TrekNation

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In guten wie in schlechten Zeiten

von MariaMagdalena

Kapitel 3

„Der Warpkern ist wieder stabil!“

Jon zog seinen ehemaligen Chefingenieur in die Arme und klopfte ihm mindestens sechs Mal auf die Schulter. Die Euphorie, dem beinahe schon sicher geglaubten Tod entronnen zu sein, war doch immer wieder ein erhebendes Erlebnis!

„Ich wusste, dass du es schaffst, Trip!“, jubelte er einmal mehr.

Er nahm beide Hände des Freundes in seine und hielt sie fest. Viel hätte nicht gefehlt, und Jon hätte Trip im Affekt einen dicken Kuss auf den Mund gedrückt. Er hatte ihn so vermisst!

„Komm zurück, Trip“, flüsterte er. „Wir brauchen dich hier!“

Trips Augen waren voller Sehnsucht, als ihre Blicke sich begegneten. „Aber ich kann nicht“, sagte er traurig.

Jon sah sich um. Sie standen im Maschinenraum, um sie herum jubelten und johlten Trips alte Kollegen. Es war kein Zeitpunkt für ernste Gespräche. Schon waren die ersten heran, um ihrem ehemaligen Chef ebenfalls auf die Schulter zu klopfen.

Jon fasste seinen Freund am Ellenbogen, um noch einmal kurz seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Ich muss zurück auf die Brücke“, sagte er. „Komm auf jeden Fall noch einmal in meinen Bereitschaftsraum, bevor du wieder gehst, ja?“

Der Südstaatler nickte und sah zu Boden.

Ein bitterer Beigeschmack trübte plötzlich Jons Euphorie. Wieso nur fühlte er sich schon wieder so schuldig, als habe er die Gefühle seines besten Freundes enttäuscht?

~*~

Hoshi empfing eine eingehende Transmission von der Enterprise. Das Schwesternschiff flog immer noch dicht neben der Columbia her, wenn sich der wahnwitzige Abstand von 50 Metern auch auf ein gesünderes Maß gedehnt hatte.

„Das Transporter-Terminal der Enterprise bittet um Erlaubnis, den Captain an Bord beamen zu dürfen“, berichtete sie gehorsam, ohne sich die Überlegung zu gestatten, was sie selbst von dieser Information hielt.

„Erlaubnis erteilt“, beschied ihr Captain Hernandez, und Hoshi leitete die Nachricht weiter.

Wenige Minuten später betrat Jon die Brücke. Sein Blick galt ausschließlich der Kommandeurin der Columbia. „Ich danke für die Schützenhilfe, Captain“, lautete sein gut gelaunter Kommentar.

„Gern geschehen“, erwiderte ihm Erika Hernandez lächelnd. „Ich bestehe allerdings auf die Rückgabe meines Chefingenieurs. Wo ist er?“

„So eilig hast du es damit?“, neckte Jon seine alte Kollegin gutmütig „Vielleicht ist mir der wahre Grund seines Versetzungswunsches doch entgangen...“

Die Augen des Captains funkelten warnend, und auch Hoshi fand, dass er mit dieser Bemerkung in der Öffentlichkeit der Brückenbesatzung zu weit gegangen war. „Was das angeht...“, sagte sie kühl, „würde ich mich gerne unter vier Augen noch einmal mit dir unterhalten. In meinen Bereitschaftraum?“

Gehorsam folgte Jon ihr in den angrenzenden Raum. Obwohl er dabei direkt an Hoshis Konsole vorbei ging, würdigte er seine Frau keines Blickes.

Tief atmete sie ein und schloss für einen Moment die Augen. Dann war es eben so! Wenn die Angelegenheit zwischen ihnen in Jons Augen mit ihrer Versetzung erledigt war, würde ihr nichts übrigbleiben, als sich daran zu gewöhnen, dass sie keinerlei besondere Rolle mehr in seinem Leben spielte.

~*~

„Aber was ist denn passiert?“, fragte Trip nicht zum ersten Mal verständnislos. „Du sabotierst doch nicht ernsthaft das Schiff!“

Malcolm beschied seinem Freund ein halbes schiefes Lächeln, das durch die runde Zellenwandstruktur noch unvollständiger wirkte. „Ich wünschte, ich könnte es dir erklären“, murmelte er.

„Malcolm, ich kenne dich doch!“, begehrte Trip erneut auf. „Du bist so ziemlich der loyalste Mensch, den es gibt! Ich würde dir ohne zu zögern mein Leben anvertrauen. Teufel auch, genau das habe ich vor nicht einmal zwei Stunden getan!“

„Und ich danke dir für dein Vertrauen“, antwortete der Brite leise. Er trat dicht an die Zellenwand heran und drückte beide Hände gegen die glasartige Membran. „Ich wünschte, es wäre rundum gerechtfertigt.“

Trip trat nun ebenfalls an die Trennwand, um der Hörweite des wachhabenden MACOs möglichst zu entgehen. Aus dessen Perspektive musste es beinahe so aussehen, als trete er in Malcolms Umarmung. „Wenn ich da gewesen wäre...“, flüsterte Trip und stockte. „Wärst du zu mir gekommen?“

„Ich weiß es nicht“, flüsterte Malcolm zurück, und es klang unglücklich.

„Wir sind doch Freunde“, raunte Trip.

Malcolm schluckte. „Aber du warst nicht da“, sagte er leise. Seine Stirn sank an die Scheibe. Trip seufzte und ließ seinen Kopf ebenfalls nach vorn fallen. So nah waren sie sich, aber es trennten sie Welten.

~*~

Wieder zurück auf der Enterprise ließ Jon sich in seinen Kommandosessel fallen. Die Euphorie war einer gewissen Erschöpfung gewichen. Dass er Hoshi auf der Columbia hatte ignorieren müssen, hatte ebenso dazu beigetragen wie Erikas Bericht darüber, wie gut seine Frau und sein bester Freund sich auf ihren neuen Posten eingelebt hatten.

„Falls du Commander Tucker aufgetragen hast, sich um Ensign Archer zu kümmern, dann kann ich dir berichten, dass er das sehr erfolgreich tut“, hatte Erika kühl und mit einer unterschwelligen Missbilligung in der Stimme gesagt, die Jon klar gemacht hatte, welcher Natur dieses Kümmern zu sein schien.

„Erika, du weißt ganz genau, dass diese Ehe nur auf dem Papier und nur für die Andorianer geschlossen wurde“, hatte er seine Kollegin und nicht zuletzt sich selbst erinnert. „Was Hoshi und Trip in ihrer Freizeit tun, geht nur die beiden etwas an.“

„Solange es ihre Arbeit nicht beeinflusst“, hatte Erika eingehakt.

„Ich nehme Trip jederzeit gerne wieder zurück“, hatte er geantwortet und gleichzeitig gedacht: „Das kann ich Hoshi nicht auch noch antun.“

„Vielleicht wäre das tatsächlich das Beste, wo du offensichtlich keine lange Zeit ohne ihn auskommst“, hatte Erika ihm zugestimmt.

Trip betrat die Brücke. „Ich bin bereit, auf die Columbia zurückzukehren“, erklärte er. „Aber du wolltest mich noch sprechen, Cap'n.“

Jon war so erleichtert, Trips gewöhnliche Anrede zu hören, dass er sich ein warmes Lächeln nicht verkneifen konnte. Was er von Erika gehört hatte, gefiel ihm nicht, aber sein Freund war ihm in dieser Beziehung keine Rechenschaft schuldig. Ihre Freundschaft ging tiefer als ein paar Frauengeschichten, erinnerte er sich.

Mit einer Kopfbewegung beorderte er Trip in seinen Bereitschaftsraum und folgte ihm.

„Ich habe das Einverständnis deines Captains, dich auf deinen alten Posten zurück zu bitten“, eröffnete er dem Ingenieur.

Trip seufzte. „Es ist kompliziert“, murmelte er.

„Du sagtest vorhin, du könntest nicht gehen“, bot Jon ihm als Einstiegsmöglichkeit in ein klärendes Gespräch.

„Hoshi ist sehr unglücklich da drüben“, eröffnete Trip ihm.

„Und du machst sie glücklich?“, fragte Jon aufbrausend. Mit so viel Direktheit hatte er nicht gerechnet.

„Da du es nicht tust“, antwortete Trip ruhig, „versuche ich es.“

„Es ist eine Scheinehe!“, donnerte Jon. „Ich bin ihr Captain, verdammt noch mal!“

„Nein, das bist du nicht“, widersprach Trip. „Unser Captain ist Erika Hernandez. Aber danke, dass du die Sache für mich klargestellt hast. Dann weiß ich, dass ich kein schlechtes Gewissen dir gegenüber zu haben brauche. Das wäre dann alles, Sir.“

Wütend riss Jon die Augen auf, konnte aber nicht umhin, seinem alten Freund die Unverschämtheiten durchgehen zu lassen. Dass er selbst mit sich diesbezüglich nicht im Reinen war, konnte er seinem Freund schlecht vorhalten. Und das war Trip doch trotz allem, sein Freund. Also beließ er es dabei, dem Commander ein „Wegtreten!“ hinterherzurufen.

Erbärmlich, schalt er sich noch im selben Moment im Stillen.

~*~

Ihre Türklingel surrte. Sie war nicht überrascht, als Trip ins Zimmer trat.

„Du warst nicht beim Essen“, bemerkte er.

„Ach, entschuldige“, reagierte Hoshi bestürzt. „Ich hatte ganz vergessen, dass wir verabredet waren!“

Er lächelte traurig. „Schon beim zweiten Date versetzt du mich. Ich weiß, dass ich unser erstes Mal gründlich vergeigt habe, aber ich hatte gehofft, meine Heldentat von heute Vormittag hätte dich ein wenig gnädig gestimmt.“

Sie lachte und umarmte ihn. „Da hast du wahrlich eine Glanzleistung vollbracht! Ich habe mitgefiebert und gejubelt, wie alle anderen auch, und ich bin wahnsinnig stolz auf dich!“

Probeweise drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange. Es fühlte sich okay an. Ermutigt schmiegte sie sich in seine Arme, die er bereitwillig um sie legte.

„Ein bisschen hatte ich die Befürchtung, Jon würde dich gleich dabehalten“, verriet sie ihm.

„Er hat es versucht“, gestand Trip. „Es... gab ein Gespräch, das nicht besonders gut lief. Ich glaube, er wird mir das Angebot kein zweites Mal machen.“

„Warum hast du wirklich um die Versetzung gebeten?“, fragte sie, während sie ihr Gesicht in seine Halsbeuge schmiegte.

Er seufzte. „Das ist eine lange Geschichte, die du nicht hören möchtest“, behauptete er. „Warum warst du nicht beim Abendessen?“, lenkte er ab.

Sie manövrierte ihn zu ihrem Bett und ließ sich gemeinsam mit ihm auf die Matratze sinken. In der Horizontalen schmiegte sie sich noch enger an ihn und genoss es, als er sie fest in seine Arme zog. Als seine Hände jedoch zu ihren Brüsten wanderten, drehte sie sich weg.

„Ich weiß nicht, ob ich in dieser Sache ehrlich zu dir sein kann“, begann sie. „Du bist mein Freund, Trip, und du verdienst Ehrlichkeit.“

Er rückte weit genug von ihr ab, um ihr ins Gesicht sehen zu können. „Ehrlichkeit ist manchmal eine komplizierte Angelegenheit“, bemerkte er ernst.

Sie lachte traurig. „Ja“, bestätigte sie.

Plötzlich hatte sie einen Kloß im Hals und konnte nicht weitersprechen. Stattdessen drehte sie ihr Gesicht an seine Brust, und als er ihr den Gefallen tat und sie wieder an sich zog, begann sie leise zu weinen. Er streichelte ihr die Haare aus der Stirn und küsste ihren Scheitel.

Lange lagen sie so da, ohne zu sprechen. Es tat Hoshi wahnsinnig gut, einfach von ihm gehalten zu werden.

Irgendwann flüsterte Trip: „Du liebst ihn, oder?“

Sie nickte, obwohl sie nicht sicher sein konnte, dass er die Geste in seinen Armen richtig deuten konnte – und dass sie sich überhaupt auf denselben Mann bezogen. Die Gewissheit überkam sie erst, als er leise hinzufügte: „Ich auch.“

~*~

„Captain Hernandez an Commander Tucker!“ Die Stimme aus dem Interkomm ließ ihn schlagartig auffahren. Das rote Blinken an der Kommunikationsvorrichtung in Hoshis Quartier zeigte ihm an, dass die Übertragung ein Rundruf an alle Empfänger war. Erikas ungeduldige Stimme ließ vermuten, dass sie es zuvor vergeblich in seinem Quartier versucht hatte.

Die Anzeige würde sie wissen lassen, von wo aus er den Ruf beantwortete. Trotzdem drückte er gehorsam den Sendeknopf. „Tucker hört.“

Das rote Leuchten wich einem grünen. Den Rest der Unterhaltung würden nur noch Sender und Empfänger direkt miteinander teilen.

„Wir haben einen Notfall im Maschinenraum. Bitte finden Sie sich so schnell wie möglich an Ihrem Arbeitsplatz ein!“

„Verstanden“, bestätigte Trip. Dann sah er auf die Uhr. Es war früher Morgen, gut zwei Stunden vor seinem Schichtbeginn.

Eilig richtete er seine Kleidung. Nach Schichtende war er gestern in eine bequeme Sporthose und ein T-Shirt geschlüpft. Obwohl er darin geschlafen hatte, die Arme um Hoshi geschlungen, sah er präsentabel genug aus, entschied er. Wenn es im Maschinenraum wirklich einen Notfall gab, würde er sich die Sache sofort ansehen und nicht erst in sein Quartier zurückkehren, um die Uniform anzulegen.

Er hatte sich nichts vorzuwerfen, erinnerte er sich. Okay, es war nicht gestattet, die Nacht in Quartieren anderer Mannschaftsmitglieder zu verbringen. Aber Hoshi und er hatten sich ja nicht einmal geküsst!

Das einzige, was er bereuen könnte, wäre vielleicht, dass er im Überschwang der Gefühle ein bisschen zu ehrlich zu ihr gewesen war.

~*~

Den ganzen Tag über fühlte Hoshi Captain Hernandez' Missbilligung auf sich ruhen. Sie hatte pünktlich ihren Dienst angetreten und in Windeseile die Transmissionen an den andorianischen Rat schicken können, um die sie das Sternenflottenkommando gebeten hatte. Sie wusste, warum der Captain dennoch sauer war. Der Rundruf an Trip hatte sie nicht ganz geweckt, aber bis er aus der Tür geschlüpft war, war sie wach genug gewesen, um sich den Rest zusammenzureimen.

„Ensign Archer, öffnen Sie einen Kanal zur Enterprise und stellen Sie das Gespräch in meinen Bereitschaftsraum“, verlangte der Captain nun.

Hoshi nickte. „Mit Captain Archer, Ma'am?“

„Jawohl.“ Erika Hernandez erhob sich, um sich eine Tür weiter zurückzuziehen.

Ob sie wohl petzt?, ging es Hoshi durch den Kopf. Ein alberner Gedanke.

Ergeben rief sie das Schwesternschiff. „Columbia an Enterprise!“

Ensign Green, ihre frühere Vertretung der Beta-Schicht, antwortete ihr. Sie wies ihre Kollegin an, den Captain um ein Gespräch mit der Columbia-Kommandeurin zu bitten. Obwohl es keine technische Notwendigkeit für sie gab, direkt mit dem Captain zu sprechen, erschien Jons Gesicht auf ihrem Konsolenbildschirm. Ensign Green hatte das Signal zu ihr geschickt, statt es als weiterzuleitendes Gespräch zu deklarieren.

„Hallo Hoshi“, grüßte Jon überrascht.

„Hi“, reagierte sie nicht minder überrumpelt. „Der Captain möchte dich in ihrem Bereitschaftsraum sprechen.“

Jon nickte. „Wie geht es dir?“, fragte er schnell.

Sie dachte an all die Implikationen. Selbst wenn Erika nicht direkt petzen sollte, würde Jon bestimmt früher oder später von ihrer Affäre mit Trip erfahren. Angetan wäre er bestimmt nicht, auch wenn er selbst keine Ansprüche an sie stellte. Es wäre vielmehr die Enttäuschung darüber, dass sie und Trip nicht ebenso verantwortungsbewusst wären wie er, der sich von allen persönlichen Gefühlen fernhielt. Sie seufzte.

„Es geht mir gut“, sagte sie dann. „Wie sind die Dinge auf der Enterprise?“

Auch Jon seufzte. „Ein bisschen einsam. Trip fehlt mir, Dr. Phlox vermissen wir alle schmerzlich, und ich komme nicht darüber hinweg, dass mich mein Waffenoffizier und guter Freund dermaßen hintergangen hat. Und... die fremden Gesichter an der Kommunikationskonsole ärgern mich auch.“ Er sah müde aus, zu müde vielleicht, um nicht die Wahrheit zu sagen. Ein kleines bisschen brach ihr das Herz.

„Es war nicht meine Entscheidung, zu gehen“, flüsterte sie. Dann stellte sie die Verbindung in den Bereitschaftsraum durch.

Fast im selben Augenblick sirrte das Signal eines eingehenden Gesprächs. Da der Captain beschäftigt war, rief sie es vorerst auf ihren eigenen Bildschirm.

„Ich danke für die prompten Übersetzungen, Ensign Archer“, begrüßte sie das blaue Profil von Commander Shran. „Es wundert mich nur, dass sie von der Columbia übermittelt wurden.“

Überrumpelt zog Hoshi die Augenbrauen in die Höhe. „Commander! Mich wundert, dass sie offenbar direkt bei Ihnen gelandet sind.“

Der Andorianer verzog das Gesicht zu einem ironischen Lächeln. „Ein Schiff zu verlieren, bedeutet auf unbestimmte Zeit einen Schreibtisch-Job“, erklärte er. „Immerhin habe ich so die Chance, an der Einigung zwischen unseren Völkern weiterhin aktiv mitzuarbeiten. Woran Sie jedoch arbeiten sollten, ist Nachwuchs. Wie können Sie das tun, wenn Sie jetzt auf der Columbia tätig sind?“

Böse funkelte Hoshi ihr Gegenüber an. Nicht, dass sie im Grunde nicht einer Meinung waren, aber wollte der blaue Eisklotz sich jetzt bis ans Ende aller Tage in die Gestaltung ihres Privatlebens einmischen?

„Wer sagt Ihnen, dass der Nachwuchs nicht schon längst unterwegs ist?“, fragte sie deshalb zurück.

Nun war es an Shran, die Augenbrauen hochzuziehen. „In dem Fall wäre natürlich eine Gratulation angebracht. Aber ich habe mich im Zuge meiner Arbeit unter anderem auch mit den Regularien der Sternenflotte befasst. Offenbar ist es nicht nur so, dass persönliche Beziehungen innerhalb der Mannschaft unerwünscht und sogar verboten sind, sondern für Frauen ist auf Weltraummissionen eine lückenlose Kontrazeptionsbehandlung vorgeschrieben. Ich frage mich, ob das Oberkommando daran gedacht hat, auch dafür eine Ausnahme für Sie zu machen.“

Verblüfft lachte Hoshi auf. Die regelmäßigen Injektionen, die sie und ihre Kolleginnen sich in dreimonatlichem Abstand auf der Krankenstation abholen mussten, waren so sehr zum Teil ihres Alltags geworden, dass sie gar nicht mehr darüber nachdachte.

„Das geht Sie überhaupt nichts an!“, hätte sie den Commander am liebsten angefahren. Sie war sich jedoch bewusst, dass der Andorianer das anders sah.

„Hoshi, ich möchte kein Spielverderber sein“, setzte Shran in vertraulichem Ton an. „Ich betrachte Jonathan Archer als meinen Freund, und nichts würde mich glücklicher machen, als ihn am Leben zu lassen. Aber ich habe Talas Rache versprochen, und ich werde mich an dieses Versprechen halten. So, wie Sie sich an Ihr Eheversprechen halten werden. Aus Liebe.“

Hoshi verkniff sich ein humorloses Auflachen. „Commander Shran, Sie erwarten da zu viel von mir. Ich bin nur ein Ensign. Ich werde in diesen Dingen nicht einmal gefragt. Wenn Sie eine Änderung erwirken wollen, müssen Sie bei Captain Archer vorsprechen, oder besser noch direkt beim Sternenflottenkommando. Aber ich bezweifele, dass man dort auf die Befindlichkeiten eines einzelnen Andorianers und seiner gekränkten Ehre Rücksicht nehmen wird, wenn es darum geht, wichtige Sternenflottenregeln zu beugen.“

Shrans Gesichtsausdruck wurde härter. „Selbst wenn Ihr Oberkommando lieber die Einigung aufs Spiel setzt, als eine einzelne Ausnahme zu machen, gäbe es für einen Mann und eine Frau von Ehre immer noch andere Möglichkeiten“, beschied er ihr. „Soweit ich weiß, sind Sie frei, jederzeit aus der Flotte auszuscheiden oder zumindest Aufgaben im Innendienst auf der Erde zu beantragen. Dort verbietet man Ihnen weder das Zusammenleben, noch die Fortpflanzung.“

Hoshi seufzte. Dieser Gedanke war absurd!

„Reden Sie mit Captain Archer, nicht mit mir. Sie können ihm ausrichten, wenn er sich ein Heimchen am Herd wünscht, bin ich sofort dabei“, schloss sie sarkastisch.

~*~

Jon hatte das Gefühl, heute nur Hiobsbotschaften entgegen zu nehmen und Herkulesaufgaben zu bewältigen. Nach Erikas eindringlichem Appell, ihren Chefingenieur zurückzunehmen, weil dessen Disziplin zu wünschen übrig ließe und er sich in Quartieren verheirateter Frauen herumtrieb, statt im Notfall erreichbar zu sein, wenn sie auch so taktvoll sein wolle, keine Namen zu nennen, das müsse Jon schon selbst mit den beiden ausmachen, hatte er Commander Kelby bekniet, einer Versetzung auf die Columbia zuzustimmen.

Schon morgen also würde er Trip zurückbekommen. Trotz der Streitigkeiten und trotz der Tatsache, dass sein Freund anscheinend mit der Frau schlief, mit der Jon verheiratet war und die er liebte – es half ja nichts, die Augen davor zu verschließen – trotz allem war Jon froh über die Aussicht, Trip wieder bei sich zu haben. Er wusste, dass es seinem Freund ganz und gar nicht gefallen würde, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Trip wollte auf der Columbia bleiben, bei Hoshi.

Jon hatte sich zusammengereimt, dass Trip schon lange in Hoshi verliebt gewesen sein musste, Jon deshalb seine Hochzeit übelgenommen und um die Versetzung gebeten hatte. Nachdem Jon auch Hoshi auf das Schwesternschiff abgeschoben hatte, hatte der Chefingenieur endlich nach seinen Gefühlen handeln können. Und nun nahm er ihm das Glück wieder weg.

Jon seufzte. Dabei hätte er den beiden ihr Glück so gegönnt. Sie waren so viel mutiger als er. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte an der Stelle seines Freundes sein können, das war Jon bewusst.

Dann hatte er endlich ein klärendes Gespräch mit Malcolm führen können. Der Brite hatte ihm den Kontakt zu Harris vermittelt, der als Geheimdienstleiter der Sektion 31 alte Verpflichtungen über ihn hielt. Es war nicht leicht gewesen, dem Mann Vernunft einzureden. Ein Schreibtischtäter auf der Erde konnte kaum das Verhalten klingonischer Machtpolitiker einschätzen!

Er würde Malcolm verzeihen können. Er hatte ja gesehen, wie sehr der Brite gelitten hatte unter seinem Loyalitätsproblem. Jon wollte kein Unmensch sein. Er mochte Malcolm. Und wenn er Trip verzeihen konnte, galt das für seinen unter Druck gesetzten Waffenoffizier ja wohl erst recht.

Nun blieb nur noch, Phlox zu befreien, bevor die klingonische Flotte die Kr'vat-Kolonie eliminierte – und das möglichst, ohne schon wieder einen interstellaren diplomatischen Zwischenfall auszulösen.

Nun, er war froh, dass diese Aktion erst morgen über die Bühne gehen konnte. Für einen Tag hatte er wahrlich genügend Auseinandersetzungen gehabt.

„Captain? Ich empfange den Ruf von Commander Shran“, informierte ihn Ensign Green.
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