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Voyager Companions In Fate - Teil 4: Departure

von Julian Wangler

Kapitel 1

28. März 2381
Erde, San Francisco

„Und, was hat der Botschafter dann gesagt?“, fragte Chakotay.

„Folgendes…“ Kathryn machte ein allzu ernstes Gesicht, als sie das Kinn hob und so basslastig, wie sie nur konnte, sagte: „Wenn es dem Föderationsrat ernst damit wäre, Handelsbeziehungen mit den Kantoori aufzunehmen, hätten sie einen Telepathen geschickt.“ Sie grinste breit. Kichernd sprach sie weiter: „Ich muss zugeben, ich wusste nicht, was ist darauf erwidern sollte.“

Sie saßen auf der Terrasse eines chinesischen Restaurants in der Hafenbucht von San Francisco, und über ihren Köpfen erhellten Millionen Sterne die Nacht. Leichter Regen fiel über die Stadt, doch hier war nichts davon zu spüren. Drei Meter über den Köpfen der Gäste fing ein diskretes, transparentes Kraftfeld die kalten Tropfen ab, und die sorgsam versteckten Umweltkontrollen in den Topfpflanzen und Natursteinmauern gewährleisteten im Außenbereich des Etablissements trotz der Kühle des späten Abends angenehme Temperaturen.

Eigentlich hatte Kathryn für sie beide kochen wollen, doch in Anbetracht der bisherigen Erfahrungen mit ihren Kochkünsten hatte Chakotay vorgeschlagen, dass sie ihre Tradition fortsetzten und einmal mehr ausgingen. Verkürzt gesagt war Kaffee das einzig Konsumierbare, das Kathryn ohne die Hilfe eines Replikators zubereiten konnte, und selbst dann waren die Ergebnisse manchmal bescheiden. Dafür genoss Chakotay ihre Gesellschaft umso mehr.

Während des gesamten Abendessens hatten sie über Themen rund um ihre Arbeit gesprochen, aber es war ihnen stets gelungen, das Humorvolle und Ironische darin zu erkennen. Sie hatten viel miteinander gelacht.

Eigentlich konnten sie beide es sich kaum leisten, hier so unbeschwert zusammenzusitzen, denn jeder von ihnen ertrank derzeit in Aufträgen. Trotzdem schien es Chakotay, wenn er Kathryns herzlich lächelndes Gesicht sah, dass er all die Berge und Sturzfluten an Arbeit nur deshalb so effektiv und ohne Müdigkeit vorzutäuschen bewältigte, damit er wieder mit ihr beisammensitzen konnte, so wie heute Abend.

Dennoch musste Chakotay zugeben, dass es trotz der fröhlichen Atmosphäre ihrer mittlerweile eingespielten Treffen nicht ganz so war wie sonst. Irgendetwas schien Kathryn Kopfzerbrechen zu bereiten, aber jedes Mal, wenn er sie darauf ansprach, wiegelte sie ab und wechselte ganz schnell wieder das Thema. Warum sie nicht mit ihm darüber reden wollte, war ihm unklar, aber er kannte sie inzwischen gut genug, dass er sicher sein konnte: Sie verheimlichte ihm nichts. Daher war sie sich der Sache, die sie beschäftigte, vermutlich noch nicht ganz sicher, und sie wollte ihn wahrscheinlich auch nicht damit belasten.

Hatte es irgendetwas mit ihrer Tätigkeit im Oberkommando zu tun? Das schien recht wahrscheinlich, aber worum es gehen mochte, war reine Spekulation. Er hätte ihr am liebsten in dieser Angelegenheit zur Seite gestanden, aber andererseits würde er ihr vermutlich nicht von großem Nutzen sein: Morgen brach die Voyager zu einer dreiwöchigen archäologischen Mission nach Talandros VI auf.

„Was ist eigentlich mit Captain Lakandii geschehen?“, fragte Kathryn kurz darauf und lenkte das Gespräch damit endgültig weg von der Arbeit in eine sehr persönliche Richtung, während sie sich noch ein Glas Wein einschenkte.

„Ach ähm… Nichts.“

„Nichts?“

„Nein.“

Die Voyager hatte ein kurzes Zusammentreffen mit der Crazy Horse gehabt, bei dem Chakotay Bekanntschaft mit ihrem deltanischen Captain gemacht hatte, einer charismatischen und schönen Frau namens Della Lakandii. Chakotay hatte sich von ihr ein paarmal zum Abendessen einladen lassen. In den letzten Wochen hatte er sie gelegentlich erwähnt, und das hatte Kathryn irgendwie angestachelt. Chakotay hatte angenommen, sie zu nerven oder zu langweilen, also unterließ er weitere Erwähnungen Lakandiis.

„Wo wir schon dabei sind: Was ist mit Dir und Admiral Bontrek?“, neckte er nun freundlich zurück.

Kathryn verdrehte gespielt die Augen. „Sagen wir einfach, dass ich jetzt verstehen kann, warum er zwei Scheidungen hinter sich hat. Er macht auf mich nicht gerade den Eindruck, als wäre er dafür geeignet, in festen Händen zu sein. Aber vielleicht hat das ja auch etwas mit dem Umstand zu tun, dass ein Viertel von ihm Telonier ist, und die sind nun mal von Natur aus polygam.“

„Dumme Sache.“ Chakotay konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Du findest das amüsant?“

Er fing sich wieder. „Na ja, dem Sprichwort nach wirst Du jetzt zumindest Glück im Spiel haben.“

„Nein, nein.“, widersprach sie ihm. „Das Sprichwort geht nur in die eine Richtung: Pech im Spiel, Glück in der Liebe.“

Er nickte. „Dann müssen wir es nur noch irgendwie hinkriegen, dass Du Pech im Spiel hast, bevor es mit der Liebe klappt.“

Kathryn legte den Kopf an, und ihre Augen suchten die seinen. Die Art, wie sie ihn betrachtete, ließ ihn auf einmal unendlich ernst werden. Seine Fassade brach in sich zusammen. Einen Moment lang musterte sie ihn, suchte in seinem Blick, und fragte anschließend: „Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass Du in Wahrheit froh bist, dass die Sache zwischen Bontrek und mir nicht funktioniert hat?“

Eine nur allzu bekannte Nervosität ließ sein Herz schneller schlagen, auch wenn er eine unbeteiligte Miene beibehielt. Es wäre einfach gewesen, es abzutun. Schon seit Jahren tanzte Chakotay diesen Tanz mit Kathryn, und es gab keinen Grund, anzunehmen, dass es heute Abend anders verlaufen würde.

Mit glänzenden Augen sah sie ihn an. Ihr tiefer und ungestümer Blick strahlte etwas Herausforderndes aus, neugierig und argwöhnisch zugleich. Er hätte jetzt leicht kontern können, dass sie ja offenbar auch nicht gerade unglücklich war, dass das kleine Techtelmechtel zwischen Lakandii und ihm nur von kurzer Dauer gewesen war. Aber heute war er irgendwie nicht in der Stimmung dafür.

Schon vor langer Zeit hatte Chakotay die Tatsache akzeptiert, dass er Kathryn Janeway liebte. Über die Jahre hinweg war diese Liebe beständig und verlässlich geworden, eine Beziehung zwischen zwei Leuten, die einzigartige Erfahrungen miteinander geteilt hatten und Gemütszustand, Bedürfnisse und Ängste des anderen erspüren konnten, ohne sie aussprechen zu müssen. Er wusste nicht, wie Kathryn über all das dachte, aber seit jenen denkwürdigen Tagen auf New Earth im zweiten Voyager-Jahr wusste sie vermutlich, was er für sie empfand. Doch inzwischen war so viel Zeit vergangen, dass diese Sache einfach verdrängt worden war.

Dieser Abend war anders als die anderen. Ein starkes Empfinden schob Chakotay aus seiner Deckung. Es war die Angst, dass er sie irgendwann verlor, wenn er weiterhin nur ein Freund war. Die Voyager hatte sie bereits vor Jahren verlassen – er war ihr als Captain nachgefolgt –, und vielleicht würden ihre ausufernden Verpflichtungen eines Tages bedeuten, dass sie einander nicht mehr sehen konnten und sich auseinanderleben.

War das nicht sogar eine wahrscheinliche Entwicklung? Wie lange würde es wohl dauern, bis die Voyager längere Zeit nicht mehr zur Erde zurückkehrte? Oder was, wenn man Kathryn in irgendeinen abgelegenen Sektor schickte, um dort eine Raumbasis zu leiten oder die lokale Sternenflotten-Präsenz zu koordinieren? Das war alles im Bereich des Möglichen.

Chakotay schwieg und betrachtete sie einen Moment. Kathryn senkte den Blick und begann, die Reste ihres Abendessens auf dem Tisch zu ordnen. Sie schob den Teller in Richtung Tischmitte, faltete die Serviette, die auf ihrem Schoß gelegen hatte, ordentlich zusammen und legte sie auf den Teller.

„Weißt Du,“, sagte sie dann, „es gibt da einen Ort, den ich wahnsinnig gerne mit eigenen Augen sehen würde. Der Planet heißt Lotanda und soll paradiesgleich sein. Ich habe gehört, über Nacht schießen Abertausende kleiner, fluoreszierender Blumen aus dem Boden, und dass es dort Wasserfälle gibt, die alles in den Schatten stellen, was man sonst in der Föderation findet. Man soll dort fantastisch wandern können. Ich…“ Sie unterbrach sich und sah ihn an. „Ich würde gerne mit Dir eines Tages dorthin gehen…und sehen, was passiert.“

Als er nun die vorsichtige Hoffnung bemerkte, die ihr ins Gesicht geschrieben stand, hätte er sich selbst dafür treten können, dass er diese Zeichen bisher nicht bemerkt hatte. Er war so sehr damit beschäftigt gewesen, sich selbst nicht zu verraten und abzuschirmen, was in seinem tiefsten Innern vor sich ging. Doch nun begann Chakotay sich zu fragen, ob es bei Kathryn nicht genauso gewesen war? Fürchteten sie beide sich so sehr, sich zu ihren Gefühlen zu bekennen, dass sie die Wahrheit im anderen nicht erkannt hatten?

Vorsichtig legte sie eine Hand auf die seine. Ihr Daumen strich zärtlich über seine Finger, die inzwischen das Weinglas losgelassen hatten. Ohne aufzusehen, antwortete er: „Ich nahm an, dass Du das nicht möchtest, Kathryn.“

Kurz blickte er auf, um sich davon zu überzeugen, dass auch ihr Blick gesenkt war. „Ich hatte niemals nie gesagt, aber all die Jahre im Delta-Quadranten wäre diese Möglichkeit undenkbar gewesen.“

„Das habe ich stets gewusst und respektiert.“, warf er ein.

„Ja, das hast Du.“

Er erinnerte sich, wie sie ihm einst erzählte, dass Mark Johnson, ihr ehemaliger Verlobter, sich einer anderen Frau zugewandt hatte, nachdem er Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der Voyager davon ausgehen musste, dass sie tot war. Inzwischen war diese Wahrheit leicht überholt, aber Kathryn hatte nur gewusst, was er sie hatte wissen lassen. Es war hart für sie gewesen, zu erkennen, dass sie nun allein war, doch ganz langsam begann sie sich zu öffnen. Seitdem hatte sie ihn regelmäßig zum Frühstück oder Abendessen in ihr Quartier eingeladen, und ihre Beziehung war von da an sehr viel persönlicher geworden. Doch die rote Linie zu überschreiten und ein Verhältnis mit ihrem Ersten Offizier anzufangen, wäre ihr niemals in den Sinn gekommen.

Im Rückblick erkannte Chakotay, dass er aus diesem Grund eine kurzweilige Beziehung mit Seven of Nine eingegangen war. Sicherlich hatte er der schönen und intelligenten Ex-Borg helfen wollen, ihre Menschlichkeit zu erforschen – und wer war er, dass er eine attraktive Frau zurückwies? Doch der wahre Grund, warum er sich in dieses Verhältnis stürzte, war, dass Kathryn für ihn unerreichbar gewesen war. Dementsprechend war es nach wenigen Wochen schon wieder vorbei gewesen – er hatte die Affäre beendet. Chakotay musste erkennen, dass nichts und niemand ihn über die unerfüllten, tiefen Gefühle hinwegtrösten konnte, die er für Kathryn empfand.

Es war die letzte Vision von Kolopak, die ihm Klarheit gebracht hatte. Doch Chakotay hatte nie den Mut gefunden, Kathryn davon zu erzählen, weil er fürchtete, sie damit unter Druck zu setzen oder gar vor den Kopf zu stoßen.

„Und dann kamen wir nachhause, zurück in eine Föderation, die sich in wenigen Jahren unglaublich gewandelt hat.“, fuhr Kathryn fort. „In dem Augenblick, als ich dieses Bild auf dem Hauptschirm sah, das so lange Zeit nur ein schwüler Traum gewesen war, schien so vieles möglich. Aber es zog uns auseinander. Und ich bin daran schuld. Ich habe den Fehler begangen, nicht mehr über den Tellerrand von dem, was mein Leben geworden ist, hinauszublicken.“ Ihre Stimme hatte einen harten, anklagenden Ton angenommen.

„Willst Du denn darüber hinausblicken?“

„Oh ja.“, sagte sie mit großen, leuchtenden Augen. „Weißt Du, Chakotay, in den letzten Wochen ist mir eines klar geworden: Ich habe eindeutig zu viel für meine Karriere geopfert. Die Beförderung zu akzeptieren, war ein Fehler.“

„Das glaube ich nicht.“

„Ich aber.“, beharrte Kathryn, die ein natürliches Talent dafür besaß, hart mit sich selbst ins Gericht zu gehen. „Ich habe mich die Treppe hinaufstoßen lassen, weil es meinem Ego schmeichelte. Aber die Konsequenzen für die Gemeinschaft habe ich nicht bedacht. Das widerspricht allem, was ich in den Jahren dort draußen im Delta-Quadranten gedacht und getan habe.“

„Das darfst Du jetzt nicht missverstehen, Kathryn.“, sagte Chakotay. „Aber nicht alles im Universum dreht sich immer nur um Dich.“

„Nein, vermutlich nicht.“ Ein melancholischer Schatten huschte über ihr Gesicht. „Nenn es rückwärtige Verklärung, aber ein Teil von mir beginnt sich nach den Tagen im Delta-Quadranten zurückzusehnen. Ich weiß schon, was Du darauf erwidern würdest. Wir waren ständig bedroht, ja, wir mussten um unser Überleben kämpfen, ja, die Chancen standen oft schlecht und die Lage war trostlos. Aber es gab auch die vielen Wunder und Überraschungen…und die Tatsache, dass wir – hundertfünfzig Frauen und Männer – alles miteinander teilten. Wir waren frei.“, brachte sie wehmütig über die Lippen. „Wenn ich die Augen schließe, dann sehe ich sie alle, die vielen Spuren, die wir dort, auf der anderen Seite der Galaxis, hinterlassen haben. Diese Spuren sind unauslöschlich, denn sie sagen weit mehr über uns aus als jeder Bericht, jede Belobigung…jede Beförderung.“ Sie ließ ein paar Sekunden verstreichen. „Was haben mir ein paar goldene Pins mehr am Kragen eingebracht? Sie haben mich nur weggeführt von dem, was mir lieb und teuer ist. Wäre ich nicht weggegangen, wäre die Familie vielleicht nie zerfallen.“

Zweifellos meinte sie den Umstand, dass nach ihrer Beförderung in die Reihen des Oberkommandos vor etwas mehr als einem Jahr sich die alte Crew in alle Himmelsrichtungen zerstreut hatte. Von den Führungsoffizieren war außer Chakotay nur noch der Doktor an Bord, welcher inzwischen auf den Namen Joe bestand. Der größte Teil der Frauen und Männer auf der Voyager gehörte nicht der ursprünglichen Besatzung an. Andererseits besaß sie keinen Beweis dafür, dass die Mannschaft nicht getrennte Wege gegangen wäre, wäre sie an der Spitze des Schiffes verblieben. Das alles war doch nur reine Spekulation.

Kathryn seufzte schwer. „Zwar bin ich gerade erst dabei, über mein Leben nachzudenken, aber ich weiß bereits jetzt, dass einige Dinge sich ändern müssen. Sie müssen es, oder ich werde mir das nie verzeihen können.“

Chakotay ließ die Worte auf sich wirken. Wie oft hatte er sich insgeheim gewünscht, dass es eines Tages geschehen würde; dass Kathryn diese Tür für ihn öffnete? Er hatte immer angenommen, dass er geradewegs hindurchstürmen würde. Vielleicht war die jahrelange Erfahrung der Grund dafür, dass er jetzt zögerte, oder die Tatsache, dass er wusste, wie verdammt launenhaft sie sein konnte. Oder vielleicht war es die Angst, niemals zurückkommen zu können, sobald er diese Tür durchschritten hatte. Sie suchte nicht nach einer kurzen, unverbindlichen Affäre, nach einem Zeitvertreib, und konnte anschließend so weitermachen, als wäre nichts zwischen ihnen geschehen. Andere Leute konnten das, aber nicht sie. Sobald Kathryn sich für etwas entschieden hatte, verschrieb sie sich ihm mit Leib und Seele, und von ihm würde sie das auch erwarten. Es war ein Punkt ohne Wiederkehr, und wenn es nicht funktionierte, würde er sie vielleicht für immer verlieren.

Chakotay sah auf und schaute ihr ins Gesicht. Er erkannte Angst, aber auch Erleichterung. Endlich war diese Katze aus dem Sack; es hatte viel zu lange gedauert. Chakotay ging in sich und fand zu dem Schluss, dass ihn nichts im Universum glücklicher machen würde, als die Zukunft gemeinsam mit ihr zu bestreiten. Es war eine simple Erkenntnis, und er wünschte sich nur, er wäre schon früher bereit gewesen, sie zu verwirklichen, auch wenn die Gefahr bestand, dass er Schiffbruch erlitt.

„Wie stellst Du Dir… Ich meine…“ Blut schoss ihm in die Wangen. Chakotay rang nach Worten, als er sich der Entscheidung bewusst wurde, die sie da in Begriff waren zu treffen.

„Ich schlage Dir etwas vor.“, sagte sie lächelnd. Es war dieses leicht verschlagene Lächeln, das er so sehr liebte, und sie als starke, stolze Frau kennzeichnete. „Du schlägst Dich in den nächsten drei Wochen auf Deiner Talandros-Mission durch, und ich gehe mal davon aus, dass Du dort nicht allzu vielen faszinierenden Frauen begegnen wirst, denen Du eventuell erliegen könntest.“

„Na ja, von diesen Pharaoninnenmumien einmal abgesehen.“, kommentierte er.

„Ja, natürlich. Und wenn Du zurück bist, werden wir nach Lotanda fahren und wandern gehen.“

„Und sehen, was passiert?“, griff er auf, was sie vorhin gesagt hatte.

Sie nickte, der Blick voller Sehnsucht.

Für Chakotay war es wie ein magischer Augenblick. Er stand vom Tisch auf und trat neben sie, ohne ihre Hand loszulassen. Einen Herzschlag lang zögerte sie, dann stand sie ebenso auf, um ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Er hörte auf, sich etwas vorzumachen, und gestattete sich, in ihrem Blick zu versinken.

Mehrere umliegende Gäste waren auf sie aufmerksam geworden, jetzt da sie standen. Einige Gespräche waren verstummt, doch das interessierte Chakotay nicht im Geringsten. Er hatte nur Augen für sie. Sie hatte ihr seidiges, brünettes Haar in den letzten Jahren wieder wachsen lassen und war ebenso zur Gewohnheit zurückgekehrt, es während des Dienstes zu einer praktischen Hochsteckfrisur zurückzubinden. Sanft griff er hinauf, entfernte die Nadeln, die sie festhielten, und genoss den Anblick, wie sie den Kopf leicht schüttelte und sich damit gewissermaßen symbolisch von den Jahren der selbstauferlegten Einschränkungen befreite.

Chakotay erinnerte sich noch genau an jenen Moment, da die Voyager im Delta-Quadranten gestrandet war. Sein Schiff war zerstört, seine Maquis-Crew musste sich notgedrungen in die Reihen einer Sternenflotten-Besatzung integrieren. Wenige Jahre später erfuhr er obendrein, dass eine fremde Macht aus dem Gamma-Quadranten, Dominion genannt, den Cardassianern geholfen hatte, die gesamte Maquis-Bewegung auszuradieren und die meisten seiner alten Freunde und Mitstreiter erbarmungslos abgeschlachtet worden waren. Es war einer der schwärzesten Tage seines Lebens gewesen. Aber dann hatte er seinen Dienst angetreten und war in Kathryns Büro gekommen. Und plötzlich war ihm bewusst geworden, dass er nicht nur schreckliche Verluste erleiden musste. Er hatte auch etwas sehr, sehr Wichtiges gewonnen, das seinem Leben eine ganz neue Richtung, einen tieferen Sinn gegeben hatte.

Die unverwüstliche Kathryn war der Anker gewesen, der ihn davor bewahrte, in das Meer seiner eigenen tiefen Traurigkeit hinausgerissen zu werden und sein Scheitern in eine große, verheißungsvolle Chance verwandelte. Sie war sein Schicksal geworden. Und anders als in all den Jahren, in denen sie sein Captain gewesen war, wartete sie jetzt auf ein Zeichen von ihm.

„Mir ist bewusst, was alles geschehen kann – im Guten wie im Schlechten.“, sprach er sanft und strich ihr über die Wange. „Aber eines ist mir jetzt schon klar: Ich würde es nicht ertragen, Dich zu verlieren, Kathryn Janeway.“

„Mir geht es genauso…“

Mit einem Kuss brachte er sie zum Schweigen. Ihre Lippen berührten sich nur kurz und sehr vorsichtig, aber es genügte, um beiden ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, was nach der Rückkehr der Voyager passieren konnte. Eine Linie war überschritten worden, und immerhin war jetzt der Weg in die Zukunft weit offen, was immer sie auch bringen mochte.

Chakotay ging in der Gewissheit, dass bald schon ein neues Kapitel für ihn beginnen würde. Aber er wusste auch, dass der Gang der Gezeiten viel zu eigenwillig war, um seine Launen und Wendungen vorherzusehen. Zumindest aber wusste er eines: Er liebte Kathryn Janeway aus tiefstem Herzen, und er würde um sie kämpfen. Die Zeit des langen Schweigens war vorbei.
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