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α β Concert - Der Frieden auf dem Pulverfass

von Julian Wangler

Kapitel 1 - Der Rauswurf

Herbst 2344
Qo’noS, Erste Stadt

Curzon Dax hatte das Gefühl, zum hundertsten Mal die Große Halle des klingonischen Hohen Rats zu betreten. Das gewaltige, kathedralenhafte Gebäude mit seiner schummerigen Beleuchtung und den zahlreichen Statuen und Skulpturen, die den heroischen Gründerjahren der Kriegerzivilisation huldigten, war ihm inzwischen vertraut wie die Zentrale des diplomatischen Corps der Föderation. Doch selbst, wenn er zum ersten Mal hier gewesen wäre, hätte der Trill an diesem Tag weder Zeit noch Lust gehabt, innezuhalten und sich alles in Ruhe anzusehen. Er war in einer äußerst ernsten Mission hier, und deshalb fackelte er nicht lange, pochte und drängte, bis man ihm schließlich eine Audienz beim Kanzler gewährte.

Markesh war noch nicht lange an der Spitze des Hohen Rats. Es war das erste Mal, dass Dax ihm seit dem Machtwechsel auf Qo’noS von Angesicht zu Angesicht begegnete. Und er kam nicht umhin, zuzugeben, dass dieser Mann – extrem jung für einen Kanzler – von beeindruckender Statur und Erscheinung war. Markesh war wohl das erste Oberhaupt der klingonischen Nation, das den ausladenden, üppig dekorierten Mantel des Kanzlers nicht über den Boden schleifte, so groß war er. Seine für einen Klingonen ungewöhnlich helle Haut mit dem bereits in frühen Jahren vollständig erweißten Haar standen im auffälligem Kontrast zu seiner Montur.

Nun, Dax mochte ihn nicht persönlich kennen, aber er wusste sehr gut, wofür Markesh stand. Und das genügte, um sich zu wünschen, er hätte bei der machtpolitischen Eroberung des Hohen Rats keinen Erfolg gehabt. Markesh war vermutlich seit Jahrzehnten der erste Kanzler, bei dem Skepsis, Missmut und negative Gefühle im Hinblick auf die Föderation deutlich überwogen.

Als er noch Ratsmitglied gewesen war (eine wahre Blitzkarriere hatte er da hingelegt), hatte er mehrfach offen gefordert, dass die Planetenallianz den Archanis-Sektor an das Reich abtreten solle – obwohl dieser seit dem Khitomer-Abkommen verbindlich der Föderation zugesprochen worden war. Auch hatte Markesh früh durchscheinen lassen, dass er nichts von gemeinsamen Manövern und Patrouillenflügen mit der Sternenflotte hielt. Wäre es nach ihm gegangen, hätte die Neutrale Zone im Sinne eines leblosen, dicht bewachten Grabens zwischen den Territorien vermutlich niemals aufgehört zu existieren. Dummerweise hatte Markesh das Pech der späten Geburt gehabt und hatte den bekannten Gang der Geschichte nicht verhindern können. Allerdings besaß er die Macht und den Willen, der Zukunft seinen Stempel aufzuprägen.

Ausgestattet mit der Erfahrung von sieben Leben und – was Curzon selbst betraf – einer jahrzehntelangen diplomatischen Laufbahn, hatte Dax nach Markeshs Inthronisierung angenommen, er werde sich rasch mäßigen. Immerhin war es, egal auf welcher Welt, ein allgemeines Phänomen, dass selbst der mit radikalsten Parolen um sich werfende Politiker schnell handzahm wurde, sobald er den Gesetzmäßigkeiten und Erfordernissen der sogenannten Realpolitik unterworfen war.

Bedauerlicherweise, musste Dax mittlerweile eingestehen, waren die Dinge im Fall des neuen klingonischen Regenten nicht ganz so gekommen wie erwartet und erhofft. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte Markesh die geplante Erweiterung des Khitomer-Friedensvertrags und dessen Ausbau zu einer echten Allianz bis auf weiteres widerrufen. Damit hatte er die Föderation im Allgemeinen und Dax im Speziellen vor den Kopf gestoßen. Es war jedoch noch besser gekommen: Die Entdeckung der alten klingonischen Kolonie auf Persuac IX vor sieben Wochen hatte dazu geführt, dass die traditionelle Architektur der politischen Beziehungen im Quadrantengefüge außer Kraft gesetzt wurde.

Die Öffentlichkeit auf Qo’noS war wie elektrisiert gewesen, als sich herausstellte, dass so weit von den Grenzen des Reichs entfernt vor beinahe eintausend Jahren Klingonen gesiedelt hatten. Und dem nicht genug: Allem Anschein nach waren es Pilger gewesen, die überall in der Kolonie Statuen von Kahless hatten errichten lassen. Sie hatten sich in ihrer Abgeschiedenheit dem Studium der Philosophie und den Lehren des Reichsgründers verschrieben. Auf Welten wie Trill oder der Erde hätte man diese Leute wahrscheinlich nur als Geistliche bezeichnen können.

Sofort war die allgemeine Meinung im Reich umgeschlagen: Der vor über einem Jahrzehnt von Dax mit Blut, Schweiß und Tränen ausgehandelte Kompromiss mit den Cardassianern wurde nicht mehr akzeptiert. Die Entdeckung der Kolonie war Wind auf die Mühlen all Jener, die schon lange Zeit forderten, das Reich müsse wieder expandieren, müsse die politischen Ketten sprengen, die ihm angelegt worden waren. Nun führten sie die historische Siedlung im Betreka-Nebel als vermeintlichen Beweis dafür an, dass das Reich rechtmäßigen Anspruch auf Raumgebiete weit außerhalb seiner Grenzen habe.

Klug, wie Markesh war, hatte er sich an die Spitze der panklingonischen Bewegung gesetzt. Er hatte die nationale Euphorie durch seine scharfzüngigen Parolen gegen die Cardassianer noch weiter angeheizt, ein Klima der Agitation geschaffen, das selbst für Klingonen ungewöhnlich war. Die heißblütige Propaganda setzte Automatismen in Kraft, die nicht so einfach rückgängig zu machen waren. Ein Geist war da aus der Flasche gelassen worden, und es stand zu befürchten, dass er sich nicht mehr einfangen ließ. Schließlich war Markesh gar nichts anderes übrig geblieben, als das große Säbelrasseln zu beginnen und unverhohlen mit Krieg zu drohen.

Einstweilen genoss der neue Kanzler den Umstand, dass seine Popularitätswerte im Volk derzeit durch die Decke gingen. Man liebte seine unbeugsame Art, die für einen Moment vergessen ließ, zu welchen Veränderungen die Klingonen seit der Praxis-Katastrophe vor einem halben Jahrhundert gezwungen worden waren. Mit seinem Gebaren erweckte Markesh den Eindruck, all dies wäre nie geschehen, und das Reich könne einfach dort weitermachen, wo es in seinen stürmischen, stolzen, entfesselten Zeiten aufgehört hatte.

Aber Dax war sicher, diese Beliebtheit würde verfliegen wie der letzte Sommer, wenn Markesh erst einmal einen zermürbenden Krieg führte, den das Reich an die Grenzen seiner Möglichkeiten brachte. Die Cardassianer waren keine versprengte Rebellenbande. In den vergangenen Jahrzehnten waren sie zu einem mächtigen Weltenbündnis herangewachsen, das sich mit seiner aggressiven, imperialistischen Außenpolitik stetig neue, wehrlose Welten unter den Nagel riss. Heute ließ sich die Cardassianische Union mit Fug und Recht als die vierte Großmacht im Alpha- und Beta-Quadranten bezeichnen. Gegen sie konnte Markesh in seinem tiefsten Innern doch nicht ernsthaft einen großflächigen bewaffneten Konflikt vom Zaun brechen wollen.

„Qapla‘, Kanzler.“

„Botschafter Dax.“, begrüßte Markesh den Eingetroffenen knapp, nachdem Dax in einen der Besprechungsräume hinter dem Thronsaal geführt worden war. „Ich möchte Sie bitten, schnell zum Punkt zu kommen. Auf mich warten noch zahlreiche wichtige Sitzungen, die keinen Aufschub dulden.“

Der Trill straffte seine Gestalt. „Den Gefallen tue ich Ihnen sehr gerne, Kanzler. Kommen wir also direkt zur Sache: Warum haben Sie sämtliche Initiativen der Föderation, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, ausgeschlagen?“

Markesh lächelte düster, aber bar jeden Humors. „Ihre Initiativen.“, raunte er und machte damit deutlich, dass er sich sehr genau darüber im Klaren war, wem er mit seinem Verhalten auf die Füße trat. Der Ausdruck des hellhäutigen Klingonen wurde wieder bitterernst. „Ganz einfach: Weil es nichts mehr zu verhandeln gibt. Derzeit läuft ein Ultimatum ab, und wenn es verstrichen ist, werden wir uns holen, was uns zusteht. Wenn bis dahin noch Cardassianer im Betreka-Nebel sind, kann ich nicht für ihre Sicherheit garantieren.“

Kann das wirklich seine wahre Meinung sein?, fragte Dax sich erneut. Er ist nicht seit gestern in der Politik, und er ist zweifellos kein Dummkopf. Er muss doch klar vor Augen haben, was passiert, wenn er hier den Scharfmacher spielt.

Eine Sekunde grübelte Dax, ob es Einflüsterer in Markeshs Umfeld gab, einflussreiche Klingonen im Hintergrund, die seine Entscheidungen zu lenken verstanden. So etwas sollte schon einmal vorgekommen sein, vor allem in nicht-demokratischen Regierungssystemen. Dummerweise hatte er darüber keinerlei Informationen, und Dax war traditionell jemand, der es hasste, spekulieren zu müssen. Also schob er den Gedanken in einen hintergründigen Winkel seines Bewusstseins, bereit, zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückzukommen.

„Das ist eine sehr unvernünftige Einstellung.“, sagte Dax mit fester Stimme.

„Es ist eine gerechtfertigte Einstellung.“ Mit düsterem Ausdruck machte Markesh mehrere Schritte auf ihn zu. Während die Entfernung zwischen ihnen beständig schrumpfte, schien der Klingone wie ein Berg vor ihm in die Höhe zu wachsen. Sein Blick war schneidend wie die Klinge eines Bat’leths. „Der Betreka-Nebel gehört zum Klingonischen Reich. Wer das nicht akzeptiert, wird die Konsequenzen tragen.“

Dax ließ sich nicht anmerken, wie töricht er diese bornierte Haltung fand – er war ein Profi. „Kanzler, zugegeben, Sie haben die Überreste einer alten klingonischen Kolonie auf Persuac gefunden. Aber viel mehr wissen wir zurzeit gar nicht. Diese Leute mögen Kahless gehuldigt und seine Lehren studiert haben. Doch wir können nicht sagen, ob es Ausgestoßene waren, die sich damals auf die Reise machten, oder Leute, die sich vom Reich lossagen wollten.“

„Es waren Klingonen!“, bellte Markesh, so als dulde er in dieser Angelegenheit nicht den geringsten Widerspruch. „Nur das zählt! Und wo ein Klingone seine Flagge gehisst hat, hat das Reich jeden Anspruch zu sein. So war es schon immer, und so wird es immer sein!“

„Mit Verlaub, aber diese Logik müssen Sie mir mal erklären – zumal sie allen Grundsätzen des interstellaren Völkerrechts zuwiderläuft.“, hielt der Trill dagegen und wusste aus seiner langjährigen Erfahrung mit den Klingonen heraus, dass er bereits verloren hatte, wenn er Unsicherheiten zeigte. Nein, unter Kriegern musste mit offenem Visier gekämpft werden. „Nichts, aber auch gar nichts weist darauf hin, dass die Klingonen, die diese Kolonie gründeten, im gesamten Betreka-Nebel verstreut waren.“

Einen Moment verdrehte der Kanzler die Augen, so als denke er schnell über eine Antwort nach. Dann fokussierte sein stechender Blick wieder Dax. „Sie scheinen nicht auf dem Laufenden zu sein, Botschafter.“ Seine Stimme klang leicht übermelodisch. „Unsere besten Wissenschaftler haben bei der Untersuchung der Fragmente der Kolonie deutliche Hinweise darauf gefunden, dass es noch zahlreiche weitere Kolonien gab – verteilt im kompletten Betreka-Nebel.“

„Diese Hinweise würde ich gerne einmal sehen, wenn Sie nichts dagegen haben.“, entgegnete der Trill unverhohlen.

„Das wird nicht erforderlich sein, denke ich.“, zischte Markesh.

Hab‘ ich’s mir doch gedacht. Du biegst Dir Deine Argumente so zurecht, wie es Dir gerade passt. Wieso lässt Du Dich zu so einer Dummheit hinreißen?

Dax kannte die Klingonen inzwischen recht gut, und er wurde das Gefühl nicht los, dass dieser hier keine Hemmungen hatte, allzu romulanisch zu agieren, wenn ihm das etwas nützte. Markesh stellte damit eine neue Dimension von Machtversessenheit – oder eher Machtvergessenheit – auf Qo’noS dar. War er tatsächlich bereit, einen Krieg in Kauf zu nehmen, nur um sich kurzfristige Vorteile als Amtsträger herauszuschlagen? Hatte er in den vergangenen Wochen jedes Bewusstsein für die Wirklichkeit verloren? Hatte er es jemals besessen?

Dax entschloss sich, mit seinem Verdacht nicht hinterm Berg zu halten. Klingonen hassten es, wenn man nicht sagte, was man dachte – jedenfalls die Klingonen, mit denen er bislang zu tun gehabt hatte, und das waren nicht gerade wenige gewesen. „Bei allem Respekt, Kanzler: Für mich klingt das so, als wollten Sie nur einen Anlass finden, um zur Schlacht zu blasen.“

Markesh hatte nur ein müdes, überhebliches Lächeln dafür übrig. „Klingonen brauchen keinen Anlass, um in den Kampf zu ziehen. Sie tun es einfach.“

Endlich lässt Du Deine Maskerade mal ein Stück herunter. Macht. Nur um Macht geht es Dir.

„Auch, wenn es zu einem lang anhaltenden Krieg über zwei Quadranten mit Millionen Toten führen könnte?“, stellte Dax in den Raum. „Überlegen Sie genau, was Sie tun. Denn sobald Sie diesen Punkt überschritten haben, gibt es kein Zurück mehr. Das ist ein Punkt ohne Wiederkehr.“

Markesh rümpfte die geriffelte Nase und machte eine wegwischende Bewegung. „Die Zeit der endlosen Diskussionen ist vorbei – endgültig vorbei. Das Ultimatum läuft, und die Uhr tickt. Es ist jetzt die Verantwortung der Cardassianer, wie sie sich verhalten. Für sie will ich hoffen, dass sie weise entscheiden und sich zurückziehen. Sie werden mit den Konsequenzen leben müssen.“

Nun kam der Kanzler noch etwas näher, so nah, dass sich ihre Leiber beinahe berührten. Dax hielt seinem frostigen Blick stand, aber er musste seinen Kopf dabei ganz schön in den Nacken legen. Mit gedämpfter und trotzdem drohender Stimme raunte Markesh: „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich anders als meine Amtsvorgänger kein Freund von Ihnen bin. Ich betrachte Sie als Querulanten und jemanden, der sich viel zu oft in klingonische Angelegenheiten eingemischt hat, und ich halte überhaupt nichts von der Blutsbruderschaft, die Sie sich mit Kang, Kor und Koloth leisten*.

Lassen Sie mich noch etwas deutlicher werden: Für mich sind Sie nicht ‚der große Dax‘, sondern nur ein Föderationsbotschafter. Nichtsdestotrotz haben Sie sich Verdienste in meinem Volk erworben. Daher habe ich Ihnen Ehre erwiesen und Sie angehört. Aber es wird keine Gespräche mehr in dieser Angelegenheit geben. Kehren Sie zur Erde zurück und lassen Sie Ihre Präsidentin wissen, dass das Klingonische Reich zu allem entschlossen ist. Und niemand wird es davon abbringen. Wenn es Krieg gibt, dann werden die Cardassianer schuld sein.“

Markesh legte eine wohl überlegte Kunstpause ein. „Wenn die Föderation sich ab jetzt nicht aus dieser Angelegenheit heraushält, könnte unsere Allianz schneller brüchig werden als Ihnen lieb ist. Und jetzt: Verlassen Sie uns. Wir sind fertig miteinander.“

Er setzt mich vor die Tür. Er setzt mich tatsächlich vor die Tür., dachte Dax und spürte einen Anflug von Ungläubigkeit, während ihn zwei hünenhafte Wachen aus der Großen Halle eskortierten. Er hatte so etwas befürchtet, als er Markesh gegenübergetreten war, und doch konnte er es nicht recht fassen. Da hatte er über Dekaden hinweg als Klingonenversteher gegolten, hatte dies mit diplomatischen Taten unzweifelhaft unter Beweis gestellt und sich darauf etwas einzubilden gelernt – und nun jagte Markesh ihn vom Hof wie einen räudigen Targ. Was war nur geschehen?

Vielleicht habe ich mir nicht genug Mühe gegeben. Da mochte etwas dran sein. Immerhin war er nicht nur mit dem neuen Kanzler in herzlicher Abneigung verbunden. Auch der Umstand, dass Markesh binnen weniger Tage alles eingerissen hatte, was er vor zwölf Jahren in harter Arbeit verhandelt hatte, trug nicht unbedingt dazu bei, dass Dax ihm gegenüber ruhig und besonnen auftrat. Es wäre doch alles so gut gelaufen, hätte der Fund dieser verfallenen Kolonie dem Kerl nicht den Anlass geboten, nach dem er so lange gesucht hatte!

Andererseits mochte man das Kapitel ‚Markesh‘ nur als ein weiteres in den Beziehungen zwischen der Erde und Qo’noS lesen, die sich trotz Dax‘ Interventionen und seinem heißen Draht ins Reich wahrlich nicht zum Besten entwickelt hatten. Es fiel schwer, zu datieren, ab wann das Klima zwischen Föderation und Klingonen begonnen hatte, sich zu verschlechtern.

Vermutlich war der Anfang dieser Entwicklung vor fünfundzwanzig Jahren anzusetzen. Damals hatte sich die Föderation auf einen Schlag deutlich ausgedehnt – und zwar indem sie Welten in ihre Gemeinschaft aufnahm, die unmittelbar vor der Explosion von Praxis noch vom Reich beansprucht worden waren. Seitdem war es mit dem Verhältnis zu Qo’noS kontinuierlich bergab gegangen. Dax hatte zwar einigermaßen gute Beziehungen zu den meisten Kanzlern unterhalten, doch das vermochte nur wenig an der Tatsache zu ändern, dass im Reich eine Bewegung heranreifte, die das Gefühl hatte, die Klingonen seien kleingemacht worden und müssten heute ihre natürliche Art zu leben unterdrücken. Sie gaben der Föderation dafür die Schuld, die sie um ihr „Geburtsrecht“ gebracht habe.

Auch wenn dies auf das Bündnis mit der Planetenallianz erst einmal keine unmittelbaren Auswirkungen hatte, trug der Hohe Rat der fortschreitenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung Rechnung, indem er mit einer neuen Aufrüstungswelle begann. Auf den Stapellauf der neuen Ambassador-Klasse der Sternenflotte reagierte man mit der Entwicklung des Vor’Cha-Angriffskreuzers – einem Projekt, das nicht nur außenpolitisch fragwürdige Signale aussandte, sondern auch Unmengen von Finanzmitteln und Ressourcen verschlang, die das immer noch auf Erholungskurs befindliche Klingonische Reich gut anderswo hätte gebrauchen können.

Dann, zu Beginn der 2330er Jahre, hatte der Hohe Rat unvermittelt erklärt, das Reich wieder signifikant expandieren lassen zu wollen. Schnell hatte man den Betreka-Nebel als lohnenswerte Eroberung ausfindig gemacht – und kurz darauf ein Schlamassel mit den Cardassianern am Hals, die, wie es der Zufall wollte, in derselben Zeit auf dieselbe Idee gekommen waren. Dumm gelaufen.

Im Rückblick hatte Dax sich in den vergangenen zwölf Jahren für die Interessen der Klingonen eingesetzt wie noch nie zuvor (abgesehen vielleicht von seinem enormen Engagement während der Khitomer-Verhandlungen, die er als seine persönliche Feuertaufe im diplomatischen Dienst betrachtete). Er hatte nicht nachgelassen, kulturelle und politische Hürden überwunden und allen Wetten, die gegen ihn abgeschlossen worden waren, ein Schnippchen geschlagen. Aber am Ende konnte er nicht behaupten, es sei ihm irgendwie gedankt worden – oder es hätte sich für die dauerhafte Sicherung des Friedens in beiden Quadranten ausgezahlt. Und jetzt saß auf dem Thron in der Großen Halle ein Kanzler, der scheinbar bereit war, auf das Bündnis mit der Föderation zu spucken, um die außenpolitische Agenda des Reichs durchzusetzen.

Optimistisch denken., sprach er sich Mut zu. Noch ist nicht alles verloren. Irgendetwas wird mir schon einfallen. Dax konnte nur hoffen, dass es nicht zu spät war, bis er eine neue Gelegenheit witterte, den Frieden im Quadrantengefüge doch noch irgendwie in letzter Minute zu retten. Aber sicher war er nicht mehr, dass ihm dies aus eigener Kraft gelingen würde.
* Insbesondere mit Kang hatte Dax sich im Vorfeld der Khitomer-Verhandlungen angefreundet. Binnen kurzer Zeit entstand eine so intensive Verbindung zwischen beiden, dass der Trill sogar Patenonkel von Kangs erstgeborenem Sohn wurde. Nachdem der kriminelle Albino aus Rache den jeweils ältesten Sohn von Kang, Kor und Koloth tötete, war Dax den Blutschwur mit den drei berühmten Kriegern eingegangen. Ihn galt es immer noch einzulösen, und das würde er, wenn der Albino eines Tages wieder auftauchte.
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