TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Nice to meet you

von Janora

~Oneshot~

„Ich bin beeindruckt, dass du tatsächlich weißt, wie man ein Lagerfeuer macht“, lachte Jim, als er den ordentlich angerichteten Haufen Holz sah, der munter vor sich hin brannte. „Ich dachte, du hättest nur angegeben und würdest dich hier vergeblich abmühen, bis du alles beiseite wirfst und einen Kanister Spiritus holst.“
Er stellte das Sixpack Bier ab und ließ sich neben Leonard in den Sand fallen.

Sie hatten Semesterferien und gerade das zweite Jahr an der Sternenflotten Akademie erfolgreich hinter sich gebracht. Und obwohl sie wegen einem Haufen Extrakurse beziehungsweise jede Menge Schichten in der Krankenstation eigentlich gar keinen wirklich Urlaub hatten, so hatten sie sich doch einen Abend frei genommen, um am Strand von San Francisco zu grillen.
Natürlich im dafür vorgegebenen, eingeschränkten Gebiet, in dem Feuer erlaubt war und unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsverordnungen. Man sollte meinen, dass man im 23. Jahrhundert langsam gelernt hatte, korrekt mit Feuer umzugehen, aber jährlich gab es noch immer so viele Brände, die aus Unachtsamkeit entstanden, dass man eher noch mehr Vorschriften hinzufügte, als aufzuheben.
Da aber weder Jim noch Leonard wollten, dass ihr Abend durch eine verärgerte Aufsicht ein vorzeitiges Ende fand, hielten sich sich daran.

„Mein Dad hat es mir beigebracht“, zuckte der Arzt mit den Schultern. „Wir waren oft Campen, als ich ein Kind war.“

„Gibt es auch etwas, das dir dein Dad nicht beigebracht hat?“
Jim hatte im Laufe der letzten beiden Jahre schon viel von Leonards Vater gehört:

„Einen Sommer ist mein Dad mit mir auf einem Boot rausgefahren und er hat mir gezeigt, wie man angelt.“

„Mein Dad hat mir geholfen, alle 210 Knochen des menschlichen Körpers auswendig zu lernen. Ich war in der Highschool und wollte meine Biolehrerin beeindrucken.“
„War sie heiß?“
„Alle Jungs waren verknall in sie, Jim.“

„Als ich alt genug war, hat mir mein Dad seinen Wagen überlassen. Es hat leider nur ein Jahr gehalten, war schon eine alte Mühle.“


Mr. McCoy Senior musste ein herausragender Mann sein und Jim stellte sich manchmal vor, dass sein eigener Vater auch so hätte sein können. Ganz anders als Frank, seinem Stiefvater, der das genaue Gegenteil zu sein schien.

„Meine Ma hat mir das Kochen beigebracht“, grinste Leonard und holte Jim aus seinen Gedanken zurück. „Oder es zumindest versucht.“
Kopfschüttelnd, aber ebenfalls grinsend, packte der Blonde die Würstchen aus, die sie heute grillen wollten. Dann stießen sie mit Bier an.
Diese kleine Verschnaufpause von der Akademie tat gut.

„Weißt du, ich würde deinen Dad gerne mal kennenlernen“, sprach Jim nach einer Weile einen Gedanken aus, den er bereits seit einiger Zeit hegte. Wenn er schon keinen eigenen hatte, wollte er doch immerhin den seines besten Freundes treffen.
Leonard zögerte einen Moment, blickte ihn nachdenklich an.
Sicher, es war eine ungewöhnliche Bitte, das wusste Jim. Aber so viel wie Leonard von seinem Vater immer erzählte …

„Klar, warum nicht. Ihr würdet euch gut verstehen“, zuckte Leonard dann mit den Schultern und nahm einen besonders großzügigen Schluck.
Damit war es beschlossene Sache. Die beiden genossen den Abend, sprachen über dieses und jenes und machten Pläne für ihren Flug nach Georgia.

Der musste allerdings noch etwas warten, denn im Sommer war absolut keine Zeit übrig für einen mehrtägigen Trip.
Und auch das dritte Jahr an der Akademie begann mit einem vollen Kursplan.
Sie verschoben das ganze also bis zu den kurzen Winterferien, wenn Leonard sowieso seine Eltern besuchen würde. Und Jim, der zu dieser Zeit ohnehin nichts besseres vor hatte, ganz bestimmt aber nicht seinen Stiefvater besuchen wollte, während seine Mutter mal wieder irgendwo außerhalb des Planeten unterwegs war, nahm die Einladung gerne an.
Mit einem Shuttle flogen sie nach Georgia, wo es zu dieser Jahreszeit um einiges milder war als im tief verschneiten San Francisco. Leonard war froh darum, denn als echter Südstaatenjunge beschwerte er sich gerne über den ‘verdammt kalten Seewind‘ oder diese ‘lächerlich unterkühlten Temperaturen‘. Jim klopfte ihm jedes mal kameradschaftlich auf die Schulter und riet ihm, sich warme Gedanken zu machen.
In Leonards Heimatstaat dann angekommen, mieteten sie sich einen Wagen und fuhren die verbliebenen Meilen bis zu den McCoys.
Der Arzt erzählte unterwegs Geschichten von seiner Familie: von der Obstplantage, die sie früher besessen hatten; von der Arbeit seines Vaters, bevor dieser in den Ruhestand getreten war.

Schließlich kamen sie an, doch Jim blickte verwirrt aus dem Fenster. Obwohl sie durch einige Städtchen und Ortschaften gefahren waren, war weit und breit kein Haus in Sicht, nur ein hoher Zaun.
Als er aus dem Wagen stieg, bemerkte er, dass es sich um einen Friedhof handelte und ein schreckliches Gefühl machte sich in seinem Magen breit, kroch langsam seine Wirbelsäule hinauf.
Leonard war verstummt, bedeutete wortlos ihm zu folgen.
Er führte ihn durch das große Tor hindurch und einen schmalen, alten Weg entlang, der sich durch die Reihen von Gräbern schlängelte.
An einigen standen Blumen, an anderen lagen alte Kränze, die zum größten Teil der Witterung zum Opfer gefallen waren. Plötzlich schien es doch nicht mehr so mild zu sein und das lag nicht nur an der großen Trauerweide, die sie passierten und die eine Menge Schatten warf.

Ein wenig abseits hinter einem nicht mehr genutzten Brunnen lag ein einzelnes, ordentlich gepflegtes Grab, an dem Leonard stehen blieb. Er drehte sich zu Jim um, der die letzten Meter immer langsamer geworden war und winkte ihn mit einem traurigen Lächeln näher.
„Komm, Jim. Sag Hallo.“

Der Blonde schluckte den schweren Klos in seinem Hals hinunter und stellte sich zu seinem Freund, legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Freut mich wirklich, Sie kennenzulernen, Sir. Bones hier spricht ziemlich viel von Ihnen.“

Leonard war froh selbst nicht weiter reden zu müssen, sondern Jim zuhören zu können, was dieser von ihnen beiden zu erzählen hatte. Er wusste nicht, ob er noch ein Wort herausgebracht hätte. Dennoch wusste er, dass ihm heute eine Geschichte noch bevorstand, die er Jim schuldig war.
Nämlich, als sein Dad ihn bat, ihn von seiner Krankheit zu erlösen.
Rezensionen