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Glück im Unglück

von Kathryn J

Kapitel 3

„Doktor an Kes! Ich brauche Sie dringend hier auf der Krankenstation! - Mister Paris, assistieren Sie mir! Cortical-Stimulator! Cardio-Stimulator!“ Das MHN klappte seinen Tricorder zusammen und fixierte die Geräte an der Stirn bzw. dem Brustbein seiner Patientin. „Aktivieren Sie auf mein Kommando beide Geräte!“

„Jetzt!“ Den Körper des Captains durchfuhr ein Stromstoß, ihre Muskeln zuckten durch das elektrische Potential, das sich über sie ausbreitete.

„Noch nichts!“, rief Paris, seine Augen nicht vom Kontrollpaneel lassend.

„Stellen Sie eine Stufe höher!“ Der Doktor justierte die Geräte neu. „Jetzt!“

„Schwache Herzaktion. Keine Gehirnaktivität.“

„20 mg Lectrazin, schnell!“

Tom reichte das Hypospray über die Operationsliege. „Herzfunktion stärker, sie stabilisiert sich“, kommentierte Tom Paris die Anzeigen.

„Kes“, wandte sich das MHN an die hinzugetretene Ocampa, „bereiten Sie den Neuralstimulator vor! Vielleicht haben wir damit mehr Erfolg. Dr. Crusher von der U.S.S. Enterprise hat unserer Datenbank zufolge dieses Gerät als noch effizienter eingestuft, wobei diese Aussage nach unseren Daten bislang nicht evidenzbasiert ist. Mister Paris, behalten Sie die Herzfunktion im Auge!“ Der Doktor wandte sich der Installation des neuen Gerätes zu und stellte die Parameter ein. „Kes, geben Sie Impulse auf mein Kommando! ... Jetzt! ... Jetzt! ... Jetzt!

„ Doktor, ich registriere schwache Gehirnwellen!“, rief Kes aufgeregt.

„Reduzieren Sie die Energie auf 15%. Geben Sie weiter Stimulationsimpulse!“ Der Doktor applizierte inzwischen ein Hypospray mit Leporazin. „Bericht, Mister Paris!“

„Herzfunktion im unteren Normalbereich, Blutdruck 70 zu 40.“ Das MHN sah eine Weile auf Kes' Konsole und deaktivierte dann den Neuralstimulator. Er untersuchte Janeway erneut mit einem Tricorder und setzte einen zufriedene Miene auf.

„Ich werde jetzt ein bioregeneratives Feld um den Captain errichten, um die körpereigenen Reparaturmechanismen zu unterstützen. Danach werde ich weiter an einem Mittel für die Reparatur des geschädigten Hirngewebes arbeiten. Hoffentlich sind meine Daten durch den Energieausfall nicht beschädigt worden.- Mister Paris, ich komme hier mit Kes jetzt allein zurecht.“

Tom sah dem MHN interessiert noch eine Weile zu.

Der Doktor nahm verschiedene Tests an Janeway vor und tippte unablässig die Ergebnisse in ein PADD. Dann ging er in sein Labor.

„Doc, wie stehen die Chancen für den Captain?“, unterbrach ihn Paris bei seinen Überlegungen.

„Ich muss die Datenbank weiter nach vergleichbaren Fällen durchsehen. Ich habe schon den Einsatz des genitronischen Replikators in Betracht gezogen, mit dessen Hilfe man nach einem genitronischen Scan der DNA eines verletzten Organs daraus ein neues, funktionsfähiges Organ replizieren kann. Außerdem hatte mir Dr. Denara Pel damals zusammen mit dem Viruzid einige ihrer neuesten Forschungsergebnisse übermittelt. Die Vidiianer haben ein sehr weit fortgeschrittenes medizinisches Knowhow, vielleicht kann ich auch aus der Analyse von Dr. Pels Daten Nützliches erfahren. Lassen Sie mich jetzt in Ruhe arbeiten! Kümmern sich weiter um die übrigen Patienten und lassen Sie sie herbringen, Mr. Paris, sonst hat der Captain bald gar keine Chance mehr! Schließlich bin ich Arzt und kein Zauberer!“


Chakotay konnte keinen Schlaf finden. Er hatte Angst um Kathryn. Wenn er die Augen schloss, sah er immer wieder ihr bleiches Gesicht auf dem Biobett, umrahmt von den rotblonden Haaren, vor sich. Er konnte es nicht aushalten. Bevor sein Dienst begann, musste er noch einmal Kathryn sehen. Auch auf die Gefahr hin, vom Doktor strafende Blicke und unwirsche Bemerkungen zu ernten, machte er sich auf den Weg zur Krankenstation.

Aber der Doktor nickte ihm nur kurz zu, als er eintrat, und deutete mit dem Kopf zu dem Biobett im Quarantäneteil der Krankenstation, bevor er mit einem Reagenzglas in seinem Büro verschwand.

Janeway lag nicht mehr in der Stasiskammer. Der Doktor hatte sie umgebettet auf eine Operationsliege. Sie war an ein Blutgasinfusionsgerät angeschlossen. Hauchdünne Schläuche und Drähte führten in ihren Körper hinein und hinaus, um die einzelnen Organe zu versorgen und ihre Funktionen zu stimulieren und zu stabilisieren. Über das Display über der Liege huschten aufgezeichnete Kurven und Zahlenreihe, die von Sensoren aufgezeichnet wurden, die an der Haut befestigt waren.

Chakotay stand eine Weile regungslos daneben, dann fasste er beinahe schüchtern ihre Hand. Die Hand war nicht mehr so kalt, wie er sie in Erinnerung hatte. Er streichelte sie vorsichtig, als hätte er Angst, ihr weh zu tun. „Kathryn, ich weiß nicht, ob du mich hören kannst, aber du sollst wissen, dass ich so sehr hoffe, dass der Doktor dir helfen kann. Ich werde dich, so oft ich kann, besuchen“, und flüsternd fügte er hinzu: “Du fehlst mir so sehr. Wach wieder auf ... Tu es für mich! Ich ...ich ... liebe dich, Kathryn.“ Mit einer Fingerspitze strich er über ihre Wange und ließ eine kleine Haarsträhne durch seine Finger gleiten. Wieder und wieder wanderten er seine Augen über ihren stillen Körper. Er fühlte sich so hilflos! „Was kann ich nur jetzt für dich tun? Und was kann ich tun, falls wir je wieder zusammen sein können?“ Der schwarze Jaguar tauchte plötzlich vor seinem inneren Auge auf. Dann hatte er eine Idee. Er hatte ja viel Zeit, wo er nicht mehr mit Kathryn gemeinsam beim Dinner plaudern konnte. Die wertvollen Erinnerungen ließen wieder Tränen in Chakotays Augen aufsteigen.

Er musste jetzt zum Dienst auf die Brücke! Der Commander räusperte sich, trat kurz zum Doktor ins Büro und sagte: „Doktor, halten Sie mich bitte auf dem Laufenden. Ich bin auf der Brücke.“

„Sie können sich darauf verlassen“, sagte das MHN ungewohnt sanft. „Ich werde Ihnen Bescheid geben, wenn ich eine geeignete Therapie für Captain Janeway gefunden habe. Ich hoffe, es wird nicht zu spät sein.“

Chakotay nickte stumm und verließ die Krankenstation.


Die Alphaschicht, die er sonst meistens mit Janeway versehen hatte, verlief eintönig. Die Voyager zog ruhig mit Warp 6 dem Alphaquadranten entgegen. Es war ein relativ sternarmes Gebiet. Die Scanner zeigten keine Schiffe oder bewohnten Himmelskörper in der Umgebung. Es hätte so eine schöne Zeit mit Partys auf dem Holodeck sein können. Aber niemand auf dem Schiff war in Feierstimmung. Sie alle wussten, wieviel sie ihrem Captain schuldeten. Sie hatte sich immer um jeden Einzelnen gesorgt.

Chakotay stellte sich immer wieder vor, die Tür des Turboliftes würde sich mit einem Zischen auftun und der Captain forsch wie immer auf die Brücke treten, das Kinn trotzig-kämpferisch empor strecken und den Platz zu seiner Rechten einnehmen. Jedes Mal, wenn der Turbolift hielt, hoffte er irrationalerweise auf dieses Wunder.

„Krankenstation an Brücke!“

Chakotay schreckte aus seinen Gedanken auf. „Chakotay hier. Was gibt es Doktor?“ Er bemühte sich, seine Stimme zur Ruhe zu zwingen, aber jeder auf der Brücke spürte die Sorge, die aus ihr sprach. „Commander, bitte kommen Sie und Lieutenant Paris auf die Krankenstation!“

„Mister Tuvok, Sie haben die Brücke.“


Der Doktor empfing Sie mit der üblichen Ungeduld auf der Krankenstation. „Commander, Lieutenant, ich habe eine Therapiemöglichkeit für den Captain gefunden. Das Gehirn ist ein äußerst kompliziertes, sensibles Organ mit komplexen Funktionen, wie Sie wissen“, dozierte das MHN. „Die Technik basiert primär auf einer seit dem 20. Jahrhundert auf der Erde ständig weiterentwickelten Methode. Aber erst durch die Kombination mit dem Genitronischen Replikator und einer Methode aus der vidiianischen Medizin konnte ich das Verfahren entsprechend anpassen. Die Vidiianer haben große Erfolge auf dem Gebiet der Gewebsrestauration und Reintegrierung stark geschädigter Gewebe erzielt“, der Doktor musste an Denara Pel denken und an das gnadenlose Fortschreiten der Phage-Krankheit bei dieser einst so attraktiven jungen Frau und ergänzte mit leiser Stimme, „was ihnen selbst aber bedauerlicherweise noch nicht den Durchbruch bei der Phage-Krankheit brachte.“ Er machte eine kurze Pause und Chakotay wie auch Tom schwiegen mitfühlend.

„Die Computersimulationen verliefen bisher zufriedenstellend, aber ich kann nicht für Erfolg garantieren. Ich brauche für die Therapie eine Knochenmarkspende eines Terraners mit 100% terranischer DNA zur Stammzellgewinnung. Für andere Experimente ist die Zeit zu knapp. Für den Captain sinken die Heilungschancen mit jeder Minute. Ich will außerdem kein weiteres Risiko eingehen. Ich habe die biologischen Spezifikationen aller terranischer Crewmitglieder, mit denen des Captains verglichen. Die Daten von Mister Paris kommen denen von Captain Janeway am nächsten.“

Das MHN wandte sich an Tom: „Mister Paris, sind Sie einverstanden, sich der Stammzellentnahme zu unterziehen?“

Ohne zu zögern antwortete Tom Paris: „Der Captain hat mir damals eine zweite Chance gegeben. Ich wäre froh, wenn ich ihr jetzt eine zweite Chance geben könnte.“

„Danke, Tom“, sagte Chakotay leise.

Und Tom legte seine Hand auf seinen Arm: „Schon gut, Commander. Ich hoffe, meine Zellen nützen dem Captain!“

„Doktor an Kes. Ich brauche Sie wieder auf der Krankenstation! - Commander, Sie dürfen jetzt gehen. Ich halte Sie auf dem Laufenden.“

„Danke, Doktor.“

*****

Zwei Wochen waren inzwischen vergangen. Die vom Doktor entwickelte Behandlungsmethode zeigte Erfolg. Während sich der Kreislauf von Captain Janeway langsam stabilisiert hatte, verlief auch die Regeneration der verletzten Hirnareale zufriedenstellend. Der Doktor konnte bereits die meisten der Sonden und Geräte vom Körper der Patientin, die sich weiterhin in einem künstlich aufrecht erhaltenen Koma befand, entfernen.

Chakotay kam jedes Mal nach Ende seiner Schicht auf der Brücke auf die Krankenstation und verbrachte seine gesamte Freizeit neben dem Biobett. Manchmal saß er in Gedanken versunken da, manchmal tippte er stundenlang Daten in ein PADD, dann wieder sprach er leise zu Janeway. Der Doktor hatte sich schon fast an seine Anwesenheit gewöhnt und ließ ihn gewähren, solange er ihn nicht bei der Arbeit störte. Kes musste den Commander regelmäßig erinnern, seine Mahlzeiten nicht zu vergessen und ausreichend zu schlafen. Die Ocampa spürte mit ihren telepathischen Fähigkeiten, wieviel Chakotay für den Captain empfand und auch, dass er ihn irgendetwas quälte, getraute sich aber nicht, ihn anzusprechen.

„Kes, sehen Sie hier“, der Doktor hielt ein PADD empor und zeigte mit einem Stift auf verschiedene Daten. „Ich denke, wir könnten versuchen, den Captain aufzuwecken.“

„Soll ich den Commander benachrichtigen, Doktor?“

„Nein, wir wissen nicht, ob unser Versuch Erfolg hat oder ob wir sie wieder zurück ins Koma versetzen müssen, falls Komplikationen auftreten. Ich möchte jetzt absolute Ruhe und vor allem keine störenden Fragen medizinischer Laien hören.“

Kes nickte. „Was soll ich tun, Doktor?“

„Geben Sie mir ein Hypospray mit 10 Einheiten Cordrazin und halten Sie für den Notfall Improvolin zum Sedieren bereit.“ Der Doktor applizierte das Hypospray und sie überwachten aufmerksam die Vitalfunktionen der Patientin.

„Doktor“, begann Kes zögernd, während sie abwarteten, „ich mache mir Sorgen um Commander Chakotay.“

„So?“ Der Doktor hob eine Augenbraue und musterte Kes aus den Augenwinkeln, ohne sich von seinem Bildschirm abzuwenden.

„Ich kann spüren, dass Chakotay … besondere Gefühle für den Captain hegt. Gleichzeitig ist da aber noch etwas, was ihn ganz furchtbar quält und unglücklich macht. Er isst nicht und schläft nicht, wenn ich ihn nicht dazu auffordere.“

„Hmm. Er macht sich sicherlich Sorgen um Captain Janeway.“

„Nein, ich glaube ... ich weiß ... es ist mehr als das.“

„Sie meinen ...?“ Kes nickte. „Commander Chakotay und Captain Janeway sind erwachsene Leute, Kes. Sie müssen sich selbst mit ihren Gefühlen auseinandersetzen. Bei Menschen gestaltet sich das häufig recht kompliziert, wie ich beobachtet habe. Ganz zu schweigen von den Klingonen. Ich denke aber, Sie können jetzt Commander Chakotay rufen.“

„Kes an Commander Chakotay!“

„Chakotay hier.“

Die Sorge in der Stimme des Mannes war nicht zu überhören. „Es ist nichts Schlimmes, Commander“, sagte Kes schnell, „aber Sie sollten auf die Krankenstation kommen.“

„Bin unterwegs. Chakotay Ende.“


'Chakotay ... Chakotay ...?' Kathryns Gedanken begannen, sich träge aus der noch müden Hirnsubstanz zu lösen. Sie schluckte. Ihr Hals tat weh, war so trocken. Sie war so unendlich müde ... 'Chakotay ...' Das Wort kam ihr irgendwie vertraut vor, aber sie konnte es nicht einordnen, mit keinem Bild verbinden. Ihre Lippen bewegten sich leicht, um lautlos zu versuchen, das Wort nachzuformen. Ihre Gedanken rangen um ihr Bewusstsein. Es wollte absolut keine Klarheit in ihre Gedanken kommen. Sie drehten sich wie im Kreis um sich selbst, hatten nur verschwommene Formen. Aber eigentlich war ihr auch alles egal, sie wollte einfach nur schlafen ...

Sie hörte gedämpfte Stimmen in ihrer Nähe und fühlte kühles Metall an ihrem Hals. Dann hörte sie verschiedene Piepgeräusche. Und wieder fiel der Name 'Chakotay'.

Kathryns Gedanken wurden plötzlich klarer. Chakotay! Sie versuchte, die Augen zu öffnen, aber ihre Lider waren wie aus Blei. Was war mit ihm? War ihm etwas passiert? Ein Schreck durchfuhr sie. „Doktor, der Blutdruck steigt und die Neurotransmitterwerte!“

„Improvolin!“

„Die Werte normalisieren sich wieder.“

„Lassen wir sie jetzt einfach in Ruhe zu sich kommen.“

Janeway durchströmte eine entspannte Ruhe. Ihre Anspannung ließ nach. Trotzdem wurden ihre Gedanken immer klarer und tauchten auf wie aus einem Nebel. Chakotay. Jetzt konnte sie sich erinnern. Ihr Erster Offizier, ihr bester Freund, ihr ... nein ..., daran wollte sie jetzt nicht denken ... Chakotay.

Sie konnte sich immer auf seinen ehrlichen Rat und seine Loyalität verlassen. Oft hatte er sie auch entgegen seinen eigenen Auffassungen vor der Crew unterstützt. Er tat mehr für sie, als sie es von einem Ersten Offizier erwarten konnte. Und das von seinem ersten Tag auf der Voyager an. Ihre Gedanken schweiften ab ...

Sie sah Chakotay wieder vor sich, als er ihre Entscheidung zur Zerstörung der Phalanx des Fürsorgers vorbehaltlos gegenüber den ehemaligen Maquis unterstützt hatte, wie er sich bemühte, dass alle zu einer Sternenflottencrew zusammen wuchsen. Auf New Earth hatte er ihr dann seine Liebe gestanden. Was für unbeschwerte Tage wie ein Teenager-Pärchen hatten sie danach verlebt ... Obwohl sie noch so matt war, spürte Kathryn wieder die Schmetterlinge in ihrem Bauch, dieses untrügliche heiße Ziehen, das durch den ganzen Körper fährt. Sie fühlte noch seinen ersten Kuss. Unwillkürlich zuckten ihre Lippen. Seine Berührungen ... Ja, sie hatte Chakotay damals sehr begehrt. Aber eine innere Stimme hatte sie vor dem Überschreiten der letzten Grenze abgehalten, sie brauchte dafür noch etwas Zeit. Im Nachhinein gesehen, war es sicher gut so gewesen. Sonst wäre es ihnen beiden noch schwerer gefallen, in die Normalität auf dem Schiff mit seinen Sternflottenregeln zurückzukehren. Als die Voyager sich zurückmeldete, um sie mit dem Heilmittel zu versorgen und abzuholen, hatte sie eindringlich mit Chakotay gesprochen und ihm sanft, aber bestimmt klar gemacht, dass für einen Sternenflotten-Captain, noch dazu einen weiblichen, eine Liebesbeziehung an Bord unmöglich und inakzeptabel war. Es hatte so weh getan. Ihr selbst und noch mehr, es Chakotay zu sagen und seine Enttäuschung und Traurigkeit zu sehen. Beide hatten sich unter Tränen ein letztes Mal umarmt und ihrem gemeinsamen Heim mit dem kleinen Garten eng umschlungen ein letztes Lebewohl gesagt.

Kathryn spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und das Atmen schwer wurde. Eigentlich war sie nie darüber hinweggekommen. Vielleicht war es auch ein Fehler gewesen, der größte ihres Lebens. Vielleicht hätte sie es wagen sollen. ... Sie ließ noch einmal die Erinnerungen vorbeiziehen ... Damals ...

... Chakotay lächelte. New Earth. Er hatte sich diese schöne Geschichte vom Krieger und der Kriegerin ausgedacht. Für sie. Sie hielten ihre Hände fest ineinander geschlungen, er ließ sie nicht die ihre zurückziehen.

Ganz langsam stand er auf, sie mit sich ziehend. Schritt für Schritt ging er mit ihr zum Ende des Tisches, in ihre meerblauen Augen versunken, in denen noch Tränen der Rührung und des Glücks glitzerten. Am Ende des Tisches dann war keine Barriere mehr zwischen ihnen. Sie hatte längst den Halt in seinen dunkelbraunen Augen verloren. Chakotay zog sie mit der Hand, die noch die ihrige festhielt, langsam an sich heran. Kathryn wollte schwachen Protest einlegen, aber er hob seine Hand und legte sie zärtlich um ihren Nacken. Sie schloss die Augen, als ein Ozean an Gefühlen über sie hinweg brandete. Sie legte ihre freie Hand auf seine Hüfte. Über Chakotays Körper lief ein leichtes Zittern. Sie spürte seine Erregung wachsen. Seine Hand glitt von ihrem Nacken abwärts zu ihrer Taille und drückte ihren Körper fest an sich ...

Kathryn seufzte und erschauerte bei diesen Erinnerungen ... Sie ließ sich ganz auf der Welle des Glücks davontragen. Wie in einen Strudel wurde sie immer tiefer und tiefer hinein gesogen. Unter seinen zärtlichen Berührungen und Küssen hörte die Welt um sie herum auf zu existieren...

Ihr offenes Haar kitzelte ihr Gesicht, sie hob langsam und mühevoll die Hand, um es beiseite zu streichen. Aber anstelle ihres Haares ergriffen ihre Finger an ihrer Wange plötzlich etwas Warmes, Festes ... es war nicht ihr Haar, es war eine andere Hand, die ihre Wange streichelte! Erschrocken und unfähig zu atmen fuhr Kathryn zusammen, blinzelte und blickte wenige Zentimeter über sich in ein paar lächelnde dunkelbraune Augen ... vertraute Augen. Sie spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen. 'Ich muss wohl wieder eingeschlafen sein!', dachte sie überrascht und versuchte verwirrt sich aufzurichten. Eine große, warme Hand hielt sie sanft an der Schulter zurück.

Sie wollte etwas sagen, aber es ging nicht, die Stimmbänder versagten ihr noch den Dienst. Die Augen fielen ihr wieder zu vor Anstrengung. Die Muskeln konnten die Spannung des Körpers nicht länger halten und sie sank wieder ganz auf die Liege zurück. Sie versuchte wieder ihn anzusehen, versuchte ein Lächeln. Er streichelte wieder ihre Wange. „Kathryn, ... ich habe solche Angst um dich gehabt!“, sagte er kaum hörbar und seine Lippen berührten ihre Stirn. Sie lächelte schwach als Antwort ... und sie war so unglaublich glücklich!

'Verdammt', dachte Kathryn plötzlich, 'was ist nur los mit mir!' Sie rang um Fassung. Panik wallte in ihr auf. Hatte sie denn jetzt ganz den Verstand verloren?

Sie hoffte, Chakotay würde ihre Verwirrung nicht spüren. Chakotay musterte Kathryn. Ihr leises, glückliches Lächeln und die freudige Rötung ihres noch so blassen Gesichtes waren ihm keineswegs entgangen.


Nach langer Zeit ging Chakotay endlich wieder froh zum Dienst auf die Brücke. Zwar saß Kathryn für die nächsten Wochen noch nicht wieder neben ihm, aber er konnte sie wieder jeden Tag sehen und oft auch mit ihr reden. Zunächst immer nur für kurze Besuchszeiten auf der Krankenstation. Er berichtete ihr täglich über die Geschehnisse auf ihrem Schiff. Manchmal schlief sie auch gerade, wenn er kam. Dann setzte er sich einfach an ihr Bett und sah sie an. Ab und zu lächelte sie im Schlaf, manchmal schien sie auch etwas sehr zu bewegen. Dann murmelte sie im Traum und ihr Gesicht sah sehr ernst, ja traurig aus.

Manchmal schluchzte sie sogar leise. Auch seinen Namen hörte er immer wieder. Diese Träume machten ihm große Sorgen. Erinnerten sie ihn doch an die Zeit, als er Kathryn bewusstlos aufgefunden hatte.


Nach einigen Tagen aber durfte sie in ihr Quartier zurückkehren und konnte er ihr endlich von allem in Ruhe und allein erzählen, was geschehen war, seit sie wegen des Implantates bewusstlos geworden und nicht wieder aufgewacht war. Chakotay erlebte beim Erzählen alles noch einmal von vorn und Kathryn sah bewegt, wie Tränen in seinen Augen glitzerten. Es fiel ihr verdammt schwer, ihn nicht zum Trost in die Arme zu nehmen! ... oder sich an seine Brust zu lehnen. Ihr fiel alles wieder ein. Ihr Alptraum von Chakotays Tod, ihre Erinnerungen an die Zeit auf New Earth, die sie lange Zeit so sehr sorgfältig verdrängt hatte, die nun aber auf der Krankenstation überdeutlich vor ihren Augen aufgestiegen waren. Kathryn war so tief in ihre Gedanken versunken, dass sie die Tränen gar nicht spürte, die über ihre Wangen liefen und sie ihre Schultern hängen ließ. Wie ein Häuflein Unglück saß sie da.

Chakotay, der sie aufmerksam und wegen der vergangenen Vorfälle nicht ohne Sorge beobachtet hatte, fragte erschrocken: „Kathryn, was ist mit Ihnen? Habe ich etwas Falsches gesagt? Oder geht es Ihnen nicht gut?“

Janeway fuhr aus ihren Gedanken auf, wischte sich hektisch über das Gesicht. Wie konnte sie sich nur so gehen lassen in Chakotays Gegenwart? „Nein, es ist gar nichts. Ich glaube, ich bin einfach müde und erschöpft. Aber Ihr Bericht über die Arbeit der Crew hat mich sehr bewegt. Danken Sie der Crew bitte nochmal in meinem Namen. Am besten, Sie gehen jetzt. Ich möchte zu Bett gehen.“ Damit wollte sie sich von ihrer Couch erheben.

Chakotay entging Kathryns jähes Ausweichmanöver nicht. Sie war sonst immer direkt, sagte, was sie dachte, ohne zu große Rücksicht auf die Gefühle des Gegenübers zu nehmen. Kathryn bemerkte Chakotays durchdringenden Blick. Ihre Augen trafen sich. „Kathryn ... sagen Sie mir ... bitte ... die Wahrheit ... was hatten Sie für eine Begegnung mit den Chalax? Warum mussten Sie wieder versuchen, alles allein durchzustehen?“ Chakotay legte sanft seine Hand auf Ihre Schulter. Er hätte sie gern nach diesem Traum damals gefragt, der ihr so viel Schmerzen bereitet hatte, entschied sich aber instinktiv dagegen. Seine Berührung schien glühende Wellen durch ihren Körper zu senden.

Kathryn konnte nicht mehr seinem Blick standhalten. Ihre Augen wanderten hektisch zu ihren Füßen und wieder zurück. Schnell stand sie auf, entwand sich seiner Hand, die noch immer ruhig auf ihrer Schulter lag, atmete tief durch und erzählte ihm alles über die Abmachung mit den Chalax. Dann fielen ihr erneut ihre Träume ein, Sie schienen sie regelrecht zu verfolgen! Eine leichte Röte überflog ihr Gesicht. „Ich glaube, jetzt sollten Sie wirklich gehen. Mir geht es gut. Ich bin müde.“

„Eigentlich wollte ich Sie für übermorgen zum Essen einladen, Kathryn. Ich habe etwas dienstfrei. Lieutenant Paris wird in der Zeit die Alpha-Schicht haben“, sagte er mit einem Lächeln.

'Wie konnte ich das nur vergessen, Chakotay hatte es mir doch gestern berichtet. Ich muss mich wieder besser auf meine Pflichten konzentrieren!', dachte sie verärgert über ihre Schwäche.

„... doch wieder einmal zusammen Dinner haben“, hörte sie Chakotay weiter sprechen. „Treffen wir uns übermorgen um 20 Uhr auf Holodeck 2? Dann können Sie sich die nächsten Tage darauf einrichten und sich noch etwas erholen bis dahin.“

„Auf dem Holodeck ... essen?“, entgegnete Kathryn erstaunt, „Chakotay ... was ... warum ...?“

„Lassen Sie sich doch einfach mal überraschen, Kathryn! Versuchen Sie nicht immer, alles unter Kontrolle zu haben. Wissen Sie noch ... wie neugierig Sie damals waren, als ich Ihnen die Badewanne gebaut habe? Aber ich habe Sie zappeln lassen! Und ich verrate jetzt auch nichts vorher!“

Kathryn spürte, wie die schmerzlichen Erinnerungen Tränen in ihr aufsteigen ließen und wandte sich schnell zum Fenster. „Also, Commander, 20 Uhr Holodeck 2“, sagte sie betont sachlich während er auf ihre Antwort wartete und bemühte sich, ein Zittern ihrer Stimme zu unterdrücken ...


Als Chakotay gegangen war, ließ sie sich wie benommen auf ihre Couch sinken. Ganz weich waren ihr die Knie geworden! Das durfte einfach nicht sein. Sie musste sich mehr ihrem mentalen Training widmen, um ihr seelisches Gleichgewicht wieder zu erlangen. Aber ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Chakotay zurück. Seine Augen ... sein Lächeln und seine rührende Fürsorge ... Wie in Trance begann sie sich auszuziehen und zu duschen. Dabei überlegte sie, was sie übermorgen wohl anziehen sollte und schaute in ihren Schrank. Schade, dass sie nicht wusste, was sie auf dem Holodeck erwartete. Ihre Augen fielen auf das blaue Kleid, dass Chakotay so an ihr mochte. Es hätte das Blau ihrer Augen, hatte er damals zu ihr gesagt. Sie wusste zu gut, dass sie diesen Gedanken keinen Raum geben durfte. Es war wohl am besten, wenn sie in Uniform zu ihrem Dinner kam ... oder vielleicht nur im grauen Rolli, das war nicht ganz so förmlich.


Unterdessen saß Chakotay seinem Quartier. Er zergrübelte sich den Kopf, was Kathryn wohl in ihrem Innern bewegte. Etwas, dass ihr offensichtlich sehr zu Herzen ging. Etwas, was Sie sehr beschäftigte und ganz offensichtlich immer wieder vom Tagesgeschehen ablenkte. Hatte es mit ihm zu tun? Oder war es noch eine Folge des Implantates? Ihr Gemurmel und ihr flehendes Bitten ... und vor allem ihr Geständnis während ihrer Bewusstlosigkeit konnte er nicht vergessen.

Dann musste er wieder daran denken, als er die schlafende Kathryn auf der Krankenstation beobachtet hatte. Er konnte sich nicht satt sehen an ihr. Schon auf New Earth hatte er sie gern im Schlaf beobachtet. Heimlich hatte er nachts, wenn er nicht schlafen konnte, am Eingang zu ihrer Schlafnische gestanden. Wenn die Monde von New Earth durch das Fenster hereinschienen, wirkte sie mit der silbrig schimmernden Haut wie eine Elfe. Besonders, wenn sie im Schlaf lächelte und rote Wangen bekam ... oh ja er liebte sie immer noch so sehr. Seine Kathryn. Schließlich konnte er auch nicht widerstehen, ihr Haar vorsichtig zu küssen und ihre Wange zu streicheln, was ihr kleine, verträumte Seufzer entlockte. Er fühlte ihre Wärme. Am liebsten ... aber daran war nicht im Geringsten zu denken! Nicht mehr, seit sie zurück an Bord waren. Wie wäre es wohl auf New Earth geworden? Jetzt hatte Kathryn sich wieder in etwas wie eine uneinnehmbare, wehrhafte Festung verwandelt. Sie hielt ihn bewusst auf Distanz.

Chakotay raffte sich auf, als sein Blick auf den Chronometer fiel. Er nahm sein Medizinbündel zur Hand, legte es dann aber wieder beiseite. Er hatte alles getan, wozu der Schwarze Jaguar ihn aufgefordert hatte.
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