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Qhel Karanat

von Racussa

Kapitel 12

Opferstatistiken und Schachmetaphern
„Die Hüllenschäden der Indagator sind minimal und beschränken sich auf das Deck 10, die Shuttlehangars und Lagerbereiche. Nach unseren Berichten hat Captain Sebennytos eine Gehirnerschütterung und befindet sich auf der Krankenstation, Zweiter Offizier Ak’Trun Akamakanscaff erlitt eine Verbrühung und wird ebenfalls behandelt. Drei Knochenbrüche, zwanzig leichte Verbrennungen und einige Schädeltraumata, weil Personen während der Schwerelosigkeitsphase mit Wänden kollidierten. Der schlimmste Fall ist ein Reinigungsarbeiter, er wurde beim Abservieren von Frühstücksgeschirr in der Führungslounge von einem losen Eiswürfelsitz geschlagen und mit herumfliegen Gabeln und Messern gestochen. Er wird zurzeit im künstlichen Koma gehalten, um die Knochenbrüche zu heilen. Seine Lunge wurde perforiert und muss regeneriert werden, außerdem hat er ein Auge verloren. Wahrscheinliche Regenerationsdauer sind vier Wochen.“

Admirälin Racussa schaute auf ihr Pad, während sie den Ausführungen von Subkommander Mietze zuhörte.

„Corporal Karan Rochechouart? Wissen wir etwas über seine Familie?“

Die Caitianerin, die vor Racussas großem Schreibtisch stand, schüttelte den Kopf. „Aber ich kann unseren Tal’Shiarberater holen. Ich vermute, er hat hier mehr Daten.“

„Das ist nicht nötig.“, sagte Racussa und erhob sich. „Es ist Aufgabe der Indagator-Führung, sich um ihre Mitglieder und deren Angehörige zu kümmern.“ Sie wartete nachdenklich, bestellte dann im Replikator eine Schale Milch und einen sch-Schrqyy, der violett schimmerte. Sie gab dem Subkommander die Milchschale und nahm sich selbst das schmucklose Cocktailglas. Sie hob das Glas und sagte: „Auf die Opfer dieses sinnlosen Manövers!“

Mietze und sie tranken einen Schluck. Die Subkommander stellte ihre Milchschale, nachdem sie ausgetrunken hatte, zurück in den Replikator, wo sie in Energie aufgelöst wurde. „Admiralin, wissen Sie etwas über das weitere Vorgehen?“

Racussa schnaubte verärgert und antwortete dann mit ihrer ofenrohrtiefen Stimme: „Die Botschafter streiten noch auf der Station, wer die Verantwortung für die Schäden an Qhel Karanat trägt. Die Cardassianer sprechen von einer aggressiven Handlung seitens des Romulanischen Imperiums, die Shelijak suchen im Vertrag nach Klauseln, die für diesen Fall vorgesehen sind. Die Tholianer haben darauf gedrungen, dass es im Zeitplan keine Verzögerung geben darf. Sie verlangen, dass die Indagator weiter im Manöverplan macht, morgen mit der Föderationsrunde. Diese Tholianer, deren Geduld ist kürzer als ein miloränisches Milbenbarthaar.“

Mietze nahm ihr Padd wieder auf: „Das bedeutet für die Mannschaft der Indagator Wartungsarbeiten in Doppelschichten. Und dabei ist die Mannschaft immer noch erst auf dem Weg der Zusammenarbeit. Auf der Andreiata…“

„Die Andreiata war klein und wendig, ein Lhaeohsa-Wissenschaftsgroßschiff hat eine Normbesatzung von 1200. Die 300, die wir der Indagator gegönnt haben, kommen schon im Normalbetrieb kaum mit den Schichten nach, geschweige denn hier unter den Augen so vieler Beobachter unter Zeitdruck. Aber ich verstehe die Tholianer auch, weil wir hier alle Fehler noch gut überwachen und sofort Maßnahmen ergreifen können.“

Mietze strich sich über die Schnurrhaare. „Zum Beispiel die Absetzung von Captain Sebennytos?“

Racussa zögerte etwas, dann nickte sie und trank einen weiteren Schluck des remanischen Cocktails. „Die Cardassianer haben diese verfrühte Angriffswelle sicher nicht inszeniert, um Subkommander Rival in die Position des Captains zu befördern, das wäre diesen Echsen kein Anliegen. Entweder wollten sie wirklich nur die Kapazitäten der Indagator in einem Überraschungsmoment testen, oder sie wollten die Unfähigkeit des menschlichen Captains herausstreichen. Hier, bei einer cardassianischen Werft, wo nicht nur die Schäden noch kompensiert werden können, sondern genug Gule herumlaufen, um sofort das Kommando zu übernehmen.“

Mietze ging vor dem Schreibtisch auf und ab. „Aber warum haben sie dann nicht von Anfang an einen Cardassianer vorgeschlagen? Soweit ich das gehört habe, war es ja zuerst offen, welche Gruppe dieses Amt besetzen darf.“

Racussa betätigte eine Schaltfläche und ein Schachbrett mit Figuren wurde über ihrem Schreibtisch projiziert. „Das ist ein menschliches Spiel aus dem Iran, es heißt Schach – das ist das persische Wort für König.“

„Ich kenne das Spiel, auf der Erde…“ Mietze spie das Wort mehr aus, als dass sie es sagte, „Wurde es häufig und gerne gespielt. Ziel ist es, den feindlichen König in eine Lage zu bringen, aus der er sich durch keinen Zug mehr retten kann.“

„Es gibt einen Zug, der dazu dient, feindliche Kräfte mit einem scheinbar verlockenden Vorteil in die Irre zu führen. Er wird als Bauernopfer bezeichnet. Man stellt eine der niederrangigen Figuren…“, Racussa deutete auf einen weißen Bauern, „an einen gut angreifbaren Platz. Wenn dann der Feinde diese Position übernimmt und den Bauern tötet, wird seine höherrangige Figur von einer in Warteposition stehenden anderen geschlagen. Der Spieler hat einen Bauern geopfert, um zum Beispiel eine feindliche Dame zu werfen.“ Racussa legte die schwarze Damenfigur um.

„Die Cardassianer verzichten darauf, einen Captain zu stellen, weshalb die Föderation, die gerne die Leitung übernimmt, sofort nach dem Sitz greift. Noch bevor das Schiff allerdings in den nephridischen Gürtel aufbricht, wird der Föderationscaptain als unfähig erwiesen und ausgetauscht. Da der Erste Offizier ein Romulaner und der Zweite ein Breen ist…“ Mietze hob einen schwarzen und einen weißen Turm hoch. „Können diese beiden Reiche keinen Captain stellen, ohne die Konfiguration des ganzen Schiffes ändern zu müssen.“

Das Funklicht leuchtete auf. Mietze nickte und verließ den Bereitschaftsraum von Racussa, die den Sichtschirm aktivierte. Die romulanische Botschafterin erschien.

„Admirälin, können wir sicher reden?“

Racussa betätigte zwei weitere Tasten auf ihrem Schreibtisch, woraufhin sich ein Geräusch- und Lichtfilter um ihren Schreibtisch aufbaute. „Ja, Botschafterin.“

„Ich komme gerade aus der sehr lebhaften Besprechung mit den anderen Botschaftern. Der Cardassianer behauptet, er hätte nichts von den Plänen Juniorlegat Garaks oder Gul Rasalls gewusst und beharrt darauf, dass durch das Imperium Schäden an der Station verursacht wurden.“

„Das war zu erwarten. Was ist unsere Position in der Frage?“

Die Botschafterin richtete ihre Brosche. „Unsere Position ist ganz klar: Die Schäden wurden durch den außerplanmäßigen Angriff verursacht, den abzuwehren oberste Pflicht von Subkommander Rival war. Außerdem waren es tholianische Netzspinner, keine romulanischen Systeme, die die Schäden verursachten. Schwieriger ist das Thema mit der Aktivierung des Thalaronfächers. Der Einsatz dieser Technologie in einem bewohnten Planetensystem und gegen befreundete Schiffe ist scharf kritisiert worden.“

„Das Gerät wurde nicht eingesetzt, nur aktiviert. Und es hat seine Wirkung gezeigt. Gul Rasall beendete seine Scharade. Die Aktivierung setzte keinerlei gefährliche Strahlung frei, insofern war zu keinem Zeitpunkt jemand in Gefahr. Anders als durch den Angriff auf die Indagator.“ Racussa zog das Datenbrett nochmals näher zu sich. „Ein Corporal Rochechouart aus dem Zerstreuungsdienst musste in künstliches Koma versetzt werden, weil seine Lunge perforiert und eines seiner Augen ausgestochen wurde. Außerdem…“ Racussa zögerte etwas und genoss den neugierige Blick der Botschafterin „Wurden die zwölf Götterstatuen im Tempelraum beschädigt.“

Zufrieden nickte die Botschafterin. „Genau das habe ich auch gesagt. Der Angriff während einer heiligen Opferzeremonie ist durch keinen Übungszweck zu rechtfertigen. Es handelt sich hier nicht nur um ein militärisches oder diplomatisches Problem, sondern um ein religiöses. Die Bajoraner, die durch Colonel Kira vertreten waren, haben dem sofort zugestimmt, obwohl ich nicht weiß, ob das aus Frömmigkeit oder aus Hass gegen die Cardassianer geschah. Die Brekkianer haben uns auch applaudiert, weil sie für die Gestaltung des anschließenden Festaktes zuständig waren, der dem allgemeinen Getümmel zum Opfer gefallen ist.“

Racussa kratzte sich am Kinn. Wann kommt sie endlich zum interessanten Punkt, den Konsequenzen?

„Die Störung einer religiösen Opferzeremonie wurde auch von den Cardassianern selbst als schwere Schuld eingeräumt, für die sie bereit sind, Buße zu tun. Sie haben ein Heuopfer auf Cardassia Prima als Kompensation angeboten. Das scheint in ihrer Echsenreligion das Äquivalent zu unserer Schiffstaufe gewesen zu sein.“

Racussa rollte mit den Augen. „Botschafterin, das ist alles sehr interessant, aber ich bin mir sicher, dass Sie nicht deshalb auf einem sicheren Kanal mit mir sprechen wollten.“

Die Botschafterin atmete laut aus: „Remaner sind fast so ungeduldig und unhöflich wie Tholianer! Nun gut. Dass Captain Sebennytos eine Gehirnerschütterung erlitt, kann man ihr nicht vorwerfen. Aber dass sie minutenlang nicht korrekt reagiert hat unter Stress, spricht sehr gegen ihre weitere Verwendung.“

Bauernopfer, schoss es durch Racussas Gehirn.

„Der Botschafterrat hat daher einen Lösungsvorschlag, dem ich aber erst zustimme, nachdem ich ihr Urteil gehört habe.“

„Das Urteil einer Remanerin?“, entfloh es Admirälin Racussa, doch die Botschafterin machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Das Urteil der Admirälin der Tranischen Flotte. Die Cardassianer haben vorgeschlagen, Subkommander Rival zum Captain zu befördern und Ak’Trun Akamakanscaff zum Ersten Offizier. Sie kennen Subkommander Rival. Halten Sie sie für geeignet?“

Racussa dachte nach. Sie aktivierte ihr Datenbrett und suchte nach der Personaldatei, doch die Botschafterin unterbrach sie.

„Kommen Sie nicht auf die Idee, mir die Personaldatei vorzulesen, die kenne ich auswendig. Ich will Ihr Urteil hören. Wenn Sie gut genug ist, werde ich dem Angebot zustimmen, aber wenn sie einer weiteren cardassianischen oder sonstigen Falle so schnell zum Opfer fallen kann wie Sebennytos, dann verweigere ich die Zustimmung. Dann liegt der Ball bei den Breen, die Ak’Trun Akamakanscaff befördern könnten.“

Racussa legte das Datenbrett weg. „Rival ist willensstark und intelligent, sie hat ausreichend Gespür für den Umgang mit Menschen und Breen, sicher auch für die anderen Spezies. In der Vorbereitungszeit auf Qhel Karanat war sie unauffällig im Kommandoprogramm. Ich traue ihr die Rolle zu, aber es gibt zwei Probleme.“

Die Botschafterin runzelte die Stirn: „Probleme?“

„Subkommander Rival kann erst in zwei Jahren zum Kommander befördert werden und damit ein Schiff übernehmen. So steht es im Ordo militaris. Erst zwölf Jahre nach der Beförderung zum Subkommander kann die Beförderung zum Kommander erfolgen. Subkommander Rival wurde vor zehn Jahren befördert.“

Die Botschafterin schnaubte: „Unfähigere leiten größere Schiffe. Aber Sie haben erstaunlicherweise Recht. Ich werde das Anliegen dem Senat vortragen und bitten, den Erzschiffer anzuweisen, ausnahmsweise eine Beförderung auf Probe auszusprechen, die in zwei Jahre automatisch in eine reale Beförderung übergeführt wird. Damit respektieren wir die militärische Ordnung und können Rival als unsere Kandidatin platzieren. Was ist das zweite Problem?“

„Captain Sebennytos wird dann Zweiter Offizier? Oder wird sie für einen anderen Dienst eingeteilt. Nach ihrer Dienstakte ist sie ausgebildete Funkerin.“

Die Botschafterin griff nach einer Schale mit Pistazien, nahm eine und öffnete sie. „Was interessiert mich ein Mensch? Sie kann auch die Funktion des komatösen Reinigungsarbeiters, dieses Roquefort, übernehmen.“

„Corporal Rochechouart.“

„Ja, ja. Aber was soll das Problem daran sein? Die Degradierung oder Versetzung auf ein anderes Schiff ist Sache der Föderation, nicht des Imperiums.“

„Wenn Sebennytos auf dem Schiff bleibt, degradiert in jedem Fall, selbst als Leiterin des Kommunikationsdienstes, dann wird sie das psychisch nicht verkraften. Sie wird ein Opfer ihrer Rachsucht werden.“

Die Botschafterin zerkaute die Pistazie. „Na und? Dann soll sie zur Counselor gehen, beten oder Sport machen. Das ist doch kein Problem für Rival, wenn sie Kommander der Indagator wäre.“

Racussa schaute bedächtig, dann erst antwortete sie: „Subkommander T'Klär Rival hat zwei Brüder.“

Die Botschafterin ließ die Hand sinken, die sie schon wieder Richtung Pistazienschüssel ausgestreckt hatte.

„Ihr jüngerer Bruder Digul Rivul ist Planetargärtner auf Gamma Camaldulani, einem kürzlich kolonisierten Planeten, der noch in der Terraformphase ist. Aber der ältere Bruder, Auricius Rivil…“ Racussa ließ eine Kunstpause und genoss, wie sich das Gesicht der Botschafterin verzog. „Sie wissen also, wer Auricius Rivil ist.“

„Darüber sprechen wir so wenig wie über die Pacomu, die Scimitar und Pseudopraetor Shinzon.“

„Aber wenn Sie es wissen, wie lange wird eine zornige Thyatira Sebennytos brauchen, um die eine dunkle Stelle auf der weißen Weste von T'Klär Rival zu finden? Die Anordnung, das Thalaronfächerchen zu aktivieren trägt nicht dazu bei, Verbindungen zu damals…“

„Halten Sie den Mund. Sie sind ja auch Dienerin des Tranischen Hauses, das diesen ganzen Schlamassel erst ermöglicht hat. Ich habe schon verstanden. Sebennytos muss entweder so geehrt werden, dass sie keine Rache üben will, oder versetzt werden oder sie wird das Opfer eines tragischen medizinischen Fehlers bei der Behandlung ihrer Gehirnerschütterung, damit Rival ungestört Kommander der Indagator sein kann. Welche Option empfehlen Sie?“

Racussa überlegte kurz, bevor sie antwortete: „Die Selay sind zu gute Heiler, als dass ein Unfall verborgen bliebe. Die Versetzung wäre der beste Weg. Für eine Ehrung, die die Schande einer Degradierung aufwiegt, fehlt mir die Kreativität.“

Nun machte sich breites Grinsen auf dem Gesicht der Botschafterin sichtbar. Sie kicherte kurz, dann rieb sie ihren Zeigefinger unter der Nase und an der Nasenseite nach oben und sagte: „Ich hab’s: Schlagen wir doch vor, dass man ihr ein Aufbaustudium auf Cardassia Prima anbieten muss, um sie für den Überraschungsangriff zu entschädigen. Dann können wir Menschen und Cardassianer gegeneinander ausspielen und gewinnen.“

Racussa schüttelte den Kopf: „Das sind keine Themen mehr für eine Admirälin, Botschafterin. Sebennytos fällt, aber nicht zu hart, Rival und Akamakanscaff steigen auf, wer wird Zweiter Offizier?“

Die Botschafterin war schon aufgestanden und griff zum Deaktivierungsknopf der Übertragung. „Das wiederum ist mir egal, es liegt an der Föderation, ein Mensch, ein Caitianer, ein Cardassianer, von mir aus auch ein Betazoid oder eine Andorianerin. Dann werden wir wohl bald wieder zu einem Opfer zusammenkommen, zum Beförderungsopfer für Kommander T'Klär Rival und zum zweiten Versuch des Aufbruchsopfers der Indagator. Sie hören von mir!“
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