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Voyager Companions In Fate - Teil 4: Departure

von Julian Wangler

Kapitel 2

1. April 2381
Juvarith, Föderationsraum

Der Planet Juvarith, ein monumentaler Gasriese in einem toten Winkel des Föderationsraums, war um diese Jahreszeit wirklich wunderschön, dachte Lieutenant Commander Tom Paris. Wilde Vulkane und gemarterte Schwefelseen, die aus dem Orbit betrachtet ein kaleidoskopisches Farbenspiel schufen. Andererseits fand Paris es wirklich bescheuert, dass er nach Jahren der Raumfahrt quer durch die halbe Galaxis allen Ernstes so etwas über einen Planeten dachte – er war immer schön…oder auch nicht schön, je nachdem, ob man sich von ihm entzücken ließ oder nicht.

Gut, es wäre vermutlich übertrieben gewesen, Juvarith als Ferienort zu wählen. Abgesehen davon, dass die Tourismusbrache die Welt erst noch erschließen musste, war sie mit Windgeschwindigkeiten von bis zu sechshundert Kilometern pro Stunde ein wenig zugig, und die Landschaft, nun eher die Wolkenlandschaft, konnte ein Schiff mitsamt Insassen leicht zerreißen, wenn es ihr zu nahe kam. Es gab noch mehr exotische Attraktionen: Die Ringe von Juvarith sonderten eine immense elektrolytische Strahlung ab, die das halbe System mit Sensoren undurchdringlich machte.

Das Shuttle war dank eines Deals mit einem klingonischen Geheimdienstagenten, der Paris‘ Kollege aus früheren Zeiten noch einen Gefallen schuldig war, getarnt. Nun strich es an der Oberfläche eines kleinen Mondes im Halsband von Juvarith entlang, während Paris auf die Koordinaten zusteuerte, die Commander Tuvok im Zuge seiner wie immer allzu akribisch ausgeführten Recherchen in Erfahrung gebracht hatte. Doch anders als bei seinen Routineaufgaben in der Zeit auf der Voyager hatte Paris es durchaus interessant gefunden, den Vulkanier von einer neuen Seite kennenzulernen.

Ein Sherlock Holmes mit spitzen Ohren. Das hatte durchaus etwas für sich. Vermutlich war das ein Grund gewesen, warum er – gegen den vehementen und unüberhörbaren Protest seiner geliebten Frau B’Elanna – eingewilligt hatte, den Mars zu verlassen und seinen alten Kameraden auf diese ‚Privatmission‘ zu begleiten. Abgesehen davon verließ Admiral Janeway sich auf sie beide, und das war wohl immer noch der beste Grund, die eigene Karriere aufs Spiel zu setzen.

„Tuvok?“, fragte Paris, während er weiterhin die Anzeigen der Pilotenkonsole im Auge behielt.

„Ja, Mister Paris?“ Tuvok hatte kaum hörbar geseufzt. Seit sie vor mehr als einer Woche in dieses Shuttle gestiegen und dort viele Stunden miteinander verbracht hatten, während sie von A nach B jagten, litt der Vulkanier offensichtlich unter dem großen Konversations- und Unterhaltungsbedarf, den Paris verspürte.

Doch der ließ sich nicht beirren: „Meinen Sie nicht, dass es nach all den Jahren mal an der Zeit ist, dass wir uns…na ja, beim Vornamen nennen.“

Tuvok drehte den Kopf in seine Richtung. „Wie Sie allzu gut wissen, verfüge ich über keinen Vornamen. Doch auch, wenn dem so wäre, hielte ich es nicht für relevant genug, Ihnen etwas Derartiges vorzuschlagen. Die Natur unserer Beziehung würde sich nur durch die Art, wie wir uns ansprechen, nicht ändern.“

„Ich hoffe, Ihrer Frau haben Sie das nicht auch gesagt.“

Tuvok hob eine Braue. „Wieso sollte ich?“

„Na ja, Sie glauben nicht, welche Wunder ein ordentlicher Kosename wirken kann. Natürlich nur, wenn es der Richtige ist. Und wenn er entsprechend liebevoll über die Lippen kommt.“, setzte Paris mit einem spitzbübischen Lächeln hinterher und musste sich gleich eingestehen, dass B’Elanna seine Kosenamen immer gehasst hatte.

„Die Verwendung von Spitz- oder Kosenamen ist eine zutiefst menschliche Angewohnheit.“, stellte Tuvok fest. „Wenn Sie von mir erwarten, dass wir füreinander Kosenamen suchen –…“

Paris unterbrach ihn, indem er zunächst beide Hände hob. „Hey, Tuvok, so weit würde selbst ich nicht gehen. Aber wie wär’s, wenn Sie Ihren logischen Kopf einmal ausknipsen und mich von jetzt an einfach ‚Tom‘ nennen.“

„Nun, wenn das Ihr Wunsch ist… Tom…“, rollte der Vulkanier unverwandt über die Zunge.

Paris grinste. „Sehen Sie, geht doch.“

Er wollte Tuvok danach fragen, wie das gemeinsame Leben mit T’Pel an Bord der U.S.S. Thunderchild verlief und wann er zum letzten Mal seine Kinder auf Vulkan besucht hatte, doch dazu kam er nicht. Vorher schälte sich ein massiver Block aus der Schwärze, der Juvarith auf der Schattenseite eines anderen Trabanten umkreiste. Er war riesig, rätselhaft und trieb wie ein dunkler Geist in der Umlaufbahn. Das Ding war unbestreitbar künstlichen Ursprungs. Was war es, und was machte es hier draußen, so weit entfernt von jeder bekannten Station oder Kolonie?

Vielleicht kriegen wir jetzt endlich ein paar Antworten…, dachte Paris. Die Spuren, denen Tuvok und er in den zurückliegenden Tagen nachgegangen waren, hatten sie hierher geführt. Es wäre schön, wenn die Mühe nicht völlig umsonst war. Doch danach sah es aus, obwohl Paris nicht leugnen konnte, dass ihm diese Art von Enthüllung eindeutig eine Dimension zu groß war.

„Funktioniert die Tarnvorrichtung innerhalb normaler Parameter?“, erkundigte sich Tuvok.

„Einwandfrei, das Ding. Ich denke, die starken atmosphärischen Störungen müssten Ihr Übriges tun, damit wir nicht entdeckt werden. Immerhin hat die Strahlung dieses Ungetüm nahezu perfekt versteckt. Was immer es ist…“

„Fliegen Sie näher heran.“

Paris nickte und nahm Schub weg. Als sie der fremden Konstruktion näher kamen, gab es deutlich erkennbare Anzeichen einer langen, schweren Bauphase. Es musste eine enorme Investition von Zeit und Ressourcen erfordert haben. Nach einigen Minuten wurde erkennbar, worum es sich handelte.

„Das ist ‘ne Konstruktionswerft.“, sprach Paris seine Gedanken aus. „Eine, wie ich sie noch nie gesehen hab‘.“

Tuvok schmälte konzentriert den Blick, während er das Ungeheuer in der Cockpitscheibe betrachtete. „Aber sie gehört eindeutig zur Sternenflotte.“

Paris bezog vor dem gewaltigen Schott Aufstellung.

„Wir können das Innere nicht scannen.“

Nahe der mächtigen Magnetosphäre des Gasriesen herrschten alle möglichen Verzerrungen, und die Strahlung war so stark, dass sie sämtliche Messgeräte beeinträchtigte. Keine Chance, da irgendwie mit den Sensoren durchzukommen.

„Und was machen wir jetzt?“

Eine Antwort kam diesmal wie gerufen. Wenige Minuten später tauchte überraschend ein Dutzend Versorgungsshuttles unterschiedlicher Klassen und Kapazitäten in lockerer Formation auf und bewegte sich direkt auf das Schott zu. Paris kam die Idee, sich in diesem Gewirr einzuordnen. Er flog etwas tiefer, drehte ab und konnte sich dann leicht in die verstreute Formation der Frachtflotte einfügen.

Das Hangartor tat sich wie ein urgewaltiger Schlund vor ihnen auf. Es brauchte nicht lange, um festzustellen, was sich in seinem Innern befand – und dass es sich dabei eindeutig um die Ingenieurkunst der Sternenflotte handelte.

Paris riss die Augen auf und schluckte. „Was zum Teufel geht hier vor sich?“

„Ich weiß es nicht, Tom.“, hörte er Tuvok sagen, der für einen Vulkanier ganz schön perplex klang. „Aber wir müssen noch mehr in Erfahrung bringen… Viel mehr…“

- - -

Erde, San Francisco

„Eines ist sicher: Wenn man uns hier erwischt, werden wir beide unsere Karriere an den Nagel hängen können.“, raunte Lieutenant Commander Harry Kim, während er sich neben seiner Begleiterin an der Konsole zu schaffen machte.

Unwillkürlich fiel sein Blick auf den silbernen Ring an seiner linken Hand. Er erinnerte Kim daran, dass er nun ein verheirateter Mann war. Erst anderthalb Wochen lag die Hochzeit mit Libby zurück. Es war ein unglaubliches Fest gewesen. Auf Libbys Wunsch hatten sie sich im Herzen von Lissabon das Jawort gegeben und anschließend gefeiert. Natürlich hatte sie vier- bis fünfmal so viele Familienmitglieder und Freunde eingeladen wie er.

„Sprechen Sie nur für sich. Ich bin kein Mitglied der Sternenflotte.“, erwiderte Annika Hansen, während ihre dünnen Finger geschmeidig über die Bedienelemente flogen. Ihre distanzierte, manchmal etwas altkluge Art war ihr geblieben, aber diejenigen, die sie gut kannten, wussten, dass sie hinter ihrer rationalen Schale eine empfindsame und durchaus zerbrechliche Frau war. Kim würde nie den Ausdruck auf ihrem Gesicht vergessen, nachdem er und Tuvok sie vor ziemlich genau drei Jahren aus der Gewalt ihrer Geiselnehmer befreit hatten.

Er wusste, dass Annika anfangs nicht gerade Feuer und Flamme gewesen war, Janeway bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Erst als er sie mehrmals persönlich darum bat, hatte sie nachgegeben. Es war ein offenes Geheimnis, dass ihr Verhältnis zu Janeway angeknackst war, und das bereits seit einer ganzen Weile. Letztlich hatte Annika sich bereiterklärt, mitzumachen, weil sie sich zweifellos erinnerte, dass auch Kim und ihre übrigen Freunde sie in der dunklen Stunde ihrer Entführung nicht im Stich gelassen hatten. Die Familie hielt zusammen. Vermutlich kam hinzu, dass Annika Geheimnisse aller Art – ob sie wollte oder nicht – faszinierten. Sie war eine geborene Rätselknackerin.

Kim ächzte leise. „Glauben Sie etwa, Sie werden Ihren Titel als Junior-Professorin an der Akademie behalten können?“

Annika sah kurz zu Kim auf. „Der Punkt ist aber: Wir werden nicht entdeckt werden.“, stellte sie klar. „Oder wie Commander Paris sagen würde: Wir sind hier in Nullkommanichts wieder raus.“

Kim zog einen Mundwinkel hoch. Die Erinnerung an seinen besten Freund entlockte ihm definitiv angenehmere Gedanken und Gefühle als der Umstand, dass sie vor wenigen Minuten in das Herz der Kommunikationszentrale im Hauptquartier des Sternenflotten-Geheimdienstes eingebrochen waren und sich nun durch allerhand schwer gesicherte Verzeichnisse wühlten. Kim konnte nur hoffen, dass es die Sache wert war und Admiral Janeway finden würde, wonach sie suchte.
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