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Tauschgeschäfte

von Martina Strobelt

Kapitel 2

Grilka drehte sich um, als Garak die Brücke des Bird of Prey betrat. Ihre Miene bestätigte, was der Cardassianer bereits vermutet hatte. Die Bereitschaft der Klingonin, ihn an Bord ihres Schiffes zu dulden, beschränkte sich auf das ihm zugewiesene Quartier.
Weder Grilka noch ihre Crew machten den geringsten Hehl aus ihrer Abneigung gegen den Cardassianer. Im Rahmen der Einsatzbesprechung hatte die Klingonin unmissverständlich klargestellt, dass sie Garaks Anwesenheit ausschließlich deswegen gestattete, weil sie für den Erfolg der Mission zwingend erforderlich war.
Der Cardassianer ignorierte die finsteren Blicke, die ihm von allen Seiten aus klingonischen Augen zugeworfen wurden, und gesellte sich zu Grilka. Garaks Mundwinkel zuckten amüsiert, als er bemerkte, wie ihre Hand automatisch zum Gürtel fuhr und sich um den Griff ihres Schwertes schloss.
„Es ehrt mich, dass Sie mich offenbar als Bedrohung empfinden, Dame. Doch ich versichere Ihnen, dass ich keinerlei feindliche Absichten hege. Also schlage ich vor, dass Sie sich entspannen und mich als das betrachten, was ich bin. Ihr Verbündeter. Zumindest für die Dauer dieser Mission.“
„Für den Moment mögen wir Verbündete sein!“ räumte Grilka ein. „Aber das bedeutet nicht, dass ich auf Ihre Gesellschaft Wert lege!“
„Darf ich das so verstehen, dass Sie mich nicht mögen?“
„Ich verachte Sie“, erwiderte die Klingonin. „Ihre bloße Anwesenheit beleidigt meine Ehre!“
„Nun“, Garak lächelte. „Ich würde sagen, das war deutlich.“
„Das hoffe ich. Und jetzt verlassen Sie meine Brücke!“
„Befürchten Sie, ich könnte anderenfalls ein wenig zu viel über Ihre technischen Systeme in Erfahrung bringen? Erlauben Sie mir, Sie zu beruhigen. Dieses Schiff birgt keine Geheimnisse, die mir nicht schon lange bekannt gewesen sind, bevor ich an Bord gekommen bin. Mit Ausnahme der Tarnvorrichtung vielleicht. Indessen bezweifle ich, ob die Brücke der geeignet Ort ist, um mir ein umfassendes Bild über die Funktion der Tarnvorrichtung zu verschaffen. Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre. Soweit ich informiert bin, befinden die maßgeblichen Systeme sich drei Decks tiefer im Maschinenraum. Direkt neben der Reaktorkammer. Links davon, um genau zu sein...“
Grilka starrte den Cardassianer an. „Bei Kahless, woher wissen Sie das?!“
Garaks Lächeln vertiefte sich. „Ich habe meine Quellen...“

***

Raluk beneidete Berat um die Unbekümmertheit, mit der er sich inmitten ihrer Feinde bewegte. Die Leichtigkeit, mit der es ihnen gelungen war, sich an Bord eines Frachters und von dort auf Terok Nor zu schmuggeln, hatte den jungen Cardassianer offenbar zu der Überzeugung geführt, dass Gul Dukat, Weyoun und das Dominion bisher zu Unrecht überschätzt worden waren.
Vergeblich hatte Raluk versucht, ihm klarzumachen, dass es lediglich reines Glück gewesen war, dass man sie nicht entdeckt hatte.
Vermutlich lag es daran, dass Berat im Gegensatz zu ihr noch niemals ein cardassianisches Gefängnis von innen gesehen hatte. Er hatte nie am eigenen Leib erfahren, wie es war, der Willkür anderer hilflos ausgeliefert zu sein. Berat hatte die Regierung immer nur aus der Ferne bekämpft. Zuerst durch die Verteilung von Flugblättern und die Teilnahme an Demonstrationen. Dann nach seiner Flucht von Cardassia durch die Planung von Sabotageakten, die andere ausgeführt hatten.
Es war nicht seine Schuld. Die Dissidentenbewegung hatte kein Interesse daran, ihre jungen Mitglieder, die Hoffnung für ein neues Cardassia, zu Terroristen zu machen. Zu schnell gewöhnte man sich daran, fremdes Leben auszulöschen. Und wenn das erst einmal geschehen war, hatte man Schwierigkeiten, sich darauf zu besinnen, dass das Ziel ihres Kampfes nicht die Vernichtung der Gegner, sondern die Änderung der politischen Strukturen war.
Sofern es sich nicht vermeiden ließ, Blut zu vergießen, war dies daher von jenen erledigt worden, an deren Händen sich bereits welches befunden hatte, als sie zur Bewegung stießen.
Von jenen, zu denen auch Raluk gehörte...
Die Cardassianerin hätte gerne jemand anderen auf diese Mission mitgenommen. Aber alle, die in Frage gekommen wären, hatten sich mit Natima auf dem Frachter befunden, der von den Jem’Hadar zerstört worden war. Durch die Vernichtung dieses Schiffes war die Bewegung mit einem Schlag aller Mitglieder beraubt worden, die diesen Krieg mit mehr als bloßen Worten geführt hatten. Mit Ausnahme von Raluk, die auf Wunsch Natimas auf ihrer geheimen Basis auf einem Mond in den Badlands geblieben war, um den Rest der Gruppe zu befehligen.
Raluk hatte keine Wahl gehabt. Es war besser gewesen, sich von Berat begleiten zu lassen, als das Gelingen der Befreiungsaktion allein von einer Person abhängig zu machen.
Im Replimat herrschte rege Betriebsamkeit. Niemand achtete auf die beiden Cardassianer, die sich in nichts vom übrigen zivilen Personal unterschieden. Nachdem sie auf die Station gekommen waren, hatten Raluk und Berat getrennt Nachforschungen über den Aufenthaltsort von Natima angestellt. Wie vereinbart hatten sie sich eine Stunde später hier getroffen, um die Ergebnisse auszutauschen und zu planen, wie es konkret weitergehen sollte.
„Und?“ fragte Raluk, ohne von ihrem Essen aufzusehen.
„Im Arrestbereich ist sie nicht.“ Berat rührte scheinbar gelangweilt in seinem Drink.
„Das bestätigt die Gerüchte, die ich im Kasino aufgeschnappt habe. Es heißt, Weyoun hätte einen Gast in einer der Unterkünfte im Habitat-Ring einquartiert, an dem ihm so viel liegt, dass er eine ständige Jem’Hadar Wache vor der Tür postiert haben soll.“
„Das kling so, als hätten wir sie gefunden!“
„Möglich“, versuchte Raluk Berats Begeisterung über diesen Erfolg zu dämpfen. „Aber wir können erst sicher sein, wenn wir es überprüft haben.“
„Im Habitat-Ring“, wiederholte Berat dessen ungeachtet aufgeregt. „Und nur eine Wache vor der Tür. Es wird ein Kinderspiel sein, sie dort herauszuholen!“
Raluk enthielt sich eines Kommentars.
Doch insgeheim fragte die Cardassianerin sich zum wiederholten Mal, ob es nicht ratsamer gewesen wäre, sich allen Risiken zum Trotz allein nach Terok Nor zu wagen.

***

Mit wachsendem Unmut zählte Quark die Einnahmen des Tages. Nicht genug, dass die Jem’Hadar weder aßen noch tranken oder spielten. Ihre Anwesenheit im Kasino machte die bajoranischen Gäste nervös. Was sich nachteilig auf den Umsatz auswirkte. Die Cardassianer sprachen dem Essen und den alkoholischen Getränken, die er ausschenkte, zwar reichlich zu und belagerten in Scharen seine Dabo-Tische. Andererseits zeigten sie sich gern vergesslich, wenn es darum ging, Rechnungen und Spielschulden zu bezahlen. Und Quark scheute das Risiko, sie daran zu erinnern. Denn was nützte einem Profit, wenn man nicht lange genug lebte, um sich daran zu erfreuen?
Das Geräusch der Tür riss den Ferengi aus seinen trüben Gedanken.
„Die Bar ist geschl...“, begann er, als er im Halbdunkel die Umrisse eines Mannes erkannte, der eine dunkle Uniform trug.
Im Licht, das vom Gang in den Raum fiel, funkelten Rangabzeichen.
Ihre Anzahl veranlasste Quark, den Rest seines Satzes geflissentlich zu verschlucken. Er hatte gewiss nicht vor, einen cardassianischen Offizier zu verärgern, indem er ihm einen Drink verweigerte.
„Nehmen Sie Platz.“
Quark deckte verstohlen ein Tablett über das Latinum-Häufchen auf der Theke, bevor der Besucher es entdecken und auf die Idee kommen konnte, dass sein Sold einer kleinen Aufbesserung dringend bedurfte. „Was darf ich Ihnen bringen? Kanar?“
Der Ferengi wertete das Schweigen seines Gastes als Zustimmung. Er füllte ein Glas, das er mit einer Verbeugung auf den Tisch stellte, an den der Cardassianer sich gesetzt hatte. „Bitte sehr! Da Sie der letzte Besucher dieses Abends sind, geht der Drink aufs Haus.“
Wieder erfolgte keine Reaktion.
Doch als Quark sich nun wieder entfernen wollte, packte der Gast ohne Vorwarnung zu. Seine Hände schlossen sich um den Hals des Ferengis und zogen ihn mit einem Ruck nach vorn, bis er mit dem Oberkörper flach auf der Tischplatte lag.
„Hören Sie!“ jammerte Quark erschrocken. „Wenn Ihnen der eine Drink nicht reicht, dann habe ich hinten eine ganze Flasche. Von mir aus auch zwei. Auf Kosten des Hauses natürlich!“
Mit einem amüsierten Lachen, das dem Ferengi bekannt vorkam, sehr bekannt sogar, gab der Cardassianer ihn frei.
„Garak?!“ vergewisserte Quark sich ungläubig. „Beim großen Nagus, was machen Sie hier?“
„Sie versetzen mich in Erstaunen. Man sollte annehmen, Sie wären ein wenig besser darüber informiert, warum Sie der Sternenflotte eine verschlüsselte Botschaft zu übermittelt haben.“
„Dann ist Captain Sisko also mit der Defiant gekommen?“
„Nun, um ehrlich zu sein, nicht direkt.“
„Was meinen Sie damit? Wollen Sie etwa sagen, dass Sie allein sind?“
„Ich bedaure es, Sie zu enttäuschen. Aber ich befürchte, dass Ihre diesbezügliche Vermutung mehr oder weniger zutreffend sein dürfte.“
Der Ferengi sank auf einen Stuhl. „Ein einziger Mann!“ stöhnte er. „Allein gegen Hunderte von Cardassianern und Jem’Hadar!“
„Falls es Sie tröstet, ich versichere Ihnen, dass ich keineswegs die Absicht habe, auf dieser Mission zu sterben.“
„Wie überaus beruhigend!“
„Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben, ich erachte Ihren Mangel an Optimismus als nicht sonderlich konstruktiv. Daher schlage ich vor, wir beenden dieses Thema und konzentrieren uns auf den Grund meiner Anwesenheit. Ich hoffe, diese Verfahrensweise findet Ihr Einverständnis.“
Quark nickte.
Garak lächelte. „Ich bin erfreut, dass Sie mir zustimmen.“

***

Von Mal zu Mal fiel es Gul Dukat schwerer, in Gegenwart Weyouns die Maske der Höflichkeit aufrechtzuerhalten. Er war sicher, dass der Vorta es genoss, ihn wie einen Untergebenen zu sich zu zitieren, anstatt ihn in seinem Büro auf der OPS aufzusuchen, wenn er etwas von ihm wollte. Eine Erkenntnis, die Dukats wachsenden Hass auf den Botschafter des Dominions nährte.
Sofern Weyoun die wahren Gefühle erriet, die sein Gegenüber ihm entgegenbrachte, ließ er es sich nichts anmerken. Gegen seinen Willen beneidete Dukat den Vorta um die Mühelosigkeit, mit welcher jener in jeder Situation, ganz gleich wie heikel sie auch sein mochte, die Kontrolle über seine Gesichtszüge behielt.
„Ich habe über Ihren Vorschlag nachgedacht“, sagte Weyoun, während er einige Datenpadds auf seinem Schreibtisch ordnete. Ein subtiler Hinweis auf die untergeordnete Position des Besuchers in der Rangordnung, der Dukat nicht entging.
„Und?“ fragte der Cardassianer, als der Vorta keine Anstalten machte, einen weiteren Satz dem ersten folgen zu lassen.
„Denken Sie wirklich, dass es nötig werden wird, auf derartige Methoden zurückzugreifen?“ antwortete Weyoun mit einer Gegenfrage.
„Es ist die einzige Möglichkeit, Natima Lang dazu zu bringen, ihren Widerstand aufzugeben.“
„Wollen Sie behaupten, es gäbe keinen anderen Weg, um sie zur Kooperation zu bewegen?“
„Sie überraschen mich, Weyoun. So empfindsam habe ich Sie bisher gar nicht eingeschätzt. Meine Methoden mögen vielleicht ein wenig zu brutal für Ihr Gemüt sein. Doch sie haben sich in der Vergangenheit stets als äußerst effizient erwiesen.“
„Sie sind primitiv! Aber..“, kam Weyoun Dukats Erwiderung zuvor, „Sie haben insoweit Recht, dass wir unter Umständen keine andere Wahl haben werden, als Natima Lang auf diese Weise von den Vorteilen einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Allerdings erst in letzter Konsequenz. Wir werden ihr bis zum Erreichen Miramars die Gelegenheit geben, ihre Entscheidung zu überdenken.“
„Warum sollen wir so lange warten? Es gibt keinen Grund, ihr gegenüber so nachsichtig zu sein! Ich kenne Natima Lang. Sie wird nicht nachgeben. Es sei denn, wir zwingen sie dazu.“
„Genug davon! Ich will nichts mehr hören! Verraten Sie mir lieber, ob Sie eine Lösung für unser Problem haben, wie wir Natima Lang unauffällig nach Miramar bringen können!“
Dukat unterdrückte das Bedürfnis, seinen Phaser zu ziehen und sich durch einen gezielten Schuss von der verhassten Gegenwart Weyouns zu befreien. Stattdessen rang er sich ein Nicken ab. „Ja, denn zufällig kenne ich den Captain eines Schiffes, das über eine Tarnvorrichtung verfügt.“
„Ich hoffe, er ist vertrauenswürdig...“
Dukat lächelte. Worauf Sie sich verlassen können!“

***

Der Gang war leer. Bis auf zwei Jem’Hadar Wachen, die reglos wie Statuen vor dem Eingang zum Quartier standen, in dem Natima Lang festgehalten wurde. Garak, der sich ihnen langsam näherte, trug die Miene eines Mannes zur Schau, der es gewohnt war, dass man seinen Anordnungen Folge leistete. Indessen schienen die Jem’Hadar davon nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Nicht ein Muskel zuckte in ihren starren Gesichtern, als der Cardassianer nun direkt vor ihnen stehenblieb. Kein Zeichen, dass sie seine Anwesenheit überhaupt zur Kenntnis nahmen.
„Ich bedaure es, Sie belästigen zu müssen“, meinte Garak. „Doch Gul Dukat schickt mich. Also, wenn es Ihnen nicht allzu viel Mühe bereitet, möchte ich Sie auffordern, diese Tür zu öffnen, damit ich mit der Gefangenen sprechen kann! Mir scheint, Sie haben mich nicht verstanden“, fuhr er fort, als keine Reaktion erfolgte. „Soweit ich mich entsinne, habe ich Ihnen gerade befohlen, diese Tür zu öffnen!“
„Wir sind nicht taub!“ erwiderte einer der Jem’Hadar.
„Wenn dem so ist, hätten Sie dann vielleicht die Freundlichkeit, mir zu erläutern, worin das Problem besteht!“
„Wir haben die Weisung, niemandem außer Weyoun den Zutritt zu gestatten“, antwortete der andere Jem’Hadar. Sein Tonfall machte deutlich, dass er die Sache damit für erledigt hielt.
„Tatsächlich? - Nun...“, Garak wandte sich ab, um sich im selben Moment herumzuwerfen, aus der Bewegung heraus seinen Phaser zu ziehen und zwei Schüsse abzufeuern, die die Jem’Hadar in Rauch auflösten, „... das erklärt natürlich alles!“
Garak steckte die Waffe wieder ein. Sein Blick glitt über das elektronische Türschloss. Es würde nicht einfach werden, den Mechanismus zu überlisten.
Gerade als er seine Hand in Richtung der Schalttafel ausstrecken wollte, erklang hinter ihm eine Stimme: „Keine Bewegung! Weg von der Tür!“
„Wie Sie wünschen.“ Vorsichtig tastete der Cardassianer nach seinem Phaser.
Ein Energieblitz fauchte durch den Raum und traf Garaks Schulter. Die Wucht des Aufpralls schleuderte ihn zu Boden.
„Versuchen Sie das besser nicht noch einmal!“ warnte ihn die junge Cardassianerin, die den Schuss abgegeben hatte. „Beim nächsten Mal werde ich nicht zögern, Sie zu töten!“
Mit schmalen Augen beobachte Garak, wie der Begleiter der Frau nun zur Tür eilte und sich an dem Schloss zu schaffen machte. „Dürfte ich erfahren, wer Sie sind?“
„Nein! Das dürfen Sie nicht!“
„Nur für den Fall, dass Sie hier sein sollten, um Natima Lang zu befreien, versichere ich Ihnen, dass es keinen Grund gibt...
„Seien Sie still!“ fiel die Frau ihm ins Wort. „Und du, Berat, beeil dich!“
„Wenn Sie mir den Hinweis gestatten...“, begann Garak, bevor die Cardassianerin ihn erneut unterbrach: „Sie sollen den Mund halten!“
Eine gleißende Energieentladung verwandelte den jungen Cardassianer in Asche. Sein Schrei mischte sich mit dem lauten Alarm, der von einem Moment auf den anderen losschrillte. Gleichzeitig aktivierten sich zu beiden Seiten des Ganges schimmernde Kraftfelder.
„...das Schloss verfügt über einen komplizierten, äußerst effizienten Sicherheitsmechanismus“, beendete Garak seinen Satz.
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