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Jäger

von Bareil

Kapitel 2

Einige Monate zuvor

Gabriel war bereit, sein neues Kommando anzutreten. Nach dem Vorfall mit der Buran hatte er einen Monat in einem Sternenflotten-Reha-Zentrum auf der Erde verbracht, bis er die dortigen Ärzte und Psychologen von seiner vollen Diensttauglichkeit überzeugen konnte. Für ihn sei es die beste Therapie, den Klingonen zu zeigen, wer der Herr im Haus ist, statt sich in einer Klinik zu verkriechen, hatte er ihnen unmissverständlich mitgeteilt.

Am Ende konnte er selbst Admiral Cornwell davon überzeugen, dass ihm die Arbeit an Bord besser bekam, als endlose Gespräche über Ereignisse, die nun einmal nicht mehr zu ändern waren. Er musste weitermachen, vorwärts blicken, nicht zurück. Die Discovery war ein Neubeginn. Admiral Cornwell fürchtete, er könne auf einen unüberlegten Rachefeldzug gegen die Klingonen aus sein, doch er erinnerte sie daran, dass sie sich im Krieg befanden und ein militärischer Schlag gegen selbige nur zum Vorteil der Föderation wäre. Er war bereit für einen Krieg.

Captain Lorca befand sich an Bord einer Raumfähre, die ihn zur Discovery bringen sollte. Er saß mit einem Padd in der Hand neben dem Piloten und blätterte durch das Crewmanifest.

Ein Foto erregte sofort seine Aufmerksamkeit; Commander Ellen Landry , Chefin der Sicherheitsabteilung der Discovery. Sein Herz machte bei ihrem Anblick eine Sprung, endlich wieder ein vertrautes Gesicht in dieser fremdartigen Welt. Doch würde sie wie seine Ellen sein?
Er dachte zurück an seine Zeit an Bord der Charon, als sie seine persönliche Leibwächterin war.

An diesem Tag hatte Kaiserin Georgiou ihn zu einer persönlichen Audienz zu sich bestellt. Sie stand vor ihrem Thron und sah auf ihn herab, wie es ihre Art war.

„Captain Lorca, es ist mir wie immer eine Freude, sie zu empfangen.“
Er deutete eine höffliche Verbeugung an.

„Leider haben die Drohungen gegen sie mehr und mehr an Intensität gewonnen. Ich kann es nicht erlauben, dass sich einer meiner engsten Mitarbeiter in Gefahr befindet. Deshalb habe ich beschlossen, für sie einen Leibwächter abzustellen.“

„Bei allem nötigen Respekt, ihre Besorgnis ehrt mich, aber ich bin in der Lage auf mich selbst aufzupassen.“ Er griff demonstrativ nach dem Schwert an seinem Gürtel.

„Ich zweifle nicht an Deinen Fähigkeiten“, fügte sie leise hinzu. „Dennoch fühle ich mich wohler, wenn ich weiß, dass jemand anderes das Ziel des Angriffs sein wird. Ein Leibwächter ist entbehrlich, Du bist es nicht.“

Sie gestikulierte einer Wache, die außerhalb ihrer Hörweite stand. „Bringt mir Ellen Landry.“ Der Soldat verneigte sich höflich und entfernte sich.

„Eine Frau? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass mich eine Frau verteidigen kann.“

Sie lächelte kalt. „Sie muss nur die für dich bestimmten tödlichen Kugeln abfangen. Mehr nicht.“

Die Tür zum Thronsaal wurde geöffnet und eine junge, dunkelhäutige Frau hineingeführt. Sie starrte trotzig vor sich hin. „Soldat Ellen Landry, kaiserliche Garde, meldet sich zum Dienst.“

Lorca musterte sie aus dem Augenwinkel. Eine exotische Schönheit war sie allemal, darüber konnte auch ihre grimmige Mine nicht hinwegtäuschen. Unter der schmucklosen, schwarzen Uniform verbarg sich ein schlanker, durchtrainierter Körper, gestählt durch den gnadenlosen Drill des Boot-camps. Wenn er seine Karten richtig ausspielte, hatte er mit ihr einen Volltreffer gelandet.

„Soldat Landry, Sie sind ab sofort der persönliche Leibwächter von Captain Lorca. Seine Sicherheit wird ihnen mehr bedeuten, als ihr eigenes Leben. Jedes Versäumnis ihrer Pflichten wird mit ihrem Tode bestraft. Stirbt er, sterben Sie ebenfalls.“

„Verstanden, Kaiserin Georgiou. Meine Aufgabe ist mir eine große Ehre.“ Sie salutierte ergeben, doch ihr Tonfall verriet Gleichgültigkeit.

Die Kaiserin maß sie mit einem strengen Blick, schwieg aber. Dann dreht sie sich um und schritt davon, ohne beide eines weiteren Blickes zu würdigen.

„Captain Lorca, ich stehe zu ihren Diensten.“ Sie verneigte sich förmlich.

„Soldat, erzählen Sie mir etwas über sich, ich möchte wissen, mit wem ich es zu tun habe.“ Sie blinzelte überrascht. Niemand seines Ranges interessierte sich normalerweise für seine Untergebenen.

„Sir, da gibt es nicht viel zu erzählen, ich bin eines von acht Kindern, meine Eltern übergaben mich zum Dienst in der kaiserlichen Garde als ich zehn war. Dort hat man für mich gesorgt, was meine Eltern nicht konnten.“

Lorca nickte. Für seine Eltern war für ihn das Beste gerade gut genug, teure Privatlehrer, exklusive Kleidung, Dienstboten, wie diese Frau. Er hatte so schon früh gelernt, dass Zuckerbrot effektiver war ,als die nicht nur sprichwörtliche Peitsche. Ein Geschenk hier, ein paar anerkennende Worte da, bewirkten oft Wunder und man brauchte sich nicht so sehr wegen hinterhältigen Attacken zu sorgen. Kluge Leute bissen selten die Hand, die sie fütterte. Leider waren nicht alle Leute klug. Ava hatte versucht, ihn mit ihrer Schwangerschaft zur Ehe zu zwingen, doch als er ablehnte, schworen ihre Brüder Rache, weswegen er nun einen Leibwächter brauchte.

Seine kleine Tochter war für alle Zeiten Michael Burnam und niemand sonst. Leider konnten er und Philippa keine eigenen Kinder bekommen, so war die Adoption eines kleinen Waisenkindes ein sehr nobler Zug der Kaiserin.

Er sah Ellen mitfühlend an. „Ich verlasse mich voll und ganz auf Sie.“ Auch diese Aussage rief bei ihr erstaunen hervor. Etwas verunsichert nickte sie. „Aye, Sir.“

Eine Wochen später :

Spät am Abend lag Ellen wach in Lorcas riesigem Bett. Neben ihr lag nicht etwa der Captain, sondern ein geladenes Phasergewehr. Lorca selbst übernachtete in einer unscheinbaren Kammer, das große, prunkvolle Schlafgemach diente nur der Ablenkung, ebenso die vor der Tür postierten Wachen. Sie selbst war der Lockvogel für einen potentiellen Attentäter, der Lorca im Schlaf zu ermorden gedachte. Unter ihrem Pyjama trug sie eine Sicherheitsweste, die sie unter der Decke größer und massiger erscheinen ließ, dass Licht war gedämpft. Ellen lauschte auf sich näherende Schritte.

Lorca selbst hatte ihr befohlen, dort Wache zu halten, nachdem er sich Nachts unbemerkt in ein verstecktes Nebenzimmer zurückzog, welches durch eine verborgene Tür, die zu einem Geheimgang führte, erreicht werden konnte. Früh morgens würde er zurückkehren und so tun, als habe er in seinem Bett geschlafen.

Nur wenige Personen wussten von den nicht verzeichneten Geheimgängen an Bord der Charon. Sie starrte ins Halbdunkel. Das Zimmer war riesig, ihre ganze Familie hätte darin komfortableren Platz gefunden, statt in der winzigen Hütte am Rande der Großstadt zusammengepfercht dahinzuvegetieren.

In der Ecke wäre genügend Raum für eine Einbauküche, aber wer benutzte an Bord von Raumschiffe noch echte Küchen seit es Replikatoren gab, die Charon war da eine Ausnahme mit ihrer Restaurantqualität, natürlich nur für das gehobener Personal, sie selbst aß repliziertes Essen in einer Kantine zusammen mit den anderen Soldaten.

Lorca bekam sein Frühstück jeden Morgen von seinem persönlichen Kelpien am Bett serviert. Dieser dekadente Schnösel, dessen Leben so viel mehr bedeutete, als das ihre, einer mittellosen Frau aus den Slums der Erde. Gerüchten zu folge war er der Geliebte der Kaiserin, weshalb er hier zu ihrem Hofstaat gehörte, statt sich an Bord seines Schiffes, der Buran, zu befinden. Er galt des weiteren als Kriegsheld im Kampf gegen die extra-terranische Rebellenunion bestehend aus Klingonen, Vulkanieren, Andorianern und Romulanern.

Eigenartigerweise hatte er sie schon fast mit Respekt behandelt, was man von den anderen Soldaten oder höheren Offizieren nicht behaupten konnte. Für diese war sie entweder unsichtbar oder einfach entbehrlich. So verrückt es klang, aber Lorca war die erste Person, für die sie ehrlich bereit war ihr Leben zu lassen.

Dennoch hoffte Ellen, dass es nicht soweit kommen würde. Sicher waren diese Drohungen gegenstandslos, ständig kam es zu Streitigkeiten und Intrigen unter den Offizieren, so das Paranoia allgemein verbreitet war; genauso wie entbehrliche Leibwächter. Sie hoffte, dass auch diese Nacht ereignislos verlaufen würde.

Ihr Blick viel auf das große Gemälde neben dem Bett. Eigentlich war es ein versteckter großer Monitor, der den Ausblick in eine Galaxie voller Sterne suggerierte. Bunte Nebel, Sonnen, ein Komet, Planeten, so wie man sich das Universum vorstellte.

Plötzlich erklangen leise Schritte vom Flur aus. Jemand näherte sich der Tür. Die Schritte verhallten, der Jemand stand still. War es einer der Wachsoldaten, der seinen Posten unerlaubt verlassen hatte und nun zurückkehrte? Ellen lauschte. Ein leises Kratzen erklang. Die Tür war von innen verriegelt, jemand versuchte, sie von außen zu öffnen. Ellen hielt den Atem an.

Langsam öffneten sich die beiden Türhälften. Ein schwacher Lichtkegel fiel auf das Bett. Eine Silhouette zeichnete sich im Gegenlicht ab. Der Lauf eines Phasergewehres schob sich lautlos in den Lichtschein. Eine Salve roten Feuers traf das Bett, in dem der Attentäter Lorca vermutete. Es vergingen nur wenige Sekunden.

Eine weitere Salve erschien und traf den Angreifer völlig unvorbereitet. Mit einem schmerzerfüllten Aufschrei fiel er zu Boden. Ellen ließ ihr Gewehr sinken. Blitzschnell hatte sie unter dem Bett Stellung bezogen, nach dem sie Decke und Kissen so arrangiert hatte, als befinde sich eine Person darunter. Dann hatte sie mit angehaltenem Atem mucksmäuschenstill gewartet. Nun verließ sie die Deckung und betrachtete den am Boden liegenden Angreifer. Er war tot.

Es handelte sich um einen Soldaten der imperialen Garde, seine einfache schwarze Uniform wies keine besonderen Merkmale, wie Auszeichnungen oder spezielle Ehrungen, auf. Sein Gesicht kam ihr nicht bekannt vor, was jedoch nichts bedeutete, es gab Hunderte von ihnen, andererseits könnte jeder eine solche Uniform stehlen und sich unter die Soldaten mischen ohne weiteres Aufsehen zu erregen. Er war auf jeden Fall ein Verräter. Die Kaiserin hätte ihn alleine für den versuchten Angriff auf einen ihrer Offiziere sofort exekutieren lassen, daher hatte sie ihr nur weitere Mühe erspart.

Jemand näherte sich ihr von hinten. Sofort hob Ellen das Gewehr und dreht sich nach dem Geräusch um. Erleichtert ließ sie die Waffe wieder sinken. Es war Captain Lorca mit erhobenem Phaser. Der Lärm musste ihn aufgeweckt haben.

Lorca sah sich schnell im Raum um. „Ist er tot?“ Sie nickte. Sein Blick fiel auf das angesengte Bett. „Dort werde ich so bald nicht mehr schlafen.“ Mit wenigen Schritten erreicht er die Tür und verschloss sie von innen. „Lassen wir die Attentäter doch für eine Weile in dem Glauben, dass sie erfolgreich waren. Helfen sie mir!“ Er packte den Leichnam bei den Armen und zerrte ihn in Richtung Bett. Gemeinsam zogen sie ihn dann unter das Bettgestell.

„Der Uniform nach ist das einer von Philippas Leuten. Es würde mich nicht wundern, wenn sie hinter der Sache steckt und mir vorher scheinheilig einen Leibwächter zuteilt.“ „Es sollten eigentlich Wachen vor der Tür postiert sein, doch heute Nacht sind sie spurlos verschwunden,“ bemerkte Ellen.

„Was für ein perfekter Zufall…,“ meint er ironisch. „Noch ein Grund mehr Philippa zu verdächtigen, sie hat die Männer ausgerechnet heute abberufen.“

„Kämen nicht noch mehr Personen in Frage? Was macht sie so sicher, dass die Kaiserin sie töten will? Ich dachte, sie beide…“ Ellen zögerte.

Lorca lachte höhnisch. „Nein, die Zeiten sind lange vorbei, für sie bin ich nur noch ein Ärgernis, das sie mit allen Mitteln aus der Welt schaffen möchte. Seit sich unsere Adoptivtochter auf meine Seite gestellt hat, hasst sie mich. Sie glaubt, ich hätte sie verführt oder manipuliert, aber Michael hat aus freien Stücken gehandelt. Sie hat seit ihrer frühen Jugend mit ihrer Mutter konkurriert. Philippa kann die Wahrheit aber nicht ertragen und beschuldigt stattdessen mich.“

Dies war nicht die ganze Wahrheit, aber mehr brauchte eine Fremde darüber nicht zu wissen. Michael hatte sich als Teenager in ihn verliebt, doch als er sie auf Grund ihres Alters zurückwies, behauptete sie ihrer Mutter gegenüber, er habe sich ihr unangemessen genähert. Natürlich glaubte sie ihr mehr als ihm, was für immer einen Keil zwischen das Paar trieb. Jahre später hatte er sich mit der inzwischen erwachsenen Michael während einer heftigen Affäre versöhnt. Seit dieser Zeit schmiedeten sie gemeinsam im verborgenen Pläne zum Sturz der Kaiserin.

Doch bisher hatte er immer gezögert, wirklich gegen Philippa vorzugehen; für ihn stand zu viel auf dem Spiel, doch dass die Kaiserin offenbar nicht vor einem Mord zurück schreckte, änderte die Lage. Nun musste er reagieren. Er würde die Buran unter einem Vorwand herbeordern und Michael um militärische Unterstützung bitten.

Ellen nickte. Die Sache war also nichts weiter als ein Ehestreit unter den Mächtigen, dem sie selbst fast zum Opfer gefallen wäre.
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