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Omnipotent Identity

von Julian Wangler

Prolog - Zeit für einen kleinen Ausflug

Klappentext:

Nachdem er Jean-Luc Picard und seiner Mannschaft auf einer dramatischen Mission zur Rettung der Föderation über die Schulter geschaut hat, stößt Q auf eine temporale Veränderung. Diese hat dazu geführt, dass die Menschen bereits im Jahr 2153 den ersten Kontakt mit dem Borg-Kollektiv haben. Die Geschichte ändert sich dadurch erheblich. Q geht der Sache nach und stößt auf ein anderes Mitglied des Kontinuums, das für diesen Eingriff verantwortlich ist.

Die Festnahme des eigenmächtig handelnden Q ist nur der Anfang einer Lawine, die innerhalb des Kontinuums ins Rutschen kommt. Kaum ist Q mit ihm zurückgekehrt, erfährt er, dass weitere Q die Geschichte galaktischer Zivilisationen verändert haben. Sie bekennen sich als eine bislang unbekannte politische Gruppe und nennen sich ‚Die Optimierer‘. Sie fordert eine neue Rolle des Kontinuums im Universum und stellt damit die bestehende Ordnung in Frage.

Die Offenbarung der Optimierer reißt im Kontinuum tiefe Gräben auf. Hitzige Kontroversen und Auseinandersetzungen kulminieren in die reale Gefahr eines neuen Bürgerkriegs. Drei Fraktionen stehen sich dabei schier unversöhnlich gegenüber. Um eine Katastrophe zu verhindern, die das Kontinuum womöglich sprengt, wird Q vom Hohen Gericht beauftragt, einen neuen Grundkonsens für die Q-Gesellschaft zu finden, indem er zwischen den Positionen und Forderungen der drei Parteien vermittelt. Q, einst Quälgeist, dann geläutert und gezähmt, nur um wieder Revoluzzer zu werden, steht mit seinem ganzen bisherigen Leben sprichwörtlich zwischen den Fronten. Ob es ihm gelingt, die Q-Gesellschaft wieder zusammenzuführen?


Ich bin es doch, der diesen Ort [das Q-Kontinuum] zusammenhält.

– Q zu Q Junior und Kathryn Janeway
in Q2


~

Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Q. Meine Freunde, Verwandten und Bekannten nennen mich auch: den Wundervollen, den Herrlichen, das Lebende Ende. Meine Heimat ist eine Sphäre, die man das Q-Kontinuum nennt, ein Ort, der bereits existierte, bevor Raum Raum und Zeit Zeit wurde und sich beides in der Entropie miteinander verband.
Uns Q gibt es seit dem Anbeginn des Universums. Wir sind allmächtig. Es gibt nichts, was wir nichts tun können. Als Q kannst Du Dir Deinen Herzenswunsch erfüllen, sofort, was immer es auch sein mag. Das ist unser Los. Für uns gibt es keine Grenzen. Ohne jede Mühe braucht es nur ein Schnipsen, und das Schicksal ganzer Zivilisationen ändert sich. Es ist an uns, zu untersuchen, zu experimentieren und das Bild im großen Wandteppich des Universums zu erkennen.
Mit anderen Worten: Wir stoßen kühn dorthin vor, wo noch nie ein Omnipotenter zuvor gewesen ist. So war es zumindest am Anfang. Inzwischen hat sich die Sache ein wenig gewandelt – manche würden in diesem Zusammenhang wohl eher von Mutation oder Rückwärtsentwicklung sprechen. Heute geben sich die meisten Q damit zufrieden, im Schaukelstuhl des Lebens zu sitzen und zu beobachten, wie das Universum an ihnen vorbeistreicht.
Was mich angeht, habe ich so etwas nie für sehr stimulierend gehalten, und deshalb habe ich früh damit begonnen, die Grenzen unserer nicht allzu spannenden Gesellschaft auszutesten. Ich habe Dinge in Frage gestellt, Staub aufgewirbelt, Witze gerissen, und ich bin kühn dorthin vorgestoßen, wo noch nie ein Q zuvor gewesen ist. Verzeihung. Jetzt ist es mir herausgerutscht. Mit diesen Worten passiert mir das ständig. Nun, Sie sehen, ich bin eben zu lange in der Gegenwart von Menschen gewesen. Doch dazu später.
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Ich habe jüngst sogar einen kleinen Bürgerkrieg im Kontinuum angezettelt. Das kann man wohl als mein Gesellenstück bezeichnen. Schon wieder so eine menschliche Redensart – heute hat es mich aber wieder gepackt. Nun gut, so ein Bürgerkrieg ist sicher keine Kleinigkeit. Zumindest anfänglich war es nicht meine volle Absicht, aber am Ende bereue ich nicht, ein wenig Radau gemacht zu haben. Seit verdammt langer Zeit ist endlich mal wieder etwas Schwung, etwas Würze in unsere Art zu leben gekommen. Und stellen Sie sich vor: Neuerdings pflanzen die Q sich sogar fort. Sie dürfen jetzt selbstbestimmt aus dem Leben treten, und sie bekommen Kinder (was wiederum meiner Wenigkeit zu verdanken ist). Gut, das mag sich für eine primitive, körperliche Lebensform nicht unbedingt spektakulär anhören, aber für eine Zivilisation aus Omnipotenten ist es kein Pappenstiel. Die entscheidende Frage ist, was als nächstes passiert.
Nach einiger Zeit im Kontinuum reizt es mich wieder, die lange Straße ins Universum zu nehmen und mich dort etwas umzusehen. Ich bin wohl einer der Wenigen meiner Art, die immer Freude empfunden haben, aus dem Muff der Heimatdimension herauszukommen. Ich habe so einiges erlebt, und umgekehrt hatte das Universum die unvergleichliche Ehre, Bekanntschaft mit mir zu machen.
Mir ist aufgefallen, dass auf so manchen Welten in der Zwischenzeit einiges über mich geschrieben wurde. Wissenschaftliche Traktate, journalistische Sensationsenthüllungen, sogar Romane handeln von mir, stellen Sie sich das vor. Nicht wenige von ihnen erschienen auf der Erde, denn Menschen scheinen mir mit einer beispiellosen Neugier zu begegnen. Natürlich gibt es auch Publikationen auf anderen Welten, aber die sprühen weniger vor Begeisterung. Einige enthalten sogar Verurteilungen und wüste Beschimpfungen unserer Art, insbesondere meiner Person. Natürlich habe ich volles Verständnis dafür. Ein Wesen wie mich zu verstehen… Genauso gut könnte ein Paläontologe versuchen, einen Dinosaurier zu verstehen, indem er eine fossile Spur betrachtet.
Warum sind die Menschen und ihre Freunde von der Föderation so angetan von mir? Natürlich bin ich faszinierend, das weiß ich selbst, aber das Interesse der Menschen an Q grenzt schon an Besessenheit. Nehmen Sie nur mal die Sternenflotte: Es wurden Untersuchungskomitees gebildet, um herauszufinden, warum ich mich so verhalte, wie ich mich verhalte. Admiräle, selbsternannte Q-Experten und andere Sesselpupser haben in den letzten Jahren die Köpfe zusammengesteckt und ordentlich qualmen lassen, um ein System hinter meinem Verhalten zu finden. Das ist alles so erheiternd.
Gut, ich kann meinerseits nicht leugnen, dass ich gerade für dieses kleine Völkchen auch ein gewisses Interesse entwickelt habe. Gelegentlich ertappe ich mich sogar dabei, wie ich die Dinge aus ihrer Perspektive sehe und sogar ihre Redewendungen und Metaphern verwende. Sie haben es ja gerade selbst mitbekommen. Man hätte meinen sollen, dass es mir gelingen würde, sie auf ein höheres Niveau zu bringen. Stattdessen muss ich einräumen, dass sie mich oft zu sich herabgezogen haben. Ist das nicht jämmerlich?
Der Umstand, dass die Menschen bis heute überlebt haben, kommt einem Wunder gleich. Wir vom Kontinuum haben oft hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit ihres baldigen Aussterbens Wetten abgeschlossen. Ich erinnere mich noch gut daran, völlig sicher gewesen zu sein, dass die Menschen das Mittelalter nicht überstehen würden, und es war eine große Überraschung, als es ihnen doch gelang.
Die Frage ist: Ist es die Menschheit als Ganzes oder sind es nicht vielmehr ein paar ihrer Vertreter, die mein Interesse geweckt haben? Immerhin habe ich ja zweifellos meine Lieblingsmenschen, das kann ich nicht leugnen. Ich habe mich daran gewöhnt, von Zeit zu Zeit auf einen Besuch bei ihnen vorbeizukommen. Denken wir an die die bezaubernde Vash, stolz, verschlagen und störrisch wie ein Bock. Oder die autoritäre und doch so elektrisierend weibliche Kathy, die es tatsächlich ausschlug, ein Kind mit mir zu haben. Aber auf dem ersten Platz ist und bleibt – ob es ihm nun gefällt oder nicht – Mon Capitaine. Jean-Luc Picard. Kennen Sie ihn zufällig? In letzter Zeit vielleicht mal über den Weg gelaufen? Er kommandiert die Enterprise, das Flaggschiff der Sternenflotte. Wenn Sie so wollen: Die Enterprise ist die beste Ameise des Ameisenhaufens.
Jetzt können Sie mich natürlich fragen: Warum gerade Picard? Was findet ein vor Omnipotenz strotzendes Wesen wie Q nur an ihm? Und ich muss zugeben: Er hat nicht einmal Haare auf dem Kopf. Zudem hat er als Abkömmling der Grande Nation die merkwürdige Eigenschaft, Earl Grey zu trinken, und als wäre das nicht schon genug, hat er seinen Fisch Livingston genannt. Trotzdem bereue ich nicht, ihm begegnet zu sein. Nein, nein, ich bin durchaus dankbar dafür.
Es ist noch gar nicht lange her – aus Sicht eines Q eigentlich nur ein Wimpernschlag. Als ich das erste Mal auf die Enterprise kam, war ich in offizieller Mission des Kontinuums unterwegs. Ich war damit beauftragt worden, den Prozess gegen die Menschheit einzuleiten. Tatsächlich war ich bei meiner ersten Begegnung mit Picard nicht unbedingt erquickt. Der Kerl erschien mir unerträglich anmaßend und selbstsicher. Das Kontinuum hatte ihn als Repräsentanten der Menschheit vor Gericht auserkoren, und ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er seine Spezies geradewegs in den Untergang führen würde. Doch mit der Zeit begann er mich sogar zu überraschen. Verrückt, nicht?
Über die Jahre wurde mehr aus unserem rätselhaften Verhältnis. Wie soll ich es beschreiben? Sagen wir einfach, wir haben so einiges zusammen erlebt, und ich komme nicht darum herum, zuzugeben, dass auch er mir während meiner Aufenthalte an Bord seines Schiffes den einen oder anderen Denkanstoß gab, vielleicht sogar eine kleine Lektion zu lernen. Ich glaube, was mir an Picard zunehmend Respekt abrang, war seine Fähigkeit, alle Seiten eines bestimmten Problems zu erkennen und die für ‚alle Beteiligten beste Lösung‘ zu finden, auch wenn es nicht immer sexy war, ihm dabei zuzusehen. Aber manchmal bewunderte ich seinen Schneid.
Schließlich begann ich zu erkennen, dass ich es – man stelle ich vor – bedauern würde, wenn die Menschheit und mit ihr Picard aus der kosmischen Geschichte eliminiert würden. Daher hielt ich es für angemessen, ihm ein paar kleine Tipps zu geben. Ich muss aber zugeben, die eigentliche Geistesleistung – das heißt für eine so niedere Spezies wie die Menschen – hat er vollbracht. Und damit konnte er den Prozess vorläufig zugunsten der Menschheit entscheiden.
Tja, da fällt mir ein: Seit diesen denkwürdigen Stunden, als über die Zukunft der Menschheit entschieden wurde, habe ich gar nicht mehr nach ihm gesehen. Überhaupt war ich ziemlich viel im Kontinuum, und wenn ich ‚rauskam‘, dann habe ich mich eher im Delta-Quadranten oder in der Andromeda-Galaxis herumgeschlagen als in Jean-Lucs Gegend. Ob er es zu schätzen wüsste, wenn ich auf einen spontanen Besuch vorbeikäme? Immerhin hätte ich einen guten Grund. Sein neues Schiff kenne ich noch gar nicht. Er könnte mich ein wenig herumführen und so.
Oh, ich weiß schon, was er für ein Gesicht ziehen würde, wenn ich plötzlich vor ihm stehe. Am liebsten würde er mir in die Arme springen, aber wegen einer schweren Kindheit hat der Gute schon immer Probleme gehabt, zu seinen Gefühlen zu stehen. Vielleicht reicht es, wenn ich ihm diesmal über die Schulter gucke. Und dann kann ich unsere Beziehung immer noch aufleben lassen. Anlässe finden sich bekanntlich immer.
Die Gelegenheit ist gerade günstig. Frau und Sohnemann machen zurzeit eine kleine Spritztour durch ein halbes Dutzend Galaxien. Ehrlich gesagt bin ich heilfroh, dass ich mich nicht mit Junior beschäftigen muss. Sie müssen wissen: Ich habe es nicht so mit Kindern. Aber auch der Gedanke, eine Gattin zu haben, ist für mich immer noch gewöhnungsbedürftig. Lady Q (so hat Juniors Patentante Kathy sie genannt, und der Einfachheit halber nenne ich Sie hier auch so) ist in vielerlei Hinsicht das exakte Gegenteil von mir. Vor allem aber scheint sie hundertprozentig allergisch auf meinen Humor zu sein, was gelegentlich für brenzlige Situationen sorgt.
Auf der Erde gibt es ein Symbol namens Yin und Yang. Die bildliche Darstellung zeigt zwei halbkreisförmige Zeichen, die sich umschlingen und vervollständigen. Angeblich symbolisieren sie das Männliche und Weibliche. Nun, auf dem Planeten Rimbar gibt es ein ähnliches Symbol, das ebenfalls aus zwei Teilen besteht. Doch in diesem Fall umschlingen sie sich nicht, um sich zu vervollständigen; stattdessen erwürgen sie sich gegenseitig. Warum denke ich, immer wenn ich meine liebreizende Frau sehe, jedes Mal an das Symbol auf Rimbar? Vielleicht, weil es unsere Beziehung am besten charakterisiert?
Zum Glück muss ich mir darüber gerade keine Gedanken machen. Ich bin frei wie der Wind. Wollen wir doch mal sehen, was Jean-Luc zurzeit so treibt…

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