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Programm 'Picard-Delta-Eins'

von H W Schulte

Kapitel 1

"Das ist es!", sagte Quark und legte den gelben Würfel auf den Tresen.

"Sehr beeindruckend..." bemerkte Bashir, während er zum Dabotisch hinüber schaute. So lange war es nicht her, dass Leeta und er ein Paar waren. Eine kurze Liaison, die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Zukunft hatte und bei der er überraschenderweise in Rom, Quarks schwerfälligem Bruder, seinen Nachfolger gefunden hatte. Eine Tatsache, die seinem Ego schwer zu schaffen machte.

Heute hatte sie ein äußerst aufregendes Kleid an, das ein schönes Beispiel für den Grundsatz 'manchmal ist weniger mehr' darstellte. Wirklich ein sehr schönes Beispiel, dachte Bashir.

"Was ist das?", fragte Miles O'Brien, der Chefingenieur dieser Station, mäßig interessiert.

"Das", verkündete Quark mit einem verärgerten Blick in Richtung Bashir, "ist die Sensation der kommenden Holosuite-Saison! Ich habe es zwar selbst noch nicht gesehen, aber wenn man meinen Quellen glauben will, und das sollte man", versicherte Quark mit überzeugendem Gesicht, "dann ist es eine permanent laufende Simulation, die..."

O'Brien lachte humorlos auf: "Vergessen Sie's, Quark." Er schüttelte kurz den Kopf und nahm einen Schluck Root Bier während der Barkeeper sich mit einem verständnislosen Kopfschütteln vor sich hin murmelnd entfernte.

Er war jedes Mal auf Neue erstaunt, wie enthusiastisch Quark im Wochenrhythmus seine neuesten Holoprogramme als Sensation anpries. Noch vor vier Tagen war die 'Endschlacht gegen das 'Dominion'' die absolute Sensation. Vielleicht war es das sogar für den Rest der Galaxie, aber wohl kaum für die Bewohner von Deep Space Nine, einer Raumstation am Rande des Föderationsgebietes, die sich - bedingt durch das bajoranische Wurmloch - nicht allzu weit weg befand von einer realen Version eines solchen Konfliktes.

Das Gefühl permanent einer Bedrohung durch das Dominion ausgesetzt zu sein, lastete schwer auf allen, die auf dieser Station lebten und arbeiteten. Jeder ging auf seine Weise mit dem Druck um. Er selbst schlug in seiner kargen Freizeit immer wieder in der Holosuite die Deutschen zurück, an seiner Seite der unermüdliche Dr. Bashir als forscher Kampfpilot. Sein Freund Julian Bashir. Als ranghöchster Mediziner auf DS9 achtete er peinlich genau auf mögliche Anzeichen von Stress oder Überarbeitung bei allen Personen, die sich unachtsamer Weise in seiner Nähe aufhielten. Speziell ihm gab Julian permanent das Gefühl, ein neurologischer Notfall zu sein. Um zu erkennen, dass er nicht unbedingt ausgeglichen war, brauchte Miles keinen Arzt.

Seit Keiko mit Molly und Kirayoshi Richtung Erde abgereist war (das war tatsächlich schon 9 Monate her), hing er immer öfter grüblerisch seinen Gedanken nach. Er hätte sich gewünscht, dass die mögliche Invasion der Jem'Hadar der einzige Grund wäre, warum sie gemeinsam diese Entscheidung fällten. In den vergangenen Jahren hatte sich ihre Beziehung nicht unbedingt zum Besten entwickelt. Als Botanikerin hatte sie stets das Gefühl, nutzlos und auf DS9 fehl am Platze zu sein und er, Miles, war nicht in der Lage, ihr bei diesem Problem dauerhaft zu helfen.

Er glaubte zu wissen, dass seine Freunde - insbesondere Julian - zuweilen der Meinung waren, dass Keiko nicht die richtige Frau für ihn war. Er wusste es besser.

Bis er Keiko traf, wusste er nicht, wie einsam er bis dahin gewesen war. Sie gab seinem Leben einen Fixpunkt. Etwas, wofür es sich lohnte zu leben. Noch an Bord der Enterprise wurde Molly geboren und sein Glück war perfekt. Und als ihm als Mannschaftsdienstgrad die Stelle des Chefingenieurs auf Deep Space Nine angeboten wurde, konnte er nicht widerstehen und sagte zu, ohne daran zu denken, was diese Entscheidung für Keiko bedeutete.

Sicher, die Idee, eine Schule auf Deep Space Nine zu eröffnen und Keiko als Lehrerin vorzuschlagen war kein schlechter Versuch, scheiterte aber schon nach relativ kurzer Zeit aufgrund der unterschiedlichen Ansichten der an Bord lebenden Spezies, wie ihre Kinder bzw. ihre Brut zu unterrichten seien.

Mit der Zeit reduzierte sich die Schulklasse auf zwei Schüler: Jake, der Sohn des Commanders und sein bester Freund Nog, der Neffe des Ferengis Quark. Und irgendwann verbot auch Quark seinem Neffen den Schulbesuch, weil er einen schädlichen Einfluss der Föderation auf Nog befürchtete.

Nach Schließung der Schule wurde die Situation unerträglich. Keikos Selbstwertgefühl war quasi nicht mehr existent. Man muss bedenken, dass jeder an Bord der Station irgendeine Funktion hatte.

Verzweifelt schlug er vor, seinen Dienst zu quittieren, um ihr die Möglichkeit zu geben, in ihrem Beruf auf einem Planeten Erfüllung zu finden und als sie das Angebot ablehnte, liebte er sie dafür noch mehr.

Schließlich organisierte er, dass Keiko zeitlich begrenzt an einer bajoranischen Expedition teilnehmen konnte. Zeitlich begrenzt. Sechs Monate! Von viel zu wenigen Kurzbesuchen abgesehen, hatten sie sich ein halbes Jahr nicht gesehen. Aber auch wenn ihn die Tatsache erschreckte, die Trennung tat ihnen beiden gut. Als sie schwanger wurde mit Kirayoshi hatte er zunächst Mühe, sein Enttäuschung zu verbergen. Ja. Richtig. Es hatte keinen Sinn, dass er sich in dieser Beziehung etwas vormachte. Er hoffte damals, dass Keiko und er, nachdem Molly ein wenig älter geworden war, wieder etwas mehr Zeit miteinander verbringen konnten. Erschwerend kam hinzu, dass Keiko das Kind nicht selbst austragen konnte. Um nach einem Unfall das Leben von Keiko und dem Baby zu retten, musste der Fötus Major Kira Nerys, der bajoranischen Verbindungsoffizierin, eingesetzt werden. Die daraus resultierende Vertrautheit zwischen Nerys und Miles führte schon nach kurzer Zeit zu irritierenden Gefühlen zwischen ihnen. Irgendwie schaffte es Keiko, davon nichts zu merken. Keiko. Er vermisste sie. So sehr wie Molly und Kirayoshi.

Während O'Brien versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen, glitt sein Blick durch den Raum und blieb an einer unförmigen Gestalt haften, die mit der Theke verwachsen schien und wie immer schwermütig dreinschauend ihren Drink festhielt. Was machte eigentlich Morn auf der Station?

"...Miles?"

"Was?!" O'Brien schrak auf.

"Ich fragte, ob alles in Ordnung mit Ihnen ist?", wiederholte Bashir mit besorgter Miene. Er musste ihn schon eine ganze Weile bei seinen Grübeleien beobachtet haben. O'Brien verdrehte die Augen und machte einen Ablenkungsversuch: "Sagen Sie mir lieber was Morn hier macht, Julian."

Bashir drehte sich kurz um und sah zu Morn hinüber. Der Lurianer saß wie üblich vor seinem Getränk und starrte dumpf vor sich hin.

"Äh, er sitzt doch immer hier, oder?", fragte Bashir leicht irritiert zurück.

"Ja, natürlich, aber warum sitzt er immer hier?" Auf einmal war O'Brien hellwach. "Bezahlt ihn irgendjemand, damit er Quarks Existenz sichert?"

Der Anflug von Grübelei war einem Hochgefühl gewichen, einem Geheimnis auf der Spur zu sein. Bashir zog die Augenbrauen zusammen und die Oberlippe leicht nach oben, wie er es immer tat, wenn er den Gedanken anderer nicht folgen konnte, was hier eindeutig der Fall war.

Als O'Brien eine bissige Bemerkung zur geistigen Beweglichkeit von brillanten Wissenschaftlern machen wollte, ging das Licht in der Bar schlagartig aus.
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