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Glück im Unglück

von Kathryn J

Kapitel 2

Die Türen des Turbolifts glitten auf, und Chakotay trat auf die Brücke. „Bericht!“

Tuvok hob eine Augenbraue: „Unsere Scans nach fremder DNA mit den internen Sensoren haben Spuren unbekannter DNA im Quartier des Captains ermittelt. Die Eindringlinge waren aber vor mehr als 200 Stunden dort. Keine weiteren Spuren. Keine Schiffe in Sensoren-Reichweite, Sir.“

'Zum Teufel, Kathryn, was war da los?', dachte Chakotay vorwurfsvoll. „Mister Kim, habe Sie etwas Ungewöhnliches feststellen können?“

„Nein Commander, alles normal.“ Ein Piepen ertönte an der OPS. „Warten Sie, Sir, die Sensoren geben Alarm, ein Schiff nähert sich.“

„Auf den Schirm!“

Auf dem großen Wandschirm erschien ein kleines Schiff, doch die Sensoren verrieten, dass es schwer bewaffnet war.

„Commander, wir werden gerufen, nur Audio.“

„Lassen Sie hören!“ Chakotay erhob sich aus seinem Sessel und sah besorgt zu Fähnrich Kim.

„Raumschiff Voyager! Wir sind die Chalax. Wir hatten Ihren Captain gewarnt! Sie hat sich nicht an unsere Abmachung gehalten! Wir wissen, dass sie uns verraten hat. Deshalb wird Ihr Schiff vernichtet werden.“

Chakotay ging ein Licht auf.

Er war gleichzeitig verärgert über Janeways „Alleingang“ und gleichzeitig besorgt um sie. ´Was haben sie ihr bloß angetan, dass sie so eine Entscheidung alleine trägt. Die Gehirnsonde!´

„Hier spricht Commander Chakotay vom Föderationsraumschiff Voyager ... Bitte, wir können uns bestimmt einigen … Da liegt bestimmt ein Irrtum vor ...“

Aber der Chalax ließ sie nicht zu Wort kommen und sprach mit monotoner Stimme weiter. „Wir vertrauen Ihnen nicht. Wir werden die Voyager zerstören!“

„Sie laden ihre Waffensysteme, Sir“, warnte Tuvok von der Rückseite der Brücke.

„Schilde hoch! Phaser und Photonentorpedos bereit! Mister Paris, Ausweichmanöver Gamma 5 initiieren!“

„Aye, Commander.“

Ein dumpfer Knall war zu hören und das Schiff erbebte. „Schadensbericht!“

„Hüllenbrüche auf Deck 5 und 6. Schilde auf 50%.“

„Feuer erwidern! - Bericht!“

„Ihre Schilde halten. Ein weiterer Treffer. Wir verlieren die Eindämmung auf den Decks 10 - 12!“

„Feuern Sie weiter, Mister Tuvok, Photonentorpedos – Feuer!“

Das Schiff schlingerte wieder unter dem Beschuss, diesmal noch heftiger als zuvor. Die Brückenoffiziere verloren das Gleichgewicht. Rauch stieg auf. Eine Platte der Deckenverkleidung krachte auf die Brücke. Das Schiff ächzte und knarzte, als ob es gleich auseinander brechen würde. Die Voyager kippte zur Seite. Die Trägheitsdämpfer fielen aus.

Paris klammerte sich an seine Konsole und konnte noch ein paar Daten entziffern: „Commander, ich habe keine Kontrolle mehr über das Ruder!“ Mit einem lauten Knall schwankte die Voyager erneut und alle wurden kreuz und quer über die Brücke geschleudert. Funken sprühten aus der Konsole der OPS.

„Versuchen Sie, mit den Manövertriebwerken uns auf Kurs zu halten!“, rief Chakotay, als er wieder auf die Beine kam.

„Der Antrieb ist komplett ausgefallen, Commander!“

„Brücke an Maschinenraum. B'Elanna, was ist los!?“

„Eine Trefferserie hat eine Überlastungs-Kettenreaktion in den EPS-Leitungen und bioneuralen Gelpacks ausgelöst ... Es tut mir leid, ich kann Ihnen keinen Antrieb zur Verfügung stellen. Wir rechnen mit einem gesamten Energieausfall ... Schalte auf Notenergie!“, rief Torres in den Kommunikator, als gerade die Konsolendisplays und Beleuchtungen auf der Brücke ausfielen.

„Commander, alle Stationen melden Verletzte. Schwere Schäden auf Deck 5 und 6.“

„Was ist mit den Chalax?“

„Sir, unsere Sensoren sind ausgefallen. Zuletzt haben wir noch einen Treffer ihres Warpantriebes registriert.“

„Möglicherweise sind sie auch schwer beschädigt und mit sich beschäftigt“, gab Chakotay zu bedenken.
„Das wäre logisch, Commander“, ließ sich Tuvok vernehmen, “sonst hätten Sie uns weiter unter Beschuss genommen oder das Schiff geentert.“

„Mister Kim, sind die Sensoren wieder einsatzbereit?“

„Negativ, Sir. Wir müssen erst die EPS-Leitungen reparieren und die Energieversorgung stabilisieren.“

„Worauf warten Sie dann noch? Helfen Sie B'Elanna im Maschinenraum.“

Mit einem „Aye, Commander!“ verließ Harry Kim die Brücke, um zu Fuß zum Maschinenraum zu eilen.

Chakotay berührte seinen Kommunikator: „Brücke an Krankenstation! Wie sieht es bei Ihnen aus, Doktor? Benötigen Sie Mister Paris?“ Keine Antwort. „Brücke an Krankenstation! Doktor, Kes, melden Sie sich!“ Stille.

„Sir“, stellte Tuvok fest, „Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Überladungen unserer Systeme auch die Holomatrix des Doktors gestört haben. In diesem Teil waren die schwersten Treffer.“

‚Verdammt! Kathryn!‘ „Chakotay an Kes!“

„Ja, Commander, ich bin in der Messe und versorge die Verletzten aus den oberen Schiffssektionen.“

„Kes, machen Sie weiter dort! Tom, Sie müssen sofort auf die Krankenstation! Nehmen Sie sich Fähnrich Wildman mit!“ Tom eilte davon und beorderte Samantha Wildman auf die Krankenstation.

*****

„Paris an Chakotay.“

„Sprechen Sie! Was ist los?“ Chakotay erstarrte ob Toms Tonfall. „Sie sollten zur Krankenstation kommen, Sir ...“

Chakotay spürte, wie ihm alles Blut aus den Adern wich und sich schmerzhaft in seinem Herzen sammelte. „Tuvok, Sie haben die Brücke“, sagte er tonlos und stürzte aus der Tür.

Nach endlosen Gängen und Leitern in Notabstiegen gelangte er auf dem Deck der Krankenstation an. Alles war verwüstet. Verkleidungen hingen lose herab, überall Spuren von Zerstörungen durch Feuer, die das Löschsystem des Schiffes zum Glück noch eindämmen konnte, bevor die Energieversorgung ausfiel. Das Schott zur Krankenstation stand halb offen, jemand hatte sie per Hand aufgeschoben, da auf diesem Deck auch der Notstrom ausgefallen war ...

Als Chakotay die, nur von Handstrahlern erleuchtete, Krankenstation betrat, standen dort viele verletzte Crewmitglieder, zum Teil mit notdürftigen Verbänden und auf Kameraden gestützt. Aber keiner ließ sich behandeln. Keiner sprach ein Wort. Es herrschte gespenstige Stille trotz der vielen Menschen. Sie schienen nicht einmal zu atmen. Stumm wandten sie sich um, als sie Chakotay kommen hörten und wichen auseinander. Es bildete sich ein Gang für dem Commander. Am Ende dieses Ganges standen Tom Paris und Sam Wildman am Biobett von Kathryn Janeway. Der Monitor über dem Bett war dunkel. Auch hier war also die Energieversorgung zusammengebrochen. Chakotays Beine wollten ihren Dienst versagen. Sie wollten immer langsamer werden. In Chakotay stieg eine noch nie dagewesene Angst auf ... Er erreichte Kathryn wie nach einer Ewigkeit, wie in einem Traum. Er sah in ihr Gesicht, an dem er

sich nie sattsehen konnte. Es war ganz weiß. Ihre sonst pfirsichfarbenen Lippen waren grau. Ihre meerblauen Augen geschlossen. Nur ihre rotblonden Haare schimmerten so wie immer.

„Kathryn ...?“ Fassungslos strich er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Er fasste ihre Hand, die von der Liege hing. Sie war kalt. Kathryn war tot. Ohne die lebensrettenden Geräte und den holografischen Doktor hatte sie keine Chance gehabt.

Er konnte an nichts anderes mehr denken, als dass er Kathryn einfach hatte gehen lassen, als sie von New Earth wieder an Bord kamen.

Er hatte es zugelassen, dass sie sich zurückzog, anstatt sich so zu verhalten wie ein richtiger Krieger und vor der Crew seine Liebe zu ihr zu gestehen. Und um sie zu kämpfen. Er zweifelte daran, dass ein Verhältnis zwischen Ihnen, das mehr war als nur Freundschaft, ihre Dienstausübung beeinträchtigt hätte. Was sollten hier schon Sternenflottenregeln bedeuten, zumindest in dieser Hinsicht. Wer weiß, ob sie überhaupt jemals den Föderationsraum gemeinsam erreicht hätten ...

Ja, sie hatten nach der Geburt von Naomi sogar an die Voyager als Generationenschiff gedacht.

Warum hatte er sie nur gehen lassen? Sie wollte es so. Und er wollte wenigstens ihre Freundschaft behalten.

Sie beide hatten nun getrennt ihre letzten Monate in Traurigkeit über den Verlust des Zaubers von New Earth verbracht. Nun war es zu spät ...

Er wusste nicht, wie lange er so gesessen hatte. Plötzlich spürte er, wie sich eine Hand ruhig und fest auf seine Schulter legte.

„Chakotay ... wir müssen das Schiff wieder einsatzbereit machen, sonst werden wir noch alle getötet. Wir müssen schnellstmöglich den Doktor reaktivieren. B'Elanna wird zuerst die Notstromversorgung wiederherstellen. Nur der Doktor kann vielleicht noch helfen. Er hatte mir mal bei seinen Unterweisungen gesagt, dass man auch noch ein paar Stunden nach dem Tod jemanden zurückholen kann. Aber ich weiß es nicht mehr so genau. Chakotay, wir brauchen Sie. Hier können wir zur Zeit nichts tun ...“

Tom Paris sprach ruhig auf den Commander ein und bewegte ihn sachte zum Aufstehen. Die Männer umarmten sich. Beide hatten plötzlich Tränen in den Augen.

Tom war für Chakotay von einem verachteten Verräter zum Vertrauten geworden, nicht zuletzt durch ihrer beider Freundschaft zu B'Elanna.

Er strich noch einmal über Kathryns kalte, weiße Wange. „Ich werde alles tun, um dich zurückzuholen“, versprach er ihr tonlos. Dann ließ er sich von Tom hinausführen, während die Notbeleuchtung in der Krankenstation wieder aufflammte.

Vier Stunden später waren die notwendigsten Aufräum- und Wiederherstellungsarbeiten auf der Brücke soweit abgeschlossen. Oberste Priorität hatten jetzt erstmal Antrieb, Hauptenergieversorgung und vor allem die Reaktivierung des Doktors.

Sensoren-Scans des umgebenden Raums ergaben ein treibendes Wrack etwa 500 000 km entfernt. Es handelte sich um das Chalax-Schiff. Es waren keine Lebensformen, weder vitale noch tote feststellbar. “Sir, es ist möglich, dass die Crew das Schiff mit Rettungskapseln oder Shuttles verlassen hat, aber wahrscheinlicher ist es, dass dieses Schiff gänzlich unbemannt war“, äußerte Tuvok.

„Bestätige“, fügte Fähnrich Brooks hinzu, die Harrys Station betreute, „ich kann keine Reste von Antriebssignaturen erfassen. Und das hätten Fluchtkapseln und erst recht Shuttles hinterlassen, Sir.“

„Ein unbemannter und ferngelenkter Abfangjäger wäre auch eine logische Wahl für kontaktscheue xenophobe Spezies“, ergänzte Tuvok die Überlegungen der Senioroffiziere auf der Brücke.

„Eine faszinierende Technik. Sie sind uns technisch weit überlegen. Wir sollten so schnell es geht verschwinden, bevor die Chalax aus dem Versagen ihres Abfangjägers Konsequenzen ziehen“, sagte Chakotay.

„Dem pflichte ich bei“, äußerte Tuvok, begleitet vom zustimmenden Nicken der Brückenoffiziere.

„Brücke an Torres!“

„Torres hier.“

„B'Elanna, wie lange brauchen Sie noch, bis wir den Antrieb zur Verfügung haben?“

„Die Impulstriebwerke sind in 30 Minuten einsatzbereit. Wir lassen gerade noch ein paar Tests laufen. Die Energie wird auch bis dahin voll zur Verfügung stehen. Lieutenant Carey tauscht gerade noch einen defekten Schaltkreis aus. Der Warpantrieb wird voraussichtlich in 2 Stunden zur Verfügung stehen. Torres Ende.“


Eine halbe Stunde später nahm die Voyager mit maximaler Impulskraft ihren Kurs Richtung Alphaquadrant wieder auf.

Chakotay zog sich nach Dienstende und Übergabe der Brücke an die Nachtschicht-Crew um Commander Tuvok in den Bereitschaftsraum zurück, um die Berichte über das Fortschreiten der Reparaturmaßnahmen auf dem gesamten Schiff auszuwerten. Danach wollte er sich noch einmal auf die Krankenstation begeben. Bei der vielen Arbeit, den Fragen und Problemen, die aus allen Abteilungen in den vergangenen Stunden an ihn herangetragen worden waren, hatte er gar keine Zeit gehabt, seiner Sorge um Kathryn nachzugeben. Auf jeden Fall hatte sie ihm schon bei der Koordinierung und Beaufsichtigung aller Reparaturmaßnahmen sehr gefehlt. Er konnte und wollte sich eine Weiterreise ohne Kathryn Janeway nicht vorstellen.

Tom, B'Elanna und Harry hatten sofort nach Bereitstellung der Notenergieversorgung ein behelfsmäßiges Stasisfeld um den Captain errichtet, um ihren Körper vor dem Zerfall zu bewahren. Nun arbeiteten Harry und B'Elanna fieberhaft an der Reaktivierung der Doktors, während das Team vom Maschinenraum unter dem Kommando von Lieutenant Carey den Warpantrieb reparierte.

Chakotay weigerte sich, den Captain-Posten zu akzeptieren, solange noch ein Fünkchen Hoffnung bestand, Janeway zu retten.

Er ging durch den Bereitschaftsraum und sah aus dem Fenster zu den Sternen. Wo mochte Kathryns Geist jetzt sein? War er hier auf dem Schiff oder schon weit fort? Er musste unwillkürlich an Janeways Erfahrung mit dem Alien denken, das sich in ihrem Geist festgesetzt hatte und ihr den eigenen Tod suggerieren wollte. Chakotay lief es bei dieser Vorstellung kalt über den Rücken. Er lehnte sich nachdenklich an den Fensterrahmen. Die Gedanken an Kathryn schnürten ihm den Hals zu. Er würde, sobald sie wieder mit Warp unterwegs waren, seinen geistigen Führer anrufen und ihn um Hilfe bitten.

Chakotay wollte sich nicht auf Kathryns Platz hinter dem Schreibtisch setzen. Er setzte sich schließlich zum Arbeiten vor den Tisch, wo er immer saß, wenn er mit ihr Schiffsangelegenheiten besprach. Ihre Tasse stand noch neben dem kleinen Bildschirm. Versonnen schob er sie hin und her. Er konnte sich einfach nicht auf die PADDs konzentrieren.

Seufzend stand er auf, ging in Gedanken versunken über die Brücke und begab sich auf die Krankenstation. Er musste Kathryn einfach noch einmal sehen. Er konnte es einfach nicht glauben, dass es sie nicht mehr geben sollte.


Man hatte sie inzwischen in eine Stasiskammer gelegt, die jetzt wieder durch die Energie des Schiffes gespeist werden konnte. 'Wie die schöne Prinzessin in ihrem Glassarg', erinnerte sich Chakotay wehmütig an ein altes Märchen von der Erde, welches er als Kind einmal gehört hatte. Wenn er doch auch nur die Macht hätte, sie einfach wieder lebendig und gesund werden lassen zu können. „Kathryn …“, er sah in ihr stilles Gesicht und begann ihr eine der alten Legende seines Volkes zu erzählen, die Kathryn immer so gerne hörte. Vielleicht brauchte er gar nicht seinen geistigen Führer um Rat zu fragen ... während er zu Kathryn sprach, spürte er ihre gegenseitige tiefe mentale Verbundenheit, die auch über den Tod hinaus bestand. Er glaubte, ihren Geist in seinem spüren zu können. Er bemerkte nicht, wie ihm Tränen die Wangen hinunter liefen. Ihn erfüllte eine große Ruhe und Zuversicht in sich aufsteigen, während er weiter zu ihr sprach und seine Stirn an ihre Stasiskammer legte.

War es wirklich eine uralte Legende? Ohne sich dessen bewusst zu werden, sprach Chakotay von dem ruhelosen Krieger und der schönen Kriegerin, er sprach von seinen Träumen, wie er sich das gemeinsame Leben mit Kathryn auf New Earth vorgestellt hatte und sich auch auf der Voyager hätte vorstellen können - bis sie wieder nebeneinander auf der Brücke des Schiffes saßen, und der Captain ihn als erstes mit der Kontrolle des Problems mit der Temperatur der Vorfeuerkammer der Phaserwaffen beauftragte.

Im Unterbewusstsein spürte Chakotay plötzlich ein kühles Metall an seinem Hals und ein Prickeln, das durch seinen Körper ging. Dann packten ihn mehrere Paar Hände ... er wollte sich wehren, etwas sagen, aber dann wurde schon alles schwarz und still um ihn.

B'Elanna, Tom und Harry waren auf die Krankenstation gekommen, um zu versuchen, die Holomatrix des Doktors zu reaktivieren. Außer dem Captain gab es noch weitere problematische Fälle, denen Tom nur notdürftig helfen konnte. Die Verletzten konnten auch besser hier behandelt werden, nun, wo die Schäden auf diesem Deck notdürftig beseitigt waren. Es war Eile geboten, dass der Doktor wieder seinen Dienst versehen konnte.

Als sie eintraten, fanden sie den Commander schlafend an die Stasiskammer des Captains gelehnt. B'Elanna konnte vor Rührung kaum ihre Tränen zurückhalten. Tom fühlte eine warme Zuneigung für die Halbklingonin in sich aufsteigen, als er ihre mitfühlende, verletzliche Seite unter der sonst rauen und harten Schale entdeckte.

Zunächst wollten sie Chakotay wecken, bemerkten dann aber, dass er offensichtlich im Traum geweint hatte. Sie wollten ihn einfach nicht in Verlegenheit bringen, ihnen so gegenübertreten zu müssen. Deshalb verabreichte ihm Tom beherzt ein kurzzeitig beruhigendes Hypospray, und sie legten den Commander auf eine Behandlungsliege im Nebenraum. Sie sprachen nicht darüber, aber die Blicke, die sie tauschten, verrieten ihre Betroffenheit darüber, wie viel der Captain dem Commander offensichtlich bedeutete. Das Kommandoduo ging sonst zwar freundschaftlich, aber doch sehr professionell miteinander um. Von der Tiefe der Gefühle Chakotays hatten sie nichts geahnt. Selbst Chakotays Vertraute B'Elanna war überrascht.

*****

Nach einer guten halben Stunde und mehreren Neukalibrierungen konnten sie schließlich die Holomatrix des Doktors dauerhaft stabilisieren. „Bitte nennen Sie die Art ...“, begann der Doktor seine Standardstartsequenz, um dann aber zu verstummen und sich an die drei Offiziere zu wenden. „Dürfte ich erfahren, was hier passiert ist?“ Eilig nahm er seinen Tricorder, blickte besorgt auf den Schiffschronometer und schritt zielstrebig zur Stasiskammer hinüber, während Tom mit ihm Schritt hielt und alles berichtete, was vorgefallen war.

Harry ging unterdessen auf die Brücke zurück, um sich bei Tuvok zum Dienst zu melden und Bericht zu erstatten.

B'Elanna blieb noch, um sich um den Commander zu kümmern, wenn er bald aufwachen würde.

Er würde ihre seelische Unterstützung jetzt sehr brauchen.

Als der Commander nach wenigen Minuten im Nebenabteil der Krankenstation zu sich kam, sah er sich um und versuchte, sich an das Vorgefallene zu erinnern. B'Elanna berührte ihn beruhigend an der Schulter. „Sie haben geschlafen, Chakotay. Wir haben Sie nur etwas bequemer hingelegt und außerdem braucht der Doktor den Platz zum Arbeiten. Kommen Sie, ich bringe Sie in Ihr Quartier. Sie sollten sich noch etwas ausruhen.“

„Sie konnten den Doktor wieder reaktivieren?“, fragte Chakotay und ein Fünkchen Hoffnung glomm in ihm auf.

„Ja, der Doktor, Tom und Kes versuchen, den Captain zu reanimieren. Kommen Sie ... Sie können jetzt nichts für sie tun. Chakotay nickte gequält und ließ sich von ihr wegführen.

Tiefe Dankbarkeit für die wiedergegebene Hoffnung, erfüllte ihn. Er hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, mit seinem geistigen Führer Kontakt aufzunehmen. Er musste alles Erlebte mit seiner Hilfe verarbeiten. „Es ist gut B'Elanna, ich komme allein zurecht.“

B'Elanna musterte Chakotay kritisch. „Na schön. Aber Sie wissen, wo Sie mich finden, wenn Sie mich brauchen.“

„Danke, B'Elanna. Sie waren mir immer eine gute Freundin.“


Chakotay wickelte sein Medizinbündel auseinander, legte alle Gegenstände zurecht und aktivierte das Akoonah. Er legte seine Hand darauf und schloss die Augen. „Akoo-cheemoya“, murmelte er, „Ich bin entfernt von den heiligen Stätten meines Volkes, fern von den Gebeinen meiner Ahnen ... Die Frau, die ich liebe, ... die ich nicht lieben durfte ... ist tot. Ich weiß nicht, ob der Doktor sie zurückholen kann. Ich habe Angst, sie zu verlieren. Ich weiß nicht, wie ich ohne sie leben soll. Ich weiß aber auch nicht, wie ich neben ihr weiter leben soll, falls sie ins Leben zurückkehrt. Ich wollte ihre Freundschaft nicht verlieren. Aber jetzt, wo sie tot ist, habe ich begriffen, wie kostbar jede Minute mit ihr gewesen ist, und das jetzt niemals sein kann, was eines Tages hätte sein können ... wenn sie es auch gewollt hätte. Ich hätte sie niemals gehen lassen dürfen ... Niemals ...“

Chakotays Stimme erstarb, als er durch den Nebel tauchte und eine sonnige Waldlandschaft vor seinen Augen entstand. Die Sonne schien ihm genau ins Gesicht, aber blinzelnd sah er eine zierliche Frau im Gegenlicht langsam auf sich zukommen. An ihrer Seite ging mit federnden Schritten der Schwarze Jaguar. Ihre Fingerspitzen strichen über den Kopf des Tieres. 'Der schwarze Jaguar', dachte Chakotay ehrfürchtig. Der schwarze Jaguar war das Totemtier, das für große Kraft und Mut stand. Für das Ausfechten großer Kämpfe für eine gerechte Sache. Er entschied über Leben und Tod. Wem der Schwarze Jaguar erschien, der war berufen, sich auf eine Reise zu begeben, die seinen Geist, seinen Mut und seine Loyalität an den dunkelsten Orten testen würde. Und wenn der Reisende mit Erfolg heimkehrte, sollte ihm großes Glück zuteilwerden ... nicht nur dem Reisenden, sondern auch seiner Welt. Chakotay starrte die Raubkatze an, sein Herz raste.

Angst vor der unbekannten Herausforderung ergriff ihn. Er fühlte, wie ihm kalt wurde. Der Jaguar blickte ihm unverwandt in die Augen. Es gelang Chakotay nicht, seinen Blick abzuwenden und die Frau anzusehen, aber er wusste trotzdem, wer sie war. Er hätte sie an ihrem Gang, ihrer Silhouette unter allen Frauen der Galaxis erkannt ...

Dann sprach der Jaguar zu ihm: 'Das Leben und die Liebe sind eins, denn durch das Leben entsteht Liebe und durch Liebe entsteht Leben. Aber weder das Leben noch die Liebe kann man ohne Risiko gewinnen und erhalten. Höre auf dein Herz, es wird dich auf den richtigen Pfad führen!' Damit wandte sich die schwarze Raubkatze lautlos zum Gehen. Die Frau, die neben ihm gestanden hatte, drehte sich auch um und ging.

'Kathryn...?', fragte Chakotay mit zitternder Stimme. Die Frau verharrte in ihrem Schritt und wandte sich langsam nach ihm um. Ihr Gesicht war sehr bleich und Chakotay konnte erkennen, dass sie geweint hatte. Sie streckte ihren Arm nach ihm aus. Chakotay versuchte verzweifelt, sie zu erreichen, aber sie schien immer weiter entfernt zu sein. „Kathryn! Warte!“, rief Chakotay verzweifelt und unter Tränen erwachte er aus der Trance. Erschöpft ließ er sich zu Boden sinken und ließ seinem Kummer freien Lauf. Er schwor sich, sollte Kathryn je wieder vor ihm stehen, er würde sie nicht einfach wieder gehen lassen. Er schwor sich, um sie zu kämpfen. Der schwarze Jaguar hatte ihm diesen Weg gewiesen.
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