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Außenseiter

von Oriane

Kapitel 2

Drei Tage war die Voyager nun an der Station angedockt und seitdem kamen und gingen die unterschiedlichsten Leute und verschiedenste Spezies. Sie besichtigten das Schiff, suchten neue Kontakte oder handelten mit der Crew. Die durfte sich auf der Station ebenso frei bewegen, es sei denn, ihr war Disziplinarmaßnahmen auferlegt worden. Marla hatte sich keine Illusionen im Bezug auf das Privileg gemacht, das Schiff verlassen zu dürfen. Alle anderen Einschränkungen hatte sie bisher ohne Kommentar hingenommen, doch dass man sie hier auf der Voyager einsperrte, störte sie sehr. Wie gerne hätte sie sich auf der Station umgesehen, allein um mal den grau in grau getönten Wänden des Schiffs zu entkommen und ein bisschen Weite zu erfahren. In sechs Jahren hatte sie nie bis zu einem echten Horizont sehen können, nicht einmal einem holografischen. Sie hatte nie etwas anderes gesehen, als das zerstörte Innere eines Föderationsschiffs. Es sollte ein atemberaubendes Atrium auf der Station geben und sie beneidete jeden, der das Schiff verlassen durfte. Zuerst hatte sie sich gefreut, wieder auf der Voyager zu sein und war sogar erleichtert gewesen, endlich wieder weniger Verantwortung für Leben oder Tod der Besatzung oder der Wesen zu tragen. In den ersten beiden Tagen hatte sie sich in ihrem Quartier versteckt und wäre am liebsten nie wieder hinaus gegangen. Sie hatte keinen Menschen mehr sehen wollen, aber letztendlich hatte ihre Sehnsucht nach Gesellschaft gesiegt. Sie war keine Person, die gerne auf sich allein gestellt war, ganz im Gegenteil, sie hatte es genossen, immer Kollegen und Freunde um sich zu haben, zumindest damals im Alpha-Quadranten. Nun blieb ihr angenehme Gesellschaft der Voyager-Crew sowieso verwehrt. Es war eine kleine Erleichterung, dass sich so viele Leute von der Station für das Schiff interessierten, so begegneten ihr im Gang wieder vermehrt neutrale und freundliche Gesichter. Wie gern würde sie diesen Zustand beibehalten, aber in einigen Tagen würden sie ihre Reise fortsetzen.

Seufzend widmete sie sich wieder ihrer heutigen Aufgabe. Zusammen mit Angelo Tassoni hatte Torres sie dazu eingeteilt, die Plasmainjektoren zu reinigen, nun, da das Schiff eine Weile still stand. Es war eine anstrengende und schmutzige Arbeit, denn das Abfallprodukt der Injektoren bestand zum Teil aus sehr feinem, schwarzen Staub, der sich auf ihre Haut und die Uniform legte und in jede Ritze oder Pore eindrang. Bereits nach einer halben Stunde sahen die beiden Crewmen aus, als wären sie durch einen Schornstein geklettert.

Stöhnend versuchte Marla ihren schmerzenden Rücken zu entlasten, während sie durch eine Jeffriesröhre zum nächsten Injektor kroch. Die enge der Röhren half nicht gerade dabei, sich zu entspannen, denn auf der Equinox hatten sie gleich hinter den Turboliften auf der Liste der gefährlichsten Orte im Schiff gestanden. Mehrmals hatten die Wesen sie in den engen Gängen überrascht und sie war nur mit Mühe entkommen.
Angelo war ihr dicht auf den Fersen. Er hatte ähnliche Probleme wie seine Kollegin, ließ sich jedoch nicht anmerken, dass seine Wirbelsäule flehentlich darum bat, dass er aufrecht stand. Obwohl es eine dreckige, anstrengende Arbeit war, freute sich Marla, dass sie etwas zu tun hatte. Es lenkte sie ab von ihrem miserablen Leben und von den einsamen Stunden in ihrem Quartier, wenn sie nichts zu tun hatte. Weder hatten die Equinox-Leute Holodeck-Priviliegien, noch Replikatorrationen zugeteilt bekommen. Das hieß nicht nur, dass sie sich mit Neelix‘ Kochkünsten zufrieden geben mussten, sondern auch, dass sie nicht einmal ein Buch oder ähnliches Replizieren durften. Zwar hatten sie über den Computer Zugang zur Datenbank der Voyager, aber Bücher auf einem PADD zu lesen hatte Marla noch nie gefallen. Sie mochte das altmodische Gefühl von bedrucktem Papier. Vielleicht lag es auch daran, dass sie verlernt hatte, sich entspannenden Aktivitäten hinzugeben. Auf der Equinox war sie immer auf dem Sprung gewesen, immer bereit, sich gegen die feindlichen Wesen zu verteidigen, da kam keine Ruhe auf.
»Wenigstens muss Vorik später auch den ganzen Weg hier durchkriechen, um unsere Arbeit zu überprüfen«, stöhnte Angelo, während er die Wandverkleidung öffnete, hinter der sich der nächste Injektor befand.
»Meinst du, er macht das? Die internen Sensoren zeigen doch an, ob wir gute Arbeit geleistet haben, oder nicht.«
»Ja, aber wir könnten ja auf dem Weg etwas anderes manipuliert haben. Das will doch kontrolliert werden.« Marla verdrehte ob des Sarkasmus die Augen. Zum Glück hatte Angelo ihr den Rücken zugedreht und sah es nicht. In den letzten drei Tagen waren ihre Kollegen schwer zu ertragen gewesen. Die fixe Idee, die Voyager zu verlassen, hatte sich augenblicklich manifestiert, als die ersten Berichte der Crew über den Flurfunk schwappten. Dem konnte sich sogar die abgeschiedene Equinox-Crew nicht entziehen, so laut wie Neelix im Casino von seinen Erlebnissen auf der Station berichtete. Jedenfalls nahm der Plan der Männer langsam Gestalt an und Marla wusste nicht, was sie davon halten sollte. Einerseits taten alle die ihnen zugeteilte Arbeit, ohne sich zu beschweren, andererseits hatte Noah wohl bereits seine Tasche gepackt. Für sie war die Angelegenheit eigentlich klar gewesen. Sie wollte hier auf der Voyager endlich ein Leben aufbauen, das etwas wert war, doch seit sie die Geschichten von der Station gehört hatte, war sie sich nicht mehr ganz sicher. Ja, sie wünschte sich nichts mehr, als nach Hause zur Erde zu kommen, doch war es das wert, die nächsten Jahrzehnte Plasmainjektoren zu schrubben? Vielleicht hatten die anderen recht und es wäre ein lebenswerteres Leben, die Voyager zu verlassen und sich eine Existenz im Deltaquadranten aufzubauen. Die Region, die sie gerade durchflogen, schien ausnahmsweise friedlich und freundlich zu sein. Vielleicht war jetzt der richtige Zeitpunkt.

Gerade als Angelo den Zugang zum Injektor geöffnet hatte und ihnen eine weitere Staubwolke entgegenkam, meldete sich Marlas Kommunikator.
»Vorik an Gilmore, bitte melden Sie sich in Frachtraum zwei.«
Überrascht sah sie auf. »Verstanden«, gab sie dem Fähnrich durch und trennte dann die Verbindung.
»Du Glückliche«, knurrte Angelo.
»Tut mir Leid.«
»Naja, freu dich nicht zu früh, wer weiß, was im Frachtraum fieses auf dich wartet.«
Sie gab ihm recht, um ihn aufzumuntern, doch sie konnte sich im Moment nichts besseres vorstellen, als endlich die Jeffriesröhren verlassen zu dürfen. »Wir sehen uns später.«

Stöhnend streckte sie den Rücken durch, als sie wieder aufrecht im Maschinenraum stand. Sie erlaubte sich eine kurze Pause, dehnte Arme und Nacken ein wenig und machte sich dann in Ruhe auf den Weg zu Frachtraum zwei. Auf halbem Weg fiel ihr auf, dass ihre Uniform nicht mehr gelb-schwarz, sondern vollständig schwarz gefärbt war. Peinlich berührt klopfe sie den gröbsten Dreck von sich herunter und überlegte kurz, ob sie für eine Dusche und eine saubere Uniform einen Abstecher in ihr Quartier machen sollte. Niemand hatte ihr befohlen sich besonders zu beeilen. Trotzdem griff ihr Pflichtbewusstsein ein und sie legte einen Zahn zu. Vorik sollte nicht noch zusätzlich negativ in seinem Bericht erwähnen, dass sie länger gebraucht hatte, als nötig, immerhin schaffte sie es noch immer nicht, die Turbolifte zu benutzen, sondern kroch nur durch die Jeffriesröhren.

Im Frachtraum erwartete sie neben Vorik und Seven of Nine ein Auflauf an Crewmen, die um einen großen Haufen Gerümpel herumwuselten. So schien es zumindest. Beim näheren Hinsehen entpuppte sich das Gerümpel als Fundgrube, in dem sich einige mehr oder weniger nützliche Gegenstände und Ausrüstung befanden.
»Crewman Gilmore«, begrüßte Vorik sie, als er sie bemerkte und kletterte über ein seltsames Gerüst zu ihr hin. »Diese Objekte sind Teil eines Tauschhandels von Mister Neelix. Wir sind gerade dabei zu überprüfen, welche einen wirklichen Nutzen haben und welche unbrauchbar sind. Bei einigen Teilen wird Ihre Expertise benötigt.«
Marla nickte und überging geflissentlich, dass ihre Expertise zu weit mehr imstande war, als ein paar fremde Objekte zu scannen und nach ihrem Nutzen zu beurteilen. Aber alles war besser als Plasmainjektoren zu schrubben und sie hatte sich bereits daran gewöhnt, dass man ihr nichts kompliziertes mehr zutraute. Sie wollte gerade ihren Tricorder auspacken und loslegen, als Vorik sie aufhielt.
»Crewman, ich schlage vor, sie bringen vorher sich und Ihre Uniform wieder auf einen vorschriftsmäßigen Stand.«
Geschlagen sah sie an sich herunter und schaffte es nicht, dem Vulkanier in die Augen zu blicken, als sie ihm mit einem leisen »Aye, Sir.« zustimmte. Sie kam sich vor wie ein Idiot. Hätte sie doch vorher einen Abstecher in ihr Quartier gemacht, nun musste sie sich diese Demütigung auch noch gefallen lassen. Vorik würde sie sicher negativ in seinem Bericht erwähnen. Den Blick zu Boden gerichtet, hastete sie zurück durch die Gänge der Voyager und durch einige Jeffriesröhren in ihr Quartier.

Etwa eine halbe Stunde später stand sie frisch geduscht und vorschriftsmäßig gekleidet wieder im Frachtraum und untersuchte einen der erhandelten Gegenstände, die Tal Celes an sie weitergegeben hatte, weil sie damit nicht weiter wusste. Die junge Frau, die eigentlich der Astrometrie zugeteilt war, war Marla auf Anhieb sympathisch gewesen, aber wie alle anderen Mitglieder der Voyager-Crew zeigte Tal sich sehr reserviert ihr gegenüber.
Das Gerät an sich war eher unspektakulär. Zuerst hatte sie der Form halber vermutet, dass es eine Art Kochtopf war, doch die unzureichende Hitze, die es ausstrahlte, änderte ihre Meinung wieder. Es war höchstens dafür geeignet, etwas im Innern warm zu halten, aber gar wurde darin nichts. Doch für eine reine Aufbewahrungsbox war es sehr prunkvoll verziert. Marla hatte es als erstes von außen ein wenig gesäubert und bereits dabei wertvolle Kristalle in ihrer Rohform entdeckt. Ihre weitere Analyse bestätigte sie dann in ihrer Vermutung. Sogar Dilithium war in Mustern im Metall des Deckels verbaut. Dieses Ding, welche Verwendung es auch immer gehabt hatte, sollte unbedingt aufbewahrt werden, falls ihnen in einer Notsituation mal das Dilithium ausging. Sie war sich sicher, dass man es für die Dilithiummatrix der Voyager modifizieren konnte. Auf der Equinox hätte diese Notration jedenfalls nicht lange gehalten. Erst, seitdem sie den Warpkern mit den toten Körpern der Aliens befeuert hatten, war es besser geworden. Nun ja, jedenfalls für kurze Zeit, dann war die Hölle losgebrochen.
Sie vermerkte den Gegenstand mit seinem Besonderheiten und auch seinem hohen finanziellen Wert in der Liste von ihr persönlich untersuchten Gegenstände. Es gab einen globalen Katalog, der eigens für diese Lieferung angelegt worden war, doch Vorik hatte ihr eingeschärft, diesen nicht anzufassen. Er selbst würde bei der Überprüfung ihrer Arbeit die Gegenstände übertragen. Dann widmete sich dem nächsten Teil.
So ging es noch eine ganze Weile weiter, bis ihre Schicht endete und sie in die Abgeschiedenheit ihres Quartiers zurückkehren musste. Zwar lebte sie, wie jeder Crewman, nicht allein dort und musste die freien Stunden irgendwie absitzen, aber immerhin war es nur ein misstrauisches Gesicht und nicht über hundertfünfzig.
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