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5x05 - Paradise Lost

von Julian Wangler

Kapitel 1

Computerlogbuch der Enterprise;
Amtierender Captain Charles Tucker;
1. Mai 2155

Also, ich hätte nie gedacht, dass es mal so schwer sein könnte, sich ein Logbuch zu teilen. Ständig hockt T’Pol wie eine Glucke darüber. Computer, die letzten beiden Sätze löschen…

Wo war ich steh’n geblieben: Die Enterprise ist an der Peripherie von Denobula Triaxa unter Warp gegangen. Hier werden wir jemanden absetzen und dann für eine dringliche Aufgabe weiterfliegen…

– – –

U.S.S. Enterprise, NX–01

Phlox stand in abreisefertiger Montur vor dem Spiegel in seinem Quartier und war so bereit, wie man nur sein konnte. Lange war es her, dass er das Schiff verlassen hatte. Noch länger war es her, dass er Menschen verließ und unter seinesgleichen zurückkehrte.

Wieder zuhause – das war schon eine merkwürdige Vorstellung. Er hatte nicht damit gerechnet, es könnte so bald schon wieder soweit sein. Vor allem aber keimte nun eine gewisse Nervosität in ihm: War er wirklich vorbereitet auf jenes Wiedersehen?

Der Arzt merkte, wie er sich seit Stunden im Kreis drehte. Die Antwort lautete nach wie vor: Er war so bereit, wie man eben sein konnte. Und das Beste war es wohl, wenn er einfach die Zweifel beiseite schob. War es nicht eine tolle Gelegenheit, sich wieder in der Heimat tummeln zu dürfen? Die Familie wiederzusehen? Doktor Lucas? Natürlich platzte er beinahe vor Neugier.

Der Türmelder läutete.

„Ähm, ja bitte?“, rief der Denobulaner.

Das Schott glitt in die Wand, und herein trat Trip Tucker. Er verharrte im Türrahmen. „Doc, ich wollt’ Ihnen nur Bescheid geben: Noch ein paar Minuten, dann schwenken wir in den Orbit ein.“

Der große Moment kam also immer näher. „Danke, Captain.“

Tucker lehnte sich gegen die Wand, verschränkte die Arme. „Und?“, fragte er mit knabenhaftem Grinsen. „Haben Sie Muffensausen?“

„Muffensausen?“ Der Denobulaner betrachtete unverwandt das Spiegelbild des Anderen.

„Na ja, man wird schließlich nicht alle Tage von der Premierministerin eingeladen. Wer weiß, vielleicht möchte Sie Ihnen ‘nen Orden anstecken. Sie haben’s weißgott verdient. Ich bin sicher, es wird alles super laufen.“

Immer zu optimistisch. Er wirklich ist unverwüstlich., dachte Phlox anerkennend über Tucker, den er inzwischen als seinen Freund betrachtete.

Trotzdem konnte er sich nicht richtig davon anstecken lassen, nicht diesmal. Phlox’ Mundwinkel verwiesen leicht nach unten. „Um ehrlich zu sein: Es ist weniger dieser Termin, der mir Sorgen bereitet.“

„Was ist es dann, das Sie so ernst wirken lässt?“

„Na ja… Die Familie. Die alten Freunde…“ Phlox nahm einen Duft vom kleinen Regal unterhalb des Spiegels, drehte sich um und steckte ihn in ein Seitenfach der Reisetasche. „Ich verspüre ein wenig Angst davor, dass sich zu viel in meiner Abwesenheit geändert haben könnte. Wissen Sie, es ist kein schönes Gefühl, wenn einem bewusst wird, was man daheim alles versäumt hat.“

„Sie meinen, dass Sie nicht mehr ’reinpassen.“, mutmaßte Tucker.

Der Denobulaner nickte. „Ich wusste, worauf ich mich einlasse, als ich am Austauschprogramm teilnahm. Erst recht, als ich Captain Archer auf die Enterprise folgte und mich zum Bleiben entschied. Ich schätze, es gibt immer einen Preis für bestimmte Entscheidungen.“

Auf Tuckers aufmerksames Zuhören folgte eine dezidierte Geste. „Malen Sie jetzt nicht den Teufel an die Wand, Doc. Ich bin sicher, man wird Sie herzlich empfangen. Und nach ein paar Stunden werden Sie sich fühlen, als wären Sie nie weg gewesen.“

„Ich hoffe, Sie haben Recht.“

„Ich bin überzeugt davon.“, legte Tucker obendrauf und blinzelte viel wissend. „Falls Sie einen kleinen Vorgeschmack möchten: Eine gewisse Feezal hat sich soeben gemeldet. Sie würde Sie gerne persönlich abholen und dockt gleich mit ihrem Shuttle an. Luftschleuse zwei. Tun Sie mir nur den Gefallen und lassen mich diesmal aus dem Spiel.“ Wieder grinste der Besucher.

Der Arzt wusste, weshalb Tucker gesteigerten Wert darauf legte, nicht mehr mit besagter Dame zusammenzutreffen. Vor zweieinhalb Jahren hatte Phlox‘ zweite Frau der Enterprise einen Besuch abgestattet, um ein spezielles Mikroskop zu installieren. Schnell stellte sich heraus, dass sie gegenüber Tucker Avancen nicht scheute.

Den damaligen Chefingenieur hatte es in äußerste Verlegenheit gebracht, und er entschied sich für eine Flucht nach vorn, indem er Phlox aufsuchte. Letzterer klärte den Verzweifelten nicht nur darüber auf, dass denobulanische Frauen in der Regel ein wenig dominanter waren als irdische, sondern auch über das auf Denobula gängige Beziehungsideal, welches körperliche Treue und Liebe strikt trennte. Anstatt durch das klärende Gespräch Beruhigung zu erfahren, ging es Tucker danach noch schlechter; vor allem, als Phlox ihn tatsächlich dazu ermutigen wollte, Feezals Overture zu erwidern.

Für den armen Terraner hatte die schamvolle Angelegenheit erst ein Ende gefunden, als Feezal die Enterprise wieder verließ. Keine Frage, Phlox konnte sich denken, dass Tucker nicht darauf versessen war, der temperamentvollen Dame auf ein Neues zu begegnen.

„Keine Sorge, ich reise mit leichtem Gepäck.“, versicherte der Mediziner.

„Prima. Und lassen Sie von sich hören, wenn Sie da unten fertig sind, ja?“

„Werde ich machen.“, sagte Phlox. „Es könnte aber durchaus ein, zwei Tag dauern. Vielleicht länger.“

Tucker winkte ab. „Kein Problem, wir haben eh zu tun.“

„Ich erinnere mich. Admiral Gardner gab Ihnen vor unserem Abflug eine Mission, nicht wahr?“

Sein Gegenüber kratzte sich in einem lässigen ‚Manöver‘ am Hinterkopf. „Eine ziemliche Merkwürdige, wenn Sie mich fragen. Die Vega–Kolonie hat neuerdings ein paar Probleme. Da verschwindet scheinbar immer wieder Frachtgut aus den Lagern. Zwar wissen wir von nausicaanischen Piraten, die die Handelsroute nach Draylax seit einiger Zeit unsicher machen, doch nach Vega haben die sich noch nie vorgewagt. Was auch dahintersteckt: Wir werden der Sache auf den Grund geh‘n.“

Vega gehörte neben kolonialen Standbeinen wie Altair VI zu den entlegensten menschlichen Niederlassungen im All. Sie war von allen territorialen Ankern der Vereinigten Erde zu Denobula relativ am nächsten und damit ein nicht unbedeutender Umschlagplatz für Handels- und Frachtgut. Zudem befand sich eine den Menschen bislang nicht genauer bekannte, allerdings den Gerüchten nach sehr exotische Welt namens Kaferia in der Nähe. Es hieß, dort lebte eine rätselhafte, aber hoch intelligente Spezies von Insektoiden.

Insektoiden. Ich glaube, davon haben die Menschen für die nächsten Jahre erst einmal genug., mutmaßte Phlox.

Er schlang sich die Reisetasche um die Schulter. „Meine Assistenten sind zwar äußerst talentiert, aber versuchen Sie in meiner Abwesenheit dennoch, übermäßige Verletzungen zu vermeiden.“

„Meine Rede, Doc.“, brummte Tucker. „Und jetzt sollten Sie zuseh‘n, dass Sie Ihr Rendezvous nicht verpassen.“

„Bis die Tage, Captain.“

Die Wege der beiden trennten sich im Korridor. Als Phlox wenige Minuten später Luftschleuse zwei erreichte, merkte er allmählich, wie sich seine anfängliche Nervosität zu verflüchtigen begann und großer Freude Platz machte. Er würde wieder nachhause fliegen.
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