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Die Höflichkeit gebietet

von Janora

~Oneshot~

„Erstkontakt, Bones! Ist das nicht aufregend?“

„Der erste Kontakt erfolgte doch längst über Funk.“

Jim verzog das Gesicht. „Das zählt nicht. Die Prinzessin hat uns zu diesem Ehrenbankett eingeladen. Da müssen wir einen guten Eindruck machen.“

Leonard seufzte und massierte seine Schläfen. Auf seinem Schreibtisch vor ihm lag noch ein halbes Dutzend Berichte, die er durchgehen und unterzeichnen musste. Letzte Nacht hatte er nicht viel Schlaf bekommen, weil sein Körper sich erst noch auf die Gamma-Schicht einstellen musste, die er vor kurzem übernommen hatte. Und jetzt saß auch noch Kirk hier in seinem kleinen Büro in der Krankenstation und erzählte ihm dies und das über den Planeten, in dessen Umlaufbahn sie sich gerade befanden.
So sehr der Arzt die Begeisterung seines Freundes aus Akademietagen auch schätzte, gerade hatte er keinen Nerv für seinen Redefluss.
Und dennoch …

„Was meinst du eigentlich mit ‘wir‘?“

Jims Blick bedeutete ihm, dass diese Frage mehr als überflüssig war. „Du und Spock werdet mich begleiten. Es gilt als unhöflich alleine zu erscheinen.“ Der Blonde hatte sich eingehend mit der neuen Kultur beschäftigt. Zumindest mit dem, was er bereits an Informationen sammeln konnte. „Außerdem gebietet es die Höflichkeit ein Gastgeschenk mitzubringen. Wir brauchen natürlich etwas, das Eindruck hinterlässt, damit spätere Verhandlungen gut verlaufen. Ich dachte da an diesen Sonnenschirm- ...“

„Bitte was?“, unterbracht ihn Leonard.

„Auf dem Planeten scheint die Sonne 28 von 32 Stunden. Da kann man so etwas gut gebrauchen.“

„Jim, ich hab den Bericht gelesen. Die Bewohner des Planeten sind schwarz.“ Eine kurze Pause entstand, bis Leonard Kirks Blick auffing. „Schau mich nicht so an, ich meine das wortwörtlich. Ihr Haut ist pechschwarz. Evolution. Ich muss dir doch wohl nicht erklären, dass je dunkler eine Hautfarbe ist, desto unempfindlicher ist sie. Die Prinzessin braucht also bestimmt keinen Sonnenschirm!“

„Aber es ist eine von Vulkaniern angefertigte Quali- ...“

Das war der Punkt, an dem McCoy zu seinem eigenen Wohl und auch dem anderer aufhörte dem Blonden zuzuhören.

~

Als Leonard ein paar Stunden später auf dem Weg zu seinem Quartier war, um sich endlich seinen wohlverdienten Schlaf zu gönnen, hatte er das Gespräch schon beinahe vergessen.
Deswegen war er zunächst auch ziemlich verwirrt, als ihn Jim, den er mit Spock unterwegs traf, mit den Worten „Ich hab‘s jetzt, Bones!“, aufhielt.
Aus Erfahrung wusste er aber, dass die Worte des Blonden ein schlechtes Zeichen waren und wahrscheinlich irgendeine Dummheit mit sich bringen würden. Bevor er aber den Mund öffnen konnte, fuhr Kirk fort.

„Ich schenke mich.“

Leonard klappte seinen Mund wieder zu.

„Einen romantischen Abend mit dem besten Captain der Sternenflotte.“

Jetzt machte es bei dem Arzt Klick. Aber diese Idee war auf so vielen Ebenen falsch, dass er gar nicht wusste, wo er überhaupt anfangen sollte. Hilfesuchend schaute er zu Spock, doch der Vulkanier sah so aus, als hätte er selbst bereits eine ganze Menge davon zu hören bekommen und gar nicht daran dachte, noch weiteren Atem darüber zu verlieren.
Typisch.

„Bitte schenke dich nicht ...“, gab Leonard daher nur matt von sich. Er war müde und wollte in sein Bett. Morgen war eine neue Schicht, in der er sich darum kümmern konnte. Wenn er Dienst hatte.
Ein wenig enttäuscht, aber wahrscheinlich nicht sonderlich überrascht über diese Reaktion blickte Kirk ihm nach, bevor er mit Spock seinen Weg zur Brücke fortsetzte.

~

Zum Glück versprach der nächste Tag auf der Krankenstation ruhig zu bleiben. Da sie gerade nur um einen Planeten kreisten und warteten, während einige Diplomaten und Forscher ihren Dienst taten, gab es hier tatsächlich wenig zu tun.
Ein kleiner Zwischenfall im Maschinenraum hatte zwei Crewmitglieder mit Verbrennungen herein gebracht, die sich gerade einer Dermalreparatur unterzogen.
Dann noch ein paar einzelne Fälle von Agavi Grippe, aber selbst das war nichts, mit dem die Schwestern nicht auch alleine fertig geworden wären.
McCoy hatte also genug Zeit und Ruhe, um den digitalen Papierkram auf seinem Schreibtisch aufzuarbeiten. Dazu holte er sich gerade einen frischen Kaffee aus dem Replikator.

Von draußen hörte er laute Rufe und Lärm, der sich näherte. Vielleicht kam da doch noch ein Notfall rein. Seufzend nahm er einen Schluck.
Wäre ja auch zu schön gewesen. Aber er sollte es besser wissen, als sich solche Hoffnungen zu machen.

Dann öffnete sich plötzlich die Tür mit ihrem üblichen ‘Woosh‘ und hereingerannt kam einem Wirbelwind gleich, ein Tier, das laut kreischte.
Leonard blinzelte verwirrt und sprang zur Seite, als er beinahe umgerannt wurde.
Es war eine Art Gazelle, allerdings mit Straußenhals und -kopf, und es wäre ihm wohl bis zur Hüfte gegangen, wenn es stehen geblieben wäre. Es rannte aber panisch im Raum umher und schien einen Ausgang zu suchen, wobei es dabei eine Menge umwarf.
Als ein medizinischer Trikorder mit einem besonders lauten Knall auf dem Boden landete, kreischte das Vieh erneut und versuchte über einen Tisch springend zu entkommen, riss aber eine Kiste mit Hyposprays mit.
Leonard drückte bereits den Knopf der InterCom.
„McCoy an Brücke! Jim, hier ist ein Tier in der Krankenstation ...“

„Du hast es gefunden? Sehr gut!“

Gefunden? Perplex starrte Leonard auf das Tier, das gerade ausprobierte, ob der Replikator-Schacht ein Ausgang war. Wie konnte man so etwas aufdringlich Nerviges verlieren?
Warum wusste Jim überhaupt von dem Vieh Bescheid und warum zum Teufel hatte er es an Bord?
Er drückte erneut auf den Knopf, der ihn mit der Brücke verband.
„Was meinst- ...“
Aber weiter kam er nicht, denn da ging die Tür erneut auf und zwei Herren in Rot von der Sicherheit eilten herein. Jeder war mit einem Phaser auf Betäubung bewaffnet und nach einem kurzen Blick, der ihnen sagte, dass sie hier richtig waren, stürzten sie sich auf den Gazellenstrauß. Laut schreiend klapperte dieser mit seinen Hufen über den glatten Boden und schaffte es immer wieder sich rechtzeitig zu ducken oder einen Haken zu schlagen, um der Betäubung zu entgehen. Stattdessen wurde noch mehr Ausrüstung vom Platz gefegt.
Der Monitor eines Biobetts schlug nach einem Schuss Funken und gab einen langen, hohen Piepton von sich, der Leonard in den Ohren klingelte.

„RAUS!“, brüllte er, doch das Tier hörte nicht auf ihn, ebenso wenig wie seine hartnäckigen Verfolger.

Erst als der nächste Schuss endlich saß, tapste es benommen ein paar Schritte seitwärts und fiel dann betäubt um.
Die beiden Security-Männer steckten ihre Phaser ein und einer warf sich das Tier wie eine erlegte Beute über die Schulter, um es dorthin zu bringen, von wo es ausgebüchst war. Keiner von beiden machte sich jedoch die Mühe auch nur eine Sache aufzuräumen.

Als er wieder alleine war, besah sich Leonard das Chaos. Mit einem Schnauben unterdrückte er den Impuls, durch die InterCom einen Schwall an Flüchen zur Brücke zu schicken.

Jim roch wahrscheinlich seine Stimmung, hatte immer schon einen guten Radar dafür gehabt und hielt sich von der Krankenstation fern, bis sich Bones‘ Gemüt ein wenig abgekühlt hatte.
Daher sah er ihn erst beim nächsten gemeinsamen Frühstück.

„Guten Morgen, Bones.“

„Ich weiß ja nicht, ob der Morgen so gut ist“, brummte der Arzt in seinen Kaffee hinein.

„Aber warum denn nicht?“

„Na, du bist hier und wer weiß, welches Monster du heute auf dem Schiff los lässt …“

Jim lachte, als hätte er einen guten Witz gemacht. „Der Gazuß ist ein sehr seltener Vogel auf dem Planeten. Aber ich fürchte, es ist doch nicht das richtige Geschenk für die Prinzessin“, erzählte der Captain. „Die Höflichkeit würde es ihr gebieten, das Tier zu schlachten und uns zu servieren.“

Der Arzt dachte an seine Begegnung mit dem Vieh und fand, dass eigentlich nichts dagegen sprechen würde.

„... wir sind also noch immer auf der Suche“, fuhr Jim fort. „Aber ich hörte, die Prinzessin mag die Farbe grün und liest gerne Gedichte bei Unwettern.“

„Das hast du dir doch ausgedacht!“

„Vielleicht.“ Jim zwinkerte ihm zu, biss dann jedoch schulterzuckend in sein Sandwich. „Man sollte meinen, die Sternenflotte hätte vor solchen Anlässe spezielles Gut auf Vorrat. Aber ich bin sämtliche Bestände durchgegangen und habe nichts Brauchbares gefunden, was nicht unglaublich unabkömmlich ist. Die Zeit wird langsam knapp.“

Leonard nickte bloß. Er hatte ebenfalls die Nachricht bekommen, die ihn daran erinnern sollte, dass sie in etwa fünf Stunden zum Bankett geladen waren. Dabei hatte nicht sonderlich Lust, sich auf diesen staubverpesteten Planeten zu begeb- ... plötzlich fiel ihm etwas ein.
„Ich glaube, ich habe eine Idee.“

Jim blinzelte. „Tatsächlich? Für das Gastgeschenk?“

„Ja.“ Leonard exte seinen Kaffee und stand auf. „Wir sehen uns später.“
Er wandte sich zum Gehen, woraufhin Jim ihn beleidigt anstarrte.

„Hey, warte! Du willst doch wohl nicht einfach gehen, ohne mir zu sagen, was es ist?!“

Eigentlich hatte der Arzt das wirklich nicht gewollt. Aber jetzt, da er den Blonden so betrachtete, fand er, dass es als harmlose, kleine Rache für die letzten Tage wirklich nicht so schlimm wäre, wenn er Jim eine Weile schmoren ließe. Also schenkte er ihm noch ein Grinsen und verließ dann die Messe.

Jim saß wie vom Donner gerührt am Tisch. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.
Deswegen kontaktierte er Bones auch etwas später auf einer privaten Frequenz.
„Sollte ich mir Sorgen machen, weil du Sulu in deine mysteriöse Idee eingeweiht hast?“

Amüsiert schnaubte Leonard, weil ihre Rollen vertauscht zu sein schienen. „Als würdest du dir Sorgen machen.“

„Ich bin zutiefst gekränkt.“

„Sicher…“

„Ich bin zutiefst gekränkt, dass du mich, deinen ältesten Freund …“

„Ich hatte auch ein Leben vor der Akademie.“

„... deinen direkten Vorgesetzten und Captain …“

„Wenn du versuchst, deinen Rang gegen mich zu verwenden, hast du noch heute einen Termin, um deine Impfungen aufzufrischen.“ Leonard fand diese Unterhaltung erfrischend und er musste sich zusammenreißen, seine ernste Stimme nicht durch ein Lachen zu verraten.

„… ich habe noch eine Flasche von diesem irischen Schnaps, den du so mochtest.“

Verlockend. Aber Leonard blieb hart. Es würde Jim nicht umbringen, sich noch ein wenig in Geduld zu üben.
„Wir sehen uns nachher im Transporterraum.“
Damit unterbrach er die Verbindung und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Dabei konnte er geradezu hören, wie Jim einige Ebenen weiter oben mit den Zähnen knirschte.
Selber Schuld, dachte er zufrieden.

Immerhin, die Zeit verging schnell bis er dann tatsächlich den Transporterraum betrat.
Der Captain war bereits dort und schien ungeduldig auf ihn zu warten.
Spock war ebenfalls überpünktlich, stand ordentlich wie immer an seinem Platz und hatte die Hände hinter seinem Rücken gefaltet.
„Also?“, fragte Jim und Leonard zog das in hydrophiles Papier verpackte Gastgeschenk hervor.
„Ein Blumenstrauß?“

„Was ist auf einem Wüstenplaneten mit kaum Vegetation wertvoller als Grünzeug?“, erwiderte der Arzt mit einer Gegenfrage.

„Das ist eine durchaus logische Schlussfolgerung“, warf Spock ein.

„Klar“, verdrehte Leonard die Augen. „Logik bringt ja bekanntlich immer die Geschenke, die von Herzen kommen.“

Der Vulkanier schien kurz zu überlegen, ob der Arzt seine Aussage ernst meinte, kam dann aber zu dem Schluss, dass es nicht wert war, darauf zu antworten. Stattdessen trat er auf die Plattform zum Beamen.
Kirk gab noch ein paar letzte Anweisungen, dann folgten er und Bones hinauf und kurz darauf standen die drei vor einem großen Palast aus Sandstein. Er mochte ein wenig farblos sein, war aber nichtsdestotrotz beeindruckend.
Offenbar wurden sie bereits erwartet, denn in einem Halbkreis standen einige hochrangige Bewohner, die sie begrüßten.
Bevor jedoch zu viele Höflichkeiten ausgetauscht werden konnte, traten zwei der tatsächlich bis auf die Augen pechschwarzen Humanoiden beiseite und machten Platz für eine edel gekleidete Dame.
„Captain Kirk, wie schön Sie persönlich zu treffen.“

„Die Freude ist ganz meinerseits, Prinzessin“, erwiderte der Angesprochene mit einer Verbeugung und schenkte ihr sein schönstes Zahnpastalächeln. „Das hier sind mein Erster Offizier Spock und mein Chefarzt Doktor McCoy.“
Die beiden imitierten Jims Verbeugung und bekamen dafür ein wohlwollendes Nicken.
„Wir waren so frei“, fuhr Kirk anschließend fort, „Euch eine bescheidene Kleinigkeit als Zeichen unserer guten Absicht mitzubringen.“ Er bedeutete Leonard, dass es nun Zeit für das Geschenk war, was dieser ordentlich überreichte.
Die Prinzessin schlug das Papier zurück und ein ehrfürchtiges Raunen ging durch die Reihe der Aristokraten. Leonard lächelte zufrieden.

„Ich fühle mich geehrt über solch ein exquisites Geschenk. Und dann auch noch in diesem schönen, satten Grün.“
Jim nutzte den Moment, um seinem Arzt zuzuzwinkern.
„Ein seltener Anblick.“ Vorsichtig strich die Prinzessin über ein Blütenblatt, wandte sich dann aber wieder an ihre drei Besucher. „Wenn Sie mir nun zum Bankett folgen würden.“ Sie drehte sich zum Gehen und bedeutete den Sternenflottenoffizieren ihr zu folgen.
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