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Die Hoffnung des Abschieds

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Augen wie geschmolzenes Kupfer oder glühendes Gold. Augen, die in beide Welten sehen konnten, in die sichtbare und unsichtbare, in die der Lebenden und die der Toten.
Kira schauderte ein wenig, als sie sah, wie sich die kapitalen Wölfe in dem nun herrschenden Zwielicht näherten. Die längeren, weißen Haare des Ristes leuchteten in der Dunkelheit, und hier und da glänzte eine Lichtreflexion auf den starken, weißen Raubtierzähnen.
Es war Kira bewusst, dass diese Wölfe ihren Tod bedeuten konnten.
Die Geschichten, die man sich über die Nachtwölfe erzählten, waren mannigfaltig, Legenden, Märchen, Mysterien. Viele Bajoraner glaubten gar nicht mehr an die Existenz dieser Tiere, nur sehr wenigen war es vergönnt, sie zu sehen, und manche davon starben.
Kira wusste, dass sie öfter auf diese mystischen Tiere getroffen war als jeder andere Bajoraner. Vielleicht war es sogar ihr Schicksal, dass sie eines Tages in den Fängen dieser Wölfe starb. Ihr Herzschlag beschleunigte ein wenig, vielleicht war es sogar heute schon so weit. Vielleicht würden sie die Ruhe und den Frieden in ihr Herz bringen, nach denen sie sich sehnte? Vielleicht hatte sie die Aufgabe, die ihr die Propheten für dieses Leben gestellt hatten, bereits überlebt.
Mondlicht stahl sich langsam über das kleine Tal, und Kira nahm die schemenhafte Gestalt wahr, die zwischen den Wölfen wandelte. Sie hatte auch damit gerechnet, dem Geistervedek zu begegnen, dennoch runzelte sie unwillkürlich die Stirn, die Gestalt kam ihr im Mondlicht wesentlich kleiner vor.
„Ich habe Sie erwartet, Vedek.“ Kira versuchte einen Blick unter die Kapuze zu werfen, aber sie hatte das Gesicht des Vedek nie wirklich gesehen. Dennoch hatte sie das starke, irritierende Gefühl, dass eine andere Person vor ihr stand. Etwas vage Bekanntes ging davon aus, etwas Unliebsames.
„Das wage ich zu bezweifeln, mein Kind.“ Die Stimme war nur ein geisterhaftes Flüstern, leise, und doch war die Modulation unverkennbar und brachte Kira dazu, ihren Phaser aus dem Holster zu reißen und auf die Erscheinung anzulegen. Sie wusste, wie närrisch diese Handlung war. Wer auch immer vor ihr stand, und sie ahnte nur zu gut, wer es war, konnte man nicht mehr töten. Zumindest in diesem einen Punkt hatte Dukat noch etwas Gutes vollbracht, dass er die Verräterin in den Tod geschickt hatte.
Die Wölfe reagierten auf Kiras heftige Bewegung, sie knurrten tief in der Kehle und entblößten ihre mächtigen Raubtierfänge. Es war Kira bewusst, dass ein einziges Zuschnappen dieser Rachen genügen würde, um ihre Waffenhand vom Körper abzutrennen. Die geisterhafte Erscheinung hob eine bleiche Hand, durch die das Mondlicht fiel, und die Wölfe wichen unwillig ein wenig von Kira zurück.
„Du solltest die Waffe senken, Nerys.“ In der Stimme schien fast so etwas wie Sorge mitzuschwingen. Kira steckte die Waffe schließlich wieder in den Holster, diesmal mit einem angemessen vorsichtigen, langsameren Bewegungsablauf.
„Dafür, dass Du gerade noch darüber nachgedacht hast, unter den Nachtwölfen zu sterben, hängst Du doch sehr an Deinem Leben, mein Kind.“
Kira verzog das Gesicht. Winn schien sogar im Tod noch immer Gefallen daran zu finden, sie zu verspotten.
Die Geisterscheinung hob leicht die Hand. „Verzeih, es ist nicht meine Absicht, Dich zu verspotten, ich bin vielmehr hier, um Dir zu helfen.“
Kira stieß mit einem verächtlichen Laut die Luft durch die Nase. „Das ist ja wohl ein schlechter Witz! Wo ist der Geistervedek?“
Winn schlug die Kapuze zurück, ihr Haar fiel ihr lang über die Schultern und leuchtete fast so hell wie das Mondlicht, das hier und da durch sie hindurchschien. Sie schien nicht mehr Substanz zu haben als der Nebel, der langsam vom Gras aufstieg und wie weiße Geisterfinger über die Ebene strich.
„Der Wanderer hat sein Ziel erreicht, mein Kind. Sein Weg ist beendet, mein Weg hat gerade erst begonnen.“
Kira knirschte mit den Zähnen. „Sprechen Sie nicht in Rätseln, Winn.“
Die grauen Augen der ehemaligen Kai verschleierten sich ein wenig. „Er hat seine Schuld abgetragen und ist zu den Propheten zurückgekehrt. Sein Wanderung zwischen den Welten ist vorbei. Bajor ist frei, die Cardassianer sind nicht länger unsere Feinde. Er hat den Platz für eine neue Wanderin zwischen den Welten freigemacht.“
Kira schüttelte den Kopf. „Warum soll ich das glauben? Warum soll ich auch nur eine Sekunde annehmen, dass die Propheten Sie dazu berufen haben? Ausgerechnet Sie? Sie sollten eigentlich in der tiefsten Hölle schmoren, zusammen mit Dukat! Weshalb sollte eine elende Verräterin wie Sie von den Propheten solch eine Aufgabe übertragen bekommen?“
Winn schüttelte den Kopf. „Es geht nicht darum, was Du glaubst, mein Kind. Nicht einmal Du kannst ableugnen, was die Propheten entschieden haben. Du bist noch immer so voll Zorn, Nerys. Ich habe die Propheten verraten, und ich bezahle nun den Preis für meine Sünden. Sie haben mir diesen Weg gezeigt, um zurück zu ihnen zu finden, zurück in den Schoß der Propheten. Am Ende meiner Wanderung werde ich in ihren Armen ruhen.“
Kira starrte Winn voll Abscheu an. „Warum sollten die Propheten Ihnen vergeben?“
Winn erwiderte ihren Blick offen. „Weshalb bist Du so viel unversöhnlicher als die Propheten, Nerys? Sie haben mir eine Chance gegeben, meine Schuld abzutragen, meine Seele zu reinigen, warum sind die Propheten in der Lage, mir zu verzeihen und Du nicht?“
Kira spuckte aus und ignorierte das warnende Knurren der Wölfe. „Erwarten Sie von mir kein Verständnis, Winn. Sie sind eine Verräterin, die Mitschuld am Tod des Abgesandten trägt.“
Winn hob eine Augenbraue. „Ja, aber Benjamin Sisko hat nur sein Schicksal erfüllt, so wie ich das meine.“
„O ja, kommen Sie, Winn, sagen Sie doch gleich, dass Sie keine Wahl hatten und die Propheten an allem Schuld sind!“ Kiras Worte tropften vor Hohn und Zorn.
„Nein, das sage ich nicht. Ich habe die falsche Wahl getroffen, ich habe mich von der Dunkelheit versuchen lassen und bin ihr erlegen. Um diese Schuld zu sühnen, werde ich lange Zeit zwischen den Welten wandern, um zu lernen, um Hilfe anzubieten und zu gewähren, wo Hilfe nötig ist.“ Winn zog die Kapuze wieder über und verbarg somit ihr Gesicht, dennoch konnte Kira den Blick der ehemaligen Kai auf sich fühlen, während sie immer noch vor Zorn bebte. Wie gerne hätte sie Winn getötet, für ihren Verrat, dafür, dass sie sich mit Dukat gegen die Propheten verschworen hatte. Warum konnten die Propheten gerade sie den Platz des Geistervedeks einnehmen lassen? Warum konnten sie dieser Verräterin verzeihen? Wenn es ihre Entscheidung gewesen wäre, hätte sie Winn in die tiefste Hölle der Pah-Wraith-Geister verbannt, sie an glühende Wände geschmiedet und ihre Seele brennen sehen, bis zum jüngsten Tag.
„So viel Hass, warum hasst Du mich so sehr, mein Kind? Weil Du mich nicht aufgehalten hast? Weil Du nicht bemerkt hast, dass ich den Propheten den Rücken gekehrt habe? Weil Du das nicht erfüllt hast, was Du für Dein Schicksal gehalten hast?“
Winns Stimme schürte den Zorn in Kira noch mehr, was maßte diese Frau sich an, über ihr Schicksal zu wissen?
„Ich bin nicht hier, um Dir Schmerz zuzufügen, Kira Nerys. Ich bin hier, um Dir die Wahrheit und den Weg zu zeigen. Die Propheten haben wohl überlegt, warum sie gerade mich ausgewählt haben, Dir den Weg zu weisen.
Dein Hass wird einst Dein Prüfstein sein. Dein Hass, der Dich so viele Jahre begleitet hat, der so viele Jahre an Deiner Seele nagte und Dich vergiftet hat. Dein Hass, der Dich von dem trennt, was Du wirklich sein könntest, und der Dich von dem trennt, was Du Dir ersehnst.“

Kira schüttelte den Kopf. „Es gibt nichts, das Sie mir zeigen könnten, Winn. Meine Reise hierher war vergeblich, meine Hoffnung, die ich an die Nachtwölfe und den Geistervedek knüpfte, dahin. Ich weiß nicht, was ich eigentlich zu finden gehofft habe, nur weiß ich eines, aus Ihrer Hand möchte ich keine Antwort darauf!“ Kira funkelte die geisterhafte Erscheinung an.
„Das wäre unsagbar dumm, mein Kind, und dumm warst Du eigentlich nie. Halsstarrig, arrogant, zu sehr von sich selbst eingenommen, ja. Zu sehr wie ich selbst. Ich bin nur das Gefäß der Propheten, und Du willst wirklich dieses Geschenk, das sie Dir machen möchten, abweisen?“ Winn streckte die Hand aus.
„Du fürchtest Dich vor der Wahrheit, Nerys. Vielleicht weil Du sie kennst und weil es so viel leichter ist, in Selbstmitleid zu zerfließen, statt durch die Schleier zu treten, zur Wahrheit und zu Deiner Bestimmung.“
Kira biss die Zähne zusammen. Sie wünschte sich Winn in die Hölle, aber sie würde sich von der Frau, auch wenn sie tot war, nicht Feigheit vorwerfen lassen.
„Zeigen Sie mir, was Sie denken, mir zeigen zu müssen, Winn. Doch wundern Sie sich nicht, wenn ich Sie am Ende davon ebenso hasse wie am Anfang.“ Sie griff fest nach der ausgestreckten Hand, und obwohl sie fast erwartet hatte, durch die durchscheinende Hand hindurchzugleiten, traf sie auf Substanz. Winns Finger schlossen sich um Kiras Hand, und sie zog sie mit sich in ihr Reich zwischen Leben und Tod, Vergangenheit und Zukunft.
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