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Wildes Blut

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Kira betrachtete kritisch ihren Arm. Sie schloss die Hand zur Faust, was ein wenig zog und ihr einen bösen Blick von Dr. Bashir einbrachte.
“Denken Sie daran, was ich sagte, Major. Schonen Sie den Arm und bewegen Sie ihn nicht zu viel. Immerhin wurde der Knochen verletzt, und der braucht eine Weile, um nachzuwachsen.”
Kira nahm die Heilspange um ihren linken Bizeps in Augenschein, es behagte ihr gar nicht, dieses Ding zu tragen.
“Wie lange?”
Sie schwang die Beine vom Krankenbett und stand vorsichtig auf, sich der besorgten Blicke von Sisko und Odo bewusst, die mit auf der Krankenstation waren. Sie hatten Bashir dabei beobachtet, wie er die Verletzungen des Wesens beseitigt hatte.
“Wenn Sie eine Woche die Heilspange tragen, ist ihr Arm wieder so gut wie neu.” Bashir warf ihr einen prüfenden Blick zu. “Außerdem rate ich zu drei Tagen dienstfrei, damit Sie in Ruhe das Erlebnis verarbeiten können.”
Sisko nickte zustimmend, aber Kira protestierte.
“Mir geht es gut! Es kommt nicht in Frage, dass ich mich in meinem Quartier ausruhe, solange wir nicht wissen, was dies für ein Wesen war. Vor allem jedoch müssen wir herausfinden, ob es allein war!”
Der Gedanke, dass noch mehr von diesen Wesen herumliefen, bescherte Kira eine Gänsehaut, und nicht nur ihr.
“Wir haben den Sektor rund um die Andockschleuse gesperrt und das Schiff erneut gescannt. Es sind keine weiteren Lebensanzeichen feststellbar.”
Sisko klang erleichtert.
“Ruhen Sie sich zumindest den Rest dieser Schicht aus, Kira. Das ist ein Befehl und der Rat eines Freundes. Sobald wir mehr wissen, melde ich mich bei Ihnen.”
Zu protestieren wäre sinnlos gewesen, der Commander konnte, wenn er wollte, ebenso stur sein wie sie selbst. Zudem fühlte sie sich nicht gut, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, daher gab sie sich geschlagen.

* * * * *

Raubtieraugen öffneten sich im Schatten. Eine Zunge glitt träge über starke, weiße Zähne. Durch die Nüstern drang der Geruch von Beute, ahnungsloser Beute.
Irgendetwas stimmte nicht.
Sie kannte die Gänge und Korridore, durch die sie wanderte, doch die Perspektive war verkehrt, sie war viel näher am Boden. Auch die Farben waren verändert und ihr Gesichtsfeld eingeengt.
Doch vor allem die Geräusche und Gerüche waren anders. Sie konnte den Herzschlag der Menschen hören, an denen sie vorbeiglitt, und sie konnte sie riechen. Sie alle waren voll des roten, dicken Lebenselixiers und rochen so köstlich nach Beute. Sie fühlte sich stark. Unter ihrem Fell bewegten sich straffe Muskeln, die Krallen verursachten ein klickendes Geräusch auf dem metallenen Deck.
Mit einem stummen Schrei auf den Lippen schreckte Kira aus dem Schlaf.
Sie schnappte mehrmals nach Luft. Alles war still, sie lag in ihrem Bett.
Es war nur ein Alptraum. Kein Wunder, wenn man bedachte, was sie erlebt hatte.
Doch es ging ihr nicht aus dem Kopf wie seltsam dieser Traum gewesen war, aus welcher merkwürdigen Sicht sie die Traumerlebnisse gesehen hatte.
Kira wischte sich den Schweiß von der Stirn und wollte sich wieder in ihre Decke einrollen, als sie die Risse in der Decke sah, fünf parallele Risse. Kopfschüttelnd über die Intensität des Alptraumes nahm sie sich vor, ihre Fingernägel gleich morgen neu zu stutzen, und glitt zurück in die Umarmung des Schlafes.

* * * * *

Die Offiziersbesprechung fand in Siskos Büro statt. Er wollte, dass möglichst wenige von dem Schicksal der Delix-Mannschaft erfuhren, zumindest so lange, bis alles geklärt war.
Sisko hätte es vorgezogen, wenn Kira sich an Bashirs Rat, drei Tage frei zu nehmen, gehalten hätte. Er fand, dass sein Erster Offizier ziemlich mitgenommen aussah. Dunkle Ringe unter den Augen ließen auf eine unruhige Nacht schließen, was er sehr gut verstand. Seine eigene Nacht war von Träumen erfüllt gewesen, in denen er den Toten der Delix immer und immer wieder begegnet war und sie alle hatten ihn beschuldigt, dass er sie nicht beschützt hatte.
Sisko schüttelte diese Gedanken ab. Es war kein Wunder, dass sie Albträume hatten, wenn man bedachte, was dieses Mörderwesen, das die Mannschaft des Forschungsschiffes auf dem Gewissen hatte, angerichtet hatte.
Kira fröstelte, ihr war kalt. Sie hatte auch den Rest der Nacht sehr beunruhigende Träume gehabt, von einer Intensität, die sie erschreckte.
“Mr. Odo, Sie haben die Delix vollständig durchsucht. Haben Sie etwas dabei entdeckt, das dazu beitragen könnte, die Geschehnisse aufzuklären?”
Odos eindimensional, unfertig wirkendes Gesicht drückte im Normalfall nur wenig Emotionen aus. Doch man sah ihm an, dass auch er trotz all seiner Professionalität entsetzt war.
“Wir haben außer den Toten nichts gefunden. Die Leichen sind inzwischen alle geborgen und in der Krankenstation in den Stasekammern untergebracht. Wir haben auch die Reste zugeordnet, so gut es ging.”
Odos Stimme machte deutlich, wie schrecklich dies gewesen sein musste.
“Es sind definitiv 20 Personen, fünf davon sind unzweifelhaft durch Selbstmord gestorben.”
“20?”
Kira rieb sich die Stirn. “Dax sagte, es seien 23 Besatzungsmitglieder an Bord gewesen. Wo sind die restlichen drei?”
Odo war sehr gründlich vorgegangen, aber er konnte auch keine befriedigende Lösung anbieten.
“Wir haben die Spuren eines Toten entdeckt, jemand, der vermutlich von mehreren Phaser Emissionen der höchsten Stufe getroffen wurde. Es war nicht viel mehr zu sehen als ein verbrannter Fleck auf dem Deck. Doch selbst mit diesem Toten ist der Verbleib zweier Mannschaftsmitglieder noch nicht geklärt.”
Dax schüttelte den Kopf. Sie war selber nicht auf der Delix gewesen, doch die Berichte ihrer Freunde waren ausführlich genug gewesen.
“Sie haben den Angreifer vergessen. Es gibt keinen Beweis, dass es ein Wesen war, das von außen an Bord gekommen ist.”
“Was es auch war, es war kein Mensch, das ist verdammt sicher!”
Kiras Stimme klang zornig.
Dieses Mal war es an Bashir, ihr zu widersprechen, und das tat er nur ungern.
“Doch, anscheinend war es genau das. Ich habe die Reste untersucht, das heißt, was noch zu einer Untersuchung zu gebrauchen war. Die Untersuchungsergebnisse beweisen, dass es ein Mensch war.”
Kira sprang mit einem Satz auf die Beine, und der Arzt wich erschrocken ein wenig zurück. Fast hätte er einen Schlag erwartet, doch Kira richtete sich aus der leicht geduckten Angriffshaltung wieder auf.
“Es hatte Reißzähne, die an die drei Zentimeter lang waren, die Eckzähne sogar mindestens dreimal so lang. Die Augen waren grün, und die Pupillen geschlitzt! Es hatte Fell! Bei den Propheten, es war mit Sicherheit kein Mensch!”
Bashir zuckte unangenehm berührt mit den Schultern, es gefiel ihm selbst nicht, was er festgestellt hatte.
“Ich war auch da, falls Sie das vergessen haben, Major. Ich habe es auch gesehen, und es glich am ehesten noch einem schwarzen Panther, den ich in einem Zoo in Boston gesehen habe, ehe ich ein Raumschiff bestieg, das mich hierher brachte. Ich nenne nur die Fakten, eine Erklärung habe ich dafür nicht.”
Sisko wollte, dass sich die Wogen wieder glätteten, doch ehe er dazu kam, in den Disput einzugreifen, meldete sich Odos Kommunikator.
“Hier Odo.” Der Sicherheitschef wusste, dass ihn die Leute aus seiner Abteilung nur dann in einer Besprechung mit dem Commander störten, wenn es wichtig war.
“Fähnrich Harmon, Sir.” Die Stimme zitterte deutlich.
“Sir, Sie sollten schnell zum Frachtdeck A kommen. Hier gibt es eine Leiche, und sie ist furchtbar zugerichtet!”

* * * * *

Bashirs Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er krampfhaft schluckte. Er erhob sich aus der Hocke neben der Leiche.
“Der Tod ist etwa vor vier Stunden eingetreten. Es war keine Waffe, mit der diese Verletzungen zugeführt wurden, sondern Zähne und Krallen.”
Eigentlich hätte sich Bashir diese Feststellung sparen können, die Offiziere, die um ihn herumstanden, hatten solche Bilder erst vor kurzem auf der Delix gesehen. Bis auf Dax, und sie hatte die Berichte gelesen.
Die Tür zur Frachtrampe war blutbesudelt, der Körper zerfetzt, und unzweifelhaft fehlten einige Stücke.
“Es hatte Hunger, dies geschah nicht allein aus Lust am Morden, nein, es fehlt zu viel...”
Bashir brach ab und betrachtete die bleichen Gesichter der anderen.
Nur Odo sah aus wie immer, aber seine ohnehin schmalen Lippen waren zu einem weißen Strich zusammengekniffen.
“Wer ist das Opfer?” Sisko dachte an all die Toten auf der Delix. Anscheinend hatten sie doch einen Fehler gemacht. Etwas war entkommen und fand auf Deep Space Nine ein reichhaltiges Jagdrevier.
“Sein Name ist...” Odo unterbrach sich mit einem Blick auf die zerfetzte Leiche, “war Ron Eglin. Um diese Zeit hatte niemand etwas auf den Frachtrampen zu suchen gehabt, aber Ron zählte zu den Freunden von Quark. Ein kleiner Schmuggler, vermutlich ein geschäftliches Date, sein letztes. Dieses Wesen ist schlau, es zeigt sich nicht offen und wählt die Beute mit Bedacht. Ich denke, wir haben ein sehr großes Problem.”
Kira war neben den Toten in die Hocke gegangen und tauchte selbstvergessen einen Finger in das Blut. Es war kalt. Sie schauderte und zuckte zusammen, als jemand ihr die Hand auf die Schulter legte.
Dax sah sie besorgt an. Kira stand auf.
“Alles in Ordnung?” Dax musterte sie eindringlich.
Kira betrachtete das Blut auf ihren Fingern, als wäre sie sich nicht bewusst darüber, wie es dorthin gelangt war.
“Es geht mir gut, Dax.” Doch ihre Stimme klang mechanisch und leblos.
Dax' Hand lag noch immer auf ihrer Schulter, und sie spürte deren Körperwärme, ihr selbst war eisig kalt.
“Vielleicht sollte ich doch ein wenig ausruhen”, gab sie zu bedenken. Dax stimmte ihr zu und sah der Major nachdenklich hinterher, als sie die Frachtrampe in Richtung Mannschaftsquartier verließ.
In ihrem Quartier wies Kira den Computer an, die Temperatur zu steigern und gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Es war viel zu trocken und zu kalt. Sie ließ sich in ihrer Uniform auf das Bett fallen und schloss die Augen.
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