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Erinnerungen (2018)

von CAMIR

III

7 Jahre früher…

 

Jean-Luc Picard lag in seinem Bett und starrte an die Decke. Sein Quartier war dunkel und wurde nur durch die Sterne beleuchtet, die in Streifen vorbeizogen, wie immer, wenn das Schiff mit Warpgeschwindigkeit flog. Er brauchte keinen Blick auf das Chronometer zu werfen, um zu wissen, dass es mitten in der Nacht war, oder zumindest das, was man auf seinem Raumschiff als Nacht definiert hatte. In ewiger Dunkelheit musste man sich seine eigenen Tagesabläufe schaffen, um sich zurechtfinden zu können.

Mürrisch drehte er sich auf die Seite und warf die Bettdecke fort. Er fand es unerträglich warm in seinem Quartier. Wahrscheinlich hatte der Maschinenraum gerade ein paar kleinere Probleme mit den Umweltkontrollen.

Er wälzte sich noch einige Male unruhig hin und her, bevor er aufgab und beschloss, sich ein wenig die Beine zu vertreten. So wurde er vielleicht müde genug, um endlich einschlafen zu können. Eine schlaflose Nacht war das Letzte was er vor dem morgigen Tag gebrauchen konnte. Müdigkeit und Unkonzentriertheit durfte er sich bei dieser heiklen diplomatischen Mission auf keinen Fall leisten, zu viel hing davon ab.  

„Computer, Licht!“

Sofort wurde der gesamte Raum in ein verhältnismäßig helles Licht getaucht und er musste kurzfristig die Augen zukneifen, um nicht geblendet zu werden. Als er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, schwang er seine Beine aus dem Bett, stand auf und suchte nach seiner Uniform, die er vor wenigen Stunden eilig über einen Stuhl geworfen hatte. Er streifte sie sich über und verließ sein Quartier, in der Hoffnung, auf diese Weise in den Schlaf zu finden.

Als er den Gang betrat kam ihm eine noch unerträglichere Hitze entgegen. Er rieb sich mit der Hand über die Stirn und seufzte leicht. Damit war es klar, wohin er zuerst gehen würde. Normalerweise hätte er seinen Kommunikator dazu benutzt, bei Geordi LaForge nachzufragen, was los war, doch er hoffte, die Bewegung ermüdete ihn.

 

Im Maschinenraum herrschte ein geschäftiges Treiben und niemand beachtete Picard als er zur Tür hereinkam. In all dem Durcheinander versuchte Geordi souverän die Ordnung beizubehalten.

Er rief seinen Technikern unentwegt Befehle zu und legte zugleich selbst mit Hand an. „Lieutenant Harris, haben Sie eigentlich schon eine Diagnose der Hauptschaltkreise unserer Umweltkontrollen durchgeführt?“ rief er nun einem seiner Ingenieure zu, der auf einer Plattform über ihm arbeitete.

„Positiv, Sir, sogar mehrmals, aber bisher konnte ich nichts finden.“

„Ich verstehe! Dann machen Sie eine Level 1 Diagnose. Irgendwo muss der Fehler liegen. Ich überprüfe zwischenzeitlich noch einmal die Relais, die die Klimakontrollen mit Energie versorgen.“

„Aye, Sir!“ schallte es von oben.

Zufrieden beobachtete Picard die Szene. Seine Leute waren also schon daran das Problem zu lösen. Auch wenn er momentan nicht wusste, wie lange das noch dauern konnte, hatte er doch Vertrauen in LaForge.

Hier konnte der Captain nun nichts mehr tun ohne die Arbeiten zu behindern und so trat er wieder auf den Gang hinaus. Dennoch blieb die Frage, wie er bei dieser Hitze ein Auge zutun sollte. Da kam ihm eine Idee.

 

Als Picard die Krankenstation betrat, war er überrascht, direkt in die Arme seiner Chefärztin zu laufen, die gerade einige medizinische Vorräte katalogisierte. Anderes medizinisches Personal war nicht zu sehen. Ihre Blicke trafen sich, dann war es Beverly, die mit einem amüsierten Lächeln die Stille durchbrach.

„Jean-Luc, was machst du denn hier?“

Picard schluckte und zog seine Uniform glatt. Er hatte nicht erwartet, ausgerechnet ihr zu begegnen.

„Dasselbe könnte ich dich um diese Uhrzeit fragen!“ konterte er deshalb und kam sich im selben Moment ziemlich dümmlich vor.

„Ich habe Nachtschicht!“ erwiderte sie lapidar und er kratzte sich nervös am Hinterkopf.

„Natürlich. Ich war nur so überrascht, dich anzutreffen.“

Beverly legte ihre Gerätschaften zur Seite und drehte sich komplett zu Picard um. Sie stemmte die Hände in die Hüften.

„Warum?“ fragte sie sofort und er verfluchte sich innerlich. Er hatte lediglich vorgehabt, sich von einer Krankenschwester ein Schlafmittel verabreichen zu lassen. Jetzt musste er Beverly Crusher Rede und Antwort stehen. Und so wie er sie kannte, würde sie nicht lockerlassen. Er fügte sich in sein Schicksal.

„Ich habe seit einigen Nächten Schlafprobleme. Du weißt selbst, wie wichtig die Mission auf Serga VII ist. Deshalb wollte ich zumindest heute Nacht einigermaßen zur Ruhe kommen. Ich wollte ein Sedativum, mehr nicht.“

Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf.

„Aber möglichst, ohne eine medizinische Untersuchung, nicht wahr? Du änderst dich nie, Jean-Luc. Jede Mission geht vor und die Gesundheit muss zurückstecken.“

Ihre Worte klangen streng, aber in ihren Augen glaubte er Sorge und sogar Zuneigung zu sehen.

Er seufzte. „Ich hätte mich untersuchen lassen. Wenn alles vorbei ist.“

Beverly kam auf ihn zu und wies mit ihrer rechten Hand auf das am nächsten stehende Biobett.

„Und dann wäre dir wieder etwas anderes eingefallen, das dich daran hindert zu kommen. Es tut mir leid, aber ohne vorhergehende Untersuchung kann ich dir kein Präparat verschreiben. Diese Vorschriften sollten dir eigentlich bekannt sein.“

„Ich wollte sie nicht umgehen,“ setzte er erneut wenig überzeugend an. Beverly ging aber nicht darauf ein.

„Wahrscheinlich ist dein Schlafmangel nur auf Aufregung zurückzuführen, immerhin steht dir eine wichtige Aufgabe bevor. Aber das werden wir gleich genauer wissen.“

Picard hob abwehrend die Hände.

„Hör mal, Beverly, ich wollte lediglich…“,

Sie unterbrach ihn, ohne mit der Wimper zu zucken.

„Keine Widerrede.“

Widerwillig ging er zu dem von ihr ausgewiesenen Biobett, während Sie einen medizinischen Tricorder holte.

Sie klappte das Gerät auf und begann Picard zu scannen.

„Laut meinen Scans sind bist du vollkommen gesund. Es gibt keinen Grund zur Sorge. Ich kann dir daher guten Gewissens dein Schlafmittel geben.“

Damit verschwand sie im hinteren Teil der Krankenstation, um das Präparat zu holen.

Picard sah ihr hinterher und kratzte sich am Kopf. So schwer es ihm fiel, es einzugestehen – sie hatte Recht und ein Teil von ihm war dankbar, dass sie ihn nicht so einfach davonkommen ließ. Insgeheim schätzte er sie für diese Charaktereigenschaft ungemein, auch wenn er dadurch nicht immer seinen Willen bekam.

Sie kehrte zurück und er bewunderte ihre grazilen, fließenden Bewegungen als sie an sein Bett trat und ihm ein Hypospray injizierte.

Sofort war er der Meinung die beruhigende Wirkung spüren zu können. Er rieb sich den Hals, an der Stelle, an der er die Injektion bekommen hatte und verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen.

„Vielen Dank.“

Beverly klopfte ihm auf die Schulter, während er vom Biobett heruntersprang.

„Ich hoffe, du findest nun deine Nachtruhe.“

 

„Es ist 6.30 Uhr!“

Schlecht gelaunt öffnete Jean-Luc Picard die Augen, doch sie fielen ihm sofort wieder zu.

Leider war der Bordcomputer unerbittlich und schickte der höflichen Angabe der Uhrzeit einen schrillen Piepton hinterher.

„Computer, Wecksignal deaktivieren!“ murmelte er noch im Halbschlaf, woraufhin ein bestätigendes Signal ertönte.

An diesem Tag begannen die ersten diplomatischen Missionen auf Serga VII und Picard freute sich nicht übermäßig auf die vor ihm liegende Aufgabe.

Starfleet hatte vor einigen Jahren einen Außenposten auf dem Planeten errichtet, was von den Bewohnern, die selbst Mitglieder der Föderation waren, eigentlich begrüßt wurde. Doch dann hatte sich vor mehreren Monaten eine kleine Widerstandsgruppe gebildet, die für die Auflösung des Außenpostens plädierte und ihren Ansichten mit Gewalt und Anschlägen Nachdruck verlieh. Mit diesen Leuten sollte nun verhandelt werden. Immerhin hatten sie den Berichten zufolge schon einiges Starfleetpersonal getötet und angeblich noch etliche Personen als Geiseln gefangen.

Picard mochte es nie, wenn es bei Verhandlungen um Leben ging, denn dann gab es nicht den geringsten Spielraum für Fehler.

Wenigstens hatte diese ganze Mission den Vorteil, dass die Mannschaft Landurlaub auf dem Planeten bekam. Die Diplomatie war nur etwas, das seine Führungsoffiziere und ihn betraf.

Seufzend zwang er sich, aufzustehen und schleppte sich ins Badezimmer, wo er erst einmal den Kaltwasserhahn des Waschbeckens aufdrehte und die Hände darunter hielt. Dann verteilte er die kühle Flüssigkeit über sein Gesicht, um ein wenig munterer zu werden. Es wirkte Wunder und langsam kehrten die Lebensgeister in ihn zurück.

Er hasste es, wenn er einfach nicht wach werden konnte. Zwar kam das nur sehr selten vor, aber dies war so ein Morgen.

Mürrisch begann er sich zu waschen, wobei er den Blick in den Spiegel sorgfältig vermied, weil er sich das Bild, das ihn erwartete nur allzu lebhaft vorstellen konnte. Schließlich griff er sich seine Uniform, schlüpfte hinein und zupfte alles noch ein wenig zurecht.

Wenigstens sah er jetzt wieder ein wenig mehr, wie ein Captain von Starfleet aus als noch vor wenigen Minuten. Für den Moment zufrieden strich er sich über die Glatze und verließ das Badezimmer.

„Computer, Uhrzeit?“

„Es ist 7.00 Uhr!“

Es blieb ihm eine Stunde Zeit, bevor er sich im Transporterraum einfinden wollte.

Die verbleibende Zeit wollte er noch zur Entspannung nutzen. So setzte er sich auf seine Couch und schloss die Augen, als ihn das Türsignal aus den Gedanken riss. Obwohl er keine Ahnung hatte, wer um diese Uhrzeit etwas von ihm wollte, rief er automatisch „Herein!“

Die Tür zu seinem Quartier öffnete sich und herein kam zu seiner größten Überraschung Beverly Crusher höchstpersönlich mit einer Kaffeekanne in der Hand.

„Guten Morgen Jean-Luc!“ flötete sie und stellte die Kanne auf den erstbesten Tisch. Sie kam ihm absolut munter und ausgeschlafen vor.

„Guten Morgen“, antwortete er höflich und setzte dann sarkastisch hinzu: „Gut geschlafen?“

Sie lächelte ihn freundlich an und meinte dann: „Bestens!“

Er zwinkerte.

„Freut mich zu hören! Aber im Ernst, wie machst du das? Nachtschicht und am nächsten Morgen munter sein, als wäre nichts geschehen?“

„Ich weiß es nicht, vielleicht ist es Gewöhnungssache, vielleicht bin ich über den sogenannten toten Punkt hinaus, aber ich fühle mich auch überhaupt nicht müde. Konntest wenigstens du noch ein paar Stunden zur Ruhe kommen?“

Sie setzte sich langsam neben ihn und blickte ihn besorgt an. Er nickte.

„Ja, ich habe tatsächlich noch geschlafen, aber ich fühle mich noch trotzdem noch müde.“

Sie legte ihre Hand auf seine.

„Ich weiß, was auf dem Spiel steht, Jean-Luc, aber du wirst nicht versagen, dazu kenne ich dich zu gut.“

Ein beruhigendes Lächeln erschien auf ihren Lippen. Er nahm ihre Hand und drückte sie sanft, dann begann auch er leicht zu lächeln.

„Danke Beverly!“ Er seufzte. „Wer weiß, was uns die Zukunft bringen wird? In vierundzwanzig Stunden sind wir schlauer. Wenigstens kann die Crew eine Auszeit nehmen, das ist die Hauptsache. Was gedenkst du eigentlich während unseres Aufenthalts auf Serga VII zu tun?“

„Ich weiß nicht genau. Der Planet ist ja für seine außergewöhnliche Vegetation bekannt, aber wir sollten uns auch nicht so weit von der Starfleet-Basis entfernen. Vielleicht wohne ich den Verhandlungen bei. Auf jeden Fall gehe ich heute Abend auf den geplanten Empfang, den Commander Waslewski abhalten will!“

Picard sah sie mit einem gespielt strengen Blick an:

„Das will ich auch hoffen, du gehörst immerhin zu den Führungsoffizieren!“

„Ich weiß!“

Er schüttelte leicht den Kopf.

„Ich wünschte ja selbst, ich müsste nicht gehen. Ich finde solche Empfänge immer anstrengend. Alles ist immer so steif und man unterhält sich die ganze Zeit über praktisch nichts. Sagen wir einfach, ich freue mich, dass noch andere diese Ehre haben.“

„Ich wusste nicht, dass du so schadenfroh bist.“

„Ich bin nicht schadenfroh. Ich würde eher sagen, dass ich eine Art, nennen wir es Genugtuung empfinde, nicht alleine zu sein.“

„Auch nicht viel besser.“

„Das habe ich auch nicht gesagt. Aber wie wäre es, wenn wir nun endlich frühstücken?“

„Eine gute Idee, zumal mein Kaffee inzwischen kalt geworden sein dürfte!“ Langsam erhob sie sich und ging hinüber zu ihrer Kaffeekanne um die Temperatur zu testen.

„Es ist sogar noch annehmbar!“

Sie hob die Kanne auf und trug sie zu dem großen Tisch in der Mitte von Picards Quartier, während er sich um das restliche Gedeck kümmerte.

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