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Schwarz und Weiß

von CAMIR, Yatar

Kapitel 1 - Der Weg in die Zukunft

Alle Akteure auf Anfang! Illustration des Kapitels von ymymy.


Sternzeit 55245.9, Ort: USS Enterprise-E

 

Captains Log, Sternzeit 55245.9

 

In weniger als 48 Stunden wird die Enterprise Betazed erreichen. Nach den kräftezehrenden Jahren des Krieges gegen das Dominion braucht der gesamte Alpha-Quadrant Erholung und Ruhe. Die Trümmer, die uns dieser unselige Krieg hinterlassen hat, müssen beseitigt werden, Wunden müssen heilen, neue Allianzen geschmiedet und alte erneuert werden. In Gedenken an die verlustreiche Schlacht, die eine unserer Kernwelten nahezu verwüstet hat, gibt es darum keinen besseren Ort, um eine Sicherheitskonferenz abzuhalten und die Frage zu erörtern wie es nun weitergehen soll. Unter der Ägide der Föderation wurden Vertreter der Klingonen, Romulaner, Ferengi und Cardassianer eingeladen, um eine gemeinsame Zukunft zu besprechen. Der Krieg hat uns allen gezeigt, wie verwundbar wir sind und wie schnell Bedrohungen von außen das Kräftegleichgewicht, das uns allen so vertraut ist, stören können. Die Aufgabe der Enterprise wird es sein für einen reibungslosen Ablauf der Konferenz zu sorgen und die Sicherheit unserer Gäste zu gewährleisten. Zugleich haben wir einige hochkarätige Diplomaten als Passagiere an Bord. Ich selbst wurde eingeladen, als Gastredner meine zahlreichen Begegnungen mit fremden Kulturen zu schildern und meine Expertise einzubringen.

 

Ermüdet beendete Jean-Luc Picard seine Aufzeichnungen und klappte seinen Handcomputer zu. Neben ihm stand eine Tasse Earl Grey, die jedoch inzwischen schon längst erkaltet war. Ein Teil von ihm war froh, dass die Enterprise nach einer langen Zeit im Trockendock endlich wieder einsatzbereit war. Es war nicht ihre erste friedliche Mission nach dem Dominionkrieg, aber die erste, die den Transport von hochrangigen Offizieren und Diplomaten beinhaltete. Vielleicht konnte doch langsam aber stetig wieder so etwas wie Normalität in den Alpha-Quadranten einkehren. Die Voraussetzungen waren niemals besser, doch zugleich bot die anberaumte Konferenz das Risiko, dass Dissidenten und Kriegstreiber die zarte Blüte namens Frieden im Keim erstickten, weil sie eigene Interessen gefährdet sahen.

Instinktiv griff er nach seiner Tasse, pustete in die Flüssigkeit und erkannte erst dann, dass der Tee kalt war. Mit einem Zug leerte er die Tasse und stellte sie dann wieder neben sich. Die Aufgabe, die vor ihm lag war schwierig, aber zu bewältigen. Er hatte bereits kniffligere Situationen mit Bravour gelöst.

Die Türen zu seinem Quartier öffneten sich mit einem Zischen und herein schwebte Beverly. Sie wirkte müde von einem langen Arbeitstag, aber darüber hinaus guter Dinge. Noch immer war es ein ungewohnter Anblick, sie in schwarzer Uniform und blonden Haaren zu sehen. Es gab so vieles, an das sie sich hatten umgewöhnen müssen, als sie die neue Enterprise-E bezogen hatten.

Sie summte ein leises Lied während sie gedankenverloren ihre Uniformjacke auszog und sie über das Bett warf. Dann erblickte sie ihn.

„Guten Abend, Jean-Luc!“

„Guten Abend Beverly!“

Er stand auf und ging zu ihr hinüber, um ihr zur Begrüßung einen flüchtigen Kuss zu geben.

„Wie war dein Tag?“ fragte er, um von seinen eigenen Sorgen und Befürchtungen abzulenken.

Sie lachte und es klang hell und klar.

„Das weißt du doch!“

Er tat absichtlich überrascht, während er mit seiner Hand zärtlich über ihren Rücken fuhr.

„Weiß ich das? Normalerweise ist die Krankenstation dein Zuständigkeitsbereich, Dr. Crusher.“

„Das stimmt.“ In einer fließenden Bewegung hatte sie sich auf seinen Tisch gesetzt und wurde wieder ernster. „Wir bereiten uns auf die kommenden Tage vor, wie angeordnet.“ Sie pausierte kurz, bevor sie hinzufügte. „Man weiß ja nie.“

Er nickte verständnisvoll. Es schien, als teilte sie seine Befürchtungen.

„Was denkst du über die Konferenz?“

Es war absurd. Sie hatten ihre Befehle schon eine gute Woche, aber erst jetzt kam er dazu, mit ihr darüber zu reden. Sie hatten einfach zuviel zu tun gehabt in den letzten Tagen, damit alles reibungslos funktionierte. Es tat gut, sie ausnahmsweise so früh zu sehen.

„Ich denke, es ist das einzig Richtige, das wir tun können. Es ist eine immense Chance.“

„Wir müssen nur aufpassen, dass nicht die Falschen das Ruder übernehmen,“ stimmte er ihr zu.

„Aber das ist ja unsere Aufgabe. Und wir sind damit nicht alleine.“ Sie stand von seinem Tisch auf und trat näher zu ihm. Dann schlang sie die Arme um seinen Hals und küsste ihn hingebungsvoll. „Und ich habe vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten,“ flüsterte sie mit kehliger Stimme, als sie sich von ihm löste.

Picard kam nicht umhin, zu lächeln.

„Wenigstens eine Person auf diesem Schiff!“ entgegnete er amüsiert.

Beverly war das Beste, das ihm in den letzten Jahren passiert war. Es war ihre Anwesenheit, ihre Liebe und ihr Verständnis, die ihn in den dunkelsten Kriegsstunden nicht hatten verzweifeln lassen. Noch immer kam es ihm wie ein Wunder vor, dass er nun sein Leben und das Bett mit ihr teilte. In den Wirren nach seiner letzten Begegnung mit den Borg hatte sie ihm zur Seite gestanden und dazu gebracht, seine Beziehung mit ihr zu überdenken. Er hatte es niemals bereut, diesen Schritt mit ihr gegangen zu sein.

Sie half ihm, seine Geister zu vertreiben, immer wieder aufs Neue und er half ihr, nicht mehr einsam zu sein.

„Hast du bereits an deinem Vortrag gearbeitet?“ wechselte sie erneut das Thema in ernsthaftere Gefilde.

Er schüttelte den Kopf.

„Nein. Es gab so viel zu koordinieren. Ich bin dankbar, wenigstens die Betreuung der Botschafter Will und Deanna übergeben zu haben. Aber…,“ er seufzte. „…ich weiß noch immer nicht so recht, was man genau von mir hören möchte. Es hieß, ich soll von meinen einzigartigen diplomatischen Begegnungen aus meiner langjährigen Erfahrung als Captain des berichten. Aber gerade unter den Cardassianern und Romulanern habe ich mir einige Feinde gemacht. Dazu können doch unsere Chefdiplomaten soviel mehr sagen…“

Sie dachte einen Augenblick nach.

„Ich nehme an, sie möchten etwas hören, worauf du eine einzigartige Perspektive hast. Du sprichst für die Leute im Feld, die tagtäglich ihren Kopf hinhalten. Und da es ja um eine gemeinsame Zukunft gehen soll, ist es vielleicht ganz gut, alte Feindschaften zu begraben. Vielleicht indem man sich auf eine Bedrohung besinnt, die uns alle angeht, wie die Borg.“

„Die Borg…“ entgegnete er langsam. Die Borg und immer wieder die Borg. Es schien, er wurde diese kybernetischen Zombies niemals los. Bei seiner letzten Begegnung mit ihnen hatte er sie sogar hören können. Außer Beverly hatte er jedoch mit niemandem darüber gesprochen. Und doch… Er hatte ihnen in gewisser Weise auch zu verdanken, mit einer Frau zusammen zu sein, die er über zwanzig Jahre nur heimlich zu lieben gewagt hatte. Es war verrückt, wie etwas so Grausames zu so etwas Schönem führen konnte.

„Warum nicht?“ fuhr sie fort. „Kaum jemand außer dir hat so intensive Erfahrungen mit ihnen gehabt. Und wenn man nach den Berichten über die Heimkehr der Voyager geht, die vor knapp einem Jahr die Nachrichten dominierten, dann können wir uns glücklich schätzen, dass sie uns bisher nicht mit ihrer geballten Stärke angriffen. Gegen die Borg war das Dominion harmlos. Und ein potentieller Angriff von ihnen betrifft den gesamten Alpha-Quadranten.“

Er nickte nachdenklich.

„Admiral Janeway hat ihnen in ihrer letzten Mission empfindliche Verluste zugefügt, aber auch sie konnte letztendlich nicht mit Sicherheit sagen, ob dies die Borg auf Dauer schwächte. Im besten Fall hat sie uns Zeit verschafft. Ich habe die Berichte gelesen. Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es sinnvoll, alle an daran zu erinnern, dass uns mehr verbindet als uns trennt. Und was eint mehr als ein gemeinsamer Feind?“

Beverly klopfte ihm mehrfach sanft auf die Schulter.

„So gefällst du mir schon besser.“

Dann wandte sie sich um.

„Du bist mir hoffentlich nicht böse, wenn ich mich kurz unter die Schalldusche stelle. Der Tag war lang.“

„Keineswegs. Vielleicht kann ich in der Zwischenzeit meine Gedanken sortieren.“

Picard sah ihr nach, wie sie mit wiegenden Schritten in Richtung Hygienezelle ging, wobei sie ihr Tanktop und ihren Büstenhalter auszog und zu ihrer Uniformjacke auf das Bett warf. Er kam nicht umhin, jedes Mal aufs Neue ihre langen schlanken Beine und ihren weißen Rücken zu bewundern. Es erfüllte ihn mit Wärme, wie vertraut ihr Umgang miteinander geworden war. Und er hatte sich nach vier Jahren immer noch nicht an ihr sattgesehen.

Sie sah ein letztes Mal hinter sich und lächelte einladend, bevor sie hinter der Tür verschwand.

 

Sternzeit 55246.1, Ort: Daystrom-Institut, Planet Erde

 

Annika Hansen wusste die Abendstunden zu schätzen. Um diese Zeit waren die meisten Forscher nach Hause gegangen und sie hatte die Einrichtungen des Daystrom-Instituts zu ihrer vollen Verfügung. Noch immer bereitete ihr die Anwesenheit allzu vieler Menschen Schwierigkeiten, obwohl es von Tag zu Tag besser wurde.

Dennoch brauchte sie inmitten der vielen lauten Individuen um sie herum hin und wieder Einsamkeit, um ihr volles Potential entfalten zu können: mit jener maximalen Effizienz, die sie von ihrer Zeit auf der Voyager gewohnt war.

Das Piepen der Konsolen um sie herum lieferte eine vertraute Klangkulisse, die die Daten begleitete, die über die Bildschirme flimmerten.

Sie war dankbar dafür, nun an einer so angesehenen Forschungseinrichtung arbeiten zu dürfen. Wenige Wochen nach der Rückkehr der Voyager, wurde bei Annika Hansen angefragt, ob sie bei der Auswertung und Integration der neuen Technologien behilflich sein konnte, die sie aus dem Delta-Quadranten mitgebracht hatten. Kaum jemand außer ihr verfügte über das notwendige Wissen, die Technologien – die meisten davon Borg - angemessen auszulesen, um sie dann in andere Projekte zu integrieren. Daher war es nur folgerichtig, sie als Beraterin anzuwerben, zumal sie keine anderen Verpflichtungen innerhalb Starfleets hatte. Nachdem die dringlichsten Berichte abgearbeitet waren wurde das Schiff zunächst in die Obhut des Instituts gegeben. Erst vor wenigen Wochen war es wieder für den normalen Betrieb freigegeben worden. Jetzt unter dem umstrittenen Kommando von Captain Chakotay. Das Schiff war für das jetzige Forschungsprojekt nicht mehr erforderlich. Jetzt galt es, die gesammelten Daten auszuwerten um daraus Verbesserungen für andere Schiffe der Föderation zu entwickeln.

Annika liebte ihre Arbeit, aber manchmal wünschte sie sich doch wieder Seven of Nine zu sein, die in einem kleinen, vertrauten Kosmos leben und arbeiten durfte.

Die Rückkehr in den Alpha-Quadranten hatte vieles in ihrem Leben durcheinandergeworfen, das für sie zu einer Sicherheit geworden war.

Natürlich hatte ihre Mentorin, Captain Janeway ihr dazu geraten, das Angebot anzunehmen und stand ihr, so gut es ging, mit Rat und Tat zur Seite. Aber seit man sie zur Admiralin befördert hatte, war auch ihre Zeit begrenzt.

Überhaupt hatte Annika kaum jemanden ihrer alten Freunde in den letzten Wochen gesehen. Sie selbst war eingespannt mit der Arbeit und die Voyager flog wieder Missionen. Das erfüllte sie hin und wieder mit Wehmut.

Der Blick auf das Chronometer zeigte ihr, wie spät es war. Wenn man in Gedanken war, verging die Zeit viel schneller, wie sie lernen musste. Aber immer noch war sie mit ihrem Tagespensum nicht zufrieden.

Mit einem Zischen öffnete sich die Tür zu ihrem Laboratorium. Überrascht drehte sie sich um. Wer wollte denn um diese Zeit noch etwas arbeiten außer ihr?

Ihre Anspannung wich, als sie in ein bekanntes Gesicht blickte.

„Guten Abend, Seven!“ sagte ein junger Mann verlegen.

„Icheb“, erwiderte sie den Gruß und deutete ein Nicken an. „Was führt dich zu mir?“

Eigenartig – gerade hatte sie darüber nachgedacht, wie alleine sie war.

Der Junge lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln.

„Ich wollte sehen, wie es dir geht.“

„Dazu hättest du nicht kommen brauchen. Ich bin jederzeit über Kommunikator erreichbar,“ entgegnete sie aus alter Gewohnheit.

„Das ist nicht dasselbe,“ erwiderte er hastig. Nein, das war es wohl nicht.

„Wie… geht es dir?“ versuchte sie sich an einem besseren Konversationseinstieg.

„Achja. Ich bin jetzt auf der Akademie, wie du weißt. Es hat eine Weile gedauert, bis alle erforderlichen Untersuchungen abgeschlossen waren und meine Tauglichkeit festgestellt wurde. Aber ich lerne viel. Jetzt sind Semesterferien und ich wurde für ein Praktikum hier am Daystrom-Institut angenommen. Da dachte ich, ich könnte dich einmal besuchen.“

Allzu viel Erfahrungen mit den Feinheiten der Interaktion hatte Seven noch immer nicht. Dennoch spürte sie deutlich, dass er mehr sagte, indem er bestimmte Dinge nicht sagte.

„Du bist… einsam?“ fragte sie daher vorsichtig. Es war ein Gefühl.

Eine Weile starrte Icheb auf den Boden, bevor er sie wieder ansah.

„Ja,“ sagte er schließlich leise.

„Ich auch,“ erwiderte sie und war überrascht, wie leicht ihr diese Worte über die Lippen kamen.

Icheb seufzte. „Ich hatte mir alles so schön vorgestellt. Auf der Voyager haben sie immer von der Akademie gesprochen und von den tollen Erinnerungen. Ich wusste, es ist das Richtige. Aber irgendwie ist es anders, als ich dachte. Und ich vermisse meine alten Freunde, die beinahe zu meiner Familie wurden. Früher sah ich sie jeden Tag und jetzt sind sie nicht mehr Teil meines Lebens. Niemand behandelt mich schlecht, aber es dauert wohl eine Weile, bis ich neue Kontakte knüpfe. Wie gehst du damit um?“

Das war es also! Seven war diejenige, die seine Situation am besten nachvollziehen konnte. Deshalb war er zu ihr gekommen.

„Ich versuche nicht so sehr, an die Vergangenheit zu denken und mich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Ich werde hier gebraucht.“

„Und fällt dir das leicht?“

„Es gibt… Momente, in denen ich meinen Ansprüchen nicht genügen kann.“

Aus irgendeinem Grund brachte ihn diese Aussage erneut zum Lächeln. Doch dieses Mal schien nichts Trauriges darin zu liegen.

„Vielleicht können wir uns ja gegenseitig helfen, in diesen Stunden?“ schlug er vor.

„Das erscheint mir akzeptabel.“

Nun grinste er. Er hatte eine Freundin gebraucht und Seven spürte, wie gerne sie diese Rolle übernehmen würde. Es war gut, zumindest eine Person in der Nähe zu haben, mit der sie Zeit auf der Voyager verbracht hatte.

„Woran arbeitest du gerade?“ fragte er dann und sie erklärte es ihm.

 

Die Zeit mit Seven verging wie im Flug und Icheb hatte seit langem wieder das Gefühl, gebraucht zu werden, wirklich gebraucht.

Er hatte schnell begriffen, woran sie arbeitete und schneller, als er es bemerkte, war er dabei ihr zu helfen. Genau wie sie hatte er sich auf der Voyager mit den neuen Technologien auseinandergesetzt und verfügte darum über ähnliche Einblicke wie sie. Zudem wusste er, wie sie arbeitete.

Ohne von ihren Daten aufzusehen, reichte Seven ihm schließlich ein PADD.

„Es wäre hilfreich, wenn du diese Dinge besorgen könntest. Sie sind in Lagerraum 18A untergebracht. Solange ich hier bin, sind die Türen nicht verschlossen.“

Er nahm das PADD und machte sich auf den Weg, froh darüber, wieder in seinem Element zu sein und gleichzeitig einer Freundin zu helfen. Fast nebenher konnte er sich auch so mit den Anlagen des Instituts vertraut machen, in dem er sein Praktikum absolvieren würde.

Lagerraum 18A war leicht zu finden und gut sortiert, so wie er es bereits von der Voyager her kannte. Dennoch dauerte es seine Zeit, die auf der Liste befindlichen Gegenstände zu finden, da sie unterschiedlicher Natur waren. So wollte Seven eine Reihe Rohstoffe, aber auch einige Ersatzteile. Vorsichtig arbeitete Icheb die Liste ab und steckte die gewünschten Dinge in eine mitgebrachte Tasche.

Als er fertig war, hinterließ er alles so, wie er es vorgefunden hatte und wollte zu Sevens Laboratorium zurückkehren.

Stimmengemurmel ließ seine Schritte verlangsamen und genauer hinhören. Seven schien mit jemandem zu sprechen und wirkte zusehends irritierter. Das erschien Icheb mehr als seltsam, da eigentlich um diese Zeit sonst niemand mehr hier sein sollte.

„…wollen Sie?“

Die Stimme, die antwortete, schien männlich, aber seltsam verzerrt. Icheb verstand nicht jedes Wort.

„…früh genug… erfahren.“

„…gehen Sie!“ erwiderte Seven, nun sichtlich wütend.

Hier brauchte jemand Hilfe! Fast instinktiv ließ Icheb die Tasche fallen und beschleunigte seine Schritte.

Außer Atem erreichte er Sevens Labor und öffnete leise die Tür. Ihr gegenüber stand eine verhüllte Gestalt, die sich ihr näherte. Die Gestalt packte sie an der Schulter, dann flimmerten beide und verschwanden.

„Seven, nein!“ schrie Icheb, was dazu führte, dass die Gestalt ihn im Verschwinden ansah. Dann flog alles in die Luft.

 

Sternzeit 55246.4, Ort: USS Voyager

 

Captains Log, Sternzeit 55252.6

Die Sicherheitskonferenz auf Betazed hat weitreichende Folgen für die Flottenverteilung von Starfleet. Die Voyager wurde von einer Forschungsmission zurückbeordert, um Passagiere nach Betazed zu befördern und dann Teil des Sicherheitskontingentes zu sein, das unter der Leitung von Captain Picard für einen reibungslosen Ablauf sorgt. Für die Offiziere der Voyager bedeutet diese Mission auch das Wiedersehen mit einigen liebgewonnenen Freunden. Einer unserer Gäste ist Vize-Admiral Janeway mit ihrem persönlichen Attaché Commander Tuvok.

 

Das Piepen an der Tür des Bereitschaftsraums holte Captain Chakotay aus seinen Überlegungen. Noch während er „Herein!“ rief, stand er auf. Er hatte eine Ahnung, wer ihn sprechen wollte. Obwohl er sich seit längerem auf diese Begegnung gefreut hatte, erfüllte sie ihn auch mit einer gewissen Nervosität. Es war alles so schnell gegangen.

Als die Türen aufglitten sah er in das lächelnde Gesicht seines ehemaligen Captains, die sich neugierig umsah.

„Hallo Chakotay.“ In ihrem Blick war eine Spur Traurigkeit, als sie mit ihm die Wanddekorationen streifte.

Chakotay hatte den Raum lange so belassen, wie er unter ihrem Kommando war: schmucklos und schlicht. Aber irgendwann hatte erkannt, dass er sich aus ihrem Schatten lösen musste und hatte die Wandteppiche aufgehängt. Damit hatte er aber auch die Voyager endgültig zu seinem Schiff gemacht. Insgeheim hatte es sich für ihn lange so angefühlt, als würde er nur für sie den Platz freihalten. Aber sie würde vermutlich nicht wiederkehren. Die Zeiten waren für immer vorbei: sie waren jetzt Zuhause im Alpha-Quadranten. Chakotay wusste, dass sein Kommando in den Kreisen der Admiralität aufgrund seiner Maquis-Vergangenheit nicht unumstritten war. Sie war es gewesen, die sich letztendlich durchgesetzt hatte, ihm dieses Kommando zu überlassen, weil sie sich „Niemand besseren“ vorstellen konnte. Umso wichtiger war es, gute Arbeit abzuliefern.

„Hallo Kathryn,“ erwiderte er ihre Begrüßung und lächelte ebenfalls. Sie war immer noch so schön, wie er sie in Erinnerung hatte, auch wenn sie ihre Haare jetzt wieder länger trug. Gleichzeitig schienen sie aber jetzt Welten zu trennen. So sehr er sich freute, sie zu sehen, so wenig wusste er, wie er die Konversation fortführen sollte. Daher entschied er sich für das naheliegendste: „Gut siehst du aus!“

Sie nahm das Kompliment zur Kenntnis, ging aber sofort zur Tagesordnung über.

„Wie ich sehe, hast du dich hier inzwischen eingerichtet.“

Natürlich war es ihr aufgefallen! Zwar schwang weder Neid noch Missgunst in ihren Worten mit, dennoch war eine gewisse Wehmut nicht zu überhören. Sie hatte genauso akzeptieren müssen, nicht zurückzukommen.

„Ich habe lange damit gewartet,“ gab er zu und sie verstand.

„Es gefällt mir,“ sagte sie. „Es passt zu dir.“

„Danke.“ Mit einer Hand wies er auf die Sitzecke. „Willst du nicht setzen?“

„Gerne.“ Sie kam seiner Aufforderung nach und sie setzten sich gegenüber. Dann schwiegen sie eine gewisse Zeit.

Es war ihre erste wirkliche Begegnung, nachdem die Turbulenzen um die Rückkehr der Voyager sich langsam gelegt hatten. Dann war jeder von ihnen seiner eigenen Wege gegangen. Was im Wesentlichen wenig daran änderte, dass er noch immer das Gefühl hatte, ihr so viel sagen zu müssen.

„Wie fühlt sich der Kommandosessel an?“ fragte sie schließlich, um die Stille zu durchbrechen.

„Im Großen und Ganzen recht bequem. Aber ich muss ziemlich große Fußstapfen ausfüllen.“

Erneut lächelte sie traurig.

„Du bist einer der Wenigen, die wissen, dass ‚Die große Kathryn Janeway‘ zur Hälfte Mythos ist.“ Dann zuckte sie die Achseln. „Aber vermutlich kommt es darauf auch garnicht an.“

Chakotay schwieg eine Weile. Niemand konnte abstreiten, dass Kathryn Großes geleistet hatte, die Voyager am Schluss nach Hause zu bringen. In unzähligen brenzligen Situationen hatte sie einen kühlen Kopf bewahrt und schlussendlich das Richtige getan. Doch nicht bei allen Entscheidungen kam es ihr auch selbst so vor.

„Ich glaube, du unterschätzt dich,“ entgegnete er deswegen aufmunternd und nahm ihre Hand.

„Vielleicht,“ gab sie nachdenklich zu. „Aber es erscheint auch vollkommen unerheblich, was ich denke. Das Bild, das sich die Umgebung von einem Menschen macht, deckt sich in den wenigsten Fällen mit dem Selbstbild. Es ist nur manchmal… schwierig. Sie heben mich auf ein Podest und ich habe Angst, irgendwann herunterzufallen.“

„Ich glaube nicht, dass das jemals passieren wird.“

Sie drückte seine Hand und schwieg.

Nach einer Weile fragte Chakotay etwas, das ihn schon lange beschäftigte.

„Kathryn, bist du glücklich?“

Sie sah ihn überrascht an, wie als hätte sie mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser Frage. Vielleicht konnte sie all jenen etwas vorspielen, die sie nicht so gut kannten, wie er. Aber für ihn war es offensichtlich, wie wenig wohl sie sich in ihrer neuen Rolle fühlte. Sie wollte etwas erwidern, als sein Kommunikator piepte.

„Kim an Captain Chakotay!“

Er und Kathryn sahen sich an, dann betätigte er das Gerät auf seiner Brust.

„Chakotay hier! Was gibt es, Lieutenant?“

„Sir, das sollten Sie sich ansehen! Ich übermittle es auf Ihren Handcomputer!“

„Verstanden!“

Er stand auf, um das Kommuniqué entgegenzunehmen und nahm zur Kenntnis, dass Kathryn sitzenblieb. Sie hatte vollständig akzeptiert, dass es nun sein Schiff war.

„Soll ich gehen?“ fragte sie.

„Nein,“ antwortete er umgehend. Er war so froh, sie nach all der Zeit wieder zu sehen und wollte ihre Anwesenheit noch eine Weile länger genießen.

Er rief die Nachricht ab und erstarrte. Es handelte sich um ein Newsfeed, das erst vor wenigen Minuten gesendet worden war. Als es geendet hatte, spielte er es erneut ab, nur um sicherzugehen, nicht geträumt zu haben. Dann setzte er sich.

Kathryn hatte seine Emotionen sehr genau beobachtet und ihr Gesicht nahm einen sorgenvollen Ausdruck.

„Chakotay?“
Als er beim ersten Mal nicht reagierte, fragte sie behutsam ein zweites Mal: „Chakotay, ist alles in Ordnung?“

Langsam, fast automatisch drehte er den Handcomputer zu ihr hin. Sie stand auf, um besser sehen zu können und rief das Video ab. „Wissenschaftlerin Annika Hansen heute bei Explosion im Daystrom-Institut getötet“ murmelte sie, als sie die Überschrift las. Ihr Gesicht wurde bleich und sie flüsterte: „Seven!?“

Chakotay stand auf und sah Kathryn lange in die Augen. Dann sagte er fast unhörbar: „Sie ist wirklich tot. Ich kann es garnicht glauben. Ich will es nicht glauben…“

Behutsam legte Kathryn ihre Arme um ihn und sie trauerten gemeinsam um eine gute Freundin.

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