaner erklärte und begann ebenfalls auf einem Band zu laufen. Gleich zu Beginn schaltete sie auf Syvoks Stufe. Wäre doch gelacht!
„Ich glaube, ich habe dich noch nie hier trainieren sehen“, beharrte Rosa darauf, eine Unterhaltung aufzubauen. Falls es ihm auf die Nerven ging, ließ Syvok es sich nicht anmerken und pausierte das Testprogramm wiederum.
„Die letzte Mannschaftsuntersuchung hat bei mir ergeben, dass mein Körperfettanteil auf neuneinhalb Prozent gestiegen ist“, erklärte Syvok.
„Ist das viel?“, fragte Rosa und fügte hinzu: „Für einen Vulkanier?“
„Durchschnittlich.“
„Das kommt sicher von den vielen Festgelagen, die uns der Koch täglich serviert.“
„Ich vermute, es liegt an der eingeschränkten Bewegungsfreiheit auf dem Schiff.“
Nachdem Rosa nichts darauf entgegnete, setzte er sein Programm fort. Schon nach zehn Minuten bemerkte sie, wie ihr Atem schwand und die Anstrengung sie fertig machte. Dabei war sie so doch sonst so hart im Nehmen. Irgendetwas stimmte hier nicht.
„Wird dir davon nicht irgendwann heiß?“, keuchte Rosa und unterbrach Syvok abermals. Der Vulkanier rannte in langärmligen Sweatshirt und schwarzer Uniformhose. Rosa lief trotz ärmellosem Top und kurzer Hose der Schweiß schon in Strömen über die Haut.
„Keineswegs“, antwortete Syvok. Es machte sie wütend, dass seine Stimme noch immer so ruhig klang, als würde er gerade auf dem Sofa liegen und ein gutes Buch lesen. Seine Anatomie brachte einfach ihre Vorteile mit sich. Während Rosa Probleme hatte, nicht vom Band zu taumeln, erklärte Syvok dem Computer gerade die biologischen Unterschiede zwischen Andorianern und Aenar. Sie hätte es nicht als so unfair und deprimierend empfunden, wenn nicht sie, sondern Syvok mindestens zweimal die Woche zum Trainieren hierher käme. Weitere fünf Minuten konnte sie mit ihrem vulkanischen Freund mithalten, bevor sie das Laufband abschalten musste, um nicht rücklings weggeschleudert zu werden.
Erschöpft rang sie nach Luft und stieß aus:
„Habe ich nur das Gefühl … oder geht das heute … schwerer als sonst?“
Syvok ließ sie wissen: „Ich habe mir die Freiheit genommen, Sauerstoffgehalt und
Gravitation dieser Sektion den Umständen auf meiner Heimatwelt anzupassen.“
Das erklärt so manches. „Kann man denn die Gravitation … so einfach anpassen?“
„Mit den richtigen Zuganscodes kann man das in der Tat. Seit der Aufrüstung der Phoenix-Klasse wird dieses System erprobt. Wenn es sich als erfolgreich erweist, soll es auf der neuen Constitution-Klasse zum Einsatz kommen, um im Verteidigungsfall die
Sicherheitsteams zu unterstützen.“
„Gut zu wissen.“ Sie wollte gerade in Richtung Dusche abmarschieren, als das Intercom anging. Es war Commander Reynolds Stimme.
„Brücke an Syvok!“
„Syvok hier“, meldete sich der Vulkanier ohne sein Training zu unterbrechen.
„Kommen Sie in den Besprechungsraum. Und bringen Sie Lieutenant Stephens mit!“
„Ich komme nach“, meinte Rosa. „Muss erst noch duschen.“ Syvok nickte resignierend. Neidisch blickte Rosa ihm hinterher, als er den Trainingsraum verließ. Nicht einmal ein Schweißfilm glänzte auf seiner Stirn.
************
Syvok achtete darauf, den Konferenzaum unmittelbar nach Captain Ryan zu betreten, der von der anderen Korridorseite kam. Sein Vorgesetzter, Commander Reynold, war bereits dort. Ebenso Doktor Warren, der hier ein eher seltener Anblick war.
„Probleme, Phil?“, begann Captain Ryan die Besprechung und lehnte sich an den Rücken seines Stuhls. Syvok verschränkte die Arme hinter dem Rücken und hörte nur zu.
„Wir haben einen Hilferuf von der Deracon-Kolonie erhalten.“ „Noch nie gehört“, meinte der Captain.
„Ich habe es im Computer nachgeschlagen. Es ist eine sehr kleine Bergbaukolonie.“
„Und welche Probleme haben sie?“
„Nichts größeres. Einer der Bergarbeiter ist krank und ihr Arzt kann ihm nicht helfen.
Außerdem sprachen sie von technischen Problemen. Sie erbitten die Hilfe der Sternenflotte.“
Ryan kratzte sich am Kinn. „Wie weit bringt uns das vom Kurs ab?“
„Mit Warp 6 können wir die Kolonie in einer Stunde erreichen.“
„In einer Stunde schon?“, rief Ryan. „Dann lassen Sie einen Kurs setzen!“ „Habe ich schon“, gestand Reynold.
Warren mischte sich ins Gespräch ein. „Was genau sagten sie von der Krankheit?“
„Nichts weiter. Ich möchte, dass Sie runtergehen und es sich ansehen.“
„Geht klar.“
„Ich habe mal ein paar Informationen über die Kolonie gesammelt“, meinte Reynold und schaltete den Hauptbildschirm an. Die Kolonie war nur die Außenstelle eines größeren Bergbauunternehmens, das Dilithium förderte. Nun wusste er auch wieder, woher Syvok der Name bekannt vorkam. Deracon war der erste Andorianer gewesen, der die Auswirkungen von Antimaterie auf Dilithium untersucht hatte. Scheinbar hatte auch er das Aubbauunternehmen gegründet, das selbst heute noch fest in andorianischer Hand war.
„Minus vierzig Grad!“, rief Ryan entsetzt.
„Oberflächentemperatur“, korrigierte ihn Syvok. „Die Bergbaukolonie ist eine hermetisch abgedichtete Einheit, bei der standardisierte Temperaturen herrschen.“
„Mich kriegen da keine zehn Pferde runter“, rief Ryan, der die Erklärung seines zweiten Offiziers wieder einmal kategorisch überhört hatte. „Freiwillige für das Außenteam?“, fragte Ryan gerade, als sich Rosa der Besprechung anschloss. Syvok tat es seinen menschlichen Kollegen gleich, fixierte einen Punkt an der Rückwand und versuchte, sich so still wie möglich zu halten, um nicht dem Team zugeteilt zu werden. Es kam zu keiner Entscheidung, denn gerade als Ryan dazu ansetzen wollte, platzte Lieutenant Griffith plötzlich herein. Syvok hoffte, dass sie ihn nicht ansprechen würde. Sie tat es.
„Sir, bei der Kommunikationsstation ist eine private Nachricht eingegangen, bestimmt für einen Mister Surak. Ich dachte, da Sie der einzige Vulkanier an Bord sind, ist sie höchstwahrscheinlich für Sie.“
„Allerdings“, sagte Syvok und nahm ihr das PADD aus der Hand. Den entscheidende
Fehler, der ihm dabei unterlief, bemerkte er nicht. Anstatt seiner sonst eher bedächtigen Bewegungen eines Mannes, den scheinbar nichts aus der Ruhe bringen konnte, griff er etwas zu schnell und gierig nach dem PADD. Ausgerechnet Captain Ryan war dies aufgefallen.
„Sie heißen aber nicht Surak, oder?“
„Offenkundig nicht“, erwiderte Syvok mit einem typischen Vulkanier-Blick, wie ihn Ryan immer verächtlich nannte.
„Dann ist nicht gesichert, dass die Nachricht für sie ist.“ „Sie ist für mich“, entgegnete Syvok kurz angebunden.
„Woher wollen Sie das wissen?“
Ryan bemerkte sofort, dass er es geschafft hatte, Syvok in den Zustand zu bringen, in der er ihn am liebsten sah. Der Vulkanier antwortete nicht wie sonst mit seiner eigenen, leicht hochmütigen, mit Fakten angefüllten Schlagfertigkeit, sondern ließ sich Zeit, während er seine Worte sorgsam abwägte. Ryan wusste, dass er dies nur tat, wenn jemand seinen inneren Schutzwall durchbrach und ihm damit zu nahe trat. Schließlich sagte Syvok etwas, mit dem Ryan nicht gerechnet hätte. „Surak war mein … Spitzname an der Akademie.
Äußerst unpassend gewählt, möchte ich hinzufügen.“
Die Chance, etwas aus Syvoks früherem Leben zu erfahren, ließ sich Ryan nicht entgehen und nahm ihm schneller, als der Vulkanier reagieren konnte, das PADD aus der Hand. Er rechtfertigte sich: „Das beweist nichts. Ich werde es mir mal selbst durchlesen und prüfen, ob die Nachricht nicht doch für jemand anderen ist.“
Als wäre es nicht schon schlimm genug gewesen, hätte Ryan die Botschaft selbst unter die Lupe genommen, verlas er sie auch noch vor versammelter Mannschaft. Syvok sagte sich immer wieder Suraks Satz der Ausgewogenheit auf, um nicht die emotionale Kontrolle zu verlieren, während Ryan fast schon mit genüsslichem Sadismus zitierte:
„Hallo, Surak!
ausgesprochensten Dank vom einfachen Fußvolk an den edlen Herren Vulkanier, dass er nach umfassender literarischer Abstinenz auch wieder mal von sich hören lässt! Im Ernst, du könntest öfter schreiben!
Aber dennoch hege ich nicht die geringste Intention, mit dieser Übertragung meinem ausgeprägten Unmut über deine seltsamen Gewohnheiten Luft zu machen. Vielmehr möchte ich dir zu deiner Ernennung zum Sicherheitschef gratulieren. Ob ich dir diesen schnellen Schritt nun vergönne oder nicht, so weiß ich doch, dass du ihn dir redlich verdient hast, Lieutenant-Commander.
Des weiteren spreche ich dir mein herzlichstes Beileid aus. Dein trister Dienst muss ja unendlich langweilig sein, wenn du dir Geschichten wie dein Abenteuer auf Mikaresh II ausdenken musst. Wir alle hören ja gerne spannende Storys, aber du warst ehrlich gesagt noch nie ein besonders guter Lügner. Und über die angebliche „Verschlusssache“ will ich noch nicht mal reden, so zusammengedichtet hört sich das an!
Ich hingegen verspüre kein Bedürfnis, mich zu beklagen. Der Dienst unter meinem Captain ist hart, aber nicht brotlos. An der Wissenschaftsstation zu arbeiten, ist in meinen Augen doch eine exorbitant noblere Pflicht als das Abfeuern von Phasern und Torpedos! Wenn mein XO zu Jahresende in den Ruhestand geht, stehen die Chancen nicht schlecht, dass ich zum Commander und darüber hinaus zum ersten Offizier befördert werde. Damit ist es zum Captain nur noch ein Katzensprung. Ein Katzensprung, den ich – dessen bin ich mir gewiss – in deutlich kürzerer Zeit bewältigen werde als du.
In deinem Sinne hoffe ich, dass deine Beschreibungen der Acheron weitere Übertreibungen sind, die du aufgrund deiner nicht enden wollenden Langeweile hinzugefügt hast. Sollte dein Captain Ryan aber wirklich so schlimm sein, wie du es beschreibst, hast du tatsächlich mein – aufrichtiges – Mitleid.
Lass bald wieder von dir hören und halt die Spitzohren steif! GI“
Syvoks Blick war noch immer auf die Rückwand gerichtet und mittlerweile stand er so reglos, dass man ihn für eine äußerst detaillierte, lebensgroße Statue halten konnte. „Würden Sie mir mal den vorletzten Satz erklären, Mister Syvok?“, forderte Ryan. Als sein
Offizier nichts antwortete, sagte er: „Ich denke, wir haben einen Freiwilligen, der das Außenteam auf Deracon anführt. Außerdem sind Sie sowieso der richtige Mann, wenn es tatächlich technische Probleme gibt.“
„Absolut logisch“, sagte Syvok tonlos.
„Hier, eine private Nachricht für Sie“, sagte Ryan und gab ihm das PADD zurück. „Wegtreten.“
************
„Wer zur Hölle ist GI?“, platzte es aus Ryan heraus, als Syvok den Raum verlassen hatte.
Olivia Griffith meinte: „Vermutlich ein Freund von Syvok.“
„Unmöglich“, rief Reynold und fügte hinzu: „Syvok hat keine Freunde. Von Ihnen vielleicht mal abgesehen, Rosa. Das ist sicher irgendein anderer Vulkanier.“
Ryan schüttelte energisch den Kopf. „Das ist kein Vulkanier.“
„Natürlich ist es einer“, widersprach ihm Reynold. „Hören Sie sich doch mal an, wie er schreibt. Umfassende literarische Abstinenz. Exorbitant noblere Pflicht.“
Der Captain entgegnete: „Er schreibt aber auch Unmut, Mitleid und so weiter. Das muss ein Mensch geschrieben haben.“
„Aber was für ein Mensch sollte so etwas schreiben?“
Rosa mischte sich ein: „Einer, der sich über Syvoks Art lustig macht. Ein Freund von ihm eben.“
„GI steht doch für Government Issue, wenn ich mich nicht irre“, kombinierte Ryan. „Vielleicht ist er ein Mitglied der MACOs.“
„Oder Syvoks geheime Geliebte“, rätselte Warren, worauf Olivia Griffith' Kinnlade herunterfiel.
„Wisst ihr was?“, rief Ryan. „Das ist mir eine Wette wert. Wer von uns fünf zuerst rausfindet, wer dieser mysteriöse GI ist, bekommt eine Woche Landurlaub spendiert, die wir vom Konto der anderen abziehen“, schlug er vor.
„Da mache ich nicht mit“, erteilte ihm Rosa sogleich eine Absage.
„Ach, kommen Sie! Seinen Sie keine Spielverderberin, Stephens“, rief Warren.
„Nein, das wäre unfair“, sagte Rosa. „Ihnen gegenüber. Ich weiß nämlich längst, wer GI
ist.“
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Der Bildschirm zeigte eine kalte, hässliche Welt. Es waren zwei Nachbarplaneten ungefähr gleicher Größe, die einander umrundeten. Einer davon hatte keine Atmosphäre und war unbewohnbar, der andere auch nicht viel wirtlicher. Immerhin hatte er eine dünne Sauerstoff-Stickstoff-Atmosphäre, allerdings kein flüssiges Wasser. Alles Oberflächenwasser war gefroren in riesigen Eisozeanen. Der Planet erinnerte Syvok an eine Eiswelt in seinem Heimatsystem, T'Khem. Die Sternenflotte hatte damals der Einfachheit halber den Planeten in Delta Vega umbenannt und bis heute war dieser Fehler nicht korrigiert worden.
„Teilen Sie der Minenkolonie mit, dass wir runterbeamen!“, befahl der Captain.
„Über der Kolonie tobt gerade ein Gewitter“, brachte Commander Reynold ein. „Und es sieht nicht aus, als würde es sich besonders schnell verziehen. Ich schätze, die beiden sollten mit einem Shuttle runterfliegen.“
„Können Sie fliegen, Syvok?“
Das sollten Sie wissen, wenn Sie auch nur einmal meine Dienstakte eingesehen hätten. „Ich kann fliegen, aber es wäre sicherer, ein ausgebildeter Pilot würde uns auf die Oberfläche bringen.“ Syvok spielte gerne herunter, dass er kein besonders guter Pilot war.
„Soll Ensign Yogolelo Sie runterfliegen?“
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Die Sichtweite betrug vielleicht fünf Meter. Die Fähre rauschte aber mit mehreren tausend Metern pro Sekunde auf den Planeten zu. Immerhin funktionierten die Instrumente.
„Sie haben was zu ihr gesagt?“, rief Rosa laut. Syvok konnte sie kaum verstehen, da der Sturm, den die Fähre durchpflügte, einen Höllenlärm machte. Er bezweifelte außerdem, dass Doktor Warren im Heckabteil des Shuttles irgendetwas von ihrer Unterhaltung mitbekommen würde.
„Ich sagte, ich würde Lieutenant Stephens vorziehen, denn sie ist eine bessere Pilotin“, wiederholte Syvok.
„Ich fühle mich ja geehrt“, brüllte Rosa. „Aber Sie wissen schon, dass Yogolelo tagelang nicht mehr mit Ihnen sprechen wird.“
„Es waren nur Tatsachen“, rechtfertigte sich Syvok.
„Stimmt“, rief Rosa euphorisch und ließ die Fähre eine waghalsige Rolle fliegen.
„Lassen Sie das!“ Rosa brummte irgendetwas, aber selbst Syvoks scharfe Ohren konnten es nicht verstehen. Eine Erschütterung ging durch die Fähre. „Wir wurden von drei Blitzen getroffen. Keine Schäden“, meldete Syvok. Trotzdem war er froh, als das Shuttle endlich die Wolkendecke durchbrach und langsamer wurde.
„Wir sind wohl ein wenig vom Kurs abgekommen“, meinte Rosa und flog knapp über der Oberfläche nach Norden. Rosa sah immer noch ein wenig erschöpft aus. Syvok war beeindruckt, wie lange sie während des Trainings mit ihm mithalten hatte können.
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„Da vorne ist die Bergbaukolonie“, sagte er und zeigte auf eine eindeutig künstliche
Konstruktion am Horizont. Rosa nahm sogleich Kurs darauf und ging langsam runter. Die
Tore des Hangars öffneten sich und inmitten einer Schneeverwehung landete das Shuttle Charon. Syvok öffnete einen Stauraum und griff nach einer Phaserpistole.
„Was haben Sie denn damit vor?“, fragte Rosa.
„Ich bin taktischer Offizier. Es gehört zu meinem Verantwortungsbereich, auf einer
Außenmission ausgerüstet zu sein.“
„Halten Sie das denn wirklich für nötig?“
„Das ist nicht ausschlaggebend“, antwortete Syvok und steckte den Phaser in den
Holster. Rosa verdrehte die Augen und öffnete die Luke der Fähre. Bitterkalte Luft schlug der Besatzung entgegen.
„Da hat wohl jemand seine Stromrechnung nicht bezahlt“, kommentierte der Arzt.
„Ein hermetisch abgedichtetes Gebäude, oder wie war das?“, versuchte Rosa ihn zu reizen.
Syvok suchte in der Fähre nach der Notfallausrüstung und fand schnell die
Isolationsparkas für Außenmissionen. Unglücklicherweise waren nur Mäntel für die
Standardbesatzung von zwei Personen an Bord. Schweren Herzens reichte er einen dem Doktor und den anderen Rosa, die ihn aber zurückwies. „Ich komme aus Kanada, da war es oft kälter als hier.“
Syvok bezweifelte zwar, dass sie nicht fror, hüllte sich aber trotzdem dankbar in den Parka ein. Sein Atem kondensierte an der kalten Luft, als er sich im Hangar umblickte. Alles in allem sah die ganze Konstruktion ein wenig baufällig aus. Die Stahlgerippe, die über die Decke verliefen, erinnerten an das Innere eines Zeppelins. Nun bemerkte er auch, wieso es hier so kalt war: Das Hangartor hatte sich durch irgendeinen äußeren Einfluss verzogen und schloss nicht mehr komplett ab. Durch die Ritze zwischen Tor und Boden glitten Schneewehen. Eine nahe Tür öffnete sich, dann wurde der Landungstrupp von einem Andorianer begrüßt. Er schien kein Problem mit der Temperatur zu haben, da er ein kurzärmliges Hemd trug. Auf seinem Kopf saß ein Schutzhelm, der nur die Fühler frei ließ. Die dort angebrachte Lampe erhellte den Hangar ein wenig, da die flackernden Lichter dies nicht zustande brachten.
„Sie sind der Trupp von der Acheron?“, begrüßte sie der Andorianer.
„Haben Sie denn sonst noch jemanden erwartet?“, erwiderte Syvok.
Ohne eine Antwort darauf zu geben, stellte sich der Bergarbeiter vor: „Mein Name ist Reerog, ich bin der Geschäftsführer unserer kleinen Firma. Folgen Sie mir bitte.“ Während er sie durch den Komplex führte, erklärte Reerog einiges zu der Mine. „Wir sind ein recht kleines Unternehmen mit nur zwanzig Mitarbeitern. Dieser Planet ist aber so reich an Dilithium, dass wir trotzdem einen Ausstoß von zwei Kilogramm die Woche zusammenbringen. Es ist zwar noch nicht raffiniert, aber schon ziemlich hochwertig. Es hat schon seine Vorteile, hunderte Lichtjahre vom Kerngebiet entfernt zu bohren. Keine Konkurrenz!“ Der Andorianer öffnete eine Tür, hinter der ein anderes Mitglied seiner Spezies wartete. Der Mann lag auf einem kargen Feldbett unter einer Decke und sah – so viel konnte selbst Syvok auf den ersten Blick diagnostizieren – nicht besonders gesund aus.
„D'yraz, der Arzt vom Raumschiff ist hier!“
D'yraz war eindeutig älter als Reerog. Seine Haut war sehr blass, fast schon weiß. Doktor Warren wartete nicht die Erlaubnis des Patienten ab, sondern begann gleich damit, ihn zu untersuchen. Mit vielen verschiedenen Geräten checkte er seinen Gesundheitszustand und stellte gleichzeitig Fragen. „Haben Sie irgendwelche Beschwerden?“
„Mir ist heiß“, keuchte der Andorianer. Beim besten Willen konnte Syvok das nicht nachvollziehen. Dieser Planet war eindeutig um hundert Grad zu kalt! „Mein Brustkorb drückt und ich habe Probleme mit dem Atmen.“
Der Arzt brummte nachdenklich und betrachtete seinen Tricorder. „Ich denke wir haben hier einen Fall von rigelianischem Fieber. Hochansteckend. Ich lasse Ihnen ein paar
Flaschen Desinfektionsgel herunterschicken.“
„Ist dieses Fieber gefährlich, Doktor?“, fragte Reerog besorgt.
„Das ist es“, bestätigte Warren. „Unbehandelt endet es ausnahmslos tödlich.“
„Und können Sie es behandeln?“
„Ich kann die Symptome lindern und den Verlauf etwas abschwächen. Aber um es zu heilen, bräuchte ich Ryetalyn und ich habe keine Vorräte mehr an Bord.“ „Wie kritisch ist sein Zustand, Doktor?“, fragte Syvok.
„Er ist bereits im dritten Krankheitsstadium. Ohne Behandlung bleibt ihm vielleicht noch eine Woche.“
„Tun Sie was Sie können!“ Syvok trat von dem Kranken zurück und kontaktierte die Acheron. Die Kommunikationsoffizierin stellte ihn zu Commander Reynold durch. „Bitte kontaktieren Sie die umliegenden Außenposten und fragen Sie nach, ob sie Ryetalyn auf Lager haben. Wir benötigen es dringend zur Behandlung einer hier ausgebrochenen Krankheit.“
************
Warren hatte angegeben, etwa eine Stunde zu brauchen. Zeit, in der Syvok versuchen würde, die technischen Probleme der Andorianer zu lösen. „Um welche Defekte handelt es sich, Mister Reerog?“
„Nun, die Leistung unserer Langstreckenkommunikationseinheit hat stark nachgelassen.
Könnten Sie sich das einmal ansehen?“
„Natürlich.“ Zu Rosa sagte er: „Ich denke, ich benötige hierfür Ihre Hilfe nicht,
Lieutenant.“
„Darf ich mich hier ein wenig umsehen?“, fragte sie den Andorianer.
„Klar. Fühlen Sie sich wie zu Hause.“ Reerog bat Syvok ihm zu folgen und führte ihn durch die Anlage, bis sie schließlich zu einem knapp dreißig Meter tiefen, schlecht ausgeleuchteten Schacht kamen. Höhenangst war den meisten Raumfahrern fremd, da man im Weltraum nicht nach unten fallen konnte. Zumindest war dies bei den älteren, kleineren Schiffen so gewesen. Reerog stieg als erster die Leiter hinab, Syvok folgte ihm. Der Abstieg erwies sich als schwieriger als gedacht, da eine hauchdünne Eisschicht die
Leiter bedeckte und so Syvoks Griff immer wieder abgleiten ließ. Etwa nach zwanzig Metern bog Reerog in einen horizontal verlaufenden Tunnel ein, Syvok aber inspizierte noch den Hauptschacht. Nun, da er bis zum Grund sehen konnte, fragte er sich einmal mehr, wie eine solch winzige Mine so große Mengen an Dilithium abbauen konnte, zumal er noch keinen einzigen Laserbohrer gesehen hatte. Der Andorianer führte ihn durch den kurzen, engen Tunnel zu einer breiteren Kammer, in deren Mitte ein einfaches technisches Gerät stand. Aber es war keine Bergbaumaschine.
„Ihr Subraumtransponder?“
„Ja, genau. Seit einigen Wochen hatte er mehrmals Aussetzer und seine Leistung nahm beständig ab. Wir hatten Glück, Ihr Schiff überhaupt noch erreichen zu können.“
„Kann es sein, dass er vereist ist? Mir ist aufgefallen, dass Ihre Station undicht ist.“
„Deswegen haben wir ihn ja hier runter geschafft“, meinte der Andorianer. „Hier unten haben wir eigentlich immer eine konstante Temperatur um den Gefrierpunkt. Das dürfte dem Transponder nichts ausmachen.“
„Ich werde ihn routinemäßig untersuchen“, bot Syvok an und schmiss seinen Tricorder an. Das Instrument zeichnete sogleich eine dreidimensionale technische Abbildung auf dne Bildschirm und analysierte auch sofort den Ursprung der Probleme. Energiequelle schwach stand dort auf der Anzeige. Die Geräte der Sternenflotte waren alle genormt und konnten auch mit der selben Quelle versorgt werden. Deswegen nahm Syvok eine Energiezelle, die für seine Phaserpistole gedacht war, von seinem Ausrüstungsgürtel und tauschte sie gegen das Gegenstück im Transponder aus.
„Das Gerät arbeitet innerhalb normaler Parameter.“
„Sie mussten nur die Batterie wechseln“, stellte Reerog peinlich berührt fest.
„Die Sternenflotte dient Ihnen. Wir sind immer froh, helfen zu können“, sagte Syvok einen der Wahlsprüche der Institution auf, war aber darauf bedacht, sanften Spott in seine Worte zu legen. Und wegen einer solchen Nichtigkeit holt ihr mich auf diesen eiskalten Planeten!
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