TrekNation

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In guten wie in schlechten Zeiten

von MariaMagdalena

Kapitel 1

Phlox verließ das Restaurant und trat in die spärlich beleuchtete Gasse von San Franciscos Altstadt. Er seufzte. Das Essen war herrlich gewesen, doch er hatte Gesellschaft vermisst. An Bord der Enterprise hatte er mit Hoshi verabredet, dieses fabelhafte Lokal so bald wie möglich zusammen aufzusuchen. Aber dann war alles anders gekommen.

In Gedanken versunken schlenderte der Arzt die Gasse entlang. Die beiden dunklen Gestalten, die ihm entgegenkamen, beachtete er nicht. In der Sekunde, als er zu Boden ging, verfluchte er sich dafür. Dann verlor er das Bewusstsein.

~*~

Hoshi saß auf ihrem Platz an der Kommunikationskonsole. Eine knappe Woche war sie nun auf ihrem neuen Posten an Bord der Columbia. Die Crew war mittlerweile vollzählig auf dem Schiff eingetroffen, doch sie befanden sich immer noch im Trockendock in der Umlaufbahn der Erde. Ihre neue Mission hatte noch nicht richtig begonnen. Trotzdem kämpfte sie bereits stark mit dem Heimweh. Alles hier schien so seltsam vertraut und war doch so fremd. Der Aufbau des Schwesternschiffs glich dem der Enterprise fast bis ins letzte Detail. Manchmal hatte sie das Gefühl, sie sei die einzige Überlebende, nachdem eine fremde Crew das Schiff geentert und übernommen hatte.

Natürlich war da noch Trip, der mit ihr zusammen versetzt worden war. Oder besser gesagt: der mit ihr zusammen auf die Columbia gekommen war, denn im Gegensatz zu Hoshi war Trip freiwillig gegangen. Er allerdings verkroch sich weitgehend im Maschinenraum und hatte sich binnen weniger Tage den Ruf eines reizbaren, übellaunigen und ungerechten Chefingenieurs zugezogen. Die Columbia war nicht das Schiff, das sie kannte, und Trip war nicht mehr der Mann, den sie kannte, aller äußerlichen Ähnlichkeit zum Trotz.

„Ensign Archer, bitte stellen Sie eine Verbindung zum Sternenflotten-Hauptquartier her! In meinen Bereitschaftsraum“, befahl Captain Erika Hernandez.

Hoshi nickte und kam dem Befehl nach. Captain Hernandez war eine fähige Vorgesetzte, mahnte sich Hoshi immer wieder. Sie glaubte eine gewisse Kühle ihr gegenüber wahrzunehmen. Die Arbeit mit ihr und den anderen Kollegen auf der Brücke war jedoch durchaus in Ordnung. Aber es kam Hoshi so falsch vor, dass die fremde Frau im Sessel des Captains saß und Befehle erteilte. Das war Jons Platz.

Jon.

Sie versuchte, nicht an ihn zu denken. Die Umstände machten ihr das schwer, denn die meisten ihrer neuen Kollegen redeten sie mit ihrem Nachnamen an. Seinem Nachnamen. Einerseits hatte sie sich langsam daran gewöhnt, Hoshi Archer zu heißen. Andererseits klang es immer noch falsch, so hochstaplerisch, was es letzten Endes ja auch war. Die Ehe mit Jon war eine Farce. Sie war durchaus bereit gewesen, sie ernst zu nehmen, hatte sich in den wenigen Tagen, die sie zusammen als Ehepaar verbracht hatten, ernsthaft in den älteren Mann verliebt. Aber von ihm war nicht das zurückgekommen, was sie sich gewünscht hätte. Seinem Verhalten nach zu urteilen, empfand er tatsächlich auch etwas für sie – möglicherweise – doch er war nicht bereit gewesen, ihrer Beziehung eine Chance zu geben. Und so blieb ihre Ehe das, was sie von Anfang an hatte sein sollen: ein weitgehend bedeutungsloses Schriftstück.

~*~

Malcolm fühlte sich nicht gut. Er hasste es, den Captain zu betrügen. Und nichts anderes tat er. Aber er hatte keine Wahl. Die unsichtbaren Stränge der Hierarchien waren klar in dieser Hinsicht. Er tat es nicht gerne, aber er würde tun, was er tun musste.

In dunkler Stimmung brütete der Brite vor sich hin. Die Sache mit Harris war nicht das einzige, was ihn belastete. Es ärgerte ihn, dass ihn das überhaupt kümmerte, aber verdrängen konnte er es auch nicht.

Die Enterprise war so leer geworden, seitdem Trip, Hoshi und jetzt auch noch Phlox fehlten. Malcolm hatte sich nie für einen besonders geselligen Menschen gehalten, und er war sich bewusst, dass die allermeisten seiner Zeitgenossen ihm in diesem Punkt Recht geben würden. Seine Freizeit verbrachte er zumeist mit waffentechnischen Experimenten, die denen während seiner Schicht glichen. Zog er tatsächlich auch einmal im übertragenen Sinne seine Uniform aus, las er gern altmodische Bücher. Ein wirklich geselliges Hobby hatte er nicht, und auch die organisierten Möglichkeiten zum sozialen Umgang, wie Kinoabende und Kartenspielrunden, nutzte er selten.

Trotzdem hätte er die drei fehlenden Offiziere ohne zu zögern als gute Freunde bezeichnet. Sie hatten einander in den vergangenen Jahren mehrmals das Leben gerettet und auf gemeinsamen Missionen viel Zeit miteinander verbracht. Malcolm kannte nicht viele Menschen wirklich gut, aber wenn es tatsächlich ein paar wenige gab, von denen er das behaupten konnte, dann gehörten der Denobulaner, die zierliche Asiatin und der stattliche Südstaatler dazu. Er konnte nicht umhin, sich einzugestehen, dass er die drei vermisste. Die drei, betonte er innerlich, um sich selbst daran zu erinnern.

~*~

In der Messehalle traf Hoshi auf Trip. Ihr war bewusst, dass er ihr absichtlich aus dem Weg ging. Trotzdem setzte sie sich zu ihm, wohlweißlich ohne ihn vorher um Erlaubnis zu bitten. Sie waren doch einmal gute Freunde gewesen, bevor diese ganzen Verwicklungen angefangen hatten. Hoshi war nicht bereit, weiterhin so zu tun, als würden sie sich überhaupt nicht kennen.

„Schon eingelebt?“, begann sie ohne große Vorrede betont munter.

„Geht so“, antwortete Trip einsilbig ohne aufzusehen.

„Es ist so verwirrend, dass alles der Enterprise so ähnlich sieht, nicht? Ich rechne immer jeden Moment damit, dass Phlox oder Travis zur Tür hereinkommen.“

Er schaufelte schweigend Rührei und Bohnen in sich hinein. Sie würde sich nie an die nicht vorhandenen Tischmanieren der Amerikaner gewöhnen können.

„Sorgen Sie sich gar nicht um den Doktor?“, fragte sie nach einer Weile. Natürlich hatte sich die Nachricht von seiner Entführung auch auf der Columbia verbreitet.

„Doch. Sicher“, lautete die Antwort.

„Und die anderen? Vermissen Sie die nicht?“

Trip verzog missmutig das Gesicht. „Ich bin gegangen, weil ich andere Gesichter sehen wollte.“

„Und jetzt nehmen Sie es mir übel, dass ich Sie mit meinem bekannten Gesicht belästige?“, fragte sie ungläubig amüsiert.

Er seufzte. „Sie können ja nichts dafür.“

Hoshi fragte sich, welchen Subtext dieser Satz hatte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass er weit mehr bedeutete, als offensichtlich war. Kurz überlegte sie, ob sie ihm die näheren Umstände ihrer Versetzung erläutern sollte. Dass es Jons Befehl gewesen war, und wie sehr er sie damit verletzt hatte. Dann aber erinnerte sie sich an Trips geradezu unhöfliches Verhalten während der letzten Wochen und entschied sich dagegen. Sie war ihm keinerlei Erklärungen schuldig, und irgendwie bezweifelte sie, dass er ihr viel Trost spenden würde. Stattdessen schwieg sie.

Irgendwann fragte er: „Stimmt es eigentlich, dass diese Hochzeit Ihre Idee war?“

Bitter lachte Hoshi auf. Trip hatte sich zum entsprechenden Zeitpunkt nicht an Bord der Enterprise befunden, sonst hätte er aus erster Hand gewusst, wie lächerlich der Entscheidungsprozess in jener Nacht verlaufen war. „Travis hat die Regellücke entdeckt, und ich war es, die vorgeschlagen hat, sie zu nutzen. Zu dem Zeitpunkt hätte ich mir allerdings nicht erträumen lassen, selbst die glückliche Braut spielen zu dürfen! Es wundert mich ein bisschen, dass Sie darüber nicht informiert sind. Ich hätte gedacht, der Captain hätte Ihnen hinterher ausführlich davon berichtet.“

Trip verzog das Gesicht zu einer undeutbaren Grimasse. „Wir sind nicht so besonders gut miteinander klar gekommen in der letzten Zeit“, murmelte er.

Hoshi erinnerte sich daran, wie Jon von Trips ‚heftiger Reaktion’ auf die Nachricht ihrer Heirat berichtet hatte. Schon damals hatte sie über den Sinn dahinter gegrübelt. Langsam begann sie die Sache wirklich zu interessieren.

„Wie kam es denn dann, dass Sie Mrs. Archer wurden?“, fragte Trip nach einer kurzen Pause leicht widerwillig.

„Ich war nur die zweite Wahl“, erklärte Hoshi und konnte ein kleines erinnerungsträchtiges Grinsen nicht verhindern. „Jon schien anfangs selbstverständlich davon auszugehen, wenn, dann T’Pol zu heiraten.“

Ein Schatten glitt bei diesem Satz über Trips Gesicht. Hoshi konnte nicht recht beurteilen, ob das an der Nennung von Jons Vornamen oder an der Erwähnung T’Pols liegen mochte.

Sie fuhr fort: „Dr. Phlox wandte jedoch ein, dass es in der Regellücke um Nachwuchs gehe, eine Vulkanierin von den Andorianern also kaum akzeptiert werden würde. Und die nächste menschliche Frau in Reichweite war dann halt ich.“

Bis hierher war die Geschichte eigentlich noch lustig gewesen. Bis zur Trauung genau genommen, die sie in schöner Erinnerung hatte. Sie waren nicht einmal ansatzweise ein Liebespaar gewesen, doch standen an diesem und den folgenden Tagen Möglichkeiten im Raum, die eine angenehm kribbelnde Atmosphäre entstehen ließen. Der Beginn ihrer Ehe war ungewöhnlich, aber gar nicht mal schlecht gewesen, urteilte Hoshi.

Das berichtete sie Trip jedoch nicht. Der Chefingenieur war in Gedanken versunken und schien nicht in Stimmung für Erörterungen von fehlgeschlagenen Kleinmädchenträumen.

„Hat Jon Ihnen befohlen, der Heirat zuzustimmen?“, fragte er einen Moment später.

Überrascht sah Hoshi auf. „Wie kommen Sie denn darauf?“, fragte sie ehrlich verwundert. „Sie kennen den Captain besser als ich! So etwas würde er nicht tun. Im Gegenteil, Phlox, T’Pol und Travis mussten eine ganze Weile auf ihn einreden und ich musste ihm mehrmals versichern, dass es für mich okay sei, bevor er der Sache überhaupt zugestimmt hat.“

Trip nickte schließlich und erhob sich. Mit einem kurzen Abschiedsgruß verließ er die Messe.

Leicht irritiert sah Hoshi ihm nach. Was war da gelaufen zwischen den beiden? Wie konnte Trip glauben, dass Jon Hoshi diese Ehe aufgezwungen hatte? Und wo zum Teufel war der Trip geblieben, den sie kannte?

~*~

T’Pol trat zu Jon in den Bereitschaftsraum. „Sie sehen müde aus“, stellte sie fest.

Jon antwortete nicht, strich sich nur mit beiden Händen übers Gesicht und seufzte.

Die Vulkanierin betrachtete ihn und schwieg ebenfalls. Wie meistens blieb vieles zwischen ihnen ungesagt. Dann aber gab sie sich einen Ruck und berührte ihren Captain am Arm.

„Wir werden Dr. Phlox finden und unbeschadet auf die Enterprise zurückbringen“, sagte sie. Wenigstens Phlox, sagten ihre Augen.

Jon lächelte traurig. „Sie vermissen ihn auch, oder?“

T’Pol nickte. „Ich betrachte Dr. Phlox als einen Freund. Und es ist nicht leicht, sich gleich an eine ganze Reihe neuer Führungsoffiziere gewöhnen zu müssen.“

„Trip ist freiwillig gegangen“, erinnerte Jon sie. „Und für Hoshi gab es keine andere Lösung. Oder sind Sie mit meiner Handhabung der Situation nicht zufrieden?“ Ein fast bittender Ausdruck schlich sich in seine Augen.

T’Pol sah zu Boden. „Es war eine logische Entscheidung“, sagte sie. Dann verließ sie den Raum.

~*~

Hoshi lag wach in ihrem Bett und starrte gequält an die Decke. Es musste doch einen Weg geben, wie sie bei der Suche nach Dr. Phlox helfen könnte! Einmal mehr verfluchte sie den Mann, der auf dem Papier ihr Ehegatte war. Auf der Enterprise wäre sie jetzt viel nützlicher gewesen! Sie wollte so gern ihr Möglichstes dazu beitragen, dass ihr Freund gesund und vor allem lebendig gerettet werden konnte. Die Columbia aber war für eine völlig andere Forschungsmission vorgesehen. Hier würde sie Verbindungen zu unbedeutenden Zweit- und Drittkontakten herstellen und dem Universalübersetzer das 26. Update ermöglichen, statt wirklich sinnvolle Arbeit zu leisten. Wenn Erika Hernandez nicht so kollegial gewesen wäre, sie und Trip trotz höherer Geheimhaltungsstufe in dieser Sache auf dem Laufenden zu halten, wüsste sie ja noch nicht einmal, wie es um ihren verschwundenen Freund stand.

~*~

Wenige Wände weiter ließ sich Trip auf sein Bett fallen. Wieder einmal hatte er buchstäblich bis zum Umfallen gearbeitet. Doch auch heute ging seine Rechnung nicht auf. Er war zwar hundemüde, doch trotzdem fand er keinen Schlaf. Die Gedanken rannten durch seinen Kopf, spielten Fangen, und einer war düsterer als der andere.

Er war unglücklich. Rabenschwarz unglücklich. Dabei sollte sich doch auf der Columbia alles zum Besseren wenden. Er war raus aus dem alten Trott, weg von den immer gleichen Gesichtern. Die Arbeit sollte eine Herausforderung sein. Er hatte sich darauf gefreut, den Warp-Antrieb des Enterprise-Schwesternschiffs zu kalibrieren und deutlich schneller als seinerzeit auf der Enterprise in die optimalen Parameter zu bringen.

Aber der Antrieb der Columbia war nicht der wahre Grund gewesen, warum er die Enterprise verlassen hatte. Er war lediglich die Ausrede. Er wusste das, und er war sich sicher, dass auch Jon das wusste. Vermutlich auch Hoshi. Vielleicht sogar alle. Nun, solange sie nicht wussten, was der wahre Grund war…

Das Abendessen hatte er mit Captain Hernandez einnehmen müssen. Erika. Keine Chance, sich zu drücken.

Nicht, dass seine Vorgesetzte ein unangenehmer Mensch gewesen wäre. Doch seit sie sich kennen gelernt hatten, war ihr Blick ein paar Mal zu oft auf diese begehrliche Weise über seinen Körper gewandert. Als ihre Hand heute beim Nachtisch wie zufällig auf seinem Arm gelandet war, hatte er sehr deutliche Worte gefunden, um ihr zu erklären, dass ihre Finger ihm nicht würden folgen dürfen.

Obwohl Erika keine Miene verzogen hatte, schien die Luft im Raum daraufhin mehrere Grad kälter.

Vielleicht war sein Verhalten auch dumm. Erika war eine hübsche Frau, fand Trip, obwohl sie etliche Jahre älter sein mochte als er. Doch er hatte nicht die geringste Absicht, die abgelegte Geliebte seines Captains zu übernehmen.

Halt. Erika war sein Captain. Der, der einmal sein Captain gewesen war, befand sich etliche tausend Lichtjahre entfernt und suchte mit all seiner Energie nach Dr. Phlox, während Trip immer noch nutzlos im Trockendock weilte. Er schloss die Augen und schlug seinen Kopf gegen die Wand.

~*~

Eine gute Woche eher als geplant flog die Columbia ins All. Captain Hernandez hatte sie am Morgen zu großer Eile angetrieben und den Start übers Knie gebrochen. „Unsere große Schwester braucht schnellstmöglich unsere Hilfe“, hatte sie erklärt. Hoshi war ganz schwummerig geworden bei diesen Worten, doch dann war lediglich von Antriebsproblemen auf der Enterprise die Rede gewesen. Kurz darauf hatte der Captain sie und Trip über die genaue Situation gebrieft.

„Mir zittern immer noch die Knie“, flüsterte Hoshi ihrem Kollegen zu, als sie neben ihm Hernandez’ Bereitschaftsraum verließ.

„Die Enterprise hat Schlimmeres überstanden“, sagte Trip in beruhigendem Tonfall.

„Ich weiß. Aber dann war ich da, konnte meistens etwas tun und musste nicht untätig auf einem anderen Schiff herumsitzen.“

Es war tatsächlich ein halbes Lächeln, das er ihr schenkte. „Sehen wir uns heute Mittag in der Messe?“, fragte er.

~*~

Unterdessen sah Malcolm sich mit unangenehmen Konsequenzen seiner Jugendsünden konfrontiert. Es war reine Abenteuerlust gewesen, aus der er sich der Sektion 31 angeschlossen hatte. In der sicheren Umgebung der Akademie hatte er das für eine gute Idee gehalten. Wäre ihm doch damals nur schon klar gewesen, in welche Lage ihn diese Entscheidung bringen konnte!

Er stand an seiner Konsole und versuchte zu überhören, wie Archer T’Pol die Rekonstruktion der Blackbox-Daten übertrug. Sie würden nicht weit damit kommen. Er hatte sie professionell gelöscht.

Es tat ihm in der Seele weh, seinen Captain derart zu hintergehen. Alles in ihm schrie danach, sich ihm anzuvertrauen. Aber die Hierarchie in dieser Hinsicht war klar. Seine Vorgesetzten mussten wissen, was sie taten. Es war nicht seine Aufgabe, ihre Befehle zu hinterfragen. Befehl stand ganz klar über Sympathie. Als er sich diesen Satz ein paar Mal innerlich aufgesagt hatte, fühlte er sich besser.

Dann fiel ihm auf, dass er damit zugab, Captain Archer zu mögen.

Nun, das stimmte. Er schätzte seinen Vorgesetzten durchaus. Anfangs hatte er lange mit dessen Führungsstil gehadert, doch inzwischen hatte er sich an das Primus-inter-pares-System gewöhnt. Es hatte durchaus seine Vorteile – nicht für ihn persönlich, nein, oft für die ganze Crew – wenn fähige Männer wie er selbst ihrem Erfahrungsgebiet entsprechend Kritik vorbringen durften, die angemessen gewürdigt wurde.

Malcolm dachte an die Begebenheit in der Delphischen Ausdehnung, als Archer durch die Bruthormone der insektoiden Xindi außerstande gesetzt war, rationale Entscheidungen zu treffen. Da hatte er, Malcolm, direkte Befehle seines Captains missachtet, offene Meuterei begangen, der Sache wegen, für die Mission, für die Errettung der Erde.

Aber, wenn er ehrlich war, auch damals war er nicht der Held des Weitblicks gewesen. Seine Befehle hatte er von T’Pol erhalten, und er war wieder einmal nur Mitläufer gewesen. Er hatte sich bewusst dafür entschieden, Befehle seines Vorgesetzten zu missachten, ja, aber…

Nein. Diesmal war es etwas anderes. Diesmal hatte er keinerlei Einblick in das große Ganze; er wusste nicht, was auf dem Spiel stand, welche Gründe seine mysteriösen Vorgesetzten hatten, deren Rechte auf Loyalität älter waren als die seines Captains. Er musste darauf vertrauen, dass ihre Entscheidungen richtig waren. Er war ein Reed, und die Reeds waren gute Soldaten. Die Reeds hielten sich an die Regeln.

Auch wenn es sich sehr falsch anfühlte.

~*~

Es fühlte sich gut an, wieder durchs All zu fliegen. Mit einem Lächeln dachte Hoshi an die ersten Tage auf der Enterprise, als die Weite des Weltraums und die Enge des Schiffs sie schier in den Wahnsinn getrieben hatten vor Angst. Nun spendete das sanfte Vibrieren unter ihren Füßen ihr eine Art von Geborgenheit, die sie mit dem Gefühl von Heimat verband. Dies war eher weniger angebracht, entschied sie, waren sie doch auf der Columbia und nicht auf dem Schiff, das vier Jahre lang ihr Zuhause gewesen war. Dennoch war es eine gute Sache, das Beben zu spüren, das Dröhnen zu hören, beides so leise, dass sie es gewöhnlich erst bemerkte, wenn es fehlte.

Das Lächeln war immer noch auf ihrem Gesicht, als sie sich zu Commander Tucker an den Tisch setzte.

„Sie sehen aus, als würde es Ihnen auf der Columbia gefallen“, grummelte er, nicht ganz so feindselig wie in den vergangenen Tagen.

„Wenn es Ihnen hier offensichtlich nicht gefällt, warum sind Sie dann hier?“, fragte sie, ohne eine Antwort zu erwarten.

„Das haben wir doch schon geklärt“, beschied er ihr. „Lassen Sie uns das Thema wechseln.“

Sie zuckte die Schultern. „Wie Sie wollen.“

Hoshi wartete darauf, dass er ein anderes Gespräch beginnen würde, doch der Ingenieur bearbeitete stumm sein Steak. Er legte dabei eine Verbissenheit an den Tag, die sie einschüchterte und ebenfalls schweigen ließ.

Sie begann sich zu fragen, warum er das Treffen zum Mittagessen vorgeschlagen hatte. Trip brütete in Gedanken versunken vor sich hin, schien schwärzeste Probleme zu wälzen und nahm von ihr nicht die geringste Notiz. Schließlich schluckte er mit großem Nachdruck den letzten Bissen seines Fleisches hinunter und sagte: „Es tut mir leid, dass ich Ihnen gegenüber so unhöflich war. Sie müssen mich für unausstehlich halten.“

„Der Gedanke kam mir durchaus das eine oder andere Mal“, antwortete Hoshi trocken.

Trip zog den Mundwinkel nach oben. „Freunde?“, fragte er.

„Äh, ja?“, brachte Hoshi zustande. Der plötzliche Stimmungswechsel brachte sie völlig durcheinander.

Trip erhob sich und bot ihr seinen Arm an. „Kommen Sie“, bat er. „Ich möchte Ihnen etwas zeigen.“

Immer noch eher verwundert als positiv überrascht ergriff Hoshi den dargebotenen Arm und folgte dem Chefingenieur aus der Messe. Auf dem Gang begegneten sie Captain Hernandez. Hoshi bemerkte, wie der Griff auf ihrem Arm für einen Augenblick fester wurde. Hernandez’ Gesicht blieb freundlich, doch ihre Augenbrauen zuckten für einen kurzen Moment in die Höhe. Hoshi hatte lange genug mit T’Pol gearbeitet, um den winzigen Hinweis der Missbilligung zu bemerken.

Kaum hatten sie Hernandez mit einem knappen Gruß passiert, begann Trip zu laufen. Verblüfft stolperte Hoshi hinterdrein.
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