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Voyager Companions In Fate - Teil 1: Home

von Julian Wangler

Kapitel 2

„Captain an Deck!“

Hundertfünfzig Seelen, versammelt auf engem Raum. Die Mannschaft nahm Haltung an. Kathryn Janeway, gekleidet in ihre Galauniform, stand an der Spitze der eng gedrängten Besatzung in Frachtraum eins und ließ den Anblick auf sich wirken. Ihr Blick wanderte von einer Person zur nächsten.

Das würde bittersüß werden, teilte ein Gefühl ihr mit. Langsamen Schritts trat sie hinter das Podium.

„Rühren.“, sagte sie, und alle nahmen eine entspanntere Haltung an. Sie blickte auf das PADD in ihrer Hand hinunter, legte es dann vorsichtig ab. Obwohl sie Stunden damit verbracht hatte, eine gute Rede vorzubereiten, erkannte sie jetzt, dass sie diese nicht einfach ablesen würde. Was nun zu sagen war, musste frei und spontan sein. Es musste von Herzen kommen. Das war sie den Männern und Frauen, die vor ihr standen, verdammt nochmal schuldig.

„Vor sieben Jahren,“, fing sie an, „traf ich eine Entscheidung, die diese Besatzung und dieses Schiff Zehntausende von Lichtjahren in der Ferne stranden ließ. So notwendig diese Entscheidung auch war, so sehr wusste ich, was ihre Konsequenzen bedeuteten. Wir waren allein, in einem unbekannten Teil der Milchstraße. Doch schon damals war ich fest davon überzeugt, dass wir es schaffen würden, in die Heimat zurückzukehren. Das Wann war unklar, aber ich wusste, dass es geschehen würde.

Heute ist dieser Tag. Wir sind wieder zuhause. Wir werden unsere Freunde und Familien wiedersehen. Wir haben viele Herausforderungen gemeistert und viel gelernt – über das All wie über uns selbst.“ Instinktiv glitt ihr Blick über Seven of Nine und den Doktor hinweg, zwei Musterbeispielen für Identität und Selbstfindung. „Wir werden nie vergessen, was wir auf dieser Reise erlebt haben. Sie ist nun ein Teil von uns. Ebenso wenig werden wir diejenigen vergessen, die nicht das Glück hatten, hier heute mit uns zu stehen.“

Janeway legte eine kurze Pause ein und gab sich selbst und ihren Leuten das Gefühl, der Opfer zu gedenken, die einige aus ihren Reihen erbracht hatten. Angefangen mit der Versetzung der Voyager in den Delta-Quadranten, hatte sie im Laufe der Reise insgesamt neununddreißig Personen verloren – viel zu viele. Die Verluste schmerzten noch immer; die bloße Zahl war nahezu unerträglich.

Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste sie jedoch zugeben, dass es unmöglich gewesen war, angesichts der zahllosen Hindernisse, auf die sie gestoßen waren, jedes einzelne Mannschaftsmitglied heimzubringen. Aber wie sehr hatte sie sich das gewünscht. Jeder Einzelne, den sie verlor, löste tiefes Leiden in ihr aus, das sie schwer prüfte. Doch langfristig war Janeways Wille nur gestärkt worden, ihren Schwur zu erfüllen: die Voyager heimzubringen. Koste es, was es wolle.

Ihr Blick fand Icheb und die kleine Naomi Wildman. Sie lächelte, ermutigt vom Anblick ihrer Gesichter, und sie dachte auch an zwei andere unvergessliche Begleiter des Voyager-Unternehmens, die im Delta-Quadranten geblieben waren: Neelix und Kes. Sie hatte beiden so viel zu verdanken…

Einen Augenblick dachte sie sogar an Lon Suder, einen psychotischen Betazoiden, der im zweiten Voyager-Jahr mit der Ermordung eines Crewkameraden tief gefallen war und seitdem vergeblich darum gekämpft hatte, Janeways Vertrauen zurückzugewinnen. Letzten Endes hatte er dieses Vertrauen aber errungen, und zwar als er sein Leben dafür gab, die Voyager aus der Gewalt der Kazon zu befreien und die Mannschaft aus ihrem Exil zu retten.

„Aber denken wir nicht nur daran, welche Opfer wir bringen mussten. Vergewissern wir uns auch, was wir gewannen. Wir haben unglaublich viel gewonnen…“

Nun fand ihr Blick den Chakotays, jene aus ihrer Perspektive wohl allergrößte Überraschung des Voyager-Unterfangens. Sie hatten als Widersacher begonnen und waren in einer Weise zusammengewachsen, wie es ihr nie vorstellbar gewesen wäre. Inzwischen kannte sie diesen Mann, den sie hatte quer durch die Badlands jagen sollen, wie ihre zweite Haut, sie vertraute ihm grenzenlos, und sie verstand seine Beweggründe.

Seine Geheimdienstakte bei der Sternenflotte hatte ihn in ein völlig falsches Licht gerückt. Wenn Janeway hätte zusammenfassen müssen, welche Person Chakotay für sie war, so hätte sie folgende Worte verwendet: Ein tugendhafter Soldat und ein weiser Philosoph. Er hatte sie nie hängenlassen und immer an sie geglaubt. Sie konnte sich kein Leben mehr ohne ihn vorstellen.

„Jeder aus dieser Mannschaft hat auf seine Art dazu beigetragen, diese Reise zu der erstaunlichen Leistung zu machen, die sie war. Es ist eine Ehre, mit Ihnen zusammen gedient zu haben. Ich habe immer mehr und mehr von Ihnen gefordert, und Sie haben nie nachgelassen, mich mit Ihrem Einfallsreichtum, Ihrem Mut und Ihrer Hingabe zu überraschen und zu verblüffen. Jeder von Ihnen ist im Laufe dieser Heimfahrt über sich hinausgewachsen…“

- - -

Während die Besatzung der Ansprache lauschte, erlebten die Glücksgefühle einen neuen Höhepunkt. Das Glück, es endlich geschaffen zu haben, war mit Händen greifbar. Es war kein Traum, keine Einbildung, keine Täuschung, sondern die Wahrheit.

Einige Personen fieberten einfach nur noch dem Moment entgegen, wieder mit ihren Nächsten vereint zu sein. Andere aber nahmen Janeways Worte zum Anlass, zurückzublicken. Sie gingen in Gedanken auf Reisen. Sie sahen sich vor all den Jahren, wer sie gewesen waren, und sie sahen sich, wer sie schließlich geworden waren. Einige fragten sich auch, wer die Frau war, die diesen Triumph erst möglich gemacht hatte. Die Frau, die sie sieben Jahre lang durch die Ferne geführt hatte.

Als es sie auf die andere Seite der Galaxis verschlug, hatten Captain und Crew so gut wie nichts voneinander gewusst. Gerade erst mit der Voyager zur ersten Mission gestartet, waren sie füreinander Fremde gewesen. Und doch hatten sie von Anfang an einander Vertrauen schenken müssen, denn zwischen entlegenen Sternen war ihre Gemeinschaft ihr einziger Anker gewesen.

Kathryn Janeway hatte dieses Vertrauen nie enttäuscht. Sie war stets zu allem entschlossen gewesen, angetrieben von einem leidenschaftlichen Forscherdrang. Sie hatte ihre Besatzung ehern beschützt, obwohl sie immer wieder feststellen musste, dass dies nicht in jeder Situation möglich war. Verluste hatten sie getroffen, aber niemals verzagen lassen. Sie hatten ihren Willen und ihre Entschlossenheit nur mehr geschärft.

Janeway besaß die Fähigkeit, in jeder noch so großen Katastrophe etwas Positives vorzufinden. Sie war der Typ Frau, der früher oder später einging, wenn sie nicht gefordert wurde. In den Monaten in der Leere hatte die Besatzung erlebt, was passierte, wenn Janeway von der eigenen inneren Stimme des Zweifels übermannt wurde. Umgekehrt blühte sie im Angesicht von existenziellen Krisen auf.

Janeway war eine immens pflicht- und wertebewusste Frau. Um diese Werte hochzuhalten, hatte sie oft Nachteile und Probleme in Kauf genommen. Verantwortung hatte stets eine zentrale Rolle in ihrem Weltbild gespielt. Vor ihrer Verantwortung war sie nie davongelaufen.

Aber die Zeit im Delta-Quadranten hatte auch zunehmend eine andere Seite an ihr offengelegt: eine Art Dickköpfigkeit, Sturheit und die Eigenschaft, im Kampf mitunter waghalsig aufzutreten. Das prominenteste Beispiel war wohl das Schicksal der Equinox, dem anderen Sternenflotten-Schiff, das vom Fürsorger in den Delta-Quadranten gezogen worden war. Janeway hatte alles auf sich genommen und sogar das Leben der Crew riskiert, um Ransom und seine Leute einer Bestrafung zuzuführen.

Im Nachhinein hatte Janeway sich in einer Ansprache bei der Besatzung entschuldigt. Sie hatte eingeräumt, in ihrem Bestreben, die Equinox dingfest zu machen, eine professionelle und persönliche Grenze überschritten zu haben; ihre Logik und Moral seien fehlerhaft gewesen. Sie hatte betont, wie dankbar sie gewesen sei, dass ihr in jenen dunklen Tagen die konstanten Ratschläge und Mahnungen ihrer Commanders Chakotay und Tuvok dabei geholfen hatten, die Perspektive zu wahren und auf den rechten Weg zurückzufinden.

Das zeichnete Janeway am Ende auch aus: dass sie stets die Größe besessen hatte, zu ihren Fehlern und Schwächen zu stehen, wenn sie welche begangen hatte. Sie war niemals ihrem Stolz erlegen. So war auch sie unter dem Strich gewachsen und hatte der Crew ein Beispiel gegeben. Sie war eine menschliche Anführerin gewesen, das Oberhaupt einer besonderen Gemeinschaft, die alle, die hier und heute versammelt waren, in ihren Herzen trugen, ganz egal, wer sie früher einmal gewesen waren und auf welcher Seite sie gestanden hatten.

- - -

„Nun sind wir am Ziel, das uns so lange so unerreichbar schien. Die Reise geht zu Ende.“

Die Kehle wurde ihr eng, und sie blinzelte mehrmals. Sie blickte über das Meer der Gesichter hinweg und wusste, dass sie jeden Einzelnen und ihr Schiff, die Voyager, schrecklich vermissen würde. Denn obwohl noch nicht klar war, wie es mit ihnen weiterging, stand fest, dass die Crew nicht komplett zusammen bleiben würde. Und was Janeway betraf, hatte sie bereits gewisse Gerüchte aufgeschnappt, dass das Oberkommando offenbar darüber nachdachte, sie zu befördern. Veränderungen kamen ohne Zweifel auf sie zu.

Eine Woge der Melancholie und Rührung schwappte über sie hinweg. Leise seufzte sie und lächelte. „Wir sind zuhause…aber ein Teil von uns wird immer hier bleiben. An Bord der Voyager, inmitten der Familie, als die ich uns für alle Zeit betrachte. Jedem von Ihnen… Jedem von Euch, meine treuen Freunde, wünsche ich für die Zukunft nur das Beste.“

Applaus erscholl, und er hielt an. Janeway hatte angenommen, ihr Herz sei schon zum Bersten gefüllt, doch nun floss es über. Tränen rannen ihr aus den Augenwinkeln, bildeten Rinnsale auf ihren Wangen. Sie konnte nichts dagegen unternehmen.

Das war ein unsterblicher Moment. Sie wusste, sie würde sich daran für den Rest ihres Lebens erinnern. Wie sie die scheinbar endlosen Reihen ablief, mit den Leuten lachte, sie umarmte, ihnen die Hände schüttelte, wie sie ihr auf die Schulter klopften. Sie versuchte sich jedes Wort einzuprägen, jedes Gesicht, alles, was diesen Augenblick der tiefen Kameradschaft ausmachte.

Hier, auf der Voyager, hatte sie ihre Erfüllung gefunden. Doch es würde noch einige Jahre brauchen, bis sie sich dies vollends eingestand. Bis sie bereit war, die Reise fortzusetzen.

- - -

Für alle Besatzungsmitglieder und ihre Gäste war vonseiten der Sternenflotte in San Francisco eine große Willkommensfeier geplant. Da es höchst kompliziert gewesen war, eine solche Sause in so kurzer Zeit zu organisieren, wurden alle Besatzungsmitglieder gebeten, das Schiff nicht vor der Feier zu verlassen, um Freunde und Familie in einem großen Showeffekt zu begrüßen.

„Das macht mich wahnsinnig!“, fluchte Harry Kim im Quartier seines Freundes Tom Paris, während er auf und ab ging wie ein eingesperrtes Tier. „Warum können wir sie nicht schon jetzt treffen?“

„Sternenflotten-Bürokratie. Das heißt für Dich, Harry: Keine W-Fragen stellen, Klappe halten und Anweisung befolgen.“, sagte Tom und gurrte dann die kleine Miral an. Die allerdings war wenig beeindruckt. Sie betrachtete ihn aus weit aufgerissenen Augen, öffnete dann den Mund und weinte.

Tom erhob sich und drückte Kim die Kleine in die Arme. „Hier. Dann ist das ganze Auf und Ab zumindest nicht umsonst.“

„Du hast gut reden.“ Kim wog das Baby ungeschickt und musste fast schreien, um sich über das Gekreische verständlich zu machen. „Du hast Deinen Dad vor jedem anderen auf diesem Schiff gesehen. Sccchhh… Sccchhh…“

„Mag sein, aber ich hab‘ nicht unbedingt darum gebeten, oder? Und vergiss nicht: Ich treffe wohl sehr bald meinen Schwiegervater.“

„Und was ist daran so schlimm?“, wollte B’Elanna wissen, die gerade aus dem Badezimmer kam und ihre Galauniform zurechtrückte. Zum zweiten Mal an diesem Tag musste sich die Crew herausputzen – zuerst für Janeways Ansprache, und nun stand in Kürze eine Außenmission der besonderen Art an.

„Ach ähm…“, sagte Tom zu seiner Frau. „Weißt Du, schlimm ist es nicht, aber für gewöhnlich sind Ehemänner mit ihren Schwiegervätern nicht so ganz grün.“

B’Elanna legte eine Hand in die Hüfte. „Und was ist mit Ehefrauen und ihren Schwiegermüttern?“

„Wär‘ auch möglich, dass Du und B’Elannas Vater Euch prächtig versteht.“, meinte Kim. „Wart es ab. Am Ende geht Ihr noch zusammen ins Stadion.“

Tom verdrehte die Augen. „Mir wär‘ da eine gemeinsame Begeisterung für Oldtimer aus dem 20. Jahrhundert schon lieber…“

„Darauf würde ich nicht wetten.“ B‘Elanna warf einen Blick darauf, wie Kim das Baby wog. Miral hatte vor ein paar Sekunden schlagartig zu schreien aufgehört. „Hey, Sternenflotte, das machst Du ziemlich gut.“, sagte sie anerkennend. „Schade nur, dass wir Dich nicht als Babysitter engagieren können.“

„Und warum nicht?“, fragte Kim.

„Na ja, jetzt, wo Captain Janeway Deine Beförderung in die Wege geleitet hat, erwartet Dich sicher eine steile Karriere an Bord eines anderen Sternenflotten-Schiffes.“

Janeways Beförderung. Sie hatte eine Weile auf sich warten lassen, aber aus rückwärtiger Sicht schien es so, als hatte sie dabei nur ein besonderes Gespür für Dramatik bewiesen. Bei der Sternenflotte hatte Janeway ein Sondergutachten eingereicht, das nur höchst selten zum Einsatz kam. Danach würde ihr jahrelanger OPS-Offizier die Stufe des Lieutenant einfach überspringen und aufgrund seiner außergewöhnlichen Leistungen direkt zum Lieutenant Commander hochgestuft werden.

„Eine blühende Laufbahn erwartet Dich, Harry.“, knüpfte Tom an B’Elannas Worte an. „Dagegen wirst Du kaum ‘was unternehmen können.“

Kim lächelte und fühlte die Zuneigung zu Tom und B’Elanna. Die Bezeichnungen, die er und B’Elanna einst verwendet hatten, um die Kluft zwischen ihren beiden Organisationen kenntlich zu machen, waren längst zu Kosenamen geworden. Diese beiden Personen waren die engsten Freunde, die er je gehabt hatte. „Hey, ich verspreche Euch ‘was. Egal, wo ich landen werde – ich werde öfter auf einen Besuch vorbeikommen als Euch lieb ist. Ihr werdet sehen.“

„Mit anderen Worten…“, schloss Tom hoffnungsfroh. „Die Abenteuer von Captain Proton und Buster Kincaid werden weitergehen.“

Harry war gerührt. „Worauf Du Dich verlassen kannst, mein Freund.“

- - -

Nachdem Harry gegangen war, um sich für die Feier fertigzumachen, standen die beiden frisch gebackenen Eltern an Mirals Krippe und schauten zufrieden auf ihr Töchterchen hinab, das sich eine ruhige Minute gönnte. Seit ihrer Niederkunft hatte sie beinahe durchgehend geschrien, doch Harry hatte sie wie von Zauberhand besänftigt.

„Wer weiß, vielleicht probiert sie ja demnächst mal ‘was Neues…“, überlegte Tom.

„Und was?“

„Schlafen.“

B’Elanna schlang Tom beide Arme um den Nacken und schaute ihm in die blauen Augen. „Wir sind also wieder zuhause. Und was werden wir jetzt anstellen?“

Tom kniff die Augen zusammen, so als denke er ernsthaft über die Frage nach. „Wie wär‘s zuerst mit einem schönen, langen Urlaub auf Gedi Prime?“

„Bevor oder nachdem man uns Maquis wieder in den Knast gesteckt hat?“, fragte B’Elanna.

Er schüttelte den Kopf. „Das wird nicht passieren.“

„Versprich nichts, was Du nicht halten kannst.“, warnte B’Elanna ihn.

„Okay.“, meinte Tom. „Drücken wir‘s so aus: Falls alle Stricke reißen, dann findet der Urlaub eben in Auckland statt. So übel ist es da gar nicht. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Und ein paar von Chakotays alten Freunden sollen dort angeblich auch noch abhängen.“

Auf B’Elannas Lippen deutete sich ein Lächeln an. „Ach ja?“

Tom nickte, und seine Hand wanderte an ihre Taille. „Ich hab' gehört, Maquis haben Rhythmus im Blut. Das könnte eine gute Party unter blauem Himmel geben.“

„Gefällt mir, Fliegerjunge.“, sagte B’Elanna, die sich ihm immer weiter genähert hatte. „Behalten wir das doch im Hinterkopf.“

Mit einem leidenschaftlichen Kuss raubte sie ihm den Atem.

- - -

Seven of Nine stand in Frachtraum zwei vor einer Konsole und versuchte sich der Emotionen gewahr zu werden, die der blaugrüne Planet auf dem Schirm in ihr weckte. Zuvor hatte sie ihn einige Minuten lang aus einem Fenster betrachtet. Es fiel ihr schwer, diese Gefühle in Worte zu fassen. Unbehagen mischte sich mit Neugier und einem eigenartigen Empfinden der wahrhaftigen Heimkehr.

Letzteres hatte eindeutig etwas mit dem Umstand zu tun, dass ihre Eltern – ja, und auch sie – von diesem Planeten stammten, den sie in Kürze betreten würde. Ferne Vertrautheit existierte in Bezug auf die Erde, aber gleichzeitig war sie auch ungeheuer fremd für einen Menschen, der die meiste Zeit seines Lebens als Borg verbracht hatte. Es war konfus.

Sich an die entfesselten Gefühle anzupassen, stellte sich als schwerer heraus, als sie erwartet hatte. Der Doktor hatte sie offensichtlich nicht hinreichend darauf vorbereiten können. Oder lag es vielmehr an ihr, die sie seine Lektionen nicht gut genug beherzigt hatte? Jedenfalls stritt zurzeit sehr viel Ungeordnetes in ihr wider, prallte aneinander und trieb erneut herum, bis es weitere Zusammenstöße gab. Ihr emotionaler Kosmos war dem Innenleben eines bewegten Asteroidenfelds derzeit gar nicht unähnlich.

Seven erwartete eine Nachricht von der Erde, bevor sie in den Maschinenraum gehen wollte, um dort Fähnrich Vorik bei einigen speziellen Reparaturen zu assistieren. Es war vermutlich noch etwas Zeit, bevor die Besatzung das Schiff verlassen konnte.

Schließlich kam eine Transmission herein, und Seven nahm sie entgegen. Eine silberhaarige, adrette Frau erschien auf dem Monitor. Eine hübsche Frau, deren freundliches Lächeln sie an ihren Vater erinnerte.

Als Irene Hansen um Punkt neunzehn Uhr Erdstandardzeit auf dem Schirm erschien, war Seven erfreut über die Zuverlässigkeit ihrer Tante – was eine wichtige Voraussetzung für Effizienz war –, obwohl ihre menschliche Seite gehofft hatte, der Anruf käme nicht zustande.

„Annika, wie schön Dich zu sehen!“, schwärme ihre Tante.

„Ich bin ebenfalls erfreut.“, erwiderte Seven etwas steif.

„Ich kann es gar nicht erwarten, Dich bei der bevorstehenden Feier in San Francisco wiederzusehen! Und anschließend kommst Du zu mir nachhause, ja? Ich mache Erdbeertorte. Nach der warst Du früher ganz verrückt. Du kannst bleiben, so lange Du willst. Ich möchte Dir gerne Chicago zeigen und Dich einigen Leuten vorstellen…“

„Das…ist sehr freundlich von Dir.“ Seven zögerte und versuchte sich einiger Lektionen aus ihren Sozialstunden mit dem Doktor zu entsinnen. „Allerdings ist vieles für mich neu. Ich brauche ein wenig Zeit, um mich anzupassen. Das Tempo der Anpassung sollte, wenn möglich, nicht zu hoch sein.“

Seven bereute ihre Worte sogleich wieder. Sie hatte gesprochen wie eine wahre Borg. War sie über diesen Punkt nicht schon seit einer ganzen Weile hinaus? Vermutlich war es die Unsicherheit, die ihr Gebaren gelenkt hatte. Sie wollte ihre Tante nicht vor den Kopf stoßen, musste aber auch Rücksicht auf den Umstand nehmen, dass ihr die Heimkehr der Voyager Sorgen bereitete. Sorgen vor einer Reizüberflutung und Überforderung.

„Hör zu, Annika.“, sagte Irene gefühlvoll. „Ich kann mir denken, dass das alles zu Anfang etwas viel für Dich sein wird. Du kannst Dir alle Zeit nehmen, die Du brauchst. Ich werde auf der Feier sein, und dann freue ich mich über Deinen Besuch bei mir zuhause. Alles Weitere lassen wir gemeinsam auf uns zukommen, und ich richte mich ganz nach Deinen Bedürfnissen. Einverstanden?“

Seven schenkte ihr ein dünnes Lächeln. „Einverstanden.“

„Wir sehen uns in San Francisco, meine liebe Annika. Bis dahin.“ Irene strahlte ihre wiedergefundene Nichte an und beendete die Verbindung.
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