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Die Pyjama-Party

von Racussa

In Garaks Schneiderei

„So, so, ein modisches Ensemble für eine Holosuite-Episode mit den Drei Musketieren. Nun ja, da könnte ich bis heute nachmittags etwas zusammengestellt haben. Mögen Sie Federn auf den Hüten, oder lieber nicht?“, fragte Garak mit einem verschmitzten Lächeln in Richtung der drei jungen Studenten, die ihm gegenüberstanden.

Duncan nickte: „Natürlich Federn, wie in den alten Büchern! Es gibt nichts Lustigeres als die Erzählungen über die drei Musketiere, die zur Zeit Peters des Großen die Straßen von St. Petersburg sicher und die Schlafzimmer der Frauen unsicher machten.“ Er lachte los, während Icheb, dem er dabei auf die Schulter klopfte, die Stirn runzelte und meinte:

„Spielt denn der Roman nicht im Frankreich des 17. Jahrhunderts, also vor der Gründung von St. Petersburg im irdischen Jahr 1703.“

Wesley beugte sich zu ihm und flüsterte: „Sag nie was gegen seine Rußland-Phantasien.“

Ein Klaps auf Wesleys Hinterkopf brachte ihn zum Schweigen.

„Was lästerst du da? Alexandre Dumas hat die russische Vorlage für diese Geschichte gestohlen und nach Frankreich versetzt. Das weiß doch jeder. Nicht wahr?“

Icheb, der zwischen den beiden anderen stand, zuckte mit den Schultern: „Nicht im Deltaquadranten…“

„Oh, und dann empfehle ich auch diese herrlichen tholianischen Seidenstoffe für die Hemden.“, versuchte Garak die Situation zu retten, als ein Junge in schwarzer Lederkluft mit Handschuhen eintrat, allerdings zur Seite geschubst wurde von einer kleinen Blondine.

„Ich war zuerst dran, Garak!“

Garak verdrehte kurz die Augen, dann lächelte er professionell, deutete auf die drei Studenten und sagte: „Schwester Onella, bitte lassen Sie mich nur kurz diese drei Herren fertig machen, dann können wir über Ihr Cocktailkleid sprechen.“

„Oh nein!“, sagte Duncan mit ausladender Handbewegung und nahm seinen Arm von Ichebs Schulter, der erleichtert seufzte. „Mein lieber Schneidermeister Garak, bitte bedienen Sie zuerst die Dame. Wir sind für unsere Galanterie bekannt.“ Er fügte eine ausladende Verneigung hinzu und zog einen imaginären Hut vor der Blondine, die ihn geflissentlich ignorierte. Er warf ihr dennoch einen vielsagenden Blick zu.

„Sie scheinen das Kleid dringend zu brauchen. Möchten Sie nicht eine Runde mit uns in die Holosuite kommen? Wir sind Studenten von der Föderationsuniversität auf der Erde. Das ist Wesley Crusher – ja, der berühmte Sohn - und dieser verklemmte Besenstiel ist Icheb aus dem Deltaqudranten, der von der Voyager mitgebracht wurde.“

Wesley fügte hinzu: „Und das dort ist unser Freund Jono, der gerade mit seinem Vater Urlaub auf DS9 macht und uns den D’Artagnan spielen wird. Komm her, Jono!“

Der Angesprochene trat näher und beäugte die Dame misstrauisch.

„Sie spielen nicht wirklich mit, oder?“, fragte er vorsichtig.

„Wo denken Sie hin, ich habe doch gar keine Zeit. Meine Schicht auf der Krankenstation beginnt in einer Stunde. Aber dafür brauche ich das Cocktailkleid.“

Icheb war verwirrt: „Müssen Sie im Dienst nicht Uniform tragen?“

„Und Krankenkittel, wie meine Mutter?“, ergänzte Wesley.

Garak holte inzwischen eine mittelgroße Schachtel.

„Ja, zum Dienst schon. Aber ich möchte in meinem neuen Kleid hingehen; dann ziehe ich mich in der Krankenstation im Gemeinschaftsraum um und weine ein bisschen, weil ich zu spät gekommen bin. Und wenn Dr. Bashir mir dann hilft, die Krankenhausuniform anzuziehen, nun ja, vielleicht kann ich ihn dann…“

Garak stellte die Schachtel etwas zu heftig auf den Tresen. „Schwester Onella, Ihre steten Versuche, Dr. Bashir zu verführen, sind eine unversiegbare Quelle meines wirtschaftlichen Fortschritts. Das macht sechshundert ECU.“

Sie presst ihren linken kleinen Finger auf das Zahlungsdatenbrett, dass Garak ihr hinhielt. „Und jeden Ecu wert, wie ich vermute.“

Sie öffnete die Schachtel und klickte auf ein ausgeflipptes Kleid im Stil der Zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts, mit vielen Fransen und Pailletten in Schlammgrün. Etwas verwirrt blickte sie auf den Schneider.

„Ein schlammgrünes Cocktailkleid? Meinen Sie wirklich?“

Garak nickte heftig. „Oh, meine Liebe, das ist auf Andoria der letzte Schrei. Und ich habe mich ganz diskret bei Dr. Bashir nach seiner Lieblingsfarbe erkundigt. Er sagte, schwefelgelb, aber von seiner Putzfrau erfuhr ich, dass er immer schlammgrüne Unterwäsche trägt. Daher habe ich dieses Wissen kombiniert: Schlammgrünes Kleid und hier…“, er holte eine gelbe Federboa hervor und legte sie der verwirrten Blondine um den Hals „…dieses Accessoire gratis dazu!“

„Heute wird er mir erliegen!“, flötete Onella, während sie die Schachtel schloss, unter den Arm klemmte und mit wehender Federboa die Schneiderei verließ. Garak lächelte vielsagend und wandte sich wieder den vier Herren zu.

„Warum finde ich es seltsam, dass Sie die Putzfrauen der Station nach der Unterwäsche der Besatzung befragen.“, meinte Jono, als er nähertrat.

Wesley sagte: „Garak ist ein bekannter Schneider. Und er war während des Dominionkrieges auf unserer Seite, selbst als sein Volk die Vorta unterstützte. Da kann man ihm seine Schrullen verzeihen.“


Nachdem Garak alle vier vermessen hatte und Daten in sein Schneiderdatenbrett eingetippt hatte, sagte er: „Das wird für Sie zum Spezialpreis 3 Ecu pro Kostüm kosten, die Hüte mit den Federn werde ich Ihnen gratis dazu geben, aber ich erwarte, dass Sie sich hier in der Schneiderei umziehen und in den Kostümen zu Quarcks Bar gehen. Ich brauche ja schließlich auch ein paar Werbeträger für meine ausgefalleneren Kreationen. Immer nur Uniformen oder verrückte Kleidchen für Schwester Onella, die hoffnungslos versucht meinen Echs…meinen exzellenten Dr. Bashir zu verführen, werden auf die Dauer langweilig.“

„Ich zahle die erste Runde, während wir im Replimat warten.“, meinte Duncan, aber Icheb schüttelte den Kopf. Die anderen Drei starrten ihn verwundert an.

„Nein, heute zahle ich die erste Runde. Es gibt hier eine andorianische Bar, die erst vor kurzem geöffnet hat: Die eisige Höhle. Dort sollten wir hingehen!“

„Wie du meinst, ich kenne weder das eine noch das andere.“, meinte Jono.


Die vier verließen gerade die Schneiderei, als eine große Frau mit bordeauxfarbenem Kleid und ein noch größerer Mann mit einer weißen Leinentunika eintraten. Ein Hauch von Kühle wehte durch den Raum und Garak fixierte die beiden so unauffällig wie möglich. Während der Mann zu einem Regal voller Hemden und Strickwesten ging, kam die Frau direkt auf Garak zu und sah ihm tief in die Augen.

„Hallo. Mein Name ist Pamela, Pamela Swynford de Beaufort.“

Garak konnte seine Augen nicht von der wohlgeformten Frau abwenden. Er brauchte einige Augenblicke, um zu antworten. „Gnädige Frau, was darf ich Ihnen anbieten. Möchten Sie einen Morgenmantel oder ein Abendkleid?“

Pamela beugte sich vor und hauchte in sein Ohr: „Ein bernsteinfarbenes Abendkleid für mich, und eine blutorangenfarbene Badehose für meinen Begleiter.“

Wie aus Trance erwacht, nickte Garak. „Dann darf ich Sie bitten, mir in das Lager zu folgen, denn hier habe ich nichts von der Qualität, die Sie verdienen.“

Er ging an dem Mann vorbei zum Vordereingang des Ladens und schloss die Türe ab, dann öffnete er einen Vorhang, der die gepanzerte Türe zum Hinterzimmer verdeckt hatte.

Er öffnete das Zahlenschloss und ließ Iris und Fingerkuppenmuster scannen, bevor sich das schwere Schott öffnete. Der Mann war hinzugetreten, blickte auf Garak hinunter und reichte ihm zum Gruß die Hand.

„Ich bin Erik Halwasson; und Sie sehen gar nicht wie der berühmte cardassianische Spion aus, der uns angekündigt wurde.“


Als Garak die Datenstäbchen wieder sorgfältig zwischen den tholianischen Seidenfadenmustern versteckte und im Safe verschloss, wandte er sich den beiden Gästen zu, die an der anderen Seite des Schneidertisches saßen, auf dem Scheren, Nadeln und Klebstofftuben herumlagen.

„Sie entschuldigen meine Vorsicht, aber es laufen so viele Verräter auf dieser Station herum, dass man sich nur mit den vertrauenswürdigsten Leuten von außerhalb treffen sollte. Wie lange werden Sie noch auf der Station sein, bevor Sie zur Erde zurückkehren, um die Informationen, die ich Ihnen verkauft habe, gegen das MBS einzusetzen?“

Erik antwortete, während Pamela blitzschnell aufstand und im Hauch eines Augenblicks vor einem langen Regal mit Stoffen stand.

„Unser Shuttle geht morgen früh, es ist ein Obstransporter, der von Bajor Richtung Erde fliegt und Moba-Früchte transportiert. Unbequem aber preiswert.“

Pamela strich über ein Muster von bernsteinfarbenem Brokat.

Garak wandte sich ihr zu: „Meine Liebe, was halten Sie davon, wenn ich Erik und Sie heute zum Abendessen bzw. –trinken zu mir einlade. Ich habe die Möglichkeit, an einige exklusive Blutproben heranzukommen, etwa von Betazoiden oder sogar von einem Lurianer.“

Erik stand auf und schaute zu Pamela: „Ein formelles Diner?“

„Julian und ich hatten noch nie Vampire zu Gast. Ich bin da etwas verunsichert. Sie können natürlich gerne im Frack und mit weitem Umhang kommen. Oder in einem Kleid aus dem Rumänien des 15. Jahrhunderts der Erdenzeitrechnung der dortigen Christen. Aber würde es nicht etwas weniger gezwungen sein, wenn wir eine Pyjamaparty machten? Julian liebt solche Überraschungen, wenn er müde vom Dienst nachhause kommt. Ich würde für Sie Blutwurst zubereiten, einige Cocktails und einen Hämoglobinshake. Für Julian und mich…hmm…ein Beef Tartar, dann einen Rohkostteller mit tellaritischer Mayonnaise und als Dessert ein Pfirsich-Mandel-Soufflé, dessen Rezept ich einem romulanischen Kunden abgeluchst habe, der hier einen eintönigen grauen Zweiteiler abgeholt hatte.“

Pamela zog den Stoff aus dem Regal: „Wenn Sie mir ein Negligé aus diesem Brokat machen, bin ich dabei. Und du Erik? Hast Du Lust herauszufinden, ob Augmentierte oder Vampire ausdauernder im Feiern sind?“

Er grinste anzüglich zu dem Schneider: „Aber gern. Mein Kostüm für eine Pyjama-Party ist noch einfacher herzustellen: Ich schlafe immer nackt.“
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